Im Gespräch

"Unsere Marktposition ist attraktivergeworden"

Welchen Stellenwert hat der Standort Deutschland für First Data?

First Data betrachtet Deutschland als einen der bedeutendsten Märkte in Europa und agiert hier mit einer langfristigen Perspektive. Wir glauben, dass es in Deutschland Wachstumspotenzial gibt. Wir werden hier unseren Standort aufbauen, um auch in den grenznahen Gebieten wachsen zu können.

In diesem Rahmen haben wir auch beschlossen, dass der Standort Bad Vilbel ausgebaut wird. In anderen Ländern werden wir Rechenzentren verlagern und die Volumina hier ansiedeln. Wir haben zum-Beispiel bereits angekündigt, dass wir ein sehr großes Rechenzentrum in England schließen wollen, zusätzlich ist die Verlagerung sogenannter Disaster-Recovery-Rechenzentren aus anderen Ländern nach Bad Vilbel geplant.

Zurzeit kann man auf dem Markt in Europa mit organischem Wachstum allein nicht schnell genug wachsen. Andererseits muss man innerhalb der nächsten drei bis vier Jahre wachsen, wenn man nach der Realisierung von Sepa eine wettbewerbsfähige Position haben will. Dafür ist First Data bereit zu investieren.

Für welches Geschäftsfeld sehen Sie das größere Wachstum - Processing oder Netzbetrieb?

First Data hat außerhalb der USA einen Umsatz von etwa einer Milliarde Dollar. Davon entfallen 55 bis 60 Prozent auf das Processing und 40 bis 45 Prozent auf das sogenannte Front-End-Geschäft, also Merchant Acquiring, Terminals und Netzbetrieb. First Data Deutschland - also die ehemalige GZS - und Telecash haben jeweils einen Umsatz von etwa 100 Millionen, das heißt wir machen etwa 20 Prozent des weltweiten Umsatzes, und auch die Verteilung auf die Geschäftszweige entspricht in etwa der im Konzern.

Beide Bereiche werden bei First Data stark wachsen, das heißt mehr als der Markt. In Zukunft wird es meiner Meinung nach auf der Händlerseite allerdings mehr Wachstum geben, weil Sepa durch die intensivere Nutzung der bargeldlosen Bezahlsysteme zu einer weiteren Konsolidierung auf der Händlerseite führen wird.

Inwieweit hat der vom Bundeskartellamt verlangte Verkauf von easycash die Strategie von First Data für Deutschland beeinträchtigt?

Beim Kauf der GZS war uns die Möglichkeit, dass das Kartellamt der Übernahme von Easycash nicht zustimmt, durchaus bewusst. Unser Hauptanliegen war aber natürlich die GZS selber, denn auf der Issuing- und Acquiring-Processing-Seite waren wir bislang nicht so stark am deutschen Markt vertreten.

Durch die Kombination von First Data Deutschland und Telecash bilden wir jetzt die gesamte Wertschöpfungskette ab. Dadurch ist unsere Marktposition attraktiver geworden, was auch der Telecash vertrieblich hilft. Dass Easycash nicht dazugehört, ist schade, aber wir mussten diese Auflage leider akzeptieren. Mit Telecash sind wir jedenfalls gut aufgestellt und haben eine sehr starke Position in Deutschland.

Wir waren natürlich der Meinung, dass wir durch das Zusammenlegen von Telecash und Easycash noch mehr Wert hätten schöpfen können. Beim Einkauf der Terminals und bei den Transaktionskosten hätten sich durch die größeren Volumina Synergien ergeben, die sich auch in Preisvorteilen für die Kunden niedergeschlagen hätten.

Welche Synergien können Sie dennoch im Konzern nutzen?

Der First Data-Konzern hat die Vision, die gesamte Wertschöpfungskette abzudecken. Die technische Infrastruktur und die Applikationen zur Verarbeitung von Aqcuiring und Issuing-Portfolios in Bad Vilbel werden effizienter benützt werden können. Denn größere Volumina bedeuten immer auch "economies of scale". Die Terminals, die wir in Deutschland kaufen, können wir mit anderen Ländern bündeln. Und durch Sepa können wir die Transaktionsabwicklung, die bisher national organisiert war, auf regionalen Rechnern konsolidieren und dadurch Skaleneffekte realisieren. Hierdurch können wir unsere internationalen Kunden besser bedienen.

