FACTORING

Factoring trotzt Corona-Krise

Eine Branche mit Zukunftsperspektive

Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Foto: Universität zu Köln

Die durch die Covid-19-Pandemie hervorgerufene Wirtschaftskrise wirkt sich nicht nennenswert negativ auf Factoring aus. Ganz im Gegenteil: Insgesamt kann die Branche für 2020 ein leichtes Umsatzplus verzeichnen. Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels erklärt sich dieses Phänomen unter anderem damit, dass die derzeitige Krise nicht durch die Finanzbranche entfacht wurde. Im Beitrag skizziert er einen Überblick der Factoring-Entwicklungen in Deutschland im vergangenen Jahr. Ein umfangreicher Bericht, der durchaus auch unerwartete Aspekte beleuchtet. (Red.)

Das Jahr 2020 stand ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Die wirtschaftliche Entwicklung verzeichnete den massivsten Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank um 4,9 Prozent auf 3,332 Billionen Euro. Die Massivität des Wirtschaftseinbruchs übertraf damit bei Weitem die Szenarien, die die Europäische Bankenaufsichtsbehörde den Banken in ihren Stresstests vorgibt. Umso erstaunlicher ist, dass die Factoring-Branche einen, wenn auch bescheidenen, Zuwachs des Umsatzes von 1,19 Prozent verbuchen konnte.

Beide Verbände berichten übereinstimmend, dass vor allem das erste Halbjahr 2020 zu diesem Wachstum beigetragen hat. Das Gesamtvolumen des Factoring-Umsatzes der im Deutschen Factoring-Verband e. V. (DFV) sowie im Bundesverband Factoring für den Mittelstand e. V. (BFM) organisierten Anbieter erreichte mit knapp 285 Milliarden Euro einen neuen Höchststand. Den beiden Factoring-Verbänden gehörten im vergangenen Jahr insgesamt 72 Factoring-Gesellschaften mit einem geschätzten Marktanteil von mehr als 98 Prozent an. Nimmt man die nicht in einem der beiden Verbände organisierten Gesellschaften hinzu, so dürfte der Gesamtumsatz der Factoring-Branche bei circa 290 Milliarden Euro gelegen haben.

Abbildung 1: Umsatzentwicklung in der Factoring-Branche Quelle: DFV und BFM

Umsätze steigen

In den letzten zwölf Jahren ist der Factoring-Umsatz durchschnittlich jährlich um 8,6 Prozent gewachsen. In absoluten Zahlen ausgedrückt hat dieses beeindruckende Wachstum dazu geführt, dass 2008 zum ersten Mal die 100-Milliarden-Euro-Grenze und bereits 2015 die 200-Milliarden-Euro-Grenze überschritten wurde. Es ist absehbar, dass bei einem Wiederanspringen der Konjunktur nach Überwindung der Corona-Pandemie die 300-Milliarden-Euro-Marke in Reichweite sein wird. Wenn man die Entwicklung der Factoring-Umsätze über einen längeren Zeitraum betrachtet, fällt auf, dass Factoring sowohl in wirtschaftlich guten wie auch in schwächeren Phasen an Bedeutung gewinnt. So konnte Factoring 2019 trotz eines nur mäßigen Wirtschaftswachstums um knapp 14 Prozent zulegen. Allein der sich an die Finanzmarktkrise anschließende wirtschaftliche Einbruch im Jahr 2009 konnte das Wachstum der Factoring-Branche kurzfristig unterbrechen. Dass sich diesmal die Wirtschaftskrise weniger stark auf Factoring ausgewirkt hat, liegt daran, dass diese Krise nicht von dem Finanzsektor ausging.

Der Anstieg des Factoring-Umsatzes bei gleichzeitig schrumpfendem BIP hatte zur Konsequenz, dass die Factoring-Quote, die sich aus der Relation beider Größen errechnet, abermals deutlich anstieg und einen neuen Höchststand von 8,55 Prozent erreichte. Auch hier lohnt ein Blick auf die längerfristige Entwicklung: Die Factoring-Quote ist in den letzten zwölf Jahren kontinuierlich angestiegen und hat sich gegenüber 2008 mehr als verdoppelt. Dennoch liegt die Factoring-Quote in Deutschland immer noch deutlich unter dem EU-Durchschnittswert, der sich von 11,3 Prozent auf 11,1 Prozent leicht verschlechtert hat.

