Kontaktloses Zahlen

Im Gespräch - Gemalto: "Unser Geschäftsmodell bleibt im Kern unverändert"

Welche Bedeutung hat das Geschäft mit Kreditinstituten für Gemalto?

Ungefähr die Hälfte unseres Umsatzes von rund zwei Milliarden Euro kommt aus dem Bereich mobiler Telefonie, der Bankbereich repräsentiert heute 27 Prozent mit wachsender Tendenz. Im Vorjahr waren es[25]Prozent.

Wie stellt sich derzeit die Nachfrage von Kreditinstituten nach Kartenprodukten dar?

Eine ganz wichtige Botschaft lautet: Die Anzahl der neu ausgegebenen Karten steigt jedes Jahr an. Der Smart Payment Association zufolge wurden 2011 zum ersten Mal mehr als eine Milliarde Karten weltweit neu ausgegeben. Das sind zwölf Prozent mehr als im Vorjahr.

Seit 2005 und speziell seit 2011 ist das kontaktlose Zahlen ein starker Trend geworden. 2011 waren bereits 15 Prozent aller ausgegebenen Karten kontaktlose Karten - und wir gehen ganz klar davon aus, dass das kontaktlose Zahlen eine Welle ist, die in den nächsten zwei bis drei Jahren ganz massiv ansteigen wird. Über die Hälfte der kontaktlosen EMV-Karten wird heute von Gemalto geliefert. Denn wir sehen uns als Innovation Leader und sind mit Investitionen in die Kontaktlos-Technologie sehr stark in Vorleistung getreten.

Natürlich gibt es deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern und Emittenten. Barclays gibt beispielsweise in Großbritannien neue Karten nur noch mit Kontaktlos-Funktion aus. In Deutschland sind die Sparkassen Vorreiter und wollen alle 45 Millionen Debitkarten umstellen. Auch die polnische Sparkasse PKO hat alle rund neun Millionen Karten auf kontaktlos umgestellt. Andere Emittenten (beispielsweise in der Türkei) stellen zunächst einmal die Kreditkarten um, weil dies das profitablere Produkt ist.

Der Einzelhandel hofft darauf, dass sich die Kontaktlos-Technologie als weniger anfällig erweist als kontaktbehaftete Zahlungen. Stimmen Sie dem zu?

Ja. Die Kontaktlos-Technologie lässt sich so "verpacken", dass sie weder Umwelteinflüssen ausgesetzt ist noch versuchter Beschädigung (Beispiel: Kaugummi im Kartenleser). Ich habe noch nicht gehört, dass Kontaktlos-Karten im Feld beim Bezahlvorgang nicht funktioniert hätten.

Kontaktlose Karten werden häufig als Brückentechnologie auf dem Weg zum mobilen Zahlen bezeichnet. Was heißt das für die künftige Rolle der Kartenhersteller?

Zunächst: Der Bezahl-Markt hat sehr lange Zyklen. Verbraucher werden zum Beispiel noch sehr lange mit ihrer Karte Geld abheben. Das heißt: Bevor die Kartenvolumina zurückgehen, wird noch viel Wasser den Neckar hinunterfließen. Ich würde die Prognose wagen, dass die Kartenzahlen mit Sicherheit in den nächsten fünf Jahren nicht sinken werden.

Gemalto ist Weltmarktführer, was die Herstellung sicherer Software für ganz unterschiedliche Objekte betrifft. Dazu gehören Ausweisdokumente, Bankkarten, Gesundheitskarten, Schlüsselanhänger oder auch SIM-Karten. Und diese Millionenprodukte werden für einzelne Endkunden individualisiert. Diese beiden Eckpunkte unseres Angebots werden auch in Zukunft gebraucht.

Selbst wenn in zehn Jahren die physische Karte nicht mehr gebraucht werden sollte, wird das also am Kern unseres Geschäftsmodells nichts ändern. Dass sich die Anforderungen und Projekte verschieben, ist für uns eigentlich die Norm. So gibt es heute etwa die Telefonkarten für öffentliche Telefone, die wir früher in Millionenauflage für die Telekom hergestellt haben, nicht mehr. Dafür haben wir etwa für die AOK 15 Millionen Gesundheitskarten hergestellt. Daneben gibt es den Bereich Machine-to-Machine. Dazu gehören Module für Verkaufsautomaten, mit denen die Automaten automatisch Waren

"nachordern" können. Ein weiteres Beispiel sind Module in Autos, die bei einem Unfall automatisch einen Notruf mit Positionsbestimmung absetzen. Das zeigt: Wir diversifizieren uns in neue Geschäftsfelder, die eine andere Anwendung unserer Kernkompetenz beinhalten.

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