Mobile Payment

Neuer Wettbewerb - wer gewinnt das Rennen?

In den letzten Jahren hat der Bereich Mobile Payment an Dynamik gewonnen. Systeme wie Google Wallet oder auch Lösungen wie m-Pass bringen den Wettbewerb in Fahrt. Unternehmen verschiedener Branchen wollen an diesem Zukunftsmarkt partizipieren und positionieren sich mit eigenen Bezahlsystemen.

Werden sich im Wettbewerb die etablierten Anbieter behaupten, wie etwa Banken, Kreditkartenunternehmen oder Mobilfunkanbieter? Oder haben Google, Amazon, Apple & Co., die eigene digitale Ökosysteme anbieten und somit über eine nicht zu unterschätzende Marktmacht verfügen, die besseren Karten?

m-Pass noch in der Aufbauphase

O2 hat mit m-Pass ein neues Bezahlsystem auf den Markt gebracht. Neu daran ist, dass es zwei Systeme in einem verbindet. Auf der einen Seite gibt es das Bezahlen im Geschäft, hierfür erhalten Kunden einen NFC-Chip, der auf das Handy aufgeklebt wird. Der NFC-Chip enthält Informationen, um den Käufer zu identifizieren und um den Kauf abzuwickeln. Auf der anderen Seite gibt es ein Online-Payment zum Einkaufen im Internet. Letzteres funktioniert ähnlich wie beim Internetbanking nach dem PIN/ m-TAN-Prinzip.

Es lässt sich schnell erkennen, dass m-Pass noch in der Aufbauphase ist. NFC-Chips in Smartphones werden noch nicht unterstützt, auch ein Konto bei einer deutschen Bank ist erforderlich, der Einsatz im Ausland ist somit eingeschränkt. Auch die verfügbaren Akzeptanzstellen sind noch überschaubar. Zur Beurteilung von Chancen und Bedeutung von m-Pass und anderen mobilen und nicht-mobilen Bezahlsystemen, ist mehr notwendig als ein Vergleich der Systeme. Es ist sinnvoll, einen grundsätzlichen Blick auf Mobile Payment hinsichtlich der Funktionsweise "Was ist das überhaupt?" zu werfen und auch den Stand der Schlüsseltechnologie NFC zu betrachten.

Der Schlüssel zum Thema Mobile Payment steckt in der Betrachtung der Unternehmen, die den Markt gestalten. Dieser Artikel konzentriert sich daher in großen Teilen auf Unternehmen und ihre Rolle, die sie bezogen auf Bezahlsysteme einnehmen.

Mobile Payment bezeichnet das Bezahlen von Produkten und Dienstleistungen mit Mobiltelefonen. Hier werden heute meist Smartphones eingesetzt. Bezahlt wird an Automaten, im Handel und Online im Internet. Je nach Art der Transaktion ist eine unterschiedliche technische Lösung erforderlich. Für Transaktionen im Internet gibt es eine Vielzahl an technischen Lösungen, beim Bezahlen am Automaten oder im Handel spielt NFC eine Schlüsselrolle.

Schlüsseltechnologie NFC

Die Technologie NFC (Near Field Communication) ist bestens für das mobile Bezahlen geeignet. Über wenige Zentimeter werden Identifikationsinformationen und Daten kontaktlos übertragen. Nicht nur m-Pass setzt auf NFC. Auch die Google Wallet Variante "in store" funktioniert mit geeigneten Smartphones auf der Basis von NFC. Seit geraumer Zeit setzen auch Bezahlkarten mehr und mehr auf NFC. Im Rahmen von Girogo werden seit 2011 von Sparkassen und Volksbanken ec-Karten mit integriertem NFC-Chip ausgegeben. Ein weiteres Beispiel ist die Paypass-Funktionalität von Mastercard.

Neben dem Einsatz in Bezahlsystemen eignet sich NFC beispielsweise auch für Zugangskontrollen und zum kontaktlosen Abrufen von Informationen. Nachdem die Standardisierung von NFC bereits weit fortgeschritten ist, aber die Verbreitung von NFC-basierten Anwendungen noch auf den Durchbruch wartet, wird derzeit viel über den Stand von NFC diskutiert. Gerade Smartphones mit NFC-Unterstützung könnten die Verbreitung von Anwendungen extrem beschleunigen.

Um zu bewerten, wie praxistauglich NFC im Zusammenhang mit Smartphones ist, hat das Emerging Technology Center von Zühlke Engineering im Jahr 2012 die Technologie NFC genauer untersucht. Das wesentliche Ergebnis ist, dass NFC als Technologie mittlerweile reif für den praktischen Einsatz ist, aber der Verbau in Smartphones noch nicht weit genug vorangeschritten ist. Somit sind die Voraussetzungen für flächendeckende Anwendungen mit Smartphones noch nicht gegeben.

Veränderungen des Konsumentenverhaltens

Um Mobile Payment einordnen zu können, müssen zunächst zwei fundamentale Veränderungen betrachtet werden. Diese sind wesentliche Einflussfaktoren.

