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Wertpapier-Spezialfonds 2017: neue Rekorde und Regulierungsflut als Gewöhnungseffekt

Till Entzian, Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main

Till Entzian, Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main - Die kurz vor Redaktionsschluss gemeldeten Halbjahreszahlen des Branchenverbandes BVI weisen für die gesamte Fondsbranche mit 79,1 Prozent das zweitbeste Neugeschäft in einem Halbjahr aus. Allein die in dieser ZfgK-Ausgabe im Blickpunkt stehenden Spezialfonds bringen es auf Zuflüsse von 49,2 Milliarden Euro. Das von offenen Spezialfonds verwaltete Vermögen hat sich damit in den vergangenen sechs Jahren auf 1,546 Milliarden Euro fast verdoppelt. Bei aller Zufriedenheit mit dem Mittelaufkommen und den Volumina sieht der Autor durch eine zu akribische Regulierung Marktwachstum verschenkt. Von der bevorstehenden Investmentsteuerreform erwartet er keine gravierenden Auswirkungen auf die Märkte, verweist aber auf einen erheblichen Umsetzungsaufwand. (Red.)

Die Erfolgskette der Wertpapier-Spezialfonds ist auch 2016 nicht abgerissen. Bereits zum fünften Mal in Folge konnte die Branche das verwaltete Nettofondsvolumen auf einen neuen Höchststand treiben. Im Jahresverlauf 2016 sammelten die Gesellschaften mit einem Nettomittelaufkommen von 88 Milliarden Euro zwar nicht so viel ein wie 2015 (107 Milliarden Euro), erreichten zum Jahresultimo jedoch ein Spezialfonds-Volumen von 1,38 Billionen Euro (Abbildung 1). Hieraus errechnet sich eine Steigerung um 10,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Zu den für institutionelle Anleger verwalteten Assets under Management wären hier noch 403 Milliarden Euro zu rechnen, die in Wertpapierdepots oder Vehikeln außerhalb von Spezialfonds verwaltet werden.

Wertpapier-Publikumsfonds unter ihren Möglichkeiten

Auch die Wertpapier-Publikumsfonds konn ten ihr Volumen steigern. Durch ein Nettomittelaufkommen von 14 Milliarden Euro (Vorjahr 27 Milliarden Euro) erreichten sie zum Jahresende 2016 ein Nettofondsvolumen von 366 Milliarden Euro, das sind 20 Milliarden Euro mehr als zu Beginn des Jahres 2016. Obwohl das Nettomittelaufkommen nur halb so groß ist wie im Vorjahr, kann dies dennoch uneingeschränkt als positive Entwicklung gewertet werden. In den sechs Jahren von 2009 bis 2014 hatte die Branche durchschnittlich nur 4 Milliarden Euro jährlich einsammeln können.

Dass sich das hohe Mittelaufkommen des Jahres 2015 nicht ohne Weiteres wiederholen würde, war absehbar gewesen. Viele Anleger blicken immer noch mit großer Skepsis auf die Entwicklung der Kapitalmärkte, da viele Kommentatoren die Nachhaltigkeit des seit 2012 anhaltenden Anstiegs der Aktienmärkte infrage stellen und die Zinsen kaum noch sinken, wohl aber steigen und damit Verluste bei längerfristigen Festzinsen verursachen können.

Bei der Bewertung ist jedoch zu berücksichtigen, dass die inländischen Publikumsfonds für die Branche nicht die Rolle spielen, die sie spielen könnten und sollten, sondern dass den Anlegern systematisch Luxemburger Vehikel angeboten werden. Nach der Statistik des BVI haben die Mitgliedsgesellschaften für ihre Wertpapier-Publikumsfonds im Jahr 2016 insgesamt 72,2 Milliarden Euro eingesammelt und verwalteten Ende 2016 ein Nettovolumen von 887,3 Milliarden Euro, von denen über 500 Milliarden Euro in Luxemburg und den anderen bekannten ausländischen Standorten zu finden sind.