Können Sie sich nach dem Verkauf von Easycash den Zukauf eines kleineren Netzbetreibers vorstellen, gegen den das Kartellamt keine Einwendungen hätte?

Wenn sich ein kleineres Portefeuille anbieten sollte, würden wir uns das natürlich anschauen. Unser Fokus liegt im deutschen Markt aber auf organischem Wachstum.

Jetzt, wo wir die gesamte Wertschöpfungskette abgebildet haben und auch vertrieblich gut aufgestellt sind, sollten wir unser organisches Wachstum ausbauen können - übrigens nicht nur in Deutschland, sondern auch im grenznahen Bereich. Denn für die Dienstleistungen, die wir in Deutschland anbieten, gibt es auch einen Markt in den Niederlanden, in Belgien, der Schweiz und Österreich, wo wir teilweise auch schon Geschäftseinheiten haben. Und auch in Italien, Spanien und Portugal gibt es bestimmte Kunden für das Issuing und Acquiring Processing, die eventuell über die Plattform in Bad Vilbel abgewickelt werden können.

Mit dieser internationalen Perspektive hatte First Data auch dem Kartellamt gegenüber argumentiert. Inwieweit ist Netzbetrieb heute schon ein europäisches Thema?

Wir sehen die Datenverarbeitung jetzt schon als europäisches Thema. Aber bis Sepa realisiert ist, bleibt der Markt weiterhin fragmentiert. Das heißt: In Österreich, den Niederlanden und der Schweiz müssen wir teilweise noch mit anderen Standards, Protokollen, Regularien und einer anderen Gesetzgebung arbeiten. In Deutschland arbeiten wir aber jetzt schon mit denselben Terminals und demselben Rechenzentrum in Bad Vilbel.

Im Hinblick auf unser Wachstum in den Nachbarländern ist anzumerken, dass wir derzeit das Telecash-Modell in den Niederlanden einführen - wenn auch teilweise noch nach dortigen Standards. Sobald Sepa realisiert ist, werden wir das mit dem Geschäft in Deutschland konsolidieren können. Es handelt sich um ähnliche Terminals, ähnliche Abwicklungsmodelle und ähnliche Preisgestaltung. Das heißt, wir sind bereit, paneuropäisch Dienstleistungen anzubieten.

Wo sehen Sie momentan die wichtigsten Herausforderungen im Netzbetrieb?

Bei der Einführung von Sepa, weil da immer noch die Einzelheiten der Umsetzung fehlen. Die zweite Herausforderung ist eine länderspezifische. Deutschland ist in Sachen Akzeptanz immer noch unterpenetriert. Die Herausforderung für die Kreditinstitute besteht hier darin, das elektronische Bezahlen und die damit verbundenen Vorteile in einem noch größeren Umfang in den Markt zu tragen.

An welche Segmente denken Sie da besonders?

Wir wachsen jetzt stark im Lebensmit-tel-Einzelhandel, im Freizeitbereich und im Internet.

Immer noch sehr gut läuft Textil, obwohl wir dort schon immer eine hohe Penetration hatten.

Die Zukunft liegt aber ganz eindeutig bei neuen Segmenten, zum Beispiel in Parkhäusern, im öffentlichen Nahverkehr, bei Ärzten, Friseuren, Schuh- oder Matrat-zen-Geschäften.

Stichwort Sepa: Welche Chancen sehen Sie für electronic cash in Europa?

Das ist eine interessante Frage. Von der Größe her ist electronic cash sicher ein System, das überlebensfähig ist. Aber es ist noch einiges zu tun, bevor das Modell für die Kreditinstitute und Händler im Ausland umsetzungsfähig ist. Das ZKA-Modell beruht ja auf einem Drei- und nicht auf einem Vier-Parteien-Modell, und ich weiß nicht, ob die Händler im Ausland verstehen, wie das funktioniert.

