Thementag: Unternehmenssteuerung im Fokus der Leasing-Branche

Erkenntnisse und Empfehlungen

Abbildung 1: Einheit zwischen Methoden, Prozessen, Reports und Gremien erfolgskritisch Quelle: Eigene Darstellung

Stefan Hoppe, Ernst-Johannes Iversen, Horst Fittler - Die Leasing-Branche steht aktuell einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber, die durch markt- und Wettbewerbsveränderungen sowie zunehmende aufsichtliche Anforderungen geprägt sind. Dazu zählt unter anderem die Unternehmenssteuerung. Im Rahmen eines Thementages diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der Leasing-Branche mit Beratungsexperten und Vertretern eines Softwarehauses über die aktuelle Situation und die zukünftigen Herausforderungen der Unternehmenssteuerung. Die Autoren schildern hier die wichtigsten Aspekte aus den Vorträgen und Diskussionen der Fachkonferenz.

Ziel der von der TriSolutions GmbH organisierten Veranstaltung war es, den Bogen von der wissenschaft lichen, eher theoretischen Sicht über die Nutzung der Erfahrungen aus der Beratungstätigkeit sowie den konkreten Lösungen aus der Leasing-Indus trie bis hin zu den technischen Möglichkeiten aus der "IT-Brille" zu spannen.

Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Geschäftsführender Direktor Institut für Bankwirtschaftslehre und Bankrecht an der Universität zu Köln und gleichzeitig Leiter des dortigen Forschungsinstituts für Leasing, stellte in seiner wissenschaftlichen Einordnung die aktuelle wirtschaftliche Situation für Leasing-Gesellschaften dar und beschrieb die für die Steuerung relevanten Informationen. Die Betrachtung lag im Kern auf der Darstellung, dass die mit der 4. Novelle der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) geforderten Berichterstattun gen und Anforderungen an die Datenorganisation bis hin zur Internen Revision konsequent für die Unternehmenssteuerung genutzt werden sollten.

Wissenschaftliche Einordnung

Insbesondere die Anforderungen aus der Risikotragfähigkeit und der über die Unternehmensplanung zu bildende mehrjährige Kapitalplanungsprozess sollte in Einklang der Geschäfts- und Risikostrategie eines jeden Leasing-Unternehmens stehen. Ebenso müssten die Anforderungen an die Unternehmenssteuerung in Einklang mit den jeweiligen Steuerungskreisen gebracht werden, erläuterte Hartmann-Wendels (siehe Abbildung 1, Seite 13).

Dazu zählen aus der Sicht des Vortragenden die wertorientierte, die handelsrechtliche und die aufsichtsrechtliche Steuerung. Während die handelsrechtliche Steuerung die Grundlage zur Erhebung der steuerlichen Erfordernisse darstellt und gleichzeitig die Basis für die aufsichtsrechtlichen Anforderungen bildet, hat die wertorientierte Steuerung die Maximierung des Shareholder Value im Blick. Letztere versucht im Rahmen des Barwertkonzeptes mit den zu erwartenden Erträgen die durchschnittlichen Kapitalkosten zum eingesetzten Kapital zu optimieren. In diesem Dreiklang der Steuerung ging der Referent anschließend auf die Wichtigkeit der Kapitalsteuerung im Sinne der Risikotragfähigkeit (Säule 2) ein.

Erkenntnisse aus der Beratungspraxis

Auf Basis dieser Ausführungen stellten Referenten der auf Treasury, Risikomanagement und Gesamtunternehmenssteuerung spezialisierten Unternehmensberatung Trisolutions GmbH, Dr. Peter Bartetzky (Geschäftsführer) und Stefan Hoppe (Berater) ihre Erkenntnisse zur Unternehmenssteuerung im Kontext von Banken und Leasing-Gesellschaften dar. Den Vortragenden war es wichtig, darauf hinzuweisen, dass Leasing-Gesellschaften die Chance nutzen sollten, aus den Erfahrungen der Banken im Umgang mit aufsichtsrechtlichen Veränderungen zu lernen.

Dies betrifft sowohl den Umgang mit Aufsichtsbehörden, als auch die Schritte, die im Rahmen der Vorbereitung auf eine §-44er-Prüfung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu beachten sind, die Adjustierung der Steuerungslogik im Rahmen einer risikoorientierten Sichtweise, aber auch die Verzahnung und Reorganisation von sinnvollen Abläufen zur schnelleren und effizienteren Steuerung.

