Social Bonds - finanzielle Rendite und gesellschaftlichen Nutzen kombinieren

Simon Bond, Foto: Columbia Threadneedle

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern gehören die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, der Zugang zu Bildung und Beschäftigung, zu Gesundheitsversorgung und Pflege, zu Transport und zu den modernen Möglichkeiten der Kommunikation zu den zentralen Aspekten der politischen Auseinandersetzung. In Anlehnung an die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen werden solche Aspekte von vielen nationalen Institutionen identifiziert und mit entsprechenden Anleihen finanziert. Daneben registriert der Autor auch unter privaten Unternehmen zunehmende Aktivitäten zur Emission solcher grüner Anleihen. Für die Investmentbranche, so erläutert er am Beispiel seines Hauses, bietet die größere Vielfalt von nationalen und privaten Emittenten von Social Bonds sowie die zunehmende Akzeptanz bei Investoren neue Chancen in diesem Marktsegment. (Red.)

Strategien für verantwortungsvolle Geldanlage sind auch in Deutschland zunehmend gefragt. Denn auch hierzulande machen sich immer mehr Investoren Gedanken über die Wirkung ihrer Kapitalanlagen. Sie wollen neben finanziellen Renditen auch positive Ergebnisse für Umwelt und Gesellschaft erzielen.

Unterschiedliche Herangehensweisen zur Wahl des Anlageuniversums

Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen, um soziale und Umweltkriterien sowie Aspekte guter Unternehmensführung (auf Englisch: Environmental, Social und Corporate Governance - kurz ESG) in Anlageprozesse einzubeziehen. Die weitaus gängigste besteht nach wie vor darin, kritische Unternehmen oder auch ganze Branchen aus dem Anlageuniversum auszuschließen - zum Beispiel, weil sie Waffen, Tabak oder Öl produzieren. Auf entsprechende Ansätze entfällt der Großteil verantwortungsvoller Anlagestrategien in Europa. Damit können Anleger zwar einen Bogen um die größten Sünder machen, direkter gesellschaftlicher Nutzen ist damit jedoch nicht unbedingt verbunden.

Eine weitere Möglichkeit bietet der Bestin-Class-Ansatz, bei dem die anhand nachhaltiger Kriterien jeweils besten Unternehmen einer Branche ins Portfolio kommen. Dass ein Unternehmen dabei relativ gut abschneidet, bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass es auch für sich allein betrachtet hohen Nachhaltigkeitsansprüchen gerecht wird. Daher lohnt ein Blick auf weitere Ansätze, um verantwortungsvoll zu investieren.

Besonders konkrete Ergebnisse lassen sich über spezielle Anleihen erzielen. Denn im Gegensatz zu Aktien, bei denen die Unternehmen über die Verwendung des Eigenkapitals frei verfügen können, lässt der Einsatz des Fremdkapitals sich bei Anleihen in den Emissionsbedingungen festschreiben - also auch der gesellschaftliche Nutzen, der damit verbunden sein soll. Anleihen mit entsprechender Ausrichtung werden als Social Bonds bezeichnet. Öffentliche Institutionen und Unternehmen begeben Social Bonds, um damit gezielt Projekte zu finanzieren, die wünschenswerte gesellschaftliche Entwicklungen fördern. Dazu gehören etwa bezahlbarer Wohnraum, Zugang zu Bildung und Beschäftigung, zu Gesundheitsversorgung und Pflege, Transport und Kommunikation - in Anlehnung an die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.

Traditionell dominieren staatliche Emittenten den Markt für Social Bonds. Ein wichtiger Treiber dafür ist, dass öffentliche Institutionen angesichts knapper Mittel neue Wege der Finanzierung beschreiten. So gehörte zu den ersten Emittenten von Social Bonds in Europa beispielweise ICO, eine spanische regierungsnahe Organisation. Sie fördert kleine und mittelgroße Unternehmen in benachteiligten Regionen Spaniens. Mit dem ersten Social Bond, den ICO im Januar 2015 im Volumen von einer Milliarde Euro emittierte, unterstützte die Organisation 23 000 Unternehmen und schuf dabei 6 000 Arbeitsplätze.

Inzwischen emittieren auch Unternehmen zunehmend Social Bonds. Vorreiter in diesem Segment war der französische Nahrungsmittelkonzern Danone. Dieser begab im März 2018 als erstes Unternehmen überhaupt eine entsprechende Anleihe, um mit den 300 Millionen Euro aus der Emission eine ganze Reihe von Zielen zu fördern: verantwortungsvolle Landwirtschaft, soziale Integration, die Entwicklung spezieller Nahrungsmittel für Patienten, gesunde Ernährung und Versorgungsprogramme für die eigenen Angestellten - etwa während Mutterschutz und Elternzeit. Die britische HSBC brachte im November 2018 als erste Bank eine entsprechende Anleihe heraus. Dass inzwischen auch Unternehmen Social Bonds begeben, ist auch aus Investorensicht eine gute Entwicklung. Denn es führt dazu, dass das Anlageuniversum noch vielfältiger wird und breiter aufgestellte Portfolios ermöglicht.