Hoher Umsetzungsaufwand der Investmentsteuerreform

Diese Situation ist nun schon lange bekannt und die handelnden Personen bei BMF und BaFin sind bereits vor Jahrzehnten und seither immer wieder auf die absehbaren Konsequenzen der Art und Weise ihres Herangehens an Regulierungsthemen hingewiesen worden. Anstatt jeden Tag darüber nachzudenken, wie die Regulierung im Inland im Interesse der Anleger verbessert und vereinfacht werden könnte, hat man, den Eindruck hatten viele Beobachter, offenbar sogar Spaß an den heftigen Reaktionen gehabt, die teils unsinnige und fast schikanöse Regulierungsideen in der Branche und bei Fachleuten ausgelöst haben.

Nachdem es jetzt im BMF zu einem personellen Wechsel gekommen ist, besteht berechtigte Hoffnung, dass sich solche unangenehmen und schädlichen Vorgehensweisen nicht mehr wiederholen. Dies ist umso erfreulicher, als die Branche mit der Reform der Investmentbesteuerung, den Themen MiFID und den neuen Anlagevorschriften für Versicherungen eine Reihe von regulatorischen und steuerlichen Themen umzusetzen hat.

Im Übrigen werden von der bevorstehenden Investmentsteuerreform keine gravierenden Auswirkungen für die Anleger, für die Märkte oder für die Gesellschaften erwartet, sieht man einmal vom erheblichen Umsetzungsaufwand ab. Bereits jetzt sind die Zeiten, in denen die Kapitalanlagegesellschaften die den Anlegern mitzuteilenden Steuerdaten händisch nach dem Quellenprinzip (das später zum "Transparenzgrundsatz" umgedeutet wurde) ermitteln konnten, längst vorbei. Das Gleiche gilt für die Zeiten, als noch alle offenen Investmentfonds nach identischen und relativ einfachen Regeln behandelt wurden.

Keine nachteilige Besteuerung im Vergleich zu einer Direktanlage

Ab 2018 wird grundsätzlich zwischen Publikums- und Spezialfonds unterschieden, wobei die steuerliche Unterscheidung von der aufsichtsrechtlichen durchaus abweichen kann. Eine grundsätzliche Änderung ist die Abkehr vom Transparenzgrundsatz für Publikumsfonds und die Einführung einer Besteuerung zu definierten Steuersätzen auf Fondsebene. Die Höhe dieser Steuersätze ist auch von der Fondszusammensetzung abhängig und bietet zum Beispiel die Möglichkeit entweder zu einer Immobilienteilfreistellung oder einer Aktienteilfreistellung. Erstmals kann die steuerliche Behandlung der Erträge auf Fondsebene davon abhängen, welche Anleger im Fonds investiert sind.

Anleger in Spezialfonds profitieren darüber hinaus von Optionen. So kann unter entsprechenden Voraussetzungen steuerliche Transparenz für Beteiligungseinnahmen (= Dividenden) oder die Steuerbefreiung für inländische Immobilienerträge erreicht werden.

Die gute Nachricht lautet jedoch, dass kein Investmentanleger eine im Vergleich zu einer Direktanlage nachteilige Besteuerung befürchten muss. Dies wäre bei Entwürfen, die vor wenigen Jahren in die Welt gesetzt wurden und erfolgreich verhindert werden konnten, ganz anders gewesen.

MiFID II: wachsende Anforderungen für Gesellschaften und Vertrieb

Die Steuerreform ist nicht das einzige Projekt, das von der Branche und den Anlegern umgesetzt werden muss. Im Publikumsfondsbereich wachsen durch MiFID II die Anforderungen für die Gesellschaften und den Vertrieb. Hier geht es um verstärkte "Geeignetheitsprüfungen" und vor allem um Dokumentationspflichten. In den guten alten Zeiten galten die offenen Investmentfonds per se als Anlageinstrumente, die bedenkenlos erworben und dementsprechend genauso bedenkenlos, formlos und ohne regulatorische Beschränkungen vertrieben werden konnten.

