Fünf Themengebiete der Digitalisierung und deren Einflussfaktoren

Relevanz für die Leasing-Branche

Michael Henneberger

Quelle: PwC

Vertreter der Leasing-Branche diskutierten mit Experten der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) im Rahmen des PwC-Leasing-Forums 2017 in Frankfurt, Düsseldorf und München über Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung. Demnach lassen sich fünf wesentliche Themengebiete für die Digitalisierung identifizieren, die der Beitrag detailliert vorstellt. (Red.)

Die Digitalisierung von Geschäftsfeldern gewinnt branchenübergreifend immer stärker an Bedeutung. Die Finanzdienstleistungsbranche sieht sich zudem seit einigen Jahren mit einer steigenden Anzahl von Startups und Fintech Unternehmen konfrontiert. Die dadurch ausgelösten Entwicklungen in Bezug auf Kosteneffizienz, Kundenerwartungen und Kundenverhalten sowie die Nutzung neuer digitaler Technologien setzen sich in der Leasing-Branche fort. Die Themengebiete der Digitalisierung sind vielfältig, mit wiederum verschiedenen sich teilweise gegenseitig beeinflussenden Faktoren.

Die bedeutensten Themengebiete der Digitalisierung sind:

- Technologie,

- Data Management,

- Cyber-Security,

- IT-Compliance und IT-Governance sowie

- Robotics.

Technologie

Die technologischen Veränderungen sind der Auslöser und Treiber für digitale Innovationen. Häufig werden durch neue Technologien Lösungen ermöglicht, die vorher undenkbar erschienen. Insbesondere disruptive Lösungen - die bestehende und etablierte Lösungen meist vollständig verdrängen - werden dadurch gefördert. Es ist daher notwendig, aktuelle technologische Entwicklungen zu beobachten und regelmäßig für das eigene Geschäftsmodell zu bewerten.

Eine Technologie, die das Potenzial hat disruptiv zu wirken, ist die Blockchain. Durch die Blockchain können Intermediäre und zentrale Stellen - wie beispielsweise Banken und Finanzdienstleister - überflüssig werden. Zentraler Aspekt der Blockchain ist die Dezentralität. Dies bedeutet, dass alle Teilnehmer der Blockchain Transparenz über Transaktionen haben und dadurch nur legitime Transaktionen zulässig sind, da die Transaktionen durch die Mehrheit der Teilnehmer verifiziert werden müssen. Zentrale Stellen - wie beispielsweise ein Kreditscoring-Unternehmen - können somit ersetzt oder Behördengänge - wie beispielsweise zur Pkw-Zulassung oder im Rahmen der Authentifizierung der Geschäftsparteien/ elektronische Ausweisfunktion - digitalisiert werden.

Um die Anwendung der Blockchain-Technologie beispielhaft zu verdeutlichen könnte ein Leasing-Objekt im Rahmen eines Smart Contracts mit der Blockchain verknüpft werden. Die Vertragsmodalitäten sind in den Smart Contracts abgebildet und somit in der Blockchain hinterlegt. Das Leasing-Objekt steht dem Kunden entsprechend der vertraglichen Vereinbarung zur Nutzung zur Verfügung. Fällt allerdings der Zahlungseingang aus, so wird das Leasing-Objekt bis zur Nachholung der Zahlung vom Smart Contract automatisch deaktiviert. Durch die Automatisierung der Überwachung des Zahlungseingangs und durch die automatische Verknüpfung der Zahlungsfälligkeit mit der Nutzbarkeit des Leasing-Objekts ließen sich siginifikante Effizienzgewinne erzielen.

Data Management

Digitalisierung beruht auf Daten, die das Fundament für alle Produktentwicklungen und Prozessoptimierungen im Zuge von Digitalisierungsprojekten bilden. Es liegt daher auf der Hand, dass die Datenqualität essenziell für den Erfolg der Digitalisierungsbemühungen ist.

Neben der Qualität beziehungsweise der Richtigkeit der Daten sind jedoch vor dem Hintergrund der gesetzlichen Anforderungen sowie der exponentiell zunehmenden Menge an Daten eine Vielzahl weiterer Faktoren zu berücksichtigen wie beispielsweise Prozesse zur Erhebung, Speicherung und Löschung von Daten, Kritikalität und Speicherort. Diese Faktoren können nur durch ein klar geregeltes, ganzheitliches Data Management gesteuert werden. Das Data Management trägt dabei als zentrale Stelle die Verantwortung, einen Überblick über alle relevanten Daten des Unternehmens zu haben und angemessene Vorgaben zum Umgang mit diesen zu definieren und zu überwachen.

Cyber-Security

Durch die neuen Technologien sowie durch die zunehmende Vernetzung in unserem digitalen Ökosystem entstehen ebenfalls neue Risiken und Bedrohungen, welche strukturiert bewertet und gesteuert werden müssen. Die Akzeptanz einer neuen Technologie oder eines auf dieser Technologie beruhenden Produkts hängt stark vom Vertrauen des Kunden ab. Dies bedeutet, dass Sicherheitsvorfälle - wie beispielsweise die Entwendung von Kundendaten oder Kreditdaten - die Akzeptanz des Kunden senken. Besonders schwer wirken in diesem Fall, neben möglichen direkten Vermögensschäden des Unternehmens, Reputationsschäden durch die entstehende Öffentlichwirksamkeit bei einem Sicherheitsvorfall.

