MOBILITÄT

Die Individualisierung des Massenverkehrs

Wie Daten und kluges Bezahlen Mobilität organisieren

Henning Brandt, Foto: Computop_Björn Seitz

Die Mobilität von morgen ist individuell. Das Nutzungsverhalten von heute zeigt bereits, dass verschiedene Verkehrsmittel kombiniert werden, um ein Ziel zu erreichen. In dieser Sharing Economy spielen das Internet und cloudbasierte Lösungen eine besondere Rolle, um Mobilität als Service überhaupt anbieten zu können. Verschiedene Apps sollen helfen, die Mobilität zu erleichtern. Der Autor untersucht diese Apps, zeigt die Funktionen auf und erläutert die Möglichkeiten des mobilen Bezahlens. (Red.)

Die morgendliche Rushhour ist auf den ersten Blick das Gegenteil von Individualität: viele Menschen in derselben U-Bahn. Doch näher betrachtet gleichen sich kaum zwei Fahrtouren exakt. Wer gemeinsam durch den Tunnel braust, hat dennoch fast immer verschiedene Start- und Zielorte. Seit Jahrzehnten wird der öffentliche Personenverkehr vor allem mit Blick auf die Verkehrsmittel betrachtet. Busse und Bahnen mussten effizienter werden (das hieß häufig: Streckenstilllegungen), doch die Betrachtung der Mobilitätsbedürfnisse der Fahrgäste endete fast immer an der Haltestelle.

Digitale Karten und Routenplaner auf Smartphones, auch Apps von Verkehrsverbünden oder Dienstleistern geben immer mehr Einblick in die tatsächlichen Mobilitätswünsche. Und die beginnen an der Haustür und enden exakt am Zielort. Wer keine Haltestelle vor dem Haus hat, muss Verkehrsmittel kombinieren. Genau das tun moderne Mobilitätskonzepte, und wenn sie erfolgreich sein wollen, zeigen sie nicht nur Wegstrecken und Fahrpläne an, sondern ermöglichen auch die Buchung und Bezahlung der verschiedenen Dienste.

Kluge Kombination gefragt

Die Krux liegt dabei in der Diversität. Wer sich ins Auto setzt und vom Start bis zum Ziel durchfahren kann, dem genügt ein Navigationsgerät. Doch die Mobilität der Zukunft liegt nicht allein im Individualverkehr, sondern in der klugen Kombination von Sharing Services zur zeitweisen Alleinbenutzung, zum Beispiel Elektrorollern, mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus oder Bahn. Dass die Konsumentinnen und Konsumenten den Wunsch nach flexibler Mobilität hegen, beweist eine umfassende Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts ECC zum Thema Mobilität: 71 Prozent der Befragten wollen die Möglichkeit haben, verschiedene Angebote wie Auto, Fahrrad und Scooter einfach miteinander kombinieren zu können (Abbildung 1).

Abbildung 1: Anforderungen an Mobilitätsplattformen Quelle: Dr. Ralf Deckers, Anne Lisa Weinand, Matthias Golly, Simone Schäfer, Cassandra Bolz (2021): Neue Mobilität auf der Überholspur! Wie MaaS-Konzepte unser Leben verändern. ECC Club Studie. IFH Köln.

Diese Angebote zu verzahnen ist schon schwierig genug, und sie innerhalb einer Anwendung buch- und bezahlbar zu machen, ist bis heute noch nicht realisiert. Die Gründe dafür sind zahlreich: die heterogene Anbieterstruktur, eine Vielzahl von Schnittstellen und sicher auch die mangelnde Bereitschaft, sich für die Anbindung von Dienstleistern zu öffnen, die potenzielle Wettbewerber sein können, inklusive fehlender Provisionsvereinbarungen für plattformübergreifende Buchungsumsätze.

Eine nähere Betrachtung der verschiedenen Verkehrsträger zeigt auf, wie weit die einzelnen Verkehrsmittel fortgeschritten sind auf dem Weg, Teil eines modernen Mobilitätskonzepts zu sein.

