Warum synthetische Verbriefungen für eine funktionierende Kapitalmarktunion bedeutsam sind

Abbildung 1: Performance synthetischer Verbriefungen am Beispiel von KfW-Transaktionen Quelle: Investor Reports, Verkaufsprospekte

Frank Cerveny, Senior Manager Regulatory Affairs, KfW, Frankfurt am Main, und Dr. Stefan Krauss, Partner, Hengeler Mueller, Frankfurt am Main, und Mitglied des PCS Market Committee, London - Auch synthetische Verbriefungen sollte man aus Sicht der Autoren bei den Überlegungen zu einer vernünftigen Ausgestaltung der Kapitalmarktunion nicht pauschal verwerfen. Soweit es sich um Bilanz-Verbriefungen handelt, bescheinigen sie diesem Instrument nicht nur eine gute Performance, sondern halten es teilweise auch in puncto Komplexität und Transparenz durchaus auf Augenhöhe mit True-Sale-Transaktionen. Ihre naheliegende Botschaft: Die HQS-Anforderungen an synthetische Bilanz-Verbriefungen können nicht strenger sein als die an entsprechende True-Sale-Verbriefungen. (Red.)

Die beiden europäischen Projekte Hochqualitätsverbriefungen (High Quality Securitisation oder HQS) sowie Kapitalmarktunion sind einerseits eng miteinander verwoben, andererseits werden sie maßgeblich den künftigen Rahmen und die künftige Relevanz von Verbriefungen in Europa determinieren. Während bereits seit geraumer Zeit intensiv an beiden Projekten gearbeitet wird und bereits umfassende und weitreichende Ideen entwickelt werden konnten, ist der Instrumententypus der synthetischen Verbriefung erst sehr spät auf die Agenda gesetzt worden.

Im Ergebnis sind synthetische Verbriefungen nach dem letzten Stand der regulatorischen Arbeiten in Form des EBA-Berichts an KOM (Europäische Kommission) vom Juli 2015 kein Bestandteil von Hochqualitätsverbriefungen.1) Gleichwohl werden sowohl durch die EBA als auch durch KOM aktuell diesbezüglich Analysen und Überlegungen angestellt, die unter Umständen doch noch kurz- oder mittelfristig zu einer Erweiterung des Kanons zulässiger Verbriefungsformen, über True-Sale-Term-Verbriefungen und ABCP hinaus, führen könnten.

Verbriefung im Rahmen der Kapitalmarktunion

Verbriefung wird aller Voraussicht nach im Rahmen der europäischen Kapitalmarktunion eine exponierte Rolle spielen, vorausgesetzt das Projekt Hochqualitätsverbriefungen wird kurzfristig erfolgreich umgesetzt und es gelingt hierüber, den Verbriefungsmarkt insgesamt wieder zu revitalisieren. So heißt es bereits im Grünbuch der KOM vom Februar dieses Jahres zur Kapitalmarktunion2): "Verbriefungen (...) können ein sehr wirkungsvolles Instrument zur Risikoübertragung sein und die Kreditvergabekapazitäten der Banken steigern (...). Ein nachhaltiger EU-Markt für hochwertige Verbriefungen (...) könnte eine Brücke zwischen Banken- und Kapitalmarkt schlagen. (...)."3) Dieser komplementäre Ansatz ist zu begrüßen und erscheint im Hinblick auf die Größenklassenstruktur europäischer Unternehmen nahezu zwingend und "alternativlos". Dem größten Teil der europäischen KMUs und damit den meisten europäischen Unternehmen wird auf Grund ihrer Größe,4) damit einhergehender Finanzierungsvolumina sowie organisatorischer Voraussetzungen der direkte Kapitalmarktzugang auch in Zukunft nicht möglich sein, beziehungsweise von ihnen gar nicht erst angestrebt werden. Insofern sollte die Kapitalmarktunion primär dazu dienen, die Kreditfinanzierung von KMUs durch Banken mithilfe des Kapitalmarktes und der Kreditverbriefung zu erleichtern und zu stimulieren, statt zu versuchen, um jeden Preis Kreditfinanzierung durch Kapitalmarktfinanzierung zu substituieren.