Um diesen Bedrohungen zu begegnen ist es notwendig, das Thema IT-Sicherheit und Cyber- Security ganzheitlich zu betrachten und umzusetzen. Angefangen von einer Cyber-Security-Strategie über ein funktionierendes Informationssicherheitsmanagementsystem und Notfallplanungen bis hin zur Implementierung von dedizierten Security-Technologien.

IT-Compliance und -Governance

Die Finanzbranche gehört zu den am stärksten regulierten Branchen. Die IT von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten steht ungebrochen im Fokus. Dies ist nicht nur anhand der zunehmenden Anzahl an gesetzlichen Anforderungen in diesem Bereich - zum Beispiel im Rahmen der Veröffentlichung der Bankaufsichtlichen Anforderungen an die IT (BAIT) und der Novellierung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) - zu erkennen. Zusätzlich hat die Europäische Zentralbank in den vergangenen Jahren verstärkt das Thema IT-Resilience (die Fähigkeit des Unternehmens auch in Zeiten von Störungen ein akzeptables Level an IT-Leistungen zu gewährleisten) und Cyber-Security in ihre Untersuchungen einbezogen. Deswegen ist die Berücksichtigung von Cyber-Security-Standards in der Entwicklung neuer Produkte und Lösungen obligatorisch. Folglich sind bei Fragen der Digitalisierung von Finanzdienstleistern mannigfaltige Aspekte wie beispielsweise Datenschutz, Lizensierung, IT-Compliance und Urheberrecht zu betrachten und in die Entwicklung mit einzubeziehen. Es ist daher unumgänglich, aktuelle Entwicklungen und regulatorische Anforderungen und Normen durch ein zentrales IT-Compliance-Management-System zu bewerten und zu operationalisieren.

Robotics

Im Bereich Robotics kommt die Automatisierung existierender Geschäftsprozesse wie auch die Erstellung neuer Geschäftsmodelle zum Tragen wie beispielsweise durch die Anwendung von künstlicher Intelligenz. Einer dieser neuen Geschäftsmodelle ist das Roboadvising, welches mittels künstlicher Intelligenz Aufgaben übernimmt, die bisher vom Menschen ausgeführt wurden. Klassisches Beispiel dafür sind Aufgaben aus der Vermögensverwaltung - zum Beispiel der Einsatz eines digitalen Anlageberaters. In der Leasing-Branche sind diesbezüglich Einsatzmöglichkeiten beispielsweise im Bereich der Kreditweiterbearbeitung im Rahmen der Bonitätsbewertung denkbar, um den Prozess durch den Einsatz künstlicher Inteligenz zu automatisieren.

Die Technologie zur künstlichen Intelligenz macht von Jahr zu Jahr deutliche Fortschritte und besitzt das Potenzial, in allen Bereichen zum Einsatz zu kommen und den Menschen bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Daher ist es künftig möglich, den Einsatz von Roboadvising auf viele weitere Geschäftsfelder auszuweiten - nicht nur bei der Befriedigung von Kundenbedürfnissen, sondern auch zur Unterstützung der Geschäftsleitung beim Treffen unternehmerischer Entscheidungen.

Digitalisierung als stetiger Prozess

Die Abbildung fasst die wesentlichen Themengebiete der Digitalisierung und deren Einflussfaktoren abschließend zusammen.

Die Teilnehmer auf den Veranstaltungen des Leasing-Forums waren sich einig, dass die Digitalisierung kein Trend, sondern ein anhaltender und stetiger Prozess ist. Die Digitalisierung der eigenen Geschäftsmodelle und Prozesse ist daher konsequent. Eine erfolgreiche Digitalisierung berücksichtigt Aspekte und Einflussfaktoren verschiedener Themengebiete, von denen wir die aus unserer Sicht wesentlichen fünf dargestellt haben. Aufgrund dieser Komplexität ist es notwendig, das Thema Digitalisierung ganzheitlich zu betrachten und durch eine dedizierte Strategie und korrespondierende Umsetzungskampagnen nachhaltig zu operationalisieren. Der Erfolg der Kampagnen ist dabei regelmäßig zu erheben, Anpassungsbedarfe sind im Kontext sich stetig verändernder Einflussfaktoren strukturiert zu ermitteln und umzusetzen.

DIE AUTOREN: Michael Henneberger, Frankfurt am Main, ist Wirtschaftsprüfer/ Steuerberater und Partner bei der PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Bereich Financial Services und deutschlandweit für die Prüfung und Beratung von Leasing- und Factoring-Gesellschaften verantwortlich.
 
Konstantinos Dagianis, Düsseldorf, ist Senior Manager bei der Pricewaterhouse Coopers GmbH Wirtschaftsprügungsgesellschaft im Bereich Financial Services und für die Themen IT-Management und Digitalisierung von Leasing-Gesellschaften am Standort Düsseldorf verantwortlich.

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