Weshalb es wichtig wäre, breiten Anlegerschichten einen möglichst einfachen Zugang zu offenen Investmentfonds zu gewähren, zeigt sich zum Beispiel sehr deutlich, wenn man einen Vergleich mit geschlossenen Fonds hinsichtlich Transparenz, Kosten und Wertentwicklung anstellt. Im Folgenden sollen hierzu einmal die Bundesbank-Zahlen über dieses von vielen Anlageberatern - teils wegen der höheren Provisionen sehr gern - empfohlenen Produkte herangezogen werden.

Die Bundesbank veröffentlicht seit Anfang 2015 Zahlen über Mittelherkunft und Mittelverwendung von geschlossenen Investmentfonds. Die Werte haben sich im Zeitverlauf nicht wesentlich geändert, sodass in Abbildung 2 der aktuelle Stand zum Mai 2017 als Momentaufnahme dargestellt wird. Die vorhandenen Vermögensgegenstände summieren sich danach auf knapp 80 Milliarden Euro, verteilt auf Immobilien (25,4 Milliarden Euro in der Direktanlage zuzüglich 9,0 Milliarden Euro in Immobiliengesellschaften), Flugzeugen (3,3 Milliarden Euro), Energieanlagen (0,8 Milliarden Euro) und sonstigen Anlagen (36,3 Milliarden Euro).

Zu häufige Änderung der Vertriebsvoraussetzungen

Für den Erwerb dieser Vermögensgegenstände wurde jedoch ein anfängliches Eigenkapital von 108,8 Milliarden Euro sowie zusätzlich fremdfinanzierte Mittel im Wert von 33,2 Milliarden Euro eingesetzt, insgesamt also mit 142,0 Milliarden Euro deutlich mehr als der Wert der vorhandenen Vermögensgegenstände. Selbst wenn man davon ausgeht, dass am Laufzeitende anlässlich der Liquidation der bestehenden Strukturen stille Reserven gehoben werden, und wenn man weiß, dass die Anleger zumindest einen Teil des von ihnen eingezahlten Eigenkapitals bereits im Wege der - häufig garantierten - jährlichen Ausschüttungen zurückerhalten haben, scheint jedoch offensichtlich zu sein, dass viele der betroffenen Anleger mit einem offenen Wertpapierfonds besser bedient gewesen wären.

Da sich Gesetzgeber und Regulator eigentlich das Ziel gesetzt haben, Privatanlegern den Zugang zu einfachen, sicheren, kostengünstigen und rentablen Anlagevehikeln zu verschaffen und auf der anderen Seite die Anforderungen an weniger sichere, illiquide und mit hohen Vertriebs und internen Kosten belastete Anlageinstrumente zu erhöhen, ist die permanente und regelmäßige Schaffung von neuen Vertriebsvoraussetzungen und -beschränkungen für die offenen Investmentfonds nicht nachvollziehbar.

Zu den geschlossenen Fonds muss ausdrücklich klargestellt werden, dass sich selbstverständlich jedes Pauschalurteil verbietet. So haben auch institutionelle Anleger erhebliche Mittel in solchen Vehikeln investiert. Von den 268 Milliarden Euro, die in Abbildung 3 den in Aktien und Beteiligungen investierten Teil der Kapitalanlagen der Versicherungen und Pensionseinrichtungen angeben, sind nur 15 Milliarden Euro in börsennotierten Aktien investiert, also der ganz überwiegende Teil in nichtnotierten Aktien und insbesondere geschlossenen Fondsvehikeln. Bei Auswahl dieser Anlagen werden natürlich keine übertriebenen Vertriebs- oder internen oder externen Strukturierungskosten akzeptiert.

