Banken und Leasing-Gesellschaften der Automobilhersteller mit Bestwerten

Captives nutzen Chancen der Digitalisierung als Wachstumstreiber

Anthony Bandmann Quelle: VW Leasing

Die herstellerverbundenen Autobanken in Deutschland konnten 2017 Bestmarken sowohl im Neugeschäft als auch Vertragsbestand erzielen. Neben ihrem Kerngeschäft Leasing und Finanzierung von Neufahrzeugen legen sie den Fokus zusehends auf junge, hochwertige Gebrauchtwagen und den Ausbau zusätzlicher Mobilitätsdienstleistungen rund um die individuelle Mobilität. Die weitere Digitalisierung ist dabei ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. (Red.)

Im anziehenden deutschen Automobilmarkt 2017 konnten die herstellerverbundenen Banken und Leasing-Gesellschaften insgesamt Rekordwerte erzielen: Mit rund 1,65 Millionen verleasten beziehungsweise finanzierten Neufahrzeugen sind sie um 5 Prozent erneut gewachsen und haben ihre Rolle als wichtiger Absatzmotor für die Automobilwirtschaft so unterstrichen. Die aktuellen Marktdaten hat der Verband Banken der Automobilwirtschaft (BDA) als Dachorganisation der herstellerverbundenen Banken und Leasing-Gesellschaften in Deutschland erhoben.1

Das Neugeschäftsvolumen, also den Wert der neu verleasten oder finanzierten Fahrzeuge, konnten die BDA-Mitglieder um 8 Prozent auf den Rekordwert von rund 44,65 Milliarden Euro steigern (siehe Abbildung 1, Seite 151).

Dieser überproportionale Anstieg zeigt einmal mehr, dass die Finanzdienstleister der Automobilwirtschaft ein höheres Finanzierungsvolumen pro Fahrzeug realisieren. Mit anderen Worten: Kunden der Herstellerbanken entscheiden sich tendenziell für höherwertige und besser ausgestattete Fahrzeuge.

Gewerbliche Zulassungen machen heute rund zwei Drittel des Automobilmarkts aus, und auch für die Herstellerbanken war das gewerbliche Segment erneut eine tragende Säule des vergangenen Geschäftsjahrs. Mit gewerblichen Neuverträgen in Höhe von 26,8 Milliarden Euro haben die Banken der Automobilhersteller ein Plus von 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielt. Dabei entfallen 22,8 Milliarden Euro auf das traditionell starke gewerbliche Leasing und rund 4 Milliarden Euro auf den Bereich der gewerblichen Finanzierung. Die BDA- Mitglieder punkten insbesondere durch ihr breites Portfolio und ihre Dienstleistungsangebote bei gewerblichen Kunden und Unternehmen. Damit treffen sie die Erwartungen gewerblicher Einzelpersonen, die hohen Anforderungen im Flottensegment und die speziellen Mobilitätsbedürfnisse von kleineren Betrieben gleichermaßen (siehe Abbildung 2, Seite 152).

Solides Plus im Gewerbe- und Privatsegment

Auch private Abnehmer haben 2017 verstärkt auf die Herstellerbanken als Partner gesetzt: Mit privaten Finanzierungs- und Leasing-Verträgen im Wert von rund 17,9 Milliarden Euro haben die Herstellerbanken um rund 9 Prozent zugelegt. Dabei entwickelte sich das Finanzierungsgeschäft um 8 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro. Auffallend ist, dass die Institute im vergangenen Jahr erneut im Privat-Leasing stärker bei den Kunden punkten konnten. Ein zweistelliger Zuwachs von 11 Prozent auf ebenfalls 8,9 Milliarden Euro in diesem Bereich unterstreicht den anhaltenden Trend zum "Nutzen statt Besitzen", wie man ihn auch aus anderen Lebensbereichen kennt. In der Folge gibt es erstmals eine 50/50-Aufteilung zwischen Finanzierungs- und Leasing-Produkten bei privaten Kunden (siehe Abbildung 3, Seite 152).

Ausbau im Vertragsbestand

Die durchschnittliche Vertragssumme der Autobankkunden lag im vergangenen Jahr bei 27 053 Euro und damit 3 Prozent über dem Vorjahr. Dabei liegen die Vertragssummen im gewerblichen Bereich mit 31 374 Euro traditionell höher als bei Privatkunden. Dort lag die durchschnittliche Vertragssumme bei 22 432 Euro.

Mit rund 6,5 Millionen Verträgen konnten die Herstellerbanken ihren Vertragsbestand in Einheiten um 6 Prozent ausbauen. Gleichzeitig ist das Vertragsvolumen in Wert auf den höchsten Stand seit Aufzeichnung der BDA-Marktdaten angestiegen. Die herstellerverbundenen Institute hatten zum Jahresende 2017 Fahrzeuge im Rekordwert von fast 125 Milliarden Euro in ihren Büchern stehen. Dies ist erneut ein sattes Plus von 10 Prozent. Dies zeigt ebenfalls, dass Kunden der herstellerverbundenen Finanzdienstleister den Trend zu höherwertigen und besser ausgestatteten Fahrzeugen fortsetzen (siehe Abbildung 4, Seite 153).

