Blickpunkte

Any card at any terminal Mystery-Shopping in der Sepa-Provinz

In Brüssel fließt der Champagner am 28. Januar 2008 reichlich. Die Regulatoren McCreevy und Tumpel-Gugerell feiern den ersehnten Sepa-Start. Den versammelten Bankern ist aber bewusst, dass es noch viel zu tun gibt. Bei Sepa for Cards hapert es zum Beispiel an einem europäischen Debitkartensystem. Auf der Kreditkartenseite hingegen können wir uns in Sepa-Land bereits voll auf die bewährten amerikanischen Kartensysteme verlassen. Na ja, fast überall. Es gibt noch weiße Flecken am Rande der Europa-Karte, wo eine Kreditkartenzahlung eine aufregende und zeitraubende Angelegenheit ist.

Autorisierung abgelehnt

Man nehme zum Beispiel Sizilien. Das Mietauto wurde im Internet reserviert und vorab gab es die Information, dass Kreditkarten akzeptiert werden. Bei nächtlicher Ankunft am Flughafen zückt der Vermieter ein modernes mobiles Bezahlterminal. Von wegen Provinz! Die Autorisierung wird aber abgelehnt. Klare Ursache; der Betrag (840 Euro) übersteigt das Limit. Ein zweiter Versuch mit einer Anzahlung in Höhe von 100 Euro schlägt aber auch fehl. So schlecht kann meine Bonität doch nicht sein! Man übergibt mir das Auto mit der Auflage, am nächsten Morgen in den Geschäftsräumen der Autovermietung die Zahlung durchzuführen.

So darf ich das Mietauto bereits am ersten Urlaubstag im italienischen Stadtverkehr testen. Vorher im Supermarkt noch schnell die Karte ausprobiert. Alles läuft reibungslos. Beim Autovermieter schlägt die Autorisierung aber - auch am stationären Terminal - wieder fehl. Ich rufe beim Call-Center meines Kartenherausgebers in Deutschland an. Man registriert dort zwar die Transaktion, aber als Storno. Die freundliche Mitarbeiterin bleibt in der Leitung, als wir einen zweiten Versuch star ten. Jetzt klappt es, im Call-Center sieht man eine Autorisierungsnummer für diese Transaktion. Das Problem ist, dass die italienische Acquirerbank keine Autorisierungsnummer erhält.

Was nun? Jetzt ist der Unternehmensberater gefordert. Auf einem Stück Papier zeichne ich das ABC des Kreditkartengeschäfts: das 4-Parteien-Modell. Das hilfreiche Pfeildiagramm zeigt, dass das Problem vielleicht beim Acquirer liegt. Der Vermieter ruft dort an. Anscheinend gibt es ein mysteriöses Problem zwischen Terminal und Acquirer, das erst in einigen Tagen behoben werden kann. Man besteht auf Barzahlung. Ich verweigere dies, da mein Issuer die Zahlung freigegeben hat; eine unerfreuliche Patt-Situation. Man meint, ich sollte meine Issuer-Bank anrufen, die dann die 840 Euro zu der italienischen Acquirer-Bank überweist. Auf einem Zettel bekomme ich IBAN und BIC gereicht. Wer sagt denn, dass Sepa sich hier nicht bereits entfaltet hat?

Ich rufe wieder beim Call-Center in Deutschland an. Dort hat sich auf wunderbare Weise die Autorisierungsnummer in eine Stornonummer gewandelt. Ich gebe nicht auf und erinnere mich an die bewährte Pre-Sepa-Back-Up-Lösung: die alte Ritsch-Ratsch-Maschine. Aus einem Hinterzimmer holt man das verstaubte Stück. Das Fossil zieht die Aufmerksamkeit mehrerer Mitarbeiter und Kunden des Autovermieters auf sich, die den Vorgang mit Rat und Tat begleiten. Das Metall-Plättchen mit den Daten der Akzeptanzstelle muss erst noch montiert werden. Es wird falsch (kopfüber) montiert, aber was soll es, wir sind nun kurz vorm Ziel: Betrag ausgefüllt, Ritsch-Ratsch und Unterschrift. Voilà! Inzwischen ist das Vertrauen in meine Bonität wieder gewachsen, denn auf eine Telefon-Autorisierung wird verzichtet. Zufrieden kehre ich an den Strand zurück, wo meine Familie bereits die Sonne und das Meer genossen hat. Die Erzählung meiner Klimmzüge werden mit einem entspanntem Schulterzucken beantwortet. Jetzt kann der Urlaub beginnen.

Bargeld lacht

Nach zwei Tagen klingelt aber das Handy. Der Autovermieter bittet mich, sofort wieder vorbeizukommen; der unterschriebene Kartenslip wurde vom Acquirer nicht akzeptiert. Seine Tonlage ist nun etwas unfreundlicher geworden. Auto zurück oder Barzahlung. Vor meinem geistigen Auge erscheinen schon die schwarz gekleideten Mafiosi mit gespiegelten Sonnenbrillen. An dieser Stelle würden vermutlich alle auch sonst so mutigen Warriors on Cash aufgeben. Man begleitet mich zum nächsten Geldautomat. So viel Service ist drin. Dort die nächste Hürde: Das Tageslimit meiner Karte ist nur 250 Euro. Nachdem ich versprochen habe, morgen die zweite Rate zu bezahlen, darf ich an den Strand zurückkehren. Mittels unterschiedlicher Karten gelingt es mir in den nächsten Tagen, den noch fehlenden Bargeldbetrag zu besorgen. Während das Bargeld hier noch lacht, denke ich an die wunderbare Sepa-Vision: any card at any terminal ... Hier ist wirklich noch die Frage, wer zuletzt lacht.

Dr. Hugo Godschalk ist Geschäftsführer der PaySys Consultancy GmbH, Frankfurt am Main.

Dr. Hugo Godschalk , Koordinator der AG Regulation, Prepaid Verband Deutschland e. V. (PVD), Berlin
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