So begrüßenswert der grundsätzliche Ansatz der KOM und parallel der EBA ist, muss doch gesagt werden, dass er zumindest zunächst hinter dem Möglichen zurückblieb, da er ausschließlich auf True-Sale-Verbriefungen fokussierte. Dies erklärt sich vielleicht daraus, dass in der Frühphase der Diskussion um Hochqualitätsverbriefungen der Aspekt der bankenunabhängigen Finanzierung eine besondere Rolle spielte, was bezogen auf Verbriefung nichts anderes bedeutet als Unterstützung der Kreditvergabe durch Banken mittels einer - relativ günstigen - Refinanzierung.

Eigenkapitalentlastung und Risikotransfer als Determinanten

Entsprechend war auch die Meinung vorherrschend, Hochqualität ausschließlich auf Senior-Tranchen zu beschränken. Die mögliche Nutzenstiftung von Verbriefung ist jedoch vielschichtiger und umfasst zusätzlich zur Refinanzierung insbesondere auch das Management der Bilanzstruktur (zum Beispiel Leverage Ratio) sowie des Eigenkapitals als weitere wesentliche limitierende Faktoren für die Kreditvergabe durch Banken.

In der aktuellen Situation mit nachhaltig niedrigem Zinsumfeld und reichlicher Liquiditätsversorgung des Marktes (zum Beispiel via LTRO) dominieren letztere Faktoren in weiten Teilen sogar die Determinierung des Kreditvergabespielraums. Dies gilt auch und insbesondere für die Mitgliedsstaaten der Peripherie. Zwar wurde das gedankliche Konzept von Hochqualitätsverbriefungen nun relativ schnell auch um die Komponente des Risikotransfers erweitert, jedoch beschränkten sich die Überlegungen weiterhin auf True-Sale-Verbriefungen und klammerten synthetische Verbriefungen aus. Dies ist grundsätzlich insoweit überraschend, als synthetische Verbriefungen bereits in der Vergangenheit nachweislich und in nennenswertem Umfang als effizientes Instrument für Risikotransfer und Eigenkapital-Management eingesetzt wurden.5) Als Argument wurde vonseiten der Aufsichtsbehörden stets eine vermeintlich höhere Komplexität angeführt. Nach Wahrnehmung der Verfasser sind die Vorbehalte, auch in der öffentlichen Meinung, zum großen Teil jedoch auf eine recht undifferenzierte Betrachtung zurückzuführen, die sich wie nachfolgend skizziert relativieren lässt.

Bilanz-Transaktionen versus Arbitrage-Transaktionen

Grundsätzlich sind Verbriefungen nach dem ihnen zugrunde liegenden Motiv in Bilanz- und Arbitrage-Transaktionen zu unterscheiden. Bei Bilanz-Transaktionen verfolgt der Originator das Ziel, aus seinem originären Geschäft (zum Beispiel Kreditvergabe an Private, KMUs) resultierende Bilanzaktiva über den Kapitalmarkt zu refinanzieren und/oder das Kreditrisiko aus Krediten und Kreditzusagen an den Kapitalmarkt zu transferieren, um entsprechend seine Bilanzstruktur beziehungsweise sein Eigenkapital zu steuern. Plakativ könnte man diese Art von Transaktionen auch als "realwirtschaftlich motiviert" bezeichnen; Kreditvergabe und Verbriefung stehen in einem Wirkungszusammenhang. Im Falle synthetischer Verbriefungen stehen hierbei der Risikotransfer und die Eigenkapitalsteuerung im Vordergrund.

