Wertpapier-Spezialfonds 2018: kein Grund zu schlechter Stimmung

Till Entzian, Foto: T. Entzian

Unter widrigen Bedingungen konnten die Wertpapier-Spezialfonds im Berichtsjahr 2018 das verwaltete Nettofondsvolumen noch leicht steigern. An der allgemeinen Entwicklung der Kapitalmärkte gemessen wertet der Autor den Geschäftsverlauf demnach als durchaus erfolgreich und verweist nicht zuletzt auf die im Vorjahresvergleich stabilen Nettomittelzuflüsse. Als besonders begünstigt registriert er im Neugeschäft derzeit die Altersvorsorgeeinrichtungen. Im internationalen Vergleich stuft er die Rolle der ETFs immer noch als erstaunlich gering ein. Regulatorisch sieht er die Gesellschaften mit neuen Anforderungen an die Nachhaltigkeit und an die Informationstechnik sowie neuen ESMA-Regeln zur Perfomance-Fee beschäftigt. (Red.)

Auch 2018 konnten die Wertpapier-Spezialfonds mit 1,49 Billionen Euro einen neuen Höchststand des von ihnen verwalteten Nettofondsvolumen erreichen. Allerdings ist das Wachstum lediglich 0,7 Prozent beziehungsweise 10 Milliarden Euro. Das ist auf den ersten Blick enttäuschend für eine Branche, die zuletzt nie weniger als 7 Prozent und zeitweise sogar deutlich mehr gewachsen ist (etwa 15 Prozent im Jahr 2014 oder 28 Prozent 2012). Bei näherem Hinsehen besteht allerdings kein Grund zu schlechter Stimmung, denn das geringe Wachstum ist allein durch die Entwicklung auf den Kapitalmärkten bedingt gewesen. Wie in der Abbildung 1 zu erkennen ist, haben die Aktienmärkte ihr schlechtestes Jahr seit 2008 erfahren; der Dax fiel um mehr als 18 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg der Rex P um weniger als 2 Prozent an, sodass die festverzinslichen Wertpapiere nicht zum Ausgleich beitragen konnten.

Nettomittelzuflüsse auf solidem Vorjahresniveau

Die Nettomittelzuflüsse lagen 2018 mit 5,3 Prozent beziehungsweise einem Wert von 78 Milliarden Euro auf solidem Vorjahresniveau, nicht so hoch wie 2016 (88 Milliarden Euro), aber höher als 2017 (53 Milliarden Euro). Die Wertpapier-Publikumsfonds hatten dagegen mit 9 Milliarden Euro ein wesentlich geringeres Mittelaufkommen als 2018 (25 Milliarden Euro). Das verwaltete Volumen reduzierte sich von 410 auf 378 Milliarden Euro.

Hier ist erkennbar, dass Publikumsfonds - wie bereits in der Vergangenheit - deutlich stärker aktienorientiert sind, als dies bei Spezialfonds der Fall ist. Im Durchschnitt haben die Publikumsfonds nämlich marktbedingt gut 13 Prozent Verluste erzielt, während es bei den stark rentenlastig aufgestellten Spezialfonds nur 4,6 Prozent gewesen sind. Umgekehrt war die Wertentwicklung der Publikumsfonds in guten Aktienjahren besser als die der Spezialfonds; 2017 konnten sie beispielsweise über 8 Prozent Gewinne erzielen, während es bei den Spezialfonds nur 3 Prozent gewesen sind.

Guter Start ins laufende Jahr

Während das Jahr 2018 also vor allem für die Anleger enttäuschend war, entwickelt sich 2019 für diese in den ersten fünf Monaten sehr positiv. Sowohl Spezialfonds als auch Publikumsfonds konnten rund 5 Prozent marktbedingten Wertzuwachs erzielen. Allein der Dax stieg in diesem Zeitraum um gut 11 Prozent und die Rentenbestände konnten mit einer Performance von 1,4 Prozent aufwarten.