Abbildung 2: Entwicklung der Factoring-Quote (in Prozent) Quelle: DFV, BFM und Statis

Die Nutzung von Factoring in Deutschland hat sich im letzten Jahr von der europäischen Entwicklung entkoppelt. Insbesondere Länder mit hoher Factoring-Quote wie Belgien, Frankreich, Italien und Großbritannien mussten erhebliche Rückgänge des Factoring-Umsatzes in Kauf nehmen. Deutschland ist mittlerweile mit einem Marktanteil von 15,4 Prozent nach Frankreich und inzwischen vor Großbritannien der zweitgrößte Factoring-Markt in Europa geworden. Damit ist das Wachstumspotenzial von Factoring vermutlich aber noch nicht ausgeschöpft. Die Factoring-Quote in Deutschland liegt nämlich immer noch deutlich unter der anderer europäischer Länder wie zum Beispiel Belgien (18,2 Prozent), Spanien (16,3 Prozent), Portugal (15,5 Prozent), Niederlande (14,3 Prozent), Italien (14,2 Prozent), Frankreich (14,2 Prozent) und Großbritannien (11,3 Prozent).

Die durchschnittliche Forderungslaufzeit ist - laut Angaben des DFV - gegenüber 2019 geringfügig um 1,1 Tage auf 41,8 Tage gestiegen, angesichts der Schwere des Wirtschaftseinbruchs ein sehr moderater Anstieg. Zum Vergleich: EU-weit sind die Forderungslaufzeiten von 63 auf 65 Tage gestiegen. Dies entspricht in etwa dem Anstieg der Forderungslaufzeiten, die die Mitglieder des DFV im internationalen Factoring verzeichneten. Besonders im Export-Factoring verlängerten sich die Forderungslaufzeiten deutlich, nämlich um knapp drei Tage und lagen bei über 57 Tagen. Damit verstetigte sich ein bereits 2019 spürbarer Trend zu längeren Forderungslaufzeiten im internationalen Factoring.

Internationales Factoring gesunken

Nachdem in früheren Jahren das internationale Factoring regelmäßig zum Umsatzwachstum des deutschen Factoring-Marktes beigetragen hat, sanken die Umsätze im grenzüberschreitenden Factoring 2020 erneut. Verglichen mit 2019 und angesichts der weltweiten Corona-Krise fiel der Rückgang mit zwei Milliarden Euro allerdings relativ milde aus. Gegenüber dem Höchststand im Jahr 2018 ist der Anteil des internationalen Factorings am Gesamtumsatz um mehr als sechs Prozentpunkte auf nunmehr 24,2 Prozent gefallen. Damit liegt der Anteil des grenzüberschreitenden Factorings aber immer noch deutlich über dem europäischen Durchschnitt, der von 20 Prozent auf 21 Prozent leicht angestiegen ist.

Prozentual war der Rückgang beim Import-Factoring besonders stark. Das Umsatzvolumen beim Import-Factoring sank um 8,1 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro. Es lag damit leicht über dem Rückgang der Importe, der 7,1 Prozent betrug. Die Import-Factoring-Quote, das heißt der Anteil des Import-Factorings an den Gesamtimporten, blieb mit 0,43 Prozent stabil und lag immer noch über der Quote früherer Jahre. Beim Export-Factoring fiel der Umsatzrückgang mit 2,3 Prozent deutlich schwächer aus. Da die Exporte im gleichen Zeitraum um 7,7 Prozent einbrachen, stieg die Export-Factoring-Quote sogar an und lag 2020 bei 5,4 Prozent gegenüber fünf Prozent im Jahr 2019. Die Angaben zu den grenzüberschreitenden Factoring-Umsätzen beruhen auf den Meldungen der Mitglieder des Deutschen Factoring Verbandes.