Arbitrage-Transaktionen hingegen werden aus dem Motiv heraus begeben, bei der eine Verbriefung initiierenden Bank Erträge im Sinne einer Zinsmarge zu generieren und Investoren Finanzinstrumente mit bestimmten Zinsmargen und Rendite-Risikoprofilen anzubieten. Es liegt kein unmittelbarer Zusammenhang mehr zwischen dem originären Finanzierungsgeschäft einer Bank beziehungsweise der Realwirtschaft und einer Verbriefungstransaktion vor. Die einer Struktur zugrunde liegenden Kreditrisiken werden in der Regel speziell zum Zwecke der Verbriefung zusammengestellt (zum Beispiel als Portfolio von Unternehmens-CDS) und die Struktur in der Regel nach dem Renditehunger der Investoren ausgestaltet. Arbitrage-Transaktionen erlebten ihre Boomphase im Vorfeld der 2007/2008 ausbrechenden Finanzkrise.

Wesentliche Stellschrauben auf dem Weg zur "attraktiven" Verzinsung sind einerseits der Risikogehalt des verbrieften Portfolios und andererseits die Erhöhung von Leverage sowie der Einbau von Optionalitäten und Marktpreisrisiken in die Struktur. Unrühmliche Paradebeispiele hierfür waren synthetische Wiederverbriefungen von US Subprime RMBS, sowie CSOs (Collateralized Synthetic Obligations), welche auf Portfolios von CDS referenzierten, welche sich wiederum auf Unternehmen, Banken oder Staaten bezogen sowie als mutmaßlicher Höhe- beziehungsweise Tiefpunkt des Financial Engineering schließlich CP-DOs (Constant Proportion Debt Obligations), durch welche Investoren Wetten auf bestimmte Handelsstrategien eingehen konnten. In der Presse und der öffentlichen Wahrnehmung dominierten und dominieren leider diese Arbitrage-Instrumente, nicht zuletzt getrieben durch ihre extrem schlechte Performanceentwicklung, die in entsprechenden Rating-Herabstufungen, Ausfällen und realisierten Verlusten zum Ausdruck kam.

Exzellente Performance synthetischer Bilanz-Verbriefungen

Die erwiesenermaßen gute Qualität synthetischer Bilanz-Verbriefungen und deren Nutzen für Investor, Originator, aber auch als Instrument der Förderpolitik ist hierüber leider etwas in den Hintergrund gedrängt und nachweislich äußerst erfolgreiche und qualitativ hochwertige synthetische Verbriefungen wie zum Beispiel diejenigen der KfW-Plattformen Promise und Provide gewissermaßen in Sippenhaft genommen worden. Dabei relativiert sich bei genauerem Hinsehen sowohl der Vorwurf relativ hoher Komplexität (siehe dazu unten) als auch derjenige geringerer Qualität recht schnell.

Als Beleg für die historisch betrachtet sehr gute Performance synthetischer Bilanztransaktionen soll die nachfolgende Auswertung von Transaktionen im Gesamtvolumen von 125 Milliarden Euro dienen, bei denen die KfW seit dem Jahr 2000 als Intermediär fungiert hat. Die Grundgesamtheit umfasst sowohl Transaktionen der bekannten "Plattformen" Promise (KMU) sowie Provide (RMBS) als auch sonstige Varianten. Die beiden zentralen Kennzahlen der kumulierten Kreditausfälle in den verbrieften Portfolios sowie der kumulierten realisierten Verluste haben sich bei den überwiegend bereits beendeten und zurückgezahlten Transaktionen mit wenigen Ausnahmen sehr positiv entwickelt. So liegen die kumulierten realisierten Verluste, unter Berücksichtigung von Verwertungserlösen der ausgefallenen und abgewickelten Darlehen, im Durchschnitt bei deutlich weniger als 0,5 Prozent der ursprünglichen Transaktionsvolumina (Abbildung 1).

Fokussiert man auf die Entwicklung der Kreditausfälle in den verbrieften Portfolios und vergleicht zum Beispiel die in den Portfolios der Promise-Serie tatsächlich eingetretenen mit den ex ante zum Emissionszeitpunkt auf Basis ihrer Ratings über die Laufzeit hinweg geschätzten Quoten, wird deutlich, dass die Ist-Performance sich sogar deutlich besser darstellt als zum Emissionszeitpunkt zu erwarten gewesen wäre (Abbildung 2)6).

