Paydirekt

Rechts überholt

Niemand hat auf Paydirekt gewartet - die Verbraucher nicht und die Händler auch nicht. Das muss die deutsche Kreditwirtschaft nach der anfänglichen Euphorie jetzt schmerzhaft erfahren. Sicher geht es bei Paydirekt allmählich voran - aber eben doch viel zu langsam. 240 Online-Shops, bei denen das Verfahren implementiert ist, sind mehr als ein Jahr nach dem Start wahrhaft keine Glanzleistung. Dass es auch bei der Zahl der registrierten Nutzer nicht mehr stark vorangeht, muss da nicht verwundern. Deren Zahl von rund 600 000 ist gemessen an dem theoretischen Kundenpotenzial im Grunde kaum nennenswert.

Zugegeben: Gegenüber anderen Verfahren ist Paydirekt im Nachteil, weil das Entgeltverhandlungsmodell die Implementierung selbst mit den Konzentratoren vergleichsweise mühsam macht. Das mag man kritisieren, gleichwohl gilt es, damit umzugehen. Wettmachen lässt sich ein solches Manko am besten durch aggressive Konditionen. Wäre Paydirekt deutlich güns tiger als Paypal, dann wäre das Interesse beim Handel sicher größer. Dazu aber ist die Kreditwirtschaft allem Anschein nach noch nicht bereit.

Auch bei den Nutzern wird der Gebrauch des neuen Online-Bezahlverfahrens nicht incentiviert. Dabei zeigen Beispiele aus dem Umfeld des kontaktlosen Zahlens, dass solche Incentives durchaus etwas bringen. Wenn etwa Kunden bei einer internationalen Kaffeehaus-Kette für das kontaktlose Zahlen mit einem Upgrade auf den nächstgrößeren Becher belohnt werden, dann lässt das nicht nur die Anzahl der kontaktlosen Transaktionen erheblich steigen. Sondern es hat auch Auswirkungen auf den Umsatz des Händlers. Auch so lässt sich Akzeptanz fördern. Ohne solche Anreize ändern Verbraucher ihr Bezahlverhalten bestenfalls langsam. Allein mit dem Verweis auf die Sicherheit wird sich der Durchbruch für Paydirekt vermutlich nicht erreichen lassen.

Es kommt aber noch etwas anderes dazu. Im Grunde ist Paydirekt weder die Antwort auf ein Kunden- noch auf ein Händlerbedürfnis. Beide Seiten konnten schon vor der Entwicklung dieses neuen Online-Bezahlverfahrens mit den bestehenden Bezahloptionen ganz gut leben. Entwickelt wurde Paydirekt vielmehr, um ein Bedürfnis der Banken und Sparkassen zu befriedigen, nämlich eine Alternative zu Paydirekt zu bieten. Mit einem solchen Ansatz lässt sich jedoch das Henne-Ei-Problem nur schwer lösen.

Und dann wird das Online-Bezahlverfahren auch noch an anderer Stelle rechts überholt. In dem Maße, wie die Kartenorganisationen Dinge wie Wallet-Lösungen, die Tokenisierung oder die Authentifizierung mittels biometrischer Verfahren vorantreiben (und bekanntlich drücken Mastercard und Visa hier mächtig aufs Tempo und kooperieren überdies mit Paypal), desto mehr erscheint Paydirekt als die Antwort auf Herausforderungen von gestern. Es als Totgeburt zu bezeichnen, wäre vermutlich übertrieben. Ob es aber unter diesen Umständen jemals auch nur annähernd zu Paypal wird aufschließen können, ist doch fraglich. Die Chancen, die erhoffte Marktposition zu erreichen, scheinen zusehends zu schwinden. Red.

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