Wachstum im Segment der Gebrauchtwagen

Ihre bestehende, sehr starke Wettbewerbsposition im traditionellen Leasing- und Finanzierungsgeschäft nutzen die herstellerverbundenen Finanzdienstleister zudem, um auch in weiteren strategischen Geschäftsfeldern zu wachsen.

Ein ganz wesentliches Wachstumsfeld liegt im Gebrauchtwagensegment (GW-Segment). Denn die einst noch deutliche Trennung zwischen Neuwagenkunden auf der einen Seite und Gebrauchtwagenkunden auf der anderen Seite verschwimmt heute zusehends. Die Autobanken haben diese Entwicklung in den vergangenen Jahren verstärkt aufgenommen und ihre Finanzierungs- und Leasing-Angebote im gesamten GW-Segment deutlich ausgebaut. Dieses Geschäftsfeld war lange Zeit primär durch andere Marktteilnehmer geprägt und ist heute das wohl am härtesten umkämpfte Marktfeld, auf dem neben den Herstellerbanken auch freie Spezialbanken, Geschäftsbanken, neue Fintechs und Online-Marktplätze gleichermaßen um Anteile ringen.

Auch 2017 konnten die Banken und Leasing-Gesellschaften der Automobilkonzerne weiter Boden gut machen. Ihr Vertragsvolumen im Gebrauchtwagengeschäft konnten sie um starke 13 Prozent auf fast 11,6 Milliarden Euro ausbauen. Dahinter stehen rund 680 000 Gebrauchtfahrzeuge, die über die Herstellerbanken abgesetzt wurden. Das hohe Vertragsvolumen spiegelt dabei einen klaren Fokus auf junge und hochwertige Gebrauchtwagen wider, mit denen der Markenhandel bei den Kunden punkten kann. Und das tut er: 2017 wurden erstmals 50 Prozent aller Besitzumschreibungen über den Markenhandel zugelassen. Dazu haben die Autobanken erfolgreich beigetragen (siehe Abbildung 5, Seite 154).

Ein wesentlicher Erfolgsschlüssel liegt darin, dass sie ihre Produktpalette aus dem Neuwagenbereich mit zahlreichen Mobilitätsdienstleistungen zusehends auf das Geschäft mit hochwertigen Gebrauchten übertragen, zum Beispiel mit Versicherungs- oder Garantieleistungen. Damit folgen die Herstellerbanken dem Full-Service-Gedanken, der sie auch im Neuwagensegment so stark macht. Dies führt zu loyalen Kunden, und der Handel hat immer wieder Kontakt- und Anknüpfungspunkte - sowohl für das Gebrauchtwagen- als auch für das Neuwagengeschäft. Diesen erfolgreichen Pfad werden die Herstellerbanken weiter gehen, denn im GW-Bereich liegen immer noch starke Wachstumspotenziale.

Mobilitätsdienstleistungen gefragt wie nie

Unmittelbar damit verbunden ist ein weiteres wesentliches Wachstumsfeld der Captives, nämlich das Angebot zusätzlicher Mobilitätsdienstleistungen rund um das Automobil, etwa Versicherungen, Mobilitätsgarantien oder auch Services für Wartung und Verschleiß. Im Jahr 2017 konnten die Herstellerbanken in diesem Segment um 15 Prozent wachsen und kratzen damit erstmals an der Marke von 3 Millionen zusätzlichen Dienstleistungsverträgen. Diese umfassen neben fast 400 000 Kfz-Versicherungen alle weiteren autonahen Mobilitätsdienstleistungen wie GAP-Versicherung, Kreditversicherung, Reparaturkostenversicherung, Garantieverlängerung oder Wartungsarbeiten.

Die zwei wesentlichen Argumente für die Integration zusätzlicher Leistungen in den Finanzierungs- oder Leasing-Vertrag liegen für die Kunden auf der Hand: Zum einen haben sie alle laufenden Kosten ihrer Mobilität in einer überschaubaren und auch planbaren Monatsrate zusammengefasst. Zum anderen ist es zudem sehr einfach - Stichwort Convenience -, denn sie bekommen sämtliche Leistungen rund ums Auto aus einer Hand. Das Portfolio an zusätzlichen Dienstleistungen wird in den einzelnen Häusern immer weiter ausgebaut und die Captives sind dabei noch lange nicht am Ziel ihrer Entwicklung von Finanz- hin zu umfassenden Mobilitätsdienstleistern (siehe Abbildung 6, Seite 154).