Strukturelle Einfachheit, Transparenz und Sicherheit

Geringe Komplexität synthetischer Bilanz-Verbriefungen: True-Sale-Verbriefungen durch Banken basieren auf dem Verkauf eines zu verbriefenden Forderungsportfolios. Sie erfordern selbst bei einfachster Ausgestaltung typischerweise (1) die Gründung einer Zweckgesellschaft (SPV) nebst zugehöriger Verträge für deren Verwaltung, (2) den Verkauf und die insolvenzfeste Übertragung der verbrieften Forderungen (gegebenenfalls nebst Sicherheiten) an das SPV, (3) die Finanzierung des Forderungsankaufs durch die Emission mehrerer Klassen von Schuldverschreibungen des SPV, die nach einer bestimmten Rangfolge aus den Einnahmen des SPV zu bedienen sind, (4) den Abschluss eines Zinsswaps durch das SPV zur Absicherung des Zinsrisikos aus Festzinsen auf der Aktiv- und variablen Zinsen auf der Passivseite des SPV, (5) die Bestellung eines Beauftragten (Servicer) durch das SPV, der das Inkasso der Forderungen des SPV und die Weiterleitung der vereinnahmten Gelder an das SPV besorgt, (6) die Einrichtung und Unterhaltung von Bankkonten des SPV, (7) die Bestellung eines Kontenverwalters (Cash Administrator), der die Verbindlichkeiten des SPV aus dessen Barvermögen bedient, (8) die Bestellung einer Zahlstelle zur Bedienung der ABS, (9) die Bestellung eines Sicherheitentreuhänders, dem am Vermögen des SPV Sicherheiten zugunsten der Verbriefungsgläubiger bestellt werden, sowie vielfach (10) die Bereitstellung einer Liquiditätsfazilität für das SPV und (11) die Bestellung eines Datenschutztreuhänders, dem kodierte Personendaten zu den verbrieften Forderungen anvertraut werden.

Synthetische Bilanz-Verbriefungen durch Banken basieren dagegen auf dem ebenso einfachen wie althergebrachten Prinzip einer barbesicherten Ausfallgarantie für bestimmte Forderungen der Bank.7) Die einfachste Form einer solchen Bilanz-Verbriefung besteht aus einer Ausfallgarantie des Investors zugunsten der Bank, die durch eine Bareinlage des Investors bei der Bank abgesichert ist. Meist werden Ausfallgarantie und Barsicherheit sogar in einem einzigen Rechtsgeschäft zusammengeführt. Dabei handelt es sich um eine Schuldverschreibung der Bank, in der die Ausfallgarantie eingebettet ist: Die Bedingungen der Schuldverschreibung sehen vor, dass die unter der Ausfallgarantie zu leistenden Beträge dem Emittenten der Schuldverschreibung gutgebracht werden, indem sie vom Kapital der Schuldverschreibung abgezogen werden.8)

Die Grundstruktur einer synthetischen Bilanz-Verbriefung besteht somit aus einer Schuldverschreibung der verbriefenden Bank mit eingebetteter Ausfallgarantie. Sie erfordert weder ein SPV noch das bei True-Sale-Verbriefungen notwendige Geflecht von Dienstleistungen. Sie ist damit weit weniger komplex als die einer True-Sale-Verbriefung.

Komplexer und riskanter?

Gelegentlich ist zu hören, dass synthetische Bilanz-Verbriefungen komplex seien, weil die eingebettete Ausfallgarantie oft umfangreiche Regelungen enthalte. Außerdem wird vorgebracht, dass diese Transaktionen riskanter seien als True-Sale-Verbriefungen, weil das Risiko des Investors je nach Ausgestaltung der Ausfallgarantie ganz unterschiedlich sein könne.

Man fragt sich, bei welchem Vertrag beziehungsweise Geschäft das anders ist. Mit demselben Recht könnte man sagen, Darlehen seien komplex und gefährlich, weil Darlehensverträge (zum Beispiel die LMA-Standardverträge) umfangreiche und komplexe Regelungen enthalten können und das Risiko der Parteien entscheidend vom Inhalt des Vertrages abhängt. Erst recht gilt dies für die umfangreiche Dokumentation von True-Sale-Verbriefungen. Die beiden genannten Einwände erweisen sich bei näherem Hinsehen mithin als unhaltbar.

