Digitale Chancen nutzen

Jens Loa Quelle: BFach

In einem Punkt ist man sich auf politischer Ebene einig, zumindest beinahe: An der Digitalisierung kommt niemand vorbei, keine Branche, kein Verbraucher und auch nicht die öffentliche Verwaltung. Es ist unbestritten, dass hierin großes Chancenpotenzial steckt. In puncto Finanzierung hinkt der Gesetzgeber aber noch den digitalen Möglichkeiten hinterher. Für den Kredit gelten Gesetze aus der Zeit vor Erfindung des Internets - zumindest in Deutschland, anderenorts ist man schon weiter.

Mit Fernidentifizierung und Fernsignatur haben wir hierzulande zugegebenermaßen einen wichtigen Zwischenschritt auf dem Weg zu einem echten digitalen Kreditvertrag erreicht. Es bleibt aber ein Zwischenschritt. Denn: Der bestehende Prozess, die Prüfung von Ausweisen per Video-Chat, ist zwar besser als bisher. Nicht wirklich digital ist es aber, wenn ein Kunde seinen analogen Ausweis in eine Kamera halten muss.

Es ist heute noch viel einfacher, von zu Hause aus per Internet eine Ware zu bestellen, als eine Finanzierung per Kredit abzuschließen. Das muss sich ändern, wenn wir mit den wachsenden Kundenansprüchen mithalten wollen. Und hierfür ist der Gesetzgeber gefragt. Konkret sollte er dringend auch alternative Identifizierungsverfahren anerkennen, wie die Identifizierung über ein bereits legitimiertes Girokonto.

Verbraucherschutz ist gerade im digitalen Zeitalter wichtig und richtig. Genauso wichtig ist es aber, einen zeitgemäßen Verbraucherschutz an neue technische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen anzupassen. Einen Gebrauchtwagen im Internet zu kaufen, hätte man sich vor 20 Jahren kaum vorstellen können. Heute ist dies Realität. Auch Wertpapierorders und Zahlungsaufträge geben Verbraucher bequem per Onlineoder Telefon-Banking bei ihrer Bank auf. Anders bei einer Online-Finanzierung. Hierzu müssen sich selbst Bestandskunden, die der Bank längst bekannt sind, immer noch umständlich per Video-Chat identifizieren.

Selbst für die Finanzierung von Kleinstbeträgen gilt in Deutschland noch das strenge Schriftformerfordernis - anders als bei unseren europäischen Nachbarn wie in Österreich. Dabei wurde das Schriftformerfordernis ursprünglich als Übereilungsschutz des Verbrauchers in das BGB aufgenommen. Heutzutage ist man aber durch zusätzliche Instrumente wie das gesetzliche Widerrufsrecht deutlich effektiver geschützt.

Die Digitalisierung eröffnet Verbrauchern und der Wirtschaft zahlreiche Möglichkeiten. Der Bankenfachverband fordert daher, dass auch Verbraucherkreditverträge unkompliziert und ohne Medienbruch über das Internet abgeschlossen werden können. Der Gesetzgeber sollte jetzt den Weg freimachen für einen echten digitalen Kreditvertrag.

Jens Loa, Geschäftsführer Bankenfachverband e.V., Berlin

Jens Loa , Geschäftsführer , Bankenfachverband e.V., Berlin
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