Ressourcen falsch eingesetzt

Das gilt auch für die Umsetzung der MiFID-Richtlinie. Hier müssen die Marktteilnehmer jetzt durchstrukturierte Prozesse einrichten und dokumentieren, um sicherzustellen, dass Anleger nicht versehentlich einen für sie ungeeigneten Investmentfonds erwerben. Dabei müssen die Prozesse zwischen den Kapitalverwaltungsgesellschaften und den Vertriebsgesellschaften abgestimmt werden.

Zweifelhaft erscheint, ob Gesetzgeber und Behörden bei diesem vom Grundgedanken her natürlich sehr sinnvollen Vorhaben die Perspektiven realistisch erfasst haben. Ziel sollte nämlich sein, dass einem Fahrradfahrer kein Lkw verkauft wird. Ob aber einem Pkw-Fahrer ein fünftüriges Modell mit 100 PS oder ein dreitüriges mit 150 PS verkauft wird, sollte dem Lauf der Dinge und der Selbstverantwortung der Anleger überlassen bleiben. Da sich im Grunde alle offenen Investmentfonds einander ähneln wie die unterschiedlichen Pkw, die alle eine strenge Bauartzulassung erfüllen, werden hier offensichtlich die zur Verfügung stehenden Ressourcen falsch eingesetzt.

Research- und Analyseleistungen

Hinzu kommt die Überlegung, dass kaum ein Anlageprodukt für irgendeinen Anleger von vornherein völlig ungeeignet ist, sondern dass es im Einzelfall immer darauf ankommt, welcher Teil des Vermögens in das jeweilige Produkt investiert wird. Es liegt auf der Hand, dass die Einbindung der Produktanbieter in Überlegungen, die auf der Ebene des individuellen einzelnen Anlegers stattzufinden haben, eher schwierig ist.

Ein weiteres Thema der MiFID-Regulierung betrifft die Research- und Analyseleistungen, die den Kapitalverwaltungsgesellschaften bislang von Brokern ohne gesonderten Kostenausweis zur Verfügung gestellt worden sind. Hier wird künftig ein separater Kostenausweis und eine genaue Zuordnung gefordert, um zu verhindern, dass ein Sondervermögen rechnerisch für eine solche Leistung zahlt, obwohl diese Leistung möglicherweise nur einem anderen Sondervermögen zugutekommt.

Am Grundgedanken dieses Regulierungszieles ist natürlich nichts falsch. Allein, es scheint, dass hier mit recht großem Aufwand ein für die Rendite der Anleger recht unbedeutendes Thema angegangen wird. Offen ist auch, welche konkreten Konsequenzen die Neuregelung haben wird. Zunächst darf angenommen werden, dass viele Fondsgesellschaften nicht bereit sein werden, die betreffenden Leistungen gegen gesonderte Rechnung einzukaufen. Das wird in vielen Fällen auch keine negativen Konsequenzen haben, da ein großer Teil der Texte von den Empfängern ohnehin nicht gelesen wurde. Andererseits ist aber auch nicht völlig auszuschließen, dass sich die Qualität von Fondsmanagern durch den Wegfall der Informationen verschlechtern könnte.

Anlagevorschriften für Versicherungen

Im Nachgang zur Solvency-II-Umsetzung arbeitet die BaFin derzeit an einer Neufassung des Kapitalanlage-Rundschreibens für Versicherungen. Um die Versicherungsunternehmen vor Anlagen zu schützen, die die BaFin für ungeeignet hält, werden Investmentfonds vom Erwerb ausgeschlossen oder zumindest begrenzt, wenn sie bestimmte Investments vornehmen, auch wenn diese Investments nach dem KAGB zulässig sind.

Einen Gleichklang zwischen den unmittelbaren Erwerbsmöglichkeiten und dem indirekten Erwerb über einen Spezialfonds herzustellen, geht grundsätzlich in Ordnung, wobei man sich beim indirekten Erwerb wegen der zusätzlichen Sicherheit und Expertise der Kapitalverwaltungsgesellschaft und der zusätzlichen Risikostreuung auf Fondsebene durchaus gewisse zusätzliche Freiheiten vorstellen kann.