Wie bei jeder aufsichtsrechtlich entlastenden Absicherung richtet sich die Ausgestaltung der eingebetteten Ausfallgarantie nach den geltenden bankaufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen. Dabei werden aus wirtschaftlichen Gründen in aller Regel nur genauso viele Risiken auf den Investor übertragen wie aufsichtsrechtlich gefordert. Die Mehrzahl der Regelungen bei synthetischen Bilanz-Verbriefungen ist in der Praxis dem Wunsch der Investoren geschuldet, die übernommenen Ausfallrisiken im Investoreninteresse im Detail zu definieren und von anderen Risiken (zum Beispiel Rechtswirksamkeit der abgesicherten Forderung oder operative Risiken bei der Forderungsverwaltung), die nicht abgesichert werden sollen, abzugrenzen. Die Regelungsmechanik der Ausfallgarantie ist dabei denkbar einfach: Forderungsausfälle dürfen nur dann vom Kapital der Schuldverschreibung abgezogen werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Diese Bedingungen sind typischerweise, dass die Forderungen die bei Abschluss der Transaktion zugesicherten Eigenschaften haben, dass der Ausfall nicht durch ein Fehlverhalten der Bank beim Inkasso verursacht wurde und die Verwertung der Forderung und etwaiger Sicherheiten abgeschlossen wurde.

Im Interesse der Investoren wird häufig als weitere Bedingung für die Ziehung der Garantie durch Abzug vom Kapital der Schuldverschreibung vereinbart, dass ein unabhängiger Dritter (zum Beispiel ein Wirtschaftsprüfer) die Einhaltung dieser Bedingungen prüft und bestätigt. Dieser "Loss Audit" hat sich weitgehend zu einem Standardmerkmal synthetischer Bilanz-Verbriefungen ent wickelt und wird daher in der weiteren Darstellung als fester Bestandteil dieser Transaktionen unterstellt.

Strukturelle Transparenz verschieden

Ebenfalls im Investoreninteresse werden die Zahlungspflichten der Bank unter den Schuldverschreibungen vielfach besichert. Die Besicherung kann zum Beispiel durch die Verpfändung oder Sicherungsübertragung von Pfandbriefen oder, wie im Falle aller Promise- und Provise-Transaktionen der KfW, durch Obligationen einer erstklassigen Adresse (zum Beispiel KfW) erfolgen. In manchen Fällen kann es (zum Beispiel aus insolvenzrechtlichen Gründen) erforderlich sein, die Besicherung durch die Zwischenschaltung eines SPV zu bewirken.9) Auch in diesen Fällen ist die Komplexität der Transaktion weit geringer als bei einer True-Sale-Verbriefung, da das SPV lediglich die Pfandbriefe erwirbt. Die strukturelle Komplexität, die beim True Sale aus dem Erwerb und dem Inkasso der Forderungen durch das SPV sowie aus der Durchleitung der Zahlungsströme aus dem Forderungsportfolio an die Gläubiger des SPV entsteht, ergibt sich in diesen Fällen nicht.

Transparenz synthetischer Bilanz-Verbriefungen: Die Transparenz in Bezug auf Informationen zum Forderungsportfolio und den Originator ist unabhängig davon, ob es sich um eine True Sale oder eine synthetische Verbriefung handelt. Dagegen ist die Transparenz der Transaktionsstruktur und den sich daraus ergebenden Risiken, das heißt die strukturelle Transparenz, bei beiden Verbriefungsarten verschieden. Die strukturelle Transparenz synthetischer Bilanz-Verbriefungen ist schon wegen der weniger komplexen Transaktionsstruktur und Dokumentation größer als bei True-Sale-Verbriefungen. Hinzu kommt, dass die vom Investor übernommenen Risiken bei synthetischen Bilanzverbriefungen in der Regel transparenter sind als bei True-Sale-Verbriefungen.