"Leasing-Gesellschaften können aus den Fortschritten, aber auch aus den Fehlern in der Gesamtunternehmenssteuerung der Banken lernen", sagte Bartetzky. Elementar sei es, zu erkennen, dass die Aufsicht grundsätzlich anstrebt, richtige Impulse zu setzen. Jedoch erscheint nicht jede ihrer Änderungen und Anforderungen als sinnvolle Lösung mit dem Ziel, diese in eine Gesamtunternehmenssteuerung zu integrieren. Zukünftig wird die Aufsicht analog der Vorgehensweise im Bankensektor auch bei Leasing-Gesellschaften unmittelbarer in die Gesamtunternehmenssteuerung eingreifen. Zur Optimierung der Steuerung in den Leasing-Gesellschaften schlägt die Unternehmensberatung eine verstärkte Berücksichtigung von Risiken und Risikobudgets, die positive Nutzung aufsichtsrechtlicher Anforderungen und eine engere Verzahnung der Steuerungskreise vor. Die beiden Referenten verwiesen auf die Notwendigkeit eines geschlossenen Steuerungskreises. Dieser sollte einen ab gestimmten Regelkreis aus Methoden und eingesetzten Prozessen mit einem sinnvollen und zielführenden Reporting sowie darauf abgestimmter Gremienstrukturen bilden.

SREP 2.0

Aufsichtsrechtliche Anforderungen, die sich zunächst an den Bankensektor gerichtet haben, kommen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit künftig auch auf Leasing-Gesellschaften zu. Insbesondere wird sich die Leasing-Branche mit den Anforderungen des Supervisory Review and Evaluation Process (SREP 2.0) konfrontiert sehen (Abbildung 2, Seite 14). Der Umfang lässt sich heute noch nicht seriös abschätzen. Dass die Umsetzung kommt, scheint aber weitgehend sicher. Je zeitiger sich die Branche auf diese Veränderungen einstellt, umso besser können diese bewältigt und für einen Wettbewerbsvorteil nutzbringend umgesetzt werden. Im Kern wird SREP 2 noch einen Schritt weiter gehen und die Anforderungen an die quantitativen Methoden erhöhen. Darüber hinaus treibt man die Annäherung der Säule 1 an die Säule 2 von Basel III für Banken weiter voran.

Praxisbeispiele zur Institutssteuerung

Im Verlauf der Veranstaltung hatten Akteure der Leasing-Branche Gelegenheit, ihre Konzepte zur Leasing-Institutssteuerung darzustellen. Sie haben die Wichtigkeit einer stabilen und integrierten Datenbasis in den vorhandenen IT-Systemen hervorgehoben. Der Geschäftsführer einer namhaften Leasing-Gesellschaft stellte die Steuerungslogik des Unternehmens vor. Diese basiert auf dem klassischen Managementkreislauf, bestehend aus

- Strategiebildung,

- Planung,

- Umsetzung und

- Kontrolle.

Innerhalb dieses Regelkreislaufs bildet die Risikostrategie den Rahmen für die Risikoübernahme. Der Referent verwies auf die Umfänglichkeit der Anforderungen an die Risikosteuerung und meinte, die Inhalte der Risikostrategie seien mit denen eines Kreditinstitutes vergleichbar, obwohl es sich beim Leasing gegenüber dem Kreditgeschäft von Banken um ein risikoarmes Geschäft handele.

Für eine sinnvolle Gesamtunternehmenssteuerung ist im Rahmen der Geschäftsstrategie die Risikostrategie eng mit der Risikotragfähigkeit und damit mit den Methoden zur Beurteilung der wesentlichen Risikoarten verzahnt. Aus dem asymmetrischen Verlauf von Erträgen und Aufwendungen resultiert die besondere Relevanz des Substanzwertes als das wirtschaftliche Eigenkapital einer Leasing-Gesellschaft.

Dieses wirtschaftliche Kapital bildet den Hauptbestandteil des Risikodeckungspotenzials in der Risikotragfähigkeitsrechnung. Die Risikotragfähigkeit steht im Mittelpunkt der Gesamtinstitutssteuerung. Teile des Risikodeckungspotenzials stehen als Risikodeckungsmasse zur Verfügung. Die Differenz zwischen Risiko deckungspotenzial und Risikodeckungsmasse bildet der Risikopuffer, welcher sich aus gebundenem Risikodeckungspotenzial und sonstigen Abzugspositionen zusammensetzt.

Auf Basis der Risikodeckungsmasse erfolgt die Limitierung der Risikoarten. Zur konkreten Nutzung in der Unternehmenssteuerung erstellt das Risikocontrolling für die Entscheider einen Risikobericht. Dieser stellt die Auslastung der Limite in übersichtlicherer Form dar. Als wesentliche Risikoarten der Leasing-Gesellschaft gilt es, das Adressenausfallrisiko, das Marktpreis- und, das Liquiditätsrisiko sowie operationelle Risiken zu überwachen.