Aus Sicht der Spezialfonds-Branche ist das entscheidende Ergebnis, dass die Investmentanlage keinen Einschränkungen unterliegt, die in der Direktanlage oder einem anderen Anlagevehikel nicht auch bestehen. Unter dieser Voraussetzung stellt die Regulierungsflut sogar noch ein Argument für den Spezialfonds dar, da die Gesellschaften in den vergangenen Jahrzehnten Erfahrung darin gesammelt und Expertise aufgebaut haben, um ihre Anleger bei der Umsetzung der immer komplexer werdenden steuerlichen und aufsichtsrechtlichen Regelungen zu entlasten.

Hohe Mittelzuflüsse von den Altersvorsorgeeinrichtungen

Die Versicherungsunternehmen haben im vergangenen Jahr, analog zum allgemeinen Trend, ihre Nettomittelzuflüsse zu Wertpapier-Spezialfonds etwas gedrosselt, vergleiche Abbildung 4. Lebensversicherungen investierten 2016 per Saldo 6,8 Milliarden Euro (Vorjahr: 13,2 Milliarden Euro). Dies bedeutet zwar einen Rückgang um die Hälfte, stellt jedoch keine ungewöhnliche Schwankung dar. Im laufenden Jahr ist auch wieder mit höheren Zuflüssen zu rechnen, denn allein in den ersten fünf Monaten haben die Lebensversicherungen bereits 8,6 Milliarden Euro neue Gelder eingezahlt. Für die Rückversicherungsunternehmen und andere Versicherungen ist 2016 ein Mittelaufkommen von 24 Milliarden Euro ausgewiesen (Vorjahr 36 Milliarden Euro).

Zum Jahresende 2016 kommen die Versicherungsunternehmen auf ein investiertes Gesamtvolumen von 489 Milliarden Euro und stellen damit unverändert die mit Abstand wichtigste Anlegergruppe dar. Vom Gesamtbetrag entfallen 145 Milliarden Euro auf die Lebensversicherungen, das sind 10 Milliarden Euro mehr als Ende 2015, und 344 Milliarden Euro auf Rückversicherungen und andere Versicherungsunternehmen, ein Steigerung um 38 Milliarden Euro.

Stagnieren des Spezialfonds-Volumens bei Industrieunternehmen

Die höchste Mittelzuflüsse - 33,3 Milliarden Euro - kamen im vergangenen Jahr jedoch von den Altersvorsorgeeinrichtungen (Vorjahr: 31,2 Milliarden Euro). Diese erhöhten dadurch ihre Spezialfonds-Anlagen von 295 auf 337 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr gaben sie bisher netto 2,2 Milliarden Euro zurück, wobei sich der Wert ihrer Fondsanteile durch günstige Marktentwicklung dennoch erhöhte, und zwar auf 344 Milliarden Euro per Ende Mai 2017.

Ein Stagnieren des Spezialfonds-Volumens ist bei der Anlegergruppe der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, also der Industrieunternehmen, zu beobachten (Abbildung 5). Das Anlagevolumen dieser Gruppe bewegt sich seit 2014 bei 150 Milliarden Euro, wobei die Rückgaben von 5 Milliarden Euro im laufenden Jahr fast vollständig durch die Marktentwicklung aufgefangen wurden.

Die ausländischen Anleger hatten bereits 2015 mit 5 Milliarden Euro den größten Teil ihrer Anteile zurückgegeben und sind unverändert mit nur noch 2 Milliarden Euro investiert.