Die Mittelzuflüsse bei den Spezialfonds betrugen in diesem Zeitraum 27 Milliarden Euro und liegen damit hochgerechnet auf dem gleichen Niveau wie 2018. Bei Publikumsfonds halten sich die Anleger dagegen stark zurück, sie haben bis Mai 2019 netto noch nicht einmal für 1 Milliarde Euro neue Anteile erworben. Grund für die Zurückhaltung dürfte die Enttäuschung über die gerade zurückliegende Wertentwicklung sein, ein für Privatanleger leider immer noch typisches Verhaltensmuster. Hier ist also erst wieder mit höheren Mittelzuflüssen zu rechnen, sobald den Anlegern die aktuelle positive Marktentwicklung ins Bewusstsein gedrungen ist.

Hohe Mittelzuflüsse aus den Altersvorsorgeeinrichtungen

Die Anleger von Spezialfonds investieren dagegen deutlich unabhängiger von Marktzyklen. Die höchsten Mittelzuflüsse kamen 2018 von den Altersvorsorgeeinrichtungen, die über 30 Milliarden zusätzlich investierten, fast doppelt so viel wie 2017 (17 Milliarden Euro). Dadurch steigerte diese Anlegergruppe ihren Anteil am Gesamtvolumen von 24,4 Prozent auf 25,4 Prozent und steht damit jetzt auf dem ersten Platz.

Diesen hatten im Vorjahr noch die Sach- und Rückversicherungsunternehmen inne, die Ende 2018 unverändert 366 Milliarden Euro in Anteilen an Wertpapier-Spezialfonds gehalten haben. Die Nettomittelzuflüsse in Höhe von 21 Milliarden Euro haben sich daher im Ergebnis genau gegen die marktbedingten Verluste ausgeglichen. Im laufenden Jahr hatte diese Anlegergruppe fast keine neuen Mittel investiert, bis Mai 2019 waren es lediglich 1,4 Milliarden Euro, marktbedingt ist das Volumen jedoch um 6,5 Prozent auf zuletzt 390 Milliarden Euro angestiegen. Der erste Platz bleibt dennoch bei den Altersvorsorgeeinrichtungen, die durch eine ähnliche Wertentwicklung und weitere Mittelzuflüsse von 7,3 Milliarden Euro jetzt auf ein Vermögen von 407 Milliarden Euro gekommen sind.

Die Lebensversicherungen haben sich dagegen im Jahr 2018 per saldo 3 Milliarden Euro auszahlen lassen, sodass der Wert ihrer Anteile um 6 Prozent auf 156 Milliarden Euro abgesunken ist. Auch im laufenden Jahr sind bei dieser Anlegergruppe noch leichte Mittelrückflüsse zu verzeichnen.

Im Gegensatz dazu erweist sich die Gruppe der Kreditinstitute als verlässlich und liefert Nettomittelzuflüsse auf Vorjahresniveau. Ihr Anteil am Gesamtvolumen der Wertpapier-Spezialfonds beträgt unverändert 10 Prozent und mit 5,6 Milliarden Euro haben sie 2018 sogar etwas mehr Geld investiert als 2017 (4,4 Milliarden Euro). Ebenfalls stabile Mittelzuflüsse waren aus der Gruppe der gemeinnützigen privatrechtlichen Organisationen zu verzeichnen, die 2018 genau wie 2017 einen Betrag von 14 Milliarden Euro investierten. Darüber hinaus haben diese Anleger alleine den ersten fünf Monaten 2019 weitere 16 Milliarden Euro eingelegt, sodass sie jetzt 180 Milliarden Euro investiert haben, was einem Anteil von 10,6 Prozent am Gesamtvolumen entspricht.

Größere Bewegungen bei Industrieunternehmen

Dass es im Spezialfondsgeschäft und bei den hohen Summen, die hier bewegt werden, immer wieder einmal größere Sprünge geben kann, zeigt sich bei den Industrieunternehmen. Deren Anteil von knapp 12 Prozent am Gesamtvolumen war 2017 durch Nettomittelrückflüsse in der ungewöhnlich großen Höhe von 9 Milliarden Euro auf 11 Prozent beziehungsweise 142 Milliarden Euro gesunken. 2018 erwarben sie wieder per saldo für fast 4 Milliarden Euro neue Anteile, was ein gutes Zeichen ist. Dennoch reduzierte sich marktbedingt der Wert ihrer Spezialfonds leicht auf 141 Milliarden Euro beziehungsweise 9,6 Prozent am Gesamtvolumen.