Das Ökosystem Bahn hat seine "Navigator"-App seit zwölf Jahren am Markt. Das Leistungsangebot ist stetig gestiegen: Neben der Möglichkeit, Bahnfahrten zu buchen und mit verschiedenen Zahlungsmitteln direkt zu bezahlen, wurde der Aktionsradius stetig erweitert. So integriert die Reiseplanfunktion nicht nur die Fußwege zur Haltestelle, sondern auch den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) an Start- und Zielort. Die Buchung von reinen Nahverkehrstickets ist für viele Verbünde möglich, aber innerhalb der App wenig komfortabel. Jedoch enthalten bestimmte Fahrkarten im Fernverkehr die An- und Weiterfahrt mit dem ÖPNV über das "City-Ticket".

Für die Einbindung des bahneigenen Fahrradsharingangebots Call a Bike wird eine weitere App benötigt, die die Fahrradnutzung in ausgewählten Städten ermöglicht, doch in der Routenplanung der Bahn findet dieses Angebot noch keinen Niederschlag. Ferner bestehen Partnerschaften mit lokalen Carsharinginitiativen, aber auch diese werden nicht als Alternative für Teilstrecken vorgeschlagen. Seit 2018 entwickelt die Bahn-Tochter Mobimeo die Einbindung von Sharing Services und eine Live-Navigation per App. Dazu wurden Teile der früheren Daimler-Lösung Moovel übernommen. Damit folgt sie den Kundenbedürfnissen: Die ECC-Studie zeigt, dass die Deutschen Sharingangebote am liebsten über Navigations-Apps buchen (Abbildung 2).

Abbildung 2: Fokus Zahlverfahren Quelle: Dr. Ralf Deckers, Anne Lisa Weinand, Matthias Golly, Simone Schäfer, Cassandra Bolz (2021): Neue Mobilität auf der Überholspur! Wie MaaS-Konzepte unser Leben verändern. ECC Club Studie. IFH Köln.

Für den täglichen Mobilitätsbedarf der meisten Menschen spielt der Nahverkehr die größte Rolle. Wer nicht individuelle Verkehrsmittel wie Auto oder Rad benutzt, ist fast immer mit einem Angebot der zahlreichen Verkehrsverbünde unterwegs. Verbundfreie Regionen gibt es kaum noch. Innerhalb der Verbünde, die auch häufig den Schienen-Personennahverkehr einschließen, sind Smartphone-Apps inzwischen Standard. Neben Fahrplänen und Preisauskünften können dort meist auch schon Fahrkarten erworben werden.

Offene Standards setzen sich durch

Dabei gehen die Anbieter zunehmend von einer geschlossenen Lösung zum offenen Standard über: Waren manche Funktionen zunächst nur für registrierte Nutzerinnen und Nutzer verfügbar, ist der Ticketkauf inzwischen auch für Fahrgäste möglich, die nicht zur Stammkundschaft gehören. Zu diesem Fortschritt hat die Entwicklung im Zahlungsverkehr ganz wesentlich beigetragen. In der Anfangszeit war die Zahlung häufig nur über Lastschrift verfügbar, doch die Möglichkeit der Rückbuchung machte den anonymen Kauf zum Risiko für die Verkehrsträger. Mit dem Einzug der Kreditkartenzahlung und mehr noch mit mobilen Wallets wurde das Bezahlen nicht nur sicherer, sondern auch komfortabler. Heute bezahlen 76 Prozent der Deutschen bei Sharingdiensten am liebsten mit Paypal.

Auf dem zweiten Platz liegt die Kreditkarte und das Lastschriftverfahren wird nur noch von 28 Prozent genutzt (Abbildung 2). Die Einbindung von sogenannten Software Development Kits für die Zahlungsabwicklung in die App-Programmierung, wie sie Payment-Service-Provider bereitstellen, sorgte für eine zusätzliche Vereinfachung, weil das Zahlartenangebot dadurch auch ohne Veränderungen der eigentlichen Mobilitäts-App im laufenden Betrieb aktualisiert werden kann.

Die Ticket-App der Berliner Verkehrsbetriebe BVG schlägt dabei zwei Fliegen mit einer Klappe: Mit Apple Pay, Google Pay oder Paypal stehen nicht nur eingeführte und bequeme Zahlarten zur Verfügung, die BVG nutzt die dort gespeicherten Adressinformationen auch, um im Hintergrund der Zahlung eine Registrierung durchzuführen. So bleibt das Bezahlen einfach und zugleich erhält der Betreiber die Daten der Fahrgäste, die für Effizienzsteigerung und Marketing wertvoll sind.