Im Rahmen der Marktpreisrisiken stehen die Objekte und damit deren Restwerte im Mittelpunkt der Betrachtung. Über die Limitierung der Risiken unter Anwendung definierter Warnschwellen sowie entsprechend definierter Informationspflichten und Maßnahmen erfolgt die konkrete Risikosteuerung mit entsprechenden Eskalationsstufen über Bereichsleitungen und der Geschäftsführung.

Einen erheblichen Erfolgsfaktor für die Gesamtinstitutssteuerung stellt nach Auffassung dieses Geschäftsführers ein schlüssiges System relevanter Kennzahlen zur Betrachtung von Kosten, Erlösen und Risiken dar. Hierbei gilt es, die Besonderheiten des Leasing-Geschäftsmodells zu beachten. Ein erster Schritt ist die Verwendung branchenspezifischer Definitionen von Eigenkapital- und Risikobegriffen sowie die Berücksichtigung leasingspezifischer Refinanzierungsformen. Neben dem gemeinsamen Verständnis über die Bedeutung der Kennzahlen sind die zeitnahe Verfügbarkeit der Informationen sowie die Vermeidung übermäßiger Komplexität erfolgskritisch.

Technische Herausforderungen

Weitere Branchenvertreter stellten mögliche Wettbewerbsvorteile durch ein innovatives IT-Management vor. Anhand eines konkreten, abgeschlossenen Projektes aus der Praxis ihres Unternehmens zeigten sie sowohl die Verknüpfung als auch die Lösung von fachlichen Anforderungen und deren technische Herausforderungen auf. Der Auftrag des diskutierten Projektes war es, die Treasury-Steuerung als Bestandteil der Wertschöpfungskette zu optimieren. Erreicht wurde dies durch die Etablierung eines Systems zur konzernweiten Steuerung der wesentlichen Treasury-Risiken. Erheblich für den Projekterfolg waren die Koordination des Zusammenspiels aller beteiligten Bereiche, die Datenaufbereitung und -bereitstellung sowie die Koordination einer Vielzahl zuliefernder und anzupassender Systeme. Insbesondere die Herausforderung und Steuerung der IT-Logistik als Basis zur Lösung der gestellten Aufgabe bedurfte eines eng geführten Projektengagements.

Ein Referent des IT-Systemhauses Navax stellte bei dem Thementag eine technische Lösung zur Steuerung von Unternehmensdaten vor. Hier konnten die Teilnehmer einen konkreten Eindruck über die Möglichkeiten zur Konzentration und Auswertung relevanter Unternehmensdaten mithilfe der dargestellten IT-Tools gewinnen. Das Augenmerk lag dabei auf der Auswertung von Unternehmensdaten auf Basis simulierter Informationen unter Zuhilfenahme eines Data-Ware houses und den umfänglichen und schnellen Auswertungsmöglichkeiten im Microsoft-Umfeld. Die Technologie nutzt konsequent die bekannte Excel-Oberfläche.

Kernthesen

Der Thementag hat die zahlreichen Anforderungen, welche derzeit auf die Leasing-Branche einwirken, aufgezeigt und daneben, welche künftigen Herausforderungen es zu bewältigen gilt. Im Rückblick auf die während der Veranstaltung dargestellten Einflüsse aus ökonomischer, wettbewerbs- und marktseitiger Sicht lassen sich als essentielle Kernthesen, die als relevant für eine zukünftige Unternehmenssteuerung gelten, zusammenfassen (siehe Abbildung 3, Seite 16):

- Erweiterung der Steuerungsperspektive,

- Integration aufsichtsrechtlicher Erfordernisse in die Steuerungslogik,

- Verzahnung von relevanten Unternehmensteilen.

In weiten Teilen der Unternehmenssteuerung in Leasing-Gesellschaften rückt eine Volumensplanung ins Zentrum der Konzeption, aus der sich Aufwands- und Ertragskomponenten ableiten lassen. Das ließ sich bei der Betrachtung der Erweiterung der Steuerungsperspektive im Kern feststellten. Die damit verbundenen Steuerungskonzepte bilden sich entlang der in der Branche üblichen Sub stanzwertbetrachtung des Portfolios.

Diese wertorientierte Steuerung erfolgt sowohl für die Gesamtbilanz als auch für die Vertriebssteuerung mittels einer Neugeschäftsbarwertrechnung. Beide Rechenwerke bilden das Portfolio barwertig ab und stellen im Zusammenhang mit den aufsichtsrechtlichen Anforderungen in der Regel auf das ökonomische Eigenkapital ab. Wichtig an dieser Stelle erscheint, den Fokus um eine risikoorientierte Sichtweise zu erweitern.