Bei True-Sale-Verbriefungen liegen - zusätzlich zum Ausfallrisiko des verbrieften Portfolios - alle weiteren rechtlichen, wirtschaftlichen und operationalen Risiken, die sich aus dem Erwerb und der Verwaltung eines Forderungsportfolios ergeben, primär beim SPV (und damit mittelbar beim Investor).

Beispiele hierfür sind das Risiko, dass (1) die verbrieften Forderungen unwirksam oder einredebehaftet sind, (2) der Erwerb der Forderungen unwirksam oder nicht insolvenzfest ist, (3) die Forderungen durch Aufrechnung des Schuldners mit Forderungen gegen die Bank erlöschen, (4) auf die Forderungen vereinnahmte Beträge nicht weitergeleitet werden, (5) Ausfälle durch Fehler bei der Verwaltung oder Durchsetzung der Forderungen entstehen, und (6) in der Insolvenz der verbriefenden Bank es nicht gelingt, das Inkasso der Forderungen durch eine andere Stelle zeitnah und mit der erforderlichen Qualität sicherzustellen und einen Ersatz für den Zinsswap zu finden, der das Zinsrisiko zwischen festen Portfolio- und variablen ABS-Zinsen absichert.

Ausfallrisiko der Forderungen und Adressenrisiko der Bank

Aus den diversen Verträgen des SPV mit der Bank und den sonstigen Transaktionsbeteiligten stehen dem SPV beim Eintritt dieser Risiken regelmäßig Ersatzansprüche zu, deren Werthaltigkeit jedoch im Einzelfall Solvenzrisiken, Rechtsrisiken und Prozessrisiken (Rückgriffsrisiken) ausgesetzt sein können. Die sich hieraus ergebende Gemengelage von Risiken stellt zusätzlich zur beschriebenen Komplexität der Transaktionsstruktur eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der strukturellen Transparenz von True-Sale-Transaktionen dar.

Bei synthetischen Transaktionen trägt der Investor zwei klar identifizierbare Risiken: das Ausfallrisiko der verbrieften Forderungen und das Adressenrisiko der emittierenden Bank oder, bei besicherten Transaktionen, der für die Schuldverschreibungen gestellten Sicherheiten (zum Beispiel Pfandbriefe).

Die schon beschriebenen weiteren Risiken einer True-Sale-Verbriefung entfallen dagegen. Grund hierfür ist zum einen, dass sich diese Risiken struktur bedingt teilweise erst gar nicht ergeben (etwa Übertragungsrisiko, Weiterleitungsrisiko, Aufrechnungsrisiko, Servicerersetzungsrisiko, Swapersetzungsrisiko).

Zum anderen hat der Investor aus einer Schuldverschreibung mit eingebetteter Ausfallgarantie primär einen Anspruch auf die vollständige Zahlung von Kapital und Zinsen. Ein Kapitalabzug wegen eines Forderungsausfalls ist überhaupt nur zulässig, soweit er nicht auf Risiken beruht, die vereinbarungsgemäß von der Bank zu tragen sind und dies von einem unabhängigen Prüfer bestätigt wird. Ausfälle infolge unzulänglicher Forderungsverwaltung oder Sicherheitenverwertung oder infolge von Rechtsmängeln der verbrieften Forderung berechtigen erst gar nicht zu einem Ab -zug vom Kapital der Schuldverschreibung. Auch aus diesem Grund ist die strukturelle Transparenz von synthetischen Bilanz-Verbriefungen höher als die entsprechende True-Sale-Transaktionen.

Strukturelle Sicherheit besicherter synthetischer Bilanz-Verbriefungen: Bei allen synthetischen Bilanz-Verbriefungen im Rahmen der KfW-Plattformen sowie bei zahlreichen anderen synthetischen Bilanz-Verbriefungen, bei denen die Schuldverschreibungen durch Pfandbriefe besichert wurden, sind die strukturellen Transaktionsrisiken für Investoren deutlich geringer als bei vergleichbaren True-Sale-Transaktionen. Wie schon dargelegt, ergeben sich bei True-Sale-Transaktionen eine Reihe von unerwünschten rechtlichen und operationalen Risiken, die sich vor allem in der Insolvenz des Originators auswirken. Hierzu gehören unter anderem Rückgriffsrisiken gegen den Originator und andere Beteiligte in Bezug auf Gewährleistungs-, Übertragungs-, Servicing- und sonstige operationale Risiken sowie die Risiken im Zusammenhang mit einem insolvenzbedingten Fortfall von Forderungsverwaltung und Zinsswap.