Die beiden wichtigsten Partnerregionen für das Export-Factoring sind nach Angaben des DFV - wie auch im vergangenen Jahr - Osteuropa und Benelux (Belgien, Niederlande, Luxemburg). Beide Regionen konnten ihre starke Stellung gegenüber 2019 deutlich ausbauen. Ein möglicher Grund hierfür mag sein, dass die Im- und Exporte in beide Regionen im vergangenen Jahr nur unterdurchschnittlich abnahmen. Insbesondere die Handelstätigkeit mit Polen, dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner in Osteuropa, war von dem allgemeinen Abwärtstrend der Im- und Exporte kaum betroffen. Erstaunlich ist, dass Großbritannien sich nochmals um einen Platz nach vorne schieben konnte und nunmehr an dritter Stelle vor Österreich rangiert. Der Brexit hat zwar zu dem erwarteten deutlichen Rückgang der Exporte geführt (minus 15,5 Prozent), das Factoring-Volumen ist davon aber nicht beeinflusst worden. Offensichtlich hat mit dem Verlassen des gemeinsamen Marktes das Thema Ausfallrisikoabsicherung an Bedeutung gewonnen. Frankreich hat erneut einen Platz eingebüßt und liegt nun hinter den USA an sechster Stelle der wichtigsten Partnerländer, obwohl die Exporte in beide Länder in etwa gleichstark abnahmen.

Charakteristisch für den deutschen Factoring-Markt ist, dass die Export-Factoring-Quote stets deutlich über der Import-Factoring-Quote liegt. Dies deutet darauf hin, dass nicht alleine das Volumen der Im- und Exporte für den Umsatz im internationalen Factoring-Geschäft entscheidend ist, sondern dass auch andere Faktoren hier eine Rolle spielen. Insbesondere ist die Absicherung der besonderen Ausfallrisiken, die mit dem grenzüberschreitenden Handel verbunden sind, ein wichtiges Motiv für den Forderungsverkauf. Aufgrund des Bonitätsgefälles zwischen Forderungen an in- und ausländischen Debitoren ist die Absicherung für Exporte dringlicher als die Absicherung von Forderungen aus Importen nach Deutschland.

Rückläufige Anzahl von Kunden und Debitoren

Nachdem der DFV 2019 aufgrund der Neuaufnahme einer Mitgliedsgesellschaft einen starken Zuwachs bei den Factoring-Kunden vermelden konnte, gibt es für das Jahr 2020 einen deutlichen Rückgang um 7,8 Prozent zu verzeichnen. Dieser Durchschnittswert ist allerdings durch einen massiven Rückgang bei einem Mitgliedsunternehmen verzerrt, überwiegend verzeichneten die Factoring-Unternehmen nur geringe Einbußen ihrer Kundenanzahl. Berücksichtigt man die Kunden der Mitgliedsunternehmen des BFM sowie die Kunden derjenigen Gesellschaften, die in keinem der beiden Factoring-Verbände organisiert sind, so dürften mehr als 90 000 Unternehmen und Selbständige Factoring nutzen.

Die Anzahl der Debitoren, gegen die die Mitgliedsunternehmen des DFV offene Forderungen hatten, liegt mit 6,5 Millionen deutlich unter den Vorjahreswerten. Dies ist jedoch vor allem auf den Meldefehler eines Mitgliedsunternehmens zurückzuführen. Die tatsächliche Anzahl der Debitoren dürfte weit höher sein, wenn man die Debitoren der Mitgliedsunternehmen des BFM sowie die Debitoren der im Gesundheitsbereich tätigen Gesellschaften, die überwiegend nicht in den Verbänden organisiert sind, hinzurechnet.

Zuwachs im Mittelstand

Factoring wird von Unternehmen aller Größenklassen genutzt. Gemessen an der Anzahl der Factoring-Kunden machen die Unternehmen mit einem Factoring-Umsatz von bis zu zehn Millionen mit 95,4 Prozent einen immer größer werdenden Anteil aus (Vorjahr 93,4 Prozent). Zum Umsatzsegment über 50 Millionen Euro gehören nur 1,4 Prozent der Factoring-Kunden (Vorjahr zwei Prozent). Dies belegt, dass Factoring zunehmend ein wichtiges Instrument im Finanzierungsmix vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) ist.