Die Anzahl der Wertpapier-Spezialfonds ist zum zweiten Mal in Folge leicht angestiegen, und zwar um 29 auf 3 543 per Ende 2016. Diese Steigerung um weniger als 1 Prozent korrespondiert nicht mit dem gut 10-prozentigen Wachstum des verwalteten Vermögens. Deutlich gestiegen ist jedoch die Zahl der innerhalb der Spezialfonds gebildeten Segmente, die um 351 auf zuletzt 5 177 gewachsen ist. Diese Zahlen zeigen, dass der Trend zu Masterfonds-Strukturen unverändert anhält.

Rangliste der Anbieter

Die nach den betreuten Vermögen sortierte Rangliste der Anbieter von Wertpapier-Spezialfonds ist im abgelaufenen Kalenderjahr auf den ersten neun Plätzen unverändert geblieben. An oberster Stelle steht mit unverändert großem Abstand die Allianz mit einem betreuten Vermögen von insgesamt 614 Milliarden Euro. Hiervon entfallen 232 Milliarden Euro auf das klassische Spezialfondsgeschäft, bei welchem Administration und Portfoliomanagement in der Hand ein und derselben Gesellschaft liegen.

Hinzu kommt ein Volumen von 211 Milliarden Euro, bei dem lediglich die Administration vorgenommen und das Portfoliomanagement von einer anderen Gesellschaft erbracht wird. Das Gegenstück hierzu sind Portfolios im Wert von 170 Milliarden Euro, bei welchen die Allianz ausschließlich das Portfoliomanagement verantwortet, die Administration jedoch beim anderen Gesellschaft erfolgt. Für Zwecke dieser Darstellung werden Spezialfonds mit Vermögen außerhalb von Spezialfonds zusammengerechnet.

An zweiter Stelle steht die HSBC Trinkaus und Burkhardt-Gruppe mit einem Gesamtvolumen von 228 Milliarden Euro kurz vor der Universal Investment, die es auf 221 Milliarden Euro bringt. Aus der Abbildung 6 wird deutlich, dass beide Gesellschaften einen klaren Schwerpunkt auf der Administration von Spezialfonds und anderen Wertpapiervermögen haben. Dies ist bei der Universal mit 194 Milliarden Euro in diesem Bereich traditionell noch stärker ausgeprägt als bei der HSBC mit 129 Milliarden Euro.

Verzerrungen zulasten der kleineren Gesellschaften

Die Deutsche Asset Management und die Union Investment liegen auf den Plätzen vier und fünf mit 158 beziehungsweise 152 Milliarden Euro ebenfalls sehr dicht beieinander. Beide Gesellschaften zeigen einen Schwerpunkt auf dem klassischen Spezialfondsgeschäft, ebenso wie die Generali Investments auf den sechsten Platz, die mit einem Volumen von 135 Milliarden Euro nahezu ausschließlich auf dieses Geschäftsmodell setzt.

Die Bayern-Invest konnte das von ihr betreute Volumen auf 70 Milliarden Euro steigern und dadurch die AXA vom zehnten auf den elften Platz verdrängen. Ebenso konnte sich die SGSS mit nunmehr 56 Milliarden Euro administrierten Fondsvolumens um einen Platz vorarbeiten. Diese Gesellschaft bietet als einzige keinerlei Portfoliomanagement an und konzentriert sich ausschließlich auf die Administration. Gleich um drei Plätze konnte sich die Invesco vorarbeiten, die für ein Volumen von 13,8 Milliarden Euro verantwortlich zeichnet.

Zur Ehrenrettung der kleineren Gesellschaften ist abschließend noch darauf hinzuweisen, dass die Volumina der großen Gesellschaften in der Abbildung 6 tendenziell überzeichnet werden. Grund für diesen unerwünschten Effekt ist, dass die Volumina in den drei unterschiedlichen Kategorien zunächst auf Ebene der einzelnen gruppenangehörigen Gesellschaften erfasst und dann die Summen der jeweiligen Kategorien als Gruppenergebnis ausgewiesen werden. Wird also zum Beispiel ein Spezialfonds von der einen gruppenangehörigen Kapitalverwaltungsgesellschaft administriert und von einer anderen im Portfoliomanagement verantwortet, erscheint ein und dasselbe Volumen auf Gruppenebene nicht als klassischer Spezialfonds "aus einer Hand", sondern wird jeweils bei der reinen Administration und bei dem Portfoliomanagement, also doppelt, erfasst. In welchem Umfang dieser Effekt eintritt, lässt sich bislang leider nicht ermitteln.