Diese Risiken bestehen bei den genannten synthetischen Bilanz-Verbriefungen wie schon dargelegt nicht. Insbesondere können Forderungsausfälle vom Kapital der Schuldverschreibungen immer nur abgezogen werden, soweit eine unabhängige Prüfung (in der für die Investoren besonders sicheren Rückschau) ergibt, dass die Ausfälle nicht auf einem Verstoß gegen die vertraglichen Anforderungen beruhen. Im Falle der Insolvenz des Originators werden die Schuldverschreibungen fällig und aus für sie bestellten Sicherheiten (KfW-Obligationen, Pfandbriefe) zurückgeführt.10)

Synthetische Hochqualitätsverbriefungen

Zur Erreichung des für den Kreditvergabespielraum entscheidenden regulatorischen Risikotransfers aus Krediten und Kreditzusagen reicht vereinfacht ausgedrückt eine Absicherung beziehungsweise Ausplatzierung von mehr als der Hälfte des mezzaninen Risikos eines Kreditportfolios. Aktuell werden derartige Transaktionen in der Regel bilateral und ohne externes Rating abgeschlossen.

Dies hat unter anderem folgende Implikationen: (1) aus Kostengründen meist keine externen Ratings, (2) Originator verwendet zum Nachweis des signifikanten Risikotransfers den formelbasierten Ansatz (SFA), (3) als Sicherungsgeber beziehungsweise Investor treten in der Regel weder Banken noch Versicherungen auf, sondern vielmehr stark spezialisierte Credit Funds/-Investoren, mit zum Teil geringeren beziehungsweise keinen regulatorischen Restriktionen, (4) der Markt ist damit - gemessen an der Zahl der Marktteilnehmer - für Außenstehende relativ intransparent und klein, (5) der Markt ist auf der Seite der Sicherungsgeber relativ stark konzentriert, (6) der Markt stellt sich auf der Seite der Originatoren, welche potenziell EK-Entlastung suchen, jedoch mit dem Instrument wenig/ nicht vertraut und vielleicht zu klein sind, um aktiv von vorhandenen Sicherungsgebern angesprochen zu werden, schwer beziehungsweise nicht zugänglich dar, (7) ins gesamt fehlen Ansatzpunkte, um diesen Markt mittel- oder langfristig wieder in einen eher öffentlichen und breiter diversifizierten Zustand zu überführen.

Diese Situation könnte durch eine angemessene Standardisierung von Transaktionsstrukturen, Spezifikation geeigneter Abgrenzungskriterien sowie in der Folge Qualifizierung synthetischer Verbriefungen als "Hochqualität" und Schaffung eines adäquaten regulatorischen Rahmens aufgelöst werden. Da synthetische Bilanz-Verbriefungen, wie gezeigt, sowohl im Hinblick auf ihre historische Performance als auch auf ihre strukturelle Einfachheit, Transparenz und Sicherheit entsprechenden True-Sale-Transaktionen überlegen oder zumindest ebenbürtig sind, muss dabei der Grundsatz gelten, dass die HQS-Anforderungen an synthetische Bilanz- Verbriefungen nicht strenger sein können als die an entsprechende True-Sale-Verbriefungen. In der Folge könnten dann synthetische Verbriefungen auch einen wertvollen Beitrag zu einer erfolgreichen Umsetzung der europäischen Kapitalmarktunion leisten.

Der Artikel gibt die Meinung der Autoren wieder und ist keine Stellungnahme von Hengeler Mueller oder der KfW.