Erfolgsfaktor Digitalisierung

Um sämtliche vorhandene Wachstumspotenziale im Markt zu erschließen, kommt der weiteren Digitalisierung sämtlicher Angebote und Prozesse eine überaus hohe Bedeutung zu. Es gilt, die entsprechenden Chancen der Digitalisierung als weiteren Wachstumstreiber zu nutzen, um in Zukunft auch neue Kunden- sowie Produktsegmente zu erschließen.

Um dieses Ziel zu erreichen, geht es nicht nur darum, nahtlose digitale Prozesse in der Online-Kundenansprache zu schaffen und damit ein digitales Erlebnis in der Customer Journey. Mindestens ebenso wichtig ist es, sämtliche bankinternen Prozesse entsprechend digitalisiert und effizient zu gestalten. Aus diesem Grunde beschäftigen sich die BDA-Mitglieder intensiv mit Themen wie Robotics, künstliche Intelligenz und auch Blockchain zur Digitalisierung von Prozessen beziehungsweise Teilprozessen im bankinternen Backoffice. Im Frontend, also dem digitalen Kundenerlebnis, bauen sie ihre Angebote immer weiter aus und haben auch 2017 wichtige Schritte gemacht, um noch näher an ihre bestehenden und potenziellen Kunden heranzurücken. Alle entsprechenden Angebote und ergänzenden Online-Vertriebsaktivitäten haben dabei immer gemeinsam, dass sie im engen Schulterschluss mit den Partnern im Handel und dem Hersteller umgesetzt werden.

Exemplarisch seien an dieser Stelle die Gebrauchtwagen-Online-Plattform HeyCar aus dem Hause Volkswagen Financial Services erwähnt sowie die neutrale Online-Fahrzeugbewertung und entsprechende GW-Ankaufsmöglichkeit der Toyota Kreditbank durch Toyota-kauft-dein-Auto. Auch das Appbasierte Management der eigenen Vertragsdaten durch die Ford-Bank oder die Nutzung der Vertriebsplattform Amazon durch die Opel-Bank zeigen, wie vielfältig die Angebote und Engagements im Markt bereits sind. Die Captives sind dabei voller Tatendrank und arbeiten an dem Kernthema Digitalisierung mit Hochdruck weiter.

Chancen für weiteres Wachstum

Nach der guten Entwicklung auf dem deutschen Automobilmarkt 2017 sehen die Herstellerbanken auch dem weiteren Jahresverlauf 2018 insgesamt positiv entgegen: Positive Konjunkturdaten sind für die Automobilwirtschaft gute Rahmenbedingungen, für den deutschen Pkw-Markt können Neuzulassungen ungefähr auf dem Vorjahresniveau erwartet werden. Für die automobile Finanzdienstleistung stimmt die erste Jahreshälfte grundsätzlich optimistisch. Es ist davon auszugehen, dass die Autobanken im Gesamtjahr erneut solide wachsen können.

Um ihre Ziele zu erreichen, gilt es, die vorhandenen Wachstumspotenziale im Gebrauchtwagensegment und ebenfalls bei neuen Mobilitätsdienstleistungen konsequent zu nutzen. Ein wichtiger Aspekt liegt dabei unverändert in der weiteren Ausschöpfung vorhandener Potenziale durch die Digitalisierung der Kundenangebote und der internen Bankprozesse.

Die Erwartungen auf Kundenseite und die Wettbewerbsintensität steigen immens schnell. Wer dabei nicht offen für Veränderungen ist, läuft schnell Gefahr, zukünftig nicht mehr an der Spitze mitspielen zu können. Die Banken der Automobilwirtschaft blicken diesen Herausforderungen positiv entgegen und wollen die enthaltenen Chancen bestmöglich nutzen, gemeinsam mit Handel und Herstellern.

1) Derzeit repräsentiert der BDA zwölf Mitgliedsinstitute mit insgesamt 34 Automobilmarken, siehe dazu: www.autobanken.de

DIE AUTOREN:
 
Anthony Bandmann, Braunschweig, ist seit 2017 Sprecher der Geschäftsführung der Volkswagen Leasing GmbH sowie seit 2012 Mitglied der Geschäftsführung der Volkswagen Versicherungsdienst GmbH. Zudem ist Bandmann seit 2013 Sprecher der Banken der Automobilwirtschaft (BDA)
 
Christian Ruben, Köln, ist seit 2012 CEO der Toyota Kreditbank GmbH sowie Toyota Leasing GmbH, deren Geschäftsführung er seit 2006 angehört. 2014 wurde Ruben zum BDA-Sprecher ernannt, ein Jahr später zum Senior Vice President der Toyota Financial Services Europe & Africa Region.
Christian Ruben , Vorstandsvorsitzender , Bankenfachverband e. V., Berlin

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