Bund, Länder und Gemeinden spielen als Anleger weiterhin kaum eine Rolle, der Wert ihrer Anteile beträgt zusammen gerade einmal 10 Milliarden Euro und ist gegenüber dem Vorjahr praktisch unverändert. Immerhin sind leichte Zuwächse zu beobachten, 2015 waren es nur 8 Milliarden Euro. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit von Haushaltsüberschüssen, für die sich die Anlage in einem Spezialfonds lohnt, bei Gemeinden (5 Milliarden Euro) höher als bei den Ländern (4 Milliarden Euro) oder gar beim Bund (1 Milliarde Euro), wo solche Überschüsse etwa zum Rückkauf eigener Anleihen genutzt werden können. Noch geringer ist die Bedeutung der ausländischen Anleger, die unverändert etwa 2 Milliarden Euro in Wertpapier-Spezialfonds investiert haben.

Während aus den Abbildungen 2 und 3 die Bedeutung der Versicherungsunternehmen für die Spezialfondsbranche abgelesen werden kann, zeigt Abbildung 8 die Bedeutung der Fonds im Rahmen der Asset Allocation der Versicherungsunternehmen und Pensionseinrichtungen. Wie bei den Spezialfonds fällt zunächst auf, dass sich das Gesamtvolumen 2018 kaum verändert hat. Es stieg von 2,86 auf 2,88 Billionen Euro fast nicht messbar an. Erst nach dem Jahreswechsel hat sich das Vermögen wieder erhöht und hat jetzt die Grenze von drei Billionen Euro überschritten. Hiervon ist insgesamt mehr als ein Drittel, nämlich 1,05 Billionen Euro in Anteilen an Investmentfonds investiert. Leider differenziert die Statistik an dieser Stelle nur zwischen Geldmarktfonds, welche mit 1 Milliarde Euro nur eine untergeordnete Rolle spielen, und allen anderen Fonds. Es ist jedoch bekannt, dass Versicherungen und Altersvorsorgeeinrichtungen 893 Milliarden Euro in Wertpapier-Spezialfonds und 60 Milliarden Euro in Immobilien-Spezialfonds (vergleiche Entzian in Immobilien & Finanzierung 2019, Heft 8 Seiten 350 ff.) im Bestand haben.

Die Größe der von den einzelnen Spezialfondsgesellschaften verwalteten Volumina ist in Abbildung 6 dargestellt, wobei die vom BVI erhobenen Zahlen danach unterscheiden, welchen Teil der Wertschöpfungskette die jeweilige Gesellschaft verantwortet. Nach links sind die Mandate abgetragen, die ausschließlich administriert werden, das heißt der Spezialfonds ist der KVG rechtlich zu -geordnet und sie ist für Fondsbuchhaltung, Besteuerung, Abschlussprüfung, aufsichtsrechtliche Meldungen und Reporting verantwortlich. Nach rechts finden sich die Mandate, für die die KVG ausschließlich das Portfoliomanagment verantwortet, also die konkreten Anlageentscheidungen vorgibt. Die klassischen Spezialfonds, bei denen die KVG die gesamte Wertschöpfungskette verantwortet, sind in der Mitte aufgezeigt. Für Zwecke der Rangliste sind alle drei Bestandteile addiert worden, ohne diese unterschiedlich zu gewichten.

Freies Vermögen leicht abgesunken

Anders als im Vorjahr ist dieses Mal das außerhalb von Spezialfonds verwaltete Vermögen nicht berücksichtigt. Wie Abbildung 1 zeigt, ist das sogenannte "freie Vermögen" im Verlauf von 2018 leicht abgesunken während das Gesamtvolumen der Spezialfonds kaum gestiegen ist.