Dennoch teilt die BVG-App das Schicksal vieler ÖPNV-Apps: Sie kommen meist nicht über das eigene Angebot ihrer Betreiber hinaus, dabei setzen Nutzende vor allem auf die ÖPNV-Betriebe als Anbieter für Mobilitätsplattformen (siehe Abbildung 3). Zwei Beispiele verdeutlichen mögliche Lösungen. So engagiert sich der hessische Verbund Rhein-Main-Verkehrsverbund RMV, mit "Mobility Inside" weitere Regional verbünde für eine Partnerschaft zu gewinnen, um den gegenseitigen Ticketverkauf zu ermöglichen. Bereits elf Gesellschafter sind beteiligt, zuletzt stießen vor rund einem Jahr die VAG Nürnberg hinzu - und die Deutsche Bahn.

Abbildung 3: Potenzielle Anbieter von Mobilitätsplattformen Quelle: Dr. Ralf Deckers, Anne Lisa Weinand, Matthias Golly, Simone Schäfer, Cassandra Bolz (2021): Neue Mobilität auf der Überholspur! Wie MaaS-Konzepte unser Leben verändern. ECC Club Studie. IFH Köln.

Anders als bei diesem horizontalen Ansatz der Regionenausweitung geht die Berliner BVG vertikal vor und integriert andere Verkehrsträger in ihre Jelbi-App. Bemerkenswert ist dabei die Kooperation mit den E-Scooter-Anbietern Voi, Tier und Lime, die an anderen Standorten untereinander eher als harte Wettbewerber auftreten. Auch Taxi Berlin ist integriert, obwohl mit dem BVG-eigenen Berlkönig, mit Miles und Mobileeee gleich drei weitere Ride-/Carsharingangebote dabei sind. Es zeigt sich: Wenn die Kundenbasis stark genug ist, finden auch Partner zusammen, die sonst eher allein kämpfen. Damit erfüllen sie eine zentrale Anforderung der Kundschaft an die Mobilitätsplattformen der Zukunft. Laut ECC Club Studie wollen sich die Nutzerinnen und Nutzer nur einmal bei einer Plattform registrieren und nicht bei jedem Anbieter einzeln (Abbildung 1).

Datenflut bändigen

Zugleich macht das Beispiel Berlin jedoch deutlich, wie groß der Aufwand einer solchen App-Entwicklung ist. Dabei wird von in der Nähe des Startpunkts befindlichen Verkehrsmitteln ausgegangen. Dazu müssen die fixen ÖPNV-Haltestellen mit den variablen Standorten von E-Scootern und der Routenplanung von Taxis gebündelt und in der Karte angezeigt werden. Da bereits vor der Buchungsentscheidung die Wegezeit und Kostenangezeigt werden, müssen diese Informationen ebenfalls einfließen. Damit diese Daten konsistent mit den eigenen Systemen der jeweiligen Anbieter bleiben, sind aufwendige Schnittstellen erforderlich, die eine Datenübergabe in beide Richtungen in Echtzeit möglich machen.

Als Alternative zur Komplexität einer vollintegrierten App, auch wenn sie wie Jelbi "nur" Berlin und längst nicht alle Sharinganbieter versammelt, zeigen andere Nahverkehrsprojekte, wie es auch geht - wenn den Kundinnen und Kunden nicht die umfassende Planung vor Fahrtantritt, dafür aber einfaches Reisen und Bezahlen ermöglicht werden soll. Schon lange aus London oder New York bekannt, ist es seit gut einem Jahr auch in Deutschland etabliert: Tap & Go. Wer in der Projektstadt am Rhein mit "BONNsmart" unterwegs ist, hält beim Einsteigen in Bus oder Bahn einmal kurz sein Smartphone oder eine zur Nahfeldkommunikation fähige Kredit- oder Debitkarte an das Lesegerät. Dem Netzwerk werden die Zahlungsdaten und der Einstiegspunkt gemeldet und mit dem erneuten "Tap" vor dem Aussteigen wird die Reise abgeschlossen.