Ein immer vielfältigerer Markt

Der Markt für Social Bonds wächst über die verschiedenen Emittenten-Gruppen hinweg kontinuierlich. In den vergangenen zehn Jahren haben mehr als 400 Emittenten aus rund 50 Ländern solche Anleihen in über 30 Währungen begeben. Im Mai 2019 sorgte die Finanzagentur des Bundes in Deutschland für Aufsehen, als sie ankündigte, die Emission ihrer ersten "grünen Anleihe" bis 2020 in Erwägung zu ziehen. Belgien, Litauen, Indonesien und Chile haben bereits entsprechende Staatsanleihen auf den Markt gebracht, Hongkong steht in den Startlöchern.

Die zunehmende Relevanz von Social Bonds zeigt sich auch daran, dass die International Capital Markets Association (ICMA) - die weltweite Vereinigung der Kapitalmarktexperten - im Juni 2017 Grundsätze für dieses Marktsegment erließ. Mit ihren "Social Bond Principles" hat die ICMA Marktstandards etabliert, um Investoren einen besseren Überblick über das Segment der Social Bonds zu geben. Dabei geht es unter anderem um die Verwendung des Fremdkapitals, das Institutionen beziehungsweise Unternehmen über die Anleihen aufnehmen, sowie um die Berichterstattung hinsichtlich dieser Verwendung. Investoren sollen transparent nachvollziehen können, welchen gesellschaftlichen Nutzen sie stiften.

Zugang über Investmentfonds

So interessant Social Bonds für Investoren sind, so schwierig sind sie trotz des wachsenden Marktes zu finden. Denn in der Regel sind die Anleihen nicht ohne Weiteres als Social Bonds zu erkennen. Daher bedarf es einer umfassenden Marktkenntnis und Analyse sowie Zugang zu den entsprechenden Emittenten.

Für Investoren, die nicht über die erforderlichen Ressourcen verfügen, können Investmentfonds mit Fokus auf Social Bonds eine Lösung sein. Columbia Threadneedle Investments hat die ersten beiden Produkte dieser Art in Europa aufgelegt: Die eine Strategie investiert seit Auflage im Jahr 2014 ausschließlich in Social Bonds britischer Emittenten, die andere ist seit 2017 auf dem Markt und legt europaweit an.

Das Anlageuniversum der europaweiten Strategie Threadneedle (Lux) European Social Bond Fund umfasst rund 1 900 Anleihen aus ganz Europa. Davon hält der Fonds aktuell 140 Papiere im Portfolio, die vor allem von staatlichen, supranationalen und anderen öffentlichen Einrichtungen begeben wurden. Unter den größten Emittenten finden sich öffentliche Adressen wie die Kommune Madrid, staatsnahe Institutionen wie die European Investment Bank mit Sitz in Luxemburg sowie nationale Unternehmen wie die Landwirtschaftliche Rentenbank aus Frankfurt am Main.

Der geografische Schwerpunkt liegt auf Frankreich und Deutschland. Die Bonitäten der Anleihen im Portfolio bewegen sich zwischen der Bestnote AAA und B, wobei der Schwerpunkt im Bereich A/BBB liegt. Rund zwei Drittel der Positionen im Portfolio verfügen über Investmentgrade-Ratings. Mit Blick auf den gesellschaftlichen Zweck dienen beispielsweise rund 42 Prozent der Investments der wirtschaftlichen Regeneration und Entwicklung, 21 Prozent dem Zugang zu Dienstleistungen, 13 Prozent Gesundheit und Wohlbefinden, neun Prozent dem Zugang zu bezahlbarem Wohnraum, sieben Prozent Arbeit, 5 Prozent dem Community-Building sowie 2 Prozent Bildung und Schule.

Fünf Kriterien beachten

Das steigende Interesse der Investoren dürfte dazu führen, dass vermehrt Anlagestrategien mit Schwerpunkt auf Social Bonds auf den Markt kommen. Bei der Auswahl geeigneter Strategien sollten Investoren vor allem auf fünf Kriterien achten: 1. Mehrjährige Erfahrung des Anbieters im Management von Social-Bond-Portfolios; 2. Zusammenarbeit des Anbieters mit unabhängigen externen Experten wie etwa INCO - eine Gesellschaft mit Sitz in Paris, die in vier zentralen Bereichen mit Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung aktiv ist: Investments, Inkubation, Training und Veranstaltungen; 3. Breites Anlageuniversum einschließlich öffentlicher und privatwirtschaftlicher Emittenten; 4. Akkreditierung durch unabhängige Prüfinstanzen wie zum Beispiel Lux-FLAG - eine Luxemburger Agentur, welche die Finanzierung der nachhaltigen Entwicklung unterstützt, indem sie durch Auditierung und Vergabe eines ESG-Labels für förderfähige Investitionsvehikel Klarheit für Investoren schafft, und 5. Regelmäßige Berichte zum konkreten gesellschaftlichen Nutzen der Investitionen im Portfolio.

Investoren, die diese Kriterien im Auge behalten, können mit Social Bonds doppelt profitieren: Zum einen durch die finanzielle Rendite, die sie erzielen, zum anderen durch den gesellschaftlichen Nutzen, den sie stiften.

Simon Bond Director Responsible Investment Portfoliomanagement, Columbia Threadneedle Investments, Frankfurt am Main
Simon Bond , Director Responsible Investment Portfoliomanagement, Columbia Threadneedle Investments, Frankfurt am Main
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