Die Allianz Global Investors ist - mit oder ohne das außerhalb von Spezialfonds verwaltete Vermögen - der unangefochtene Marktführer. Von den insgesamt 443 Milliarden Euro entfallen dem Anschein nach nur 66 Milliarden Euro auf das klassische Modell "alles aus einer Hand", während 215 Milliarden Euro ausschließlich administriert und weitere 163 Milliarden Euro ausschließlich gemanagt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Anleger bei den genannten 215 Milliarden Euro durchweg externe Porfoliomanager oder -adviser beauftragt haben, die von der Allianz-Gruppe vollständig unabhängig sind. Vielmehr können hier auch solche Volumina enthalten sein, die durch einen im Allianzkonzern angesiedelten Portfolioverwalter verantwortet werden. Der Umfang der Bestände, die auf diese Weise doppelt erfasst werden und vielleicht besser nur einmal in der Mitte beim klassischen Modell ausgewiesen werden sollten, ist der Statistik leider nicht zu entnehmen.

Verschiebung in der Rangordnung

Bei der zweitgrößten Spezialfondsgesellschaft, der Universal Investment, besteht das Risiko einer doppelten Erfassung dagegen nicht. Entsprechend der Konzentration auf das Masterfonds-Geschäft administriert die Universal ein Volumen von 256 Milliarden Euro ausschließlich und verantwortet nur bei 9 Milliarden Euro ausschließlich das Portfoliomanagement. Das gesamte Wertpapier-Spezialfondsgeschäft kommt auf 292 Milliarden Euro.

Als eine Besonderheit ist hervorzuheben, dass die Universal daneben auch 7,7 Milliarden Euro in Immobilien-Spezialfonds verwaltet und sich innerhalb weniger Jahre auch auf diesem Markt auf den zweiten bis vierten Platz vorgearbeitet hat. Der Erfolg der Universal zeigt, dass sowohl bei Wertpapier- als auch bei Immobilien-Spezialfonds eine hohe Nachfrage nach einzeln angebotenen Bausteinen der Wertschöpfungskette besteht. Manchmal scheint es so, als wären die Portfoliomanager zu reinen Zulieferern heruntergestuft, die zudem jederzeit ausgetauscht werden können; dabei hängt allein von deren Leistung der gesamte Anlageerfolg und damit manchmal sogar die Existenz des Anlegers ab.

Auch die drittgrößte Spezialfonds-Gesellschaft, die HSBC Trinkaus & Burkhardt, gründet ihren Erfolg maßgeblich auf den von ihr administrierten Masterfonds, die ein Volumen von 147 Milliarden Euro besitzen. Allerdings spielt hier das klassische Geschäft mit 57 Milliarden Euro ebenfalls eine wichtige Rolle.

Bei der Union-Investment und der Deka handelt es sich beim klassischen Geschäft mit jeweils 70 beziehungsweise 72 Milliarden Spezialfonds-Vermögen um die wichtigste Säule. Bei beiden Gesellschaften kommt ein großer Teil der Anleger aus dem jeweiligen Verbund, sodass der Bezug der vollständigen Dienstleistung aus einer Hand mit dem geringsten Aufwand verbunden ist und wirtschaftlich das beste Ergebnis verspricht. Beide Gesellschaften bieten mit 24 beziehungsweise 25 Milliarden Euro die reine Spezialfonds-Administration in der gleichen Größenordnung an, während die Union bei der Übernahme der reinen Portfolio-Verantwortung mit 61 Milliarden Euro gegenüber 9 Milliarden Euro deutlich vorne liegt. Die DWS liegt mit insgesamt 110 Milliarden Euro unverändert auf dem sechsten Platz, wobei das klassische Geschäft und die reine Portfolioverwaltung mit jeweils 45 Milliarden Euro gleich groß sind und weitere 20 Milliarden Euro ausschließlich administriert werden.