Für uns als Dienstleister wäre ein Erfolg von ec-cash im Ausland gut. Denn je mehr Produkte es gibt, umso mehr Dienstleistungen können wir anbieten. Bisher hat jedes Land sein nationales "Monopol", das alle Transaktionen verarbeitet. Wenn Sepa Realität wird, können Kreditinstitute ihre Transaktionen über verschiedene Dienstleister abwickeln lassen und haben dadurch auch die Möglichkeit, die Preisgestaltung zu steuern, weil sie nicht von einem Dienstleister abhängig sind.

Ist der Zeitplan bis 2010 zu schaffen?

Ich denke schon. Woran es aber noch mangelt, ist das Cards Framework, das vom European Payments Council (EPC) entwickelt wurde und das wirklich nur ein Rahmenwerk ist. Deshalb haben auch Initiativen wie die European Alliance of Payment Schemes beschlossen, nicht länger zu warten, sondern selbst etwas aufzusetzen. Vermutlich wird es noch ein bis zwei ähnliche Initiativen geben, aber ich kann mir vorstellen, dass das irgendwann standardisiert wird.

Wie viele Debitsysteme werden sich Ihrer Einschätzung nach letztlich durchsetzen?

Ich glaube nicht, dass es letztlich vier oder fünf Systeme geben wird, die ganz Europa abdecken. Vielmehr rechne ich damit, dass es zwei oder drei wirklich europäische Systeme geben wird und weitere zwei oder drei, die stärker multilateral, aber beschränkt auf vier oder fünf Länder sind - mit Cobrandings für die Einsetzbarkeit der Karten in anderen Ländern.

Solche Cobrandings wird es meiner Meinung nach einige geben. Dass sich ein Bezahlsystem (außer V-Pay und Maestro) in allen europäischen Ländern durchsetzt, das wird schwer zu realisieren sein, auch wenn die EU-Kommission und die EZB sehr daran interessiert sind. Die multilateralen Systeme werden sich sicher irgendwann konsolidieren, aber nicht bis 2010.

Macht sich Sepa jetzt schon im Wettbewerb bemerkbar?

Ja. Es gibt mehr Wettbewerb als noch vor ein, zwei Jahren, wir sehen zunehmend auch "grenzüberschreitende Angebote" und der Preisdruck ist deutlich gestiegen.

Welchen Stellenwert hat unter diesen Umständen der kaufmännische Netzbetrieb?

Er macht bei Telecash weniger als die Hälfte des gesamten Geschäftes aus. Und die Wachstumsrate ist geringer als im direkten Händlergeschäft.

Viele Banken definieren den Netzbetrieb nicht mehr als ihr Kerngeschäft und geben das Geschäft zurück. Denn für kaufmännischen Netzbetrieb braucht man natürlich auch eine Infrastruktur: Vertrieb, Support, Kundenbetreuung, Rechnungstellung. Aber es gibt weiterhin Kreditinstitute die das nicht so sehen, und die unterstützen wir natürlich weiter.

Hat das Auslaufen von POZ zu Unruhe geführt?

Nein. Telecash hat sich - vom Gründungsauftrag des Unternehmens her - immer auf ec-cash konzentriert (was bei Easycash nicht der Fall war). Bei uns sind etwa 70 Prozent der Transaktionen PINgestützt, im Gesamtmarkt sind es vielleicht nur 50 Prozent. Und von den 30 Prozent Lastschrift war immer nur ein kleiner Teil POZ. Grundsätzlich wird durch das Wegfallen von POZ das Umschwenken von ELV zu ec-cash sicher beschleunigt, aber im Grunde ist das eine Entwicklung, die auch ohne das Auslaufen von POZ stattgefunden hätte.

Ist die Bereitschaft der Einzelhändler, den Dienstleister zu wechseln größer als sonst, wenn der Wechsel von ELV auf das PIN-gestützte Verfahren ansteht?

Wenn ein Händler alte Terminals hat, die ELV, aber kein ec-cash verarbeiten können - denn dafür braucht man sozusagen mehr Speicherkapazität auf dem Terminal, also mehr Bits und Bytes -, dann ist das sicher richtig. Grundsätzlich ist das aber eher EMV- als ELV-bedingt.

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