Blickpunkte

Bargeld - Surcharging für Barzahlungen?

Volkswirtschaftlich lohnt sich die Kartenzahlung ab einem Betrag von 6,20 Euro so hat es die Steinbeis-Hochschule Berlin ermittelt. Das ist eine schöne Kennzahl, die der Kartenbranche in Deutschland neues Argumentationsmaterial an die Hand gibt. Der Mindestbon von 20 Euro, ab dem vielerorts Kartenzahlungen überhaupt erst (ohne Diskussion) akzeptiert werden, ist also volkswirtschaftlich betrachtet viel zu hoch angesetzt.

Das Dumme ist nur: Der einzelne Händler dürfte sein Augenmerk allein auf die eigene Kostenrechnung richten. Und hier schneidet das Bargeld vielerorts eben doch noch besser ab. Gerade in kleineren Geschäften, in denen nur zwei oder drei Mitarbeiter arbeiten, die vom Einräumen über die Kundenberatung bis zum Kassiervorgang alles erledigen, wird es kaum möglich sein, durch einen höheren Anteil an Kartenzahlungen Personal einzusparen, etwa durch Schließung einer Kasse oder weil der Kassenabschluss bei einem geringeren Bargeldanteil schneller geht. Und auch bei etwas sinkenden Bargeldbeständen bleibt ein gewisser Fixkostenblock in der Bargeldbehandlung zwangsläufig bestehen. Wenn ein Wertdienstleister kommt, muss dieser Service bezahlt werden, auch wenn die transportierten Summen absinken. Das gilt sogar für große Unternehmen. Und wenn der Chef selbst die Einnahmen des Tages zur Bank trägt, ist die Rechnung ohnehin eine ganz andere.

Dem Kunden schließlich sind die Bargeldkosten ohnehin nicht bewusst. Solange er nicht am Geldautomaten für die Bargeldabhebung Gebühren entrichten muss, macht es wirtschaftlich für ihn keinen Unterschied, ob er die Karte oder Scheine und Münzen zückt. Und die Argumentation, dass dem Barzahler durch die im Portemonnaie herumgetragenen Bestände Zinsen entgehen, ist angesichts des derzeitigen Zinsniveaus und der Tatsache, dass viele Girokonten ohnehin keine Guthabenzinsen aufweisen, eine weitgehend akademische.

Diese Problematik ist auch Prof. Jens Kleine, dem Autor der Studie, bewusst. Er schlägt deshalb vor, den "War on cash" über Gebühren für Ein- und Auszahlungen von Bargeld am Bankschalter und am Geldautomaten zu führen, um die Verwendung von Bargeld mit augenscheinlich sichtbaren Kosten zu versehen. Und die "Einführung von spezifischen Transaktionsgebühren" soll Anreize schaffen, die wirtschaftlichste Zahlmethode zu wählen, wie es sich auch die EU-Kommission vorstellt. Surcharging müsste es demzufolge allerdings eher beim Bargeld geben. Doch solange Bargeld ein gesetzliches Zahlungsmittel ist, dürfte das schon aus rechtlichen Gründen schwierig werden.

Dem Handel gefallen die Vorschläge keineswegs. Die Reaktion vom Handelsverband Deutschland e.V. (HDE) war eindeutig: Nicht Bargeld müsse teurer werden, sondern die Kartenzahlung preiswerter. Bleibt also doch nur die von Kleine vorgeschlagene Subventionierung von Zahlungsinnovationen, die Potenzial für Kostensenkungen bieten? Auch die muss der Verbraucher aber erst einmal annehmen. Red.

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