Neue Nachhaltigkeitsanforderungen

Alle Gesellschaften müssen sich mit neuen Regulierungsideen auseinandersetzen. So möchte die EU neue Nachhaltigkeitsanforderungen für die Investmentbranche festlegen. Die Einzelheiten, wie die Nachhaltigkeit einzelner Aktivitäten zu bewerten ist, soll in einer sogenannten Taxonomie festgelegt werden. Leider mangelt es hier - wie häufig in der Diskussion von Umweltthemen - an der Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der wesentlichen Ursache fast aller Probleme, dem weiterhin kaum gebremsten Wachstum der Erdbevölkerung. Die EU wird sich keine Vorgaben für die Finanzindustrie ausdenken können, die den Raubbau an den Rohstoffen, Wäldern und Ozeanen dieser Welt auch nur im geringsten Maße zu bremsen geeignet wären.

Aktuell müssen sich auch die Spezialfonds-Gesellschaften mit den KAIT (Kapitalverwaltungsaufsichtliche Anforderungen an die IT) der BaFin auseinandersetzen. Als wären die Marktteilnehmer nicht in der Lage, ihre IT selbst zu organisieren, sollen sie hier künftig eine Reihe konkreter von Beamten erdachter Regeln beachten. Zunächst wird mit dem Informationssicherheitsbeauftragten (ISB) eine neue in jeder KVG zu schaffende Position definiert, deren wichtigste Aufgabe die Überwachung der Einhaltung der BaFin-Vorgaben zu diesem Thema ist. Zur Vermeidung von Interessenkonflikten muss diese Position - ähnlich wie der Compliance-Officer, der Geldwäschebeauftragte, der Risikomanager und der Datenschutzbeauftragte - organisatorisch und prozessual unabhängig ausgestaltet sein und darf nur unter bestimmten, genau definierten Voraussetzungen ausgelagert werden. Zu den zu überwachenden Regelungen gehört eine feinsinnig definierte Abgrenzung der Auslagerung von IT-Dienstleistungen von sonstigem Fremdbezug, wobei je nach Einordnung des konkreten Falles die Regelungen für ein Outsourcing oder andere Anforderungen zu beachten sind. Größter Vorteil dieser Neuregelung ist, dass die Regelungen aus den für die Banken bereits geltenden BAIT bereits bekannt sind und auf die schon vorhandenen Erfahrungen bei der Umsetzung zurückgegriffen werden kann.

Die Europäische Bankenaufsicht verabschiedet übrigens derzeit neue Auslagerungsrichtlinien, die früher oder später auf die Investmentbranche durchschlagen dürften, das heißt, auch dieses Thema bleibt in Bewegung.

Neue ESMA-Regeln zur Perfomance-Fee

Die ESMA konsultiert gerade neue Regelungen zur Perfomance-Fee, die bei manchen Investmentgesellschaften einen wichtigen Beitrag zur GuV liefert. Dabei hat die Behörde natürlich zunächst die Publikumsfonds im Blick, aber Rückwirkungen auf Spezialfonds sind nicht ausgeschlossen.

Die Zusammensetzung des Fondsvermögen der Spezialfonds zeigt in Abbildung 7 noch einmal deutlich, dass die Delle zum Jahresende 2018 marktbedingt und vorübergehend gewesen ist. Insbesondere die internationalen Aktienmärkte haben zum Jahresende 2018 stark nachgegeben. Der Wert der von den Spezialfonds gehaltenen Aktien von Unternehmen mit Sitz außerhalb der EWU sank nach zwischenzeitlichen Gewinnen zum Jahresende um 10 Milliarden Euro auf 110 Milliarden Euro ab. Allein im Dezember 2018 betrug der Rückgang 9,5 Milliarden Euro. Auch der Wert der inländischen Aktien ging per saldo um 8,5 Milliarden Euro zurück, was wegen der niedrigeren Basis von 43 Milliarden Euro einen relativ gesehen noch deutlicheren Rückgang darstellt. Die geringsten Verluste erlitten die Aktien von Unternehmen mit Sitz im EWU-Ausland, hier betrug der Rückgang 4,4 Milliarden Euro, was bezogen auf den Gesamtwert von 60 Milliarden noch relativ wenig ist.