Der Handel verlagert sich kontinuierlich vom stationären Handel ins Internet. Die jüngst von Amazon veröffentlichten Umsatzzahlen für 2012 - etwa 8,7 Milliarden US-Dollar - sind ein starker Indikator. Ein Ende des Trends ist noch nicht erkennbar. Zumal gerade Amazon den Wettbewerb mit dem stationären Handel immer weiter verschärft. Wenn Amazon den Punkt erreicht, Bestellungen noch am selben Tag ausliefern zu können, dann fällt einer der letzten großen Vorteile des stationären Handels weg.

Das Internet wird immer mehr mit mobilen Endgeräten genutzt. Smartphones entwickeln sich zum ständigen Begleiter von Menschen. Anwendungen wie Facebook und Twitter werden bereits heute häufiger von Smartphones oder Tablets verwendet als über PCs und Notebooks. Die Nutzung dieser Geräte für Mobile Payment liegt auf der Hand, sie bringen alle erforderlichen Eigenschaften wie zum Beispiel Identifikations-Informationen und Bedienungs- sowie Displayfunktionen mit.

Somit steht Mobile Payment im Zentrum von sehr intensiven Veränderungen im Konsumentenverhalten.

Viele wollen partizipieren

Viele Unternehmen wollen möglichst an jeder Kauf-Transaktion partizipieren. Wer sind diese Unternehmen? Ein Blick auf die Marktteilnehmer, ihre Position und ihr Handeln hilft zu verstehen, was derzeit passiert:

Die Mobilfunkanbieter wie Deutsche Telekom, O2 oder Vodafone haben den Vorteil des direkten Zugangs zum Kunden inklusive dazugehöriger Abrechnungssystemen. Aber sie brauchen neue Geschäftsmodelle. Die Margen im Mobilfunkgeschäft sinken nicht zuletzt durch "Flatrates".

Banken, Finanzdienstleister, Kartenanbieter und Zahlungsabwickler müssen ebenfalls neue Geschäftsmodelle entwickeln. Im Bereich Zahlungsgeschäft und Einlagen gibt es kontinuierlich neue Anbieter, die das traditionelle Geschäft bedrohen. Ihre Stärken sind Erfahrung bei Sicherheit und Datenschutz, zwei insbesondere in Deutschland wichtige Themen.

Smartphone-Hersteller und Anbieter der dazugehörigen Betriebssysteme liefern sich einen erbitterten Kampf um Marktanteile. Allen voran steht der Wettbewerb zwischen Apple mit dem Betriebssystem iOS und auf der anderen Seite dem Betriebssystem Android von Google, das von mehreren Smartphone-Herstellern unterstützt wird. Auch innerhalb von Koopera tionen kommt es mittlerweile zu Streitigkeiten. Das rasante Wachstum von Samsung macht Google Sorgen, weil sich die Kräfteverhältnisse zu Googles Ungunsten verschieben. Die Bedeutung der Betriebssysteme ist enorm, denn sie entscheiden maßgeblich darüber, welcher Point of Sale (PoS) bevorzugt angeboten wird.

Der Point of Sale wiederum hat für das Bezahlsystem eine besondere Bedeutung: Er entscheidet darüber, welches Bezahlsystem eingesetzt wird. Also darüber, wer Geld an jeder Transaktion verdient. Bekannt sind zum Beispiel Amazon mit dem Online-Handel für sowohl Güter als auch Online-Medien (Software, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Musik, Videos) und Apple mit i-Tunes, das ebenfalls On line-Medien vertreibt. Weiterhin gibt es viele Plattformen im Internet mit einer extrem hohen Anzahl von Benutzern, diese sind auf dem Weg zum Point of Sale. Beispiele hierfür sind etwa die Social-Media-Plattformen Facebook und Twitter. In diesem Zusammenhang wird oft von "digitalen Ökosystemen" gesprochen.

Die Anzahl der Bezahlsysteme wächst nahezu täglich. Das oben aufgeführte m-Pass ist ein Beispiel, mit Yapital wurde von der Otto-Gruppe ein weiteres Bezahlsystem angekündigt. Der Marktstart von Yapital ist für das erste Halbjahr 2013 geplant.

Einfachheit aus Händlersicht entscheidend

Für die Anwender stehen Sicherheit, Datenschutz und die Einfachheit der Anwendung im Vordergrund. Zudem ist die Zahl der Akzeptanzstellen von enormer Bedeutung, je mehr Akzeptanzstellen, desto interessanter ist ein Bezahlsystem.

Für die Akzeptanzstellen - Händler oder im Internet - muss es möglich sein, ein neues Bezahlsystem mit sehr einfachen technischen Mitteln zu installieren. Gerade im Online-Bereich spielt die Verfügbarkeit von Schnittstellen (sogenannte APIs - Application Programming Interfaces) eine tragende Rolle. Mit intelligenten Schnittstellen können neue Bezahlsysteme einfach in Shops integriert werden.

