20 Jahre BFM - ein Kommentar

Matthias Löw, Foto: privat

In den ersten Jahren nach Gründung des BFM unterlag Factoring noch nicht der Finanzdienstleistungsaufsicht. So zielte die Arbeit des Verbands vor allem darauf, Factoring im Mittelstand zu verankern und sich für gute Rahmenbedingungen der Branche einzusetzen. Auch der kollegiale Austausch war von Beginn an ein wichtiges Anliegen. Als wir 2004 mit unserem damaligen Unternehmen in den Verband eintraten, waren wir sehr positiv überrascht, wie schnell wir damit quasi über Nacht über ein funktionierendes Netzwerk verfügten - gerade für ein kleines Unternehmen ein echter Gewinn. Verstärkt wurde dies über die halbjährlichen Zusammenkünfte mit wertvollen Kontakten und Fachthemen sowie die gemeinsame Qualitätssicherung.

Regulierung der Branche

Zum Start 2001 hatte der BFM acht Mitglieder mit einem Ankaufsvolumen von 350 Millionen Euro. Eine dynamische Entwicklung prägte die folgenden Jahre, in denen der Verband auch wesentlich zur Bekanntheit von Factoring beitragen konnte. 2007 meldete der BFM Rekordergebnisse: 6,13 Milliarden Euro Forderungsvolumen hatten die - mittlerweile 30 - Mitglieder mit ihren Unternehmen erzielt. Die Zahl der Anschlusskunden wuchs gegenüber dem Vorjahr von 2 000 auf 3 300 KMU an. Im selben Jahr bahnte sich über eine umsatzsteuerrechtliche Sonderregelung, die von großen Factoring-Gesellschaften angestrebt wurde, eine Regulierung der gesamten Factoring-Branche an. Der BFM sah diese Entwicklung äußerst kritisch, weil der damit verbundene bürokratische Aufwand für kleinere Anbieter kaum zu leisten schien.

Mein heutiges Fazit als damals betroffener Unternehmer: Die an Weihnachten 2008 überstürzt aus dem Boden gestampfte Finanzdienstleistungsaufsicht ist wie befürchtet zu einem Bürokratiemonster geworden, welches die Marktteilnehmer ständig mit zunehmend überbordenden Auflagen überzieht, die sie als Erkenntnisse aus laufenden Problemfällen gewonnen haben will, die aber nicht unbedingt Allgemeingültigkeit haben. Viel besser wäre es aus meiner Sicht, eine eigene schnelle Eingreiftruppe zu haben, die bei starken Auffälligkeiten - etwa extrem verzögerter Vorlage des Testats bei gleichzeitigem unorganischem Wechsel des Wirtschaftsprüfers - fallorientiert direkt vorgehen kann und dies nicht an große Wirtschaftsprüfungskanzleien delegiert. Bislang hat die Finanzdienstleistungsaufsicht wenig zur Finanzmarkthygiene beigetragen und dagegen eher viel Sand ins Marktgetriebe gegeben.

Im Dialog mit der Aufsicht

Der BFM hat die Finanzaufsicht zu einem zentralen Thema gemacht. Der Verband unterstützt seine Mitglieder durch praxisnahe Services, um ihnen Zeit und Kosten zu sparen und vor allem Rechtssicherheit zu schaffen. In ihren Unternehmen müssen sowohl die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) erfüllt werden als auch die von der BaFin gestellten Anforderungen an die Informationstechnologie (BAIT). Im BFM beschäftigt sich das Kompetenzcenter "Finanzaufsicht/ Compliance" mit jeweils aktuellen Fragen und bereitet Lösungen für die Mitglieder vor. Zudem steht man im persönlichen Austausch mit der Aufsichtsbehörde. Im Oktober 2019 gründete die BaFin einen Gesprächskreis mit Leasing- und Factoring-Instituten, in den der BFM auch seine vom Mittelstand geprägten Themen einbringt.

Simon Schach, ehemaliger Verbandschef des BFM und als Vorstand eines Factoring-Unternehmens aktiv: "Wenn ich zurückblicke, wie wir als Verband das Thema Regulierung geschafft haben und weiterhin damit umgehen, finde ich das sehr eindrucksvoll - mittelständisch agil und immer unter Mitnahme auch der kleinen Gesellschaften." Den pragmatischen und dialogorientierten Ansatz des BFM hält Schach für eine gute Strategie.

Kurze Unterbrechungen der Erfolgsgeschichte

Etwa zeitgleich mit der einsetzenden Regulierung wirkte 2009 auch die Finanzkrise erheblich auf das mittelständische Factoring ein. Viele Anbieter mussten Umsatzrückgänge hinnehmen und standen vor dem Problem, dass die Kreditversicherer Linien strichen. Dennoch war das Erfolgsmodell Factoring nicht aufzuhalten. 2016 lag die Factoring-Quote in Deutschland erstmals über sieben Prozent und rückte damit näher an den europäischen Durchschnitt von 9,8 Prozent heran. Überproportional und seit Jahren anhaltend wächst der nationale Factoring-Markt im Segment Mittelstand. 2016 stellte Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels in seinem Marktbericht fest, dass rund 88 Prozent der Unternehmen, die Factoring anwenden, zur Umsatzgrößenklasse null bis zehn Millionen Euro gehören.

Bis zum Corona-Jahr 2020 geht die Erfolgsgeschichte weiter. Nun zeigt sich ein unhomogenes Bild aus Gewinnen und Verlusten. Denn der Erfolg der Factoring-Anbieter hängt im Wesentlichen davon ab, in welcher Form ihre Kunden von der Pandemie betroffen sind. Ein Trend ist in Sicht: In den kommenden Monaten rechnen die BFM-Mitglieder mit kräftigen Impulsen aus dem Neugeschäft. 83 Prozent sind sicher, dass gesamtwirtschaftlich die Nachfrage nach Factoring weiter steigen wird.

Matthias Löw schildert seine Eindrücke in einem persönlichen Kommentar. Er war von 2007 bis 2017 stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Schatzmeister des Bundesverbands Factoring für den Mittelstand e. V., Berlin.
Matthias Löw , Ehemaliger stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Schatzmeister, Bundesverbands Factoring für den Mittelstand e. V., Berlin.
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