Der gesamte Aktienbestand der Spezialfonds ging 2018 von 222 Milliarden Euro auf 201 Milliarden Euro zurück. Bis Ende Mai 2019 konnte sich sein Wert erholen und beträgt jetzt 227 Milliarden Euro.

Für die Asset Allocation der Spezialfonds haben die festverzinslichen Wertpapiere natürlich immer noch die größte Bedeutung. Während der Anteil der Aktien je nach Risikotragfähigkeit der Anleger und Entwicklung der Aktienmärkte zwischen zehn und 15 Prozent schwankt, ist mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens direkt in festverzinslichen Wertpapieren angelegt. Ende 2018 waren es knapp 8 Prozent in inländischen Renten und jeweils zirka 23 Prozent innerhalb sowie außerhalb der EWU. Signifikante Änderungen dieser Quoten waren 2018 nicht zu beobachten.

Zielfonds oft ETFs

Stabil entwickelt sich weiterhin die Bedeutung der Zielfonds, die 23 Prozent der Vermögensgegenstände in den Spezialfonds darstellen. Ihr Wert betrug Ende 2018 364 Milliarden Euro, 8 Milliarden Euro mehr als Ende 2017.

Bei einem größeren Teil der Zielfonds handelt es sich um ETFs, die im Vergleich zur Direktanlage in bestimmten Märkten mehrere Vorteile bieten, was unter anderem das Handling und die Kosten angeht. Ein direkter Erwerb eines risikogestreuten Portfolios ist im Vergleich zu einem ETF vor allem dann deutlich umständlicher und aufwendiger, wenn die Anlagesumme relativ niedrig oder die Haltedauer relativ kurz sein soll. Der Nachteil der ETFs besteht in erster Linie darin, dass eine Outperformance des in der Regel durch einen Index definierten Zielmarktes ausgeschlossen ist und darüber hinaus das Risiko einer durch automatische Prozesse verursachten Verstärkung von Marktausschlägen befürchtet wird. Dieses Risiko hängt auch davon ab, wie die Fonds strukturiert sind.

Bei voll replizierenden ETFs werden die Wertpapiere der Zielmärkte passiv gehalten und Rückkopplungen sind jedenfalls so lange ausgeschlossen, wie die Anleger der ETFs keine Anteile zurückgeben. Bei synthetischen ETFs können dagegen die Kontrahenten der Derivate gezwungen sein, sich in kritischen Marktphasen einzudecken beziehungsweise abzusichern und so die Marktbewegungen verstärken. Dieser Effekt ist natürlich keine Besonderheit von ETFs, sondern kann auch bei aktiven Fonds eintreten, die entsprechende Derivate verwenden. Bei den Wertpapier-Spezialfonds werden Derivate gezielt eingesetzt, um vorhandene Bestände gegen befürchtete Verluste abzusichern, und vereinzelt auch, um erwartete Chancen wahrnehmen zu können. Ein flächendeckender Einsatz findet dagegen nicht statt, was schon an der Tatsache zu erkennen ist, dass die Wertentwicklung der Spezialfonds im Großen und Ganzen den Bewegungen an den Wertpapiermärkten folgt.

Geringes Interesse an inländischen ETFs

Auch bei den in Deutschland aufgelegten ETFs werden Derivate nur im untergeordneten Maßstab eingesetzt, denn beim ganz überwiegenden Teil handelt es sich um replizierende Fonds. Im Berichtszeitraum hat allerdings leider das ohnehin schon geringe Interesse an inländischen ETFs nochmals nachgelassen. Der Wert der Aktien ETFs fiel von 50 auf 40 Millionen Euro (vergleiche Abbildung 4). Anders als beim Direktbestand der Spezialfonds hatte dieser sich auch im ersten Halbjahr kaum erholt, er steht jetzt bei 42 Millionen Euro. Immerhin sind im Jahresverlauf wieder vier zusätzliche ETFs aufgelegt worden, sodass die Gesamtzahl auf 108 Fonds anstieg. Im Vergleich zur internationalen Bedeutung der ETFs mit einem Gesamtvolumen von zirka 4,7 Billionen US-Dollar erscheinen die inländischen ETFs wie ein Witz.