Damit steigt auch die Attraktivität von Shops, denn Kunden kaufen in der Regel dort ein, wo ihr Wunsch-Bezahlsystem unterstützt wird. Auch der Lernaufwand des Personals muss gering sein. Und elementar ist zudem die Höhe der Transaktionsgebühr, die an den Betreiber des Bezahlsystems abzuführen ist. Shop-Anbietern müssen verschiedenste Vorund Nachteile abwägen, um am Ende zu entscheiden, welche Bezahlsysteme angeboten werden.

Digitale Ökosysteme in der stärksten Position

Die stärkste Position haben jedoch die inzwischen sehr mächtigen digitalen Ökosysteme wie zum Beispiel Apple, Amazon, Google, Facebook und Ebay. Diese Ökosys teme haben es selbst in der Hand, welche Produkte mit welchen Bezahlsystemen angeboten werden. Apple mit i-Phone sowie i-Pad und Amazon mit dem Kindle bieten dafür sogar eigene Geräte mit Betriebssystemen. Sie halten ihre Kunden in ihrem System und sorgen dafür, dass gerade Medien-Produkte überwiegend innerhalb des Systems gekauft werden.

Die Rolle von Google stellt sich hingegen etwas anders dar: Google beeinflusst den Markt mit seinem Betriebssystem Android und der direkten Verbindung zu Googles Play Store. Ebay wiederum hat die hohen Nutzerzahlen schon vor Jahren genutzt, um ein neues Bezahlsystem unter dem Dach von Ebay zu verankern: das Startup Paypal wurde gekauft. Inzwischen ist Paypal als Bezahlsystem fest im Markt verankert.

Diese Ökosysteme haben exzellente Voraussetzungen, den (Mobile) Payment Markt massiv zu beeinflussen. Sie verfügen über viele Nutzer, hohe Umsätze und (wie am Beispiel von Apple jüngst in der Presse diskutiert) über hohe Bargeldreserven, die große Investitionen erlauben.

Durchbruch in der Breite wird noch dauern

Was passiert als nächstes im hart umkämpften (Mobile) Payment Markt? Es bleibt abzuwarten, welche Strategie Apple wählen und verfolgen wird. Im letzten Jahr wurden Apple mehrere Patente zugesprochen, die auf Aktivitäten im Bereich Finanzdienstleistungen hindeuten. Unter dem Namen i-Wallet kursieren bereits Gerüchte im Internet. Und die Einführung von Apples App Passbook zur Verwaltung von Bord-, Kino-, Geschenk- und Gutscheinkarten könnte ein Vorgeschmack sein auf das, was kommt.

Weitere NFC-basierte Bezahlungssysteme werden auf den Markt kommen. Aber es wird noch lange dauern, bis NFC-basiertes Bezahlen tatsächlich in der Breite funktioniert. Nicht nur die mangelnde Verbreitung der richtigen NFC-Technologie in Smartphones ist ein Hindernis. Es ist auch schwierig, alle erforderlichen Unternehmen an einen Tisch zu bekommen, um große Lösungen - basierend auf einem einheitlichen Standard - auf den Markt zu bringen.

Banken, Finanzdienstleistungsunternehmen und Telekommunikationsunternehmen werden verstärkt Kooperationen eingehen, um den Payment Markt mitzugestalten. Das oben erwähnte m-Pass ist ein Beispiel dafür.

Bezahlsysteme werden immer stärker alle Kanäle abdecken. So werden künftige Bezahlsysteme mehr und mehr Automaten, stationären Handel, mobiles Bezahlen und Einkaufen im Internet unterstützen. Auch hier ist m-Pass ein Beispiel: Es werden sowohl Zahlungen im Geschäft, als auch Online-Zahlungen unterstützt. Ein weiteres Beispiel ist die Einführung von Paypal für den stationären Handel.

Twitter und Facebook werden daran arbeiten, ihre extrem hohen Benutzerzahlen zu kommerzialisieren und ihnen verschiedenste Kauf-Möglichkeiten geben. Exemplarisch sei hierfür die Kooperation von American Express und Twitter genannt, bei der Twitter-Nutzer spezielle Angebote mit ihrer American-Express-Karte erwerben können.

Die großen Betreiber von Ökosystemen werden mit Bezahlsystemen experimentieren und eigene Bezahlsysteme entwickeln und verbreiten. Mit Google Wallet ist bereits ein System am Markt, Amazon hat vor einiger Zeit die Währung Amazon Coins eingeführt. Weitere werden folgen.

Noch keine der aktuellen Bezahl-Lösungen ist einzigartig und damit prädestiniert, am Ende der Gewinner zu werden. Und aus der Einführung der Geldkarte haben wir gelernt, dass es sehr lange dauern kann, bis sich ein System am Markt etabliert. Auf jeden Fall wird am Ende ein Bezahlsystem an der Spitze stehen, das alle Kanäle, vom Automaten bis zum Mobile Commerce, abdeckt.

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