Fußnoten

1) Vgl. EBA "Report on qualifying securitisations. Response to the Commission's call for advice of January 2014 on longterm financing": "The framework proposed in this report does not cover synthetic securitization transactions as the EBA acknowledges that defining a synthetic securitizationspecific qualifying framework requires further analysis and market assessment, given the different nature of synthetic transactions and the variety of market practices that currently exist in this segment."

2) Vgl. KOM "Grünbuch - Schaffung einer Kapitalmarktunion", 18. Februar 2014.

3) Vor diesem Hintergrund definiert das Grünbuch die europäischen Arbeiten zu Hochqualitätsverbriefungen als eine der kurzfristigen Prioritäten. Entsprechend hat KOM auch noch im Februar 2015 eine Konsultation zu Hochqualitätsverbriefungen durchgeführt. Während die Aussagen des Grünbuchs insgesamt noch recht allgemein gehalten sind, wird für Ende September 2015 - also nach Abgabe des Manuskripts für den vorliegenden Artikel - ein detaillierter Aktionsplan der KOM zur Kapitalmarktunion erwartet, ebenso wie ein umfassender Regulierungsentwurf der KOM zu Hochqualitätsverbriefungen.

4) Mehr als 99 Prozent aller Unternehmen der EU-28 fallen unter die KMU-Definition von KOM (maximal 250 Arbeitnehmer und maximal 50 Millionen Euro Umsatz oder 43 Millionen Euro Bilanzsumme).

5) Es liegen keine belastbaren Statistiken über den synthetischen Verbriefungsmarkt mit all seinen verschiedenen Ausprägungen vor. Die Betrachtung beschränkt sich deshalb auf synthetische Bilanz-Transaktionen, bei denen die KfW als Intermediär fungiert hat, was nach herrschender Meinung den größten Teil synthetischer, europäischer Bilanz-Transaktionen widerspiegelt. Das Gesamtvolumen allein dieser synthetischen Verbriefungen beträgt rund 125 Milliarden Euro. Im Bereich der Mittelstandskredite wurde allein über die im Jahr 2000 eingeführte Promise-Plattform (Promise = Promotional Mittelstand Loan Securitisation) der KfW im Rahmen von 18 Transaktionen das Kreditrisiko aus rund 68 000 KMU-Krediten mit einem Gesamtvolumen von 34 Milliarden Euro an den Kapitalmarkt transferiert.

6) Vgl. hierzu ausführlich Schmidtchen/Cerveny "Performance deutscher Mittelstandsverbriefungen in den Jahren der Krise", in Kreditwesen 19-2010, S. 1020ff.

7) Typischerweise sieht die Ausfallgarantie einen Selbstbehalt der Bank und einen Höchstbetrag vor. Dies macht sie aufsichtsrechtlich zu einer Verbriefung.

8) Diese Schuldverschreibungen werden neudeutsch als "Credit Linked Notes" bezeichnet. Die aus dem Derivatebereich kommende Wortschöpfung dürfte, ebenso wie das Attribut "synthetisch", dazu beigetragen haben, die zugrunde liegende Ausfallgarantie völlig unzutreffend als neuartige und komplexe Struktur wahrzunehmen. Im besonderen Fall der synthetischen Bilanz-Verbriefung wäre die Bezeichnung "Loss Guarantee Notes" oder "Guarantee Notes" treffender.

9) In diesen Fällen emittiert das SPV die Schuldverschreibungen mit eingebetteter Ausfallgarantie, erwirbt vom Emissionserlös die Pfandbriefe oder sonstigen Sicherheiten und gewährt der Bank eine Ausfallgarantie, die der eingebetteten Ausfallgarantie genau entspricht.

10) Selbst wenn, abweichend von bisherigen synthetischen Bilanzverbriefungen, die Transaktionsstruktur vorsehen sollte, dass die Absicherung des Portfolios auch in der Insolvenz des Originators fortbesteht, sind Investoren vor etwaigen insolvenzbedingten Mängeln des Servicing durch die dargelegten Anforderungen an Verlustzuweisungen geschützt. Soweit keine Kapitalabzüge stattfinden, werden Zins und Kapital der Schuldverschreibungen aus den für sie bestehenden Sicherheiten geleistet.

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