Eine im Auftrag des BFM durchgeführte KMU-Befragung ergab jedoch, dass immer noch 62 Prozent angaben, zu wenig über den Einsatz von Factoring zu wissen. Bei den kleineren Unternehmen gibt es offensichtlich noch ein großes Potenzial an Kunden, das es zu heben gilt. Bezogen auf das Umsatzvolumen dominieren nach wie vor die großen Unternehmen, auch wenn deren Anteil seit Jahren kontinuierlich sinkt: Auf Kunden mit einem Factoring-Volumen von mehr als 50 Millionen Euro entfallen 50,5 Prozent (Vorjahr 55,7 Prozent) des gesamten Factoring-Umsatzes, die KMU bis zu einem Umsatzvolumen von zehn Millionen Euro kommen hier aber mittlerweile auf 28,8 Prozent (Vorjahr 19,5 Prozent). Auch dies belegt, dass Factoring immer stärker von KMU genutzt wird. Die Zahlen beruhen auf den Angaben des Deutschen Factoring-Verbandes.

Die Anzahl der Factoring-Anbieter ist in den letzten Jahren weitgehend stabil geblieben, nachdem es Anfang des Jahrzehnts zu einem deutlichen Rückgang gekommen war. Dieser war zu einem großen Teil auf die Einbeziehung von Factoring-Unternehmen in eine eingeschränkte Bankenaufsicht zurückzuführen. Ende 2020 besaßen 181 Finanzdienstleistungsinstitute eine Zulassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht für Factoring, nur drei weniger als Ende 2019. Der DFV rechnet allerdings damit, dass der Trend zur Konsolidierung in der Finanzbranche auch vor dem Factoring nicht Halt machen wird und die Anzahl der Factoring-Anbieter in den kommenden Jahren sinken wird. Neben der Digitalisierung wird diese Entwicklung durch regulatorische Verschärfungen befeuert, die kleine Anbieter meist überproportional belasten. Der Trend zu größeren Betriebseinheiten hat allerdings keinen Einfluss auf das Factoring-Volumen.

Full-Service-Factoring im Aufwind

Bei den Factoring-Arten hat - nach den Angaben des DFV - das Inhouse-Factoring seine dominierende Stellung gehalten, allerdings hat sich der seit Jahren zu beobachtende Trend rückläufiger Marktanteile verfestigt. Auf das Inhouse-Factoring entfiel ein Marktanteil von 64,4 Prozent gegenüber 66,4 Prozent im Vorjahr. Das Full-Service-Factoring konnte seinen Marktanteil im sechsten Jahr in Folge weiter ausbauen und kam auf 25,5 Prozent (25 Prozent im Jahre 2019). Die zunehmende Nutzung von Full-Service-Factoring ist wahrscheinlich die Folge einer gestiegenen Nutzung von Factoring bei KMU. Diese setzen Factoring verstärkt dazu ein, das gesamte Debitorenmanagement an den Factor auszulagern. Darüber hinaus spielt auch die veränderte Mitgliederstruktur im DFV eine Rolle. Im Gesundheitsbereich dominiert das Full-Service-Factoring.

Abbildung 3: Umsatzanteile der Factoring-Arten (in Prozent) Quelle: DFV

Das Fälligkeits-Factoring konnte wiederum deutlich zulegen und übersprang mit einem Marktanteil von 10,1 Prozent erstmals die zehn Prozent-Marke (gegenüber 8,29 Prozent im Jahre 2018). Die durch die Geldpolitik induzierte großzügige Liquiditätsversorgung trägt offensichtlich dazu bei, dass Unternehmen zunehmend Factoring vor allem dazu nutzen, Ausfallrisiken abzusichern. Die Finanzierungsfunktion von Factoring wird mittlerweile als weniger wichtig eingestuft. Die Umsätze in den sonstigen Factoring-Arten (Reverse Factoring und B2C-Factoring) spielen nach wie vor nur eine untergeordnete Rolle. Das B2C-Factoring erzielte einen Umsatz in Höhe von 7,2 Milliarden Euro (plus 26,5 Prozent). Das Reverse-Factoring war da gegen rückläufig. Das Umsatzvolumen reduzierte sich um 12,9 Prozent auf vier Milliarden Euro.