Zusammensetzung nach den Assetklassen

Die Zusammensetzung des Fondsvermögens der Spezialfonds nach den unterschiedlichen Assetklassen (Abbildung 7) zeigt in erster Linie Beständigkeit. Die überwiegende Anlageform sind festverzinsliche Wertpapiere, wobei die Bedeutung der Emittenten mit Sitz im Inland erneut nachgelassen hat und von 8,5 Prozent auf 7,9 Prozent zurückgegangen ist. Ebenfalls zurückgegangen ist der Anteil, der in anderen Mitgliedsländern des Europäischen Wirtschaftsraums ausgestellt wurde und jetzt noch 23,4 Prozent (Vorjahr 25,0 Prozent) beträgt. Zugenommen hat dagegen die Anlage in Ländern außerhalb der EWU, und zwar von 23,1 Prozent auf 24,1 Prozent.

Damit waren Ende 2016 insgesamt 55,4 Prozent des Wertpapier-Spezialfondsvolumen in festverzinslichen Papieren investiert um 1,2 Prozentpunkte entspricht. Um 1,6 Prozentpunkte gewonnen hat dagegen der Umfang der Zielfonds, deren Gewichtung bis Ende 2016 auf 21,7 Prozent angewachsen ist. Dieser Trend setzt sich auch im laufenden Jahr fort, denn dieser Wert stieg bis Ende Mai 2017 nochmals deutlich auf jetzt 22,5 Prozent an.

Bei einem guten Teil dieser Zielfonds dürfte es sich um ETFs handeln, die mit den ihnen typischen Vorteilen der geringen Kosten und der hohen Transparenz, Sicherheit und Liquidität zu einem Standardwerkzeug institutioneller Anleger geworden sind. Die Abbildung 8 zeigt, dass vom gigantischen Kuchen der ETFs immerhin ein paar Krümel in Deutschland bleiben. Die Anzahl der im Inland aufgelegten ETFs ist zwar mit 108 Sondervermögen praktisch unverändert geblieben, dass verwaltete Volumen konnten sie um knapp 2 Milliarden Euro auf gut 48 Milliarden Euro steigern und im laufenden Jahr sogar die Marke von 50 Milliarden Euro klar überwinden. Zum Vergleich sei darauf hingewiesen, dass das weltweite Volumen von ETFs 2016 von 2,9 auf 3,4 Billionen US-Dollar gestiegen ist (Quelle: statista).

Beim Großteil der im Inland aufgelegten ETFs im Volumen von jetzt 48 Milliarden Euro handelt es sich um replizierende Aktienfonds. Ebenfalls replizierende Rentenfonds haben ein Volumen von 5,4 Milliarden Euro erreicht. Synthetische Aktienfonds, also ETFs bei denen die physisch vorhandenen Wertpapiere nicht mit der Zusammensetzung des nachzubildenden Index übereinstimmen, haben ein Volumen von lediglich 800 Millionen Euro und spielen damit praktisch keine Rolle. Synthetische Rentenfonds gibt es im Inland nicht.

Kapitalanlagen der Erstversicherungen

Die Darstellung über die Kapitalanlagen der Erstversicherungen muss künftig leider entfallen, da die BaFin die zugrunde liegenden Daten aus den Bilanzen der von ihr beaufsichtigten Gesellschaften nicht mehr im bisherigen Umfang erhebt. Aus den veröffentlichten Zahlen ist nur noch zu erkennen, dass der in den Bilanzen ausgewiesene Gesamtwert der Kapitalanlagen der Erstversicherungen im Lauf des Jahres 2016 um 59 Milliarden auf 1 468 Milliarden Euro gestiegen ist. Hiervon waren 33 Milliarden Euro oder 2,2 Prozent direkt in Immobilien, in grundstücksgleichen Rechten und Anteilen an Grundstücksgesellschaften, REITs und geschlossenen Immobilienfonds investiert, und das waren lediglich 273 Millionen Euro mehr als Ende 2015.