Es ist allerdings verständlich, dass die Anbieter ihre Produkte vorzugsweise in solchen Jurisdiktionen aufgelegt haben, in denen sie sich verstanden fühlen und in denen nicht das Risiko von absurder Überregulierung bestand. Inzwischen scheint der Hang der deutschen Regulierer zum Goldplating, das heißt zum Verschärfen europäischer Vorgaben, etwas nachgelassen zu haben. Und da Luxemburg bei der Aufsicht die Schrauben anzieht, nachdem die chilenische Aufsichtsbehörde CCR irische UCITS unter anderem aus rechtlichen Gründen heruntergestuft hatte, könnte sich das Regulierungsgefälle künftig etwas angleichen. Ein Indiz in diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung von Blackrock, die deutschen ETFs doch nicht nach Irland umzusiedeln.

Allerdings gab es schon einmal eine Phase der Hoffnung auf eine Aufsicht, die keine unnötig einschränkenden Regeln erlassen und europäische Vorgaben möglichst großzügig und im Interesse der Branche umsetzen würde. Damals erlaubte die BaFin in der Derivateverordnung den Wertpapierfonds etwa den Erwerb von Derivaten auf praktisch alle denkbaren Basiswerte, auch wenn diese vom unmittelbaren Erwerb ausgeschlossen waren. Leider hat diese Phase nicht allzu lange angehalten.

Interessant ist übrigens, dass das weltweite Gesamtvolumen der ETFs zum ersten Mal in ihrer Geschichte nicht weiter gestiegen ist. 2017 hatte die Branche noch ein Wachstum von über 30 Prozent erfahren, 2018 soll es einen Rückgang um 7 Milliarden US-Dollar auf 4 685 Milliarden US-Dollar gegeben haben. Da ETFs keine aktiven Strategien zur Absicherung einsetzen, haben hier natürlich die Marktverluste im Jahr 2018 ungedämpft durchgeschlagen. Dennoch könnte sich die Entwicklung als erstes Anzeichen erweisen, dass bei den ETFs eine gewisse Marktsättigung eingetreten ist.

Fließende Übergänge zwischen ETFs und konkurrierenden Produkten

Die Übergänge zwischen ETFs und konkurrierenden Produkten sind im Übrigen fließend, zumal es an einer klaren gesetzlichen Definition dieser Produkte fehlt. Es gibt lediglich eine harte Abgrenzung zu anderen ETP, bei denen es sich um Zertifikate und andere Vehikel handeln kann, bei denen - anders als bei UCITS - nicht unbedingt ein insolvenzsicheres Wertpapiervermögen vorhanden ist. Wenn etwa ein ETF zwar einen Index "passiv abbildet", dieser Index jedoch einer mehr oder weniger aktiven Handelsstrategie folgt, ist im Ergebnis kein wesentlicher Unterschied zu einem aktiv gemanagten Fonds mehr erkennbar. Umgekehrt werden aktiv gemanagte Fonds angeboten, die einen definierten Index abbilden und kaum von diesem abweichen, also kaum Wetten gegen diesen Index eingehen. Um Anleger vor solchem heimlichen Abbilden eines Index, einem "closet indexing" zu schützen, hatte die BaFin 2017 entsprechende Transparenzanforderungen an Verkaufsprospekte veröffentlicht.

Als Fazit der diesjährigen Kandlbinder-Studie bleibt festzuhalten, dass die neuen Regulierungen das weitere Wachstum der institutionellen Asset Manager nicht fördern, aber auch nicht nachhaltig behindern. Diese Macht haben nur die Märkte bewiesen, die sich 2018 dämpfend ausgewirkt und im Jahr 2019 zusätzliche Impulse geliefert haben.

Wertvolle inhaltliche Anregungen sind Annke von Tiling, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin bei Ebner Stolz, zu verdanken.

Till Entzian Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main
Till Entzian , Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main

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