Handelsunternehmen sind wichtigste Nutzer

Auch im Jahr 2020 waren Handel und Handelsvermittlung mit großem Abstand Spitzenreiter bei den Factoring-Umsätzen. Der Anteil dieser Branche am Factoring-Umsatz legte nach mehreren Jahren rückläufiger Marktanteile wieder leicht zu und betrug 20,8 Prozent (gegenüber 19,7 Prozent im Vorjahr). Aufgrund des hohen Warenumschlags ist der Lieferantenkredit für den Handelsbereich besonders gut geeignet, um die Zahlungsverpflichtungen aus den Verkaufserlösen der bezogenen Waren zu bestreiten. Entsprechend hoch ist der Anteil der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an der Bilanzsumme bei Handelsunternehmen. Dieser liegt bei Firmen des Großhandels und der Handelsvermittlung bei über 25 Prozent. Der Forderungsverkauf stellt damit für diese Unternehmen ein wichtiges Instrument zur Finanzierung des Umlaufvermögens dar. Die drei folgenden Plätze blieben unverändert, wobei das Gesundheitswesen und die Dienstleistungen ihre Marktanteile auf 14,4 Prozent beziehungsweise 8,2 Prozent steigern konnten, während der Marktanteil der Branche Metallerzeugung und -verarbeitung mit 7,7 Prozent das dritte Jahr in Folge leicht rückläufig war.

Massive Marktanteile verloren hat der Fahrzeugbau, der vom fünften auf den neunten Platz abrutschte und nur noch einen Marktanteil von 5,5 Prozent erreichte. Gegenüber dem Höchststand im Jahr 2015 hat der Fahrzeugbau damit knapp acht Prozentpunkte verloren. Ursache hierfür dürften neben coronabedingten Lieferkettenproblemen der Strukturwandel in der Automobilindustrie sein. Rückläufig war auch der Marktanteil in den Branchen Herstellung von Metallerzeugnissen/Maschinenbau (2020: 6,1 Prozent, 2019: 6,6 Prozent) und Herstellung von chemischen Erzeugnissen (2020: 5,6 Prozent, 2019: 5,8 Prozent). Da beide Branchen stark vom Export leben, korrespondiert der Rückgang im Factoring-Volumen mit dem rückläufigen Umsatz im Export-Factoring. Das Ernährungsgewerbe erlebt seit Jahren ein auf und ab und konnte mit einem Marktanteil von 5,8 Prozent den Verlust aus dem Vorjahr wieder kompensieren. Die Zahlen basieren auf den Angaben der Mitgliedsinstitute des Deutschen Factoring-Verbandes.

Abbildung 4: Die wichtigsten Factoring-Branchen (in Prozent) Quelle: DFV

Factoring-Branche als Arbeitgeber

Ende 2020 waren bei den dem DFV angehörenden Unternehmen nahezu unverändert knapp 4 600 Personen beschäftigt. Insgesamt dürften in der Factoring-Branche damit über 5 000 Mitarbeiter Beschäftigung finden. Ein Großteil der bei den Mitgliedsunternehmen des DFV Tätigen arbeitet bei mittelgroßen Factoring-Gesellschaften mit 50 bis 250 Beschäftigten (46,5 Prozent), auf Factoring-Gesellschaften mit mehr als 250 Mitarbeiter entfallen nur 9,3 Prozent der Arbeitnehmer. Im Durchschnitt beschäftigten die im DFV organisierten Unternehmen 107 Mitarbeiter.