Deutlich höher waren die Investitionen in Sondervermögen, Investmentaktiengesellschaften und Investmentgesellschaften, die mit 505 Milliarden Euro die größte Position in den Bilanzen der Versicherungsunternehmen darstellen. Hier war eine Steigerung um 40 Milliarden Euro zu verzeichnen, wodurch der Anteil am Gesamtvolumen um 1,4 Prozentpunkte auf 34,4 Prozent stieg. Die Anteile an offenen Immobilienfonds und Immobilien-Spezialfonds sind hier enthalten, werden aber leider nicht mehr gesondert ausgewiesen. Ende 2015 hatte ihr Wert noch 21,6 Milliarden Euro betragen.

Einen Eindruck von Gesamtwert der Anlagen aller Versicherungen, also Erst- und Rückversicherungen, sowie der Pensionseinrichtungen gibt die Abbildung 5. Anders als die BaFin-Zahlen beruhen die Angaben der Bundesbank auf Marktwerten, sodass von Zeit zu Zeit marktbedingte Verluste sichtbar werden. Der Gesamtwert der finanziellen Aktiva betrug Ende 2016 immerhin 2,6 Billionen Euro. Verbindlichkeiten sind dabei abgezogen. Die nicht finanziellen Aktiva fallen bei dieser Übersicht mit insgesamt 90 Milliarden Euro nicht ins Gewicht. Der durchschnittliche jährliche Zuwachs dieses beachtlichen Kapitalvermögens beträgt über die letzten zehn Jahren 4,3 Prozent.

Kapitalanlagen der Versicherungen und Pensionseinrichtungen

Gut erkennbar ist, dass der absolute Wert der Beteiligungen und Aktienanlagen in den vergangenen zehn Jahren praktisch gleich geblieben ist. Die Summe dieser Kategorie betrug damals 275 Milliarden Euro, heute sind es 262 Milliarden Euro. In der gleichen Zeit hat sich der Wert der Investmentanteile von 410 Milliarden Euro auf 923 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Damit sind jetzt 35 Prozent der gesamten Kapitalanlagen der Versicherungen und Pensionseinrichtungen in Investmentanteilen angelegt. Der Anteil der Kapitalanlagen, die in Investmentfonds investiert sind, ist damit in den letzten zehn Jahren durchschnittlich um 1,2 Prozentpunkte pro Jahr angestiegen.

Natürlich entfällt hiervon nicht der gesamte Betrag auf Wertpapier-Spezialfonds, sondern die Anleger nutzen auch Immobilien-Spezialfonds, Publikumsfonds und im einen oder anderen Fall sicher auch ausländische Investmentfonds. Andererseits stimmt die angegebene Zahl mit der Summe überein, die in Abbildung 5 für die Anlegergruppen der Versicherungen und Altersvorsorgeeinrichtungen ausgewiesen wird. Unterstellt man, dass sowohl der Wert der Kapitalanlagen als auch die Bedeutung der Investmentanteile im dargestellten langjährigen Umfang steigen, kann die Investmentbranche in den nächsten zwölf Monaten mit einem Zuwachs von über 80 Milliarden Euro rechnen.

Diese Aussicht, und dass es der Branche weiterhin gelungen ist, die unermüdliche Entwicklung der Regulierungsdichte zwar nicht zu verhindern, aber in weitgehend akzeptable Bahnen zu lenken, lassen auch für die kommenden Jahre eine durchweg positive Entwicklung der Speziafondsbranche erwarten.

Till Entzian , Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main

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