In einem zweiten Schritt ist es sinnvoll, konsequent die aufsichtsrechtlichen Anforderungen dahin gehend zu prüfen, ob diese einen Mehrwert für die eigene Unternehmenssteuerung mit sich bringen. Chancen dafür bieten sich immer dann, wenn eine Risikobewertung und das planerische Handeln des Unternehmens zusammenfallen. Als Beispiele dienen hier das Risikotragfähigkeitskonzept und der aufsichtsrechtlich geforderte Kapitalplanungsprozess. Beide Rechenwerke erfordern die intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Risiken und dem verfügbaren Risikokapital. Es erscheint sinnvoll, diese Rechenwerke im Rahmen der Unternehmensplanung nutzbringend einzusetzen und zur Unternehmenssteuerung heranzuziehen.

Letztlich sollten alle unternehmerischen Entscheidungen auf der Grundlage "richtiger Informationen" schnell, valide und eindeutig möglich sein. Hier treten die unerledigten Hausaufgaben in den Leasing-Unternehmen am deutlichsten zutage. Denn um ein zuverlässiges, schnelles Reporting zu erzeugen, ist ein stabiler und eindeutiger Datenhaushalt erforderlich. Die Verknüpfung der betriebswirtschaftlichen Herausforderungen mit der Logik der Informationstechnologie zu verzahnen ist dabei in der Regel der sensibelste und zugleich fehleranfälligste Bereich. Zur Lösung dieser Probleme erscheinen die nachfolgenden Vorschläge als sinnvoll:

- Verknüpfung der Steuerungskreise und Gremienstrukturen,

- Verknüpfung von Verantwortlichkeiten durch Bündelung von Kompetenzen,

- Kompetenzen über Hierarchien hinweg,

- Reduzierung von Komplexität und frühzeitige Einbindung der IT,

- Fokussierung auf steuerungsrelevante Kennzahlen.

Eine solche Vorgehensweise rückt eine aktive Gestaltung von Chancen und Risiken in der Unternehmenssteuerung in den Vordergrund.

Steuerungsmechanismen hinterfragen

Der Thementag hat das hohe Interesse der Branche an einer effizienten Gesamt-Leasing-Unternehmenssteuerung gezeigt. Die unterschiedlichen Sichtweisen wurden intensiv diskutiert. Von besonderem Interesse ist dabei neben der Nutzung einer konsistenten, stabilen und validen Informationslogistik der Blick auf eine risikoorientierte Steuerungslogik. Beide Aspekte erscheinen für die Ziele der Gesamt-Leasing-Unternehmenssteuerung für die Zukunft von besonderer Bedeutung. Gleichwohl lohnt es sich, unter Nutzung der aufsichtsrechtlichen Regeln und Prozesse die Steuerungsmechanismen im eigenen Unternehmen zu hinterfragen und mit dem Ziel gesteigerter Effizienz der Entscheidungsprozesse zu optimieren.

Es empfiehlt sich, die Erkenntnisse der Anforderungen aufsichtsrechtlicher Normen zu überprüfen und die sinnvollen Instrumente in die bestehende Steuerungslogik von Leasing-Gesellschaften einzubinden und den Blick neben der Volumenssteuerung insbesondere auf eine unter Risikoaspekten formulierte Steuerungslogik zu richten. Dies wird zukünftige Wettbewerbsvorteile bieten, davon gehen die Autoren dieses Beitrags aus.

DIE AUTOREN:

Stefan Hoppe, Hamburg, ist Berater bei der Trisolutions GmbH. Er berät Banken, Leasing-Gesellschaften und Corporates in den Bereichen Risikosteuerung, Treasury, Organisationsentwicklung und Gesamtunternehmenssteuerung.E-Mail: stefan.hoppe[at]trisolutions[dot]deErnst-Johannes Iversen, Hamburg, ist Berater bei der Trisolutions GmbH. Er berät Banken, Leasing-Gesellschaften und Corporates in den Bereichen Risikosteuerung, Treasury, Organisationsentwicklung und Gesamtunternehmenssteuerung.E-Mail:ernst-johannes.iversen[at]trisolutions[dot]deHorst Fittler, Berlin, ist seit 2010 Hauptgeschäftsführer des BDL, Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e. V. Davor war er langjähriger Geschäftsführer der Commerz Real Mobilienleasing GmbH in Düsseldorf.E-Mail: fittler[at]leasingverband[dot]de

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