Für die Zukunft ist mit einem steigenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu rechnen. Aufgrund der umfangreichen Anforderungen, die die Regulierung an das Risikomanagement stellt, ändert sich auch das Anforderungsprofil an die Beschäftigten. Zunehmend werden Mitarbeitende gesucht, die mit den aufsichtlichen Vorgaben vertraut sind. Diese Suche gestaltet sich immer schwieriger.

Wie greift die wirtschaftliche Erholung?

Die weitere wirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr hängt vom Verlauf der Corona-Pandemie ab. Die entscheidenden Parameter hierfür sind der Impffortschritt und das eventuelle Auftreten neuer, schwerer zu bekämpfenden Mutanten. Wichtig ist nicht nur der weitere Fortgang in Deutschland. Denn als exportorientierte Nation ist die deutsche Wirtschaft stark davon abhängig, wie sich die Corona-Pandemie auch in anderen Ländern entwickelt. Angesichts dieser Unwägbarkeiten erweisen sich Prognosen häufig schon nach kurzer Zeit als überholt. Als erstaunlich zuverlässig haben sich die Einschätzungen herausgestellt, die die Mitglieder des DFV Anfang 2020 für das vergangene Jahr abgaben. Damals schätzten mehr als 40 Prozent der Factoring-Unternehmen die weitere Geschäftsentwicklung als gut und sehr gut ein und knapp 57 Prozent gingen von einer befriedigenden Entwicklung aus. Angesichts des massiven, sich damals bereits abzeichnenden Wirtschaftseinbruchs kann das erzielte leichte Umsatzplus als Bestätigung für die überwiegend positiven Erwartungen bezeichnet werden.

Hinsichtlich der erwarteten Entwicklung für das laufende Jahr ergab eine aktuelle Umfrage des BFM, dass 90 Prozent der Factoring-Unternehmen von steigenden oder gleichbleibenden Umsätzen ausgehen. Damit besteht Hoffnung, dass die Factoring-Branche auch 2021 mit einem Umsatzwachstum beenden wird. Wie eine weitere BFM-Umfrage zeigte, sind viele KMU nach wie vor daran interessiert, ihre Finanzierungsquellen zu diversifizieren und die Abhängigkeit von der Hausbank zu lockern. Factoring ist als Bestandteil des Finanzierungsmix besonders geeignet, weil es eine umsatzkongruente Finanzierung ermöglicht und Schutz vor Forderungsausfällen bietet. Zu erwarten ist, dass bei einem Wiederanspringen der Konjunktur der Finanzierungsbedarf im Umlaufvermögen aufgrund längerer Forderungslaufzeiten überproportional zur Umsatztätigkeit ansteigen wird. Außerdem sind auch höhere Forderungsausfälle zu erwarten, wenn die Schutzschirme und Hilfsmaßnahmen der Regierung aus laufen. Daher wird der Bedarf an Risikoabsicherung und damit auch die Nachfrage nach Factoring steigen. Ein weiterer Trend, der die Zukunft des Factorings mitbestimmen wird, ist die Digitalisierung. Factoring ist heute schon eine weitgehend papierlose Finanzdienstleistung. Es ist damit für die Zukunft gut aufgestellt, allerdings wird das Potenzial, das die Digitalisierung bietet, nicht vollständig ausgeschöpft.

Fußnoten

1) Vgl. EU Federation Factoring and Commercial Finance: Newsletter April 2021, Issue 20, S. 6.

2) Vgl. Ebd., S. 7.

3) Vgl. Ebd., S. 8.

4) Vgl. Hartmann-Wendels, T./Spörk, W.: Wie unterscheiden sich Ärzte von anderen Factoring-Nutzern? Merkmale, Motive, Erfahrungen, in: FLF 3/2019, S. 113 ff.

5) Vgl. Deutsche Bundesbank: Die Bedeutung von Handelskrediten für die Unternehmensfinanzierung in Deutschland - Ergebnisse der Unternehmensabschlussstatistik, in: Monatsbericht 2012, S. 56.

Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels , Direktor, Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre, Universität zu Köln, Köln, geschäftsführender Direktor, Institut für Bankwirtschaft und Bankrecht, Forschungsinstitut für Leasing

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