Diese Daten reichen aus, um den Betrag der Fahrkarte abzubuchen, und mehr noch: Die intelligente Software hinter dem System rechnet automatisch zum Bestpreis ab. Wer also mehrfach an einem Tag unterwegs ist, zahlt nie mehr als den Preis der Tageskarte, und über Rückerstattungen ließen sich selbst Wochen- oder Monatskarten abbilden. Für Stammfahrgäste ist sogar eine noch komfortablere Zahlungsmöglichkeit denkbar. Wenn, zum Beispiel über Bluetooth, ein automatischer Check-in und Check-out der App in das Fahrzeug erfolgt, ist keinerlei Aktivität der Reisenden mehr erforderlich. Ähnliche Prozesse sind für viele Sharingangebote denkbar und machen die Durchführung einer Reise einfach wie noch nie. Besonders die Jüngeren entscheiden schnell und spontan, welches Verkehrsmittel sie nutzen wollen. Beim Fahrradsharinganbieter Vaimoo etwa genügt ein Tap auf dem Smartphone, schon ist das Fahrrad entsperrt. Die Zahlung wird am Ende der Fahrt automatisch abgebucht.

Eigenes Auto auf dem Rückzug

Was noch vor Jahren als Prestigeobjekt vor der Haustür stand, wird - zumal im urbanen Leben - zunehmend lästig: das eigene Auto. An den meisten Stunden des Tages steht es nur herum, benötigt Platz und bindet Kapital, während die Zeit der Nutzung relativ kurz ist. Diesem Ansatz folgend bieten verschiedene Carsharinganbieter Autos auf Zeit an. Und das mit großem Erfolg: 44 Prozent der Studienteilnehmenden haben Carsharing schon einmal genutzt beziehungsweise sich bei einem Carsharinganbieter registriert - damit liegt es auf Platz eins der Sharingangebote (Abbildung 4).

Abbildung 4: Registrierung bei Mobilitätssystemen Quelle: Dr. Ralf Deckers, Anne Lisa Weinand, Matthias Golly, Simone Schäfer, Cassandra Bolz (2021): Neue Mobilität auf der Überholspur! Wie MaaS-Konzepte unser Leben verändern. ECC Club Studie. IFH Köln

Manche davon sind stationsgebunden und können nur zwischen diesen Stationen bewegt werden, andere wechseln ihren Standort ständig und stehen dort zur Verfügung, wo der oder die letzte Nutzende sie abgestellt hat. Ergänzt werden diese Konzepte um Services mit Fahrerinnen und Fahrern - das gute alte Taxi hat Konkurrenz bekommen durch Privatpersonen am Steuer oder durch Ridesharing, also Sammelfahrten, wie sie in vielen anderen Kulturen schon immer üblich waren.

Gab es Carsharing zunächst nur regional, in Vereinen, die sich Fahrzeuge für die gemeinsame Nutzung durch die Mitglieder zugelegt haben, erhielt das Konzept durch den Eintritt von Autoherstellern neue Dynamik. Car2Go (Daimler) und Drive Now (BMW) brachten Flotten kleiner Fahrzeuge in die Metropolen, die zu Minutenpreisen gemietet werden konnten.

Auch die Autovermietung Sixt, früher an Drive Now beteiligt, hat sich als starker Player etabliert und verbindet Carsharing mit der traditionellen (Mehr-) Tagesmiete, hat aber auch Roller, Scooter und Taxiservices im Angebot. Damit ähnelt der Leistungsumfang dem zu Free Now erweiterten Angebot von Daimler/BMW, doch gerade letztere stoßen auch an Wirtschaftlichkeitsgrenzen. Ihre Sharingangebote außerhalb Europas wurden geschlossen, Städte wie London oder Florenz wurden aus dem Service genommen. Die Autobauer konzentrieren sich wieder mehr auf ihre Kernkompetenz und suchen Partner oder Käufer für ihre Nebengeschäfte.

Auf die Metropolen konzentriert

Sharingdienste bewegen sich in einer schwierigen Balance. Ist das Angebot nicht präsent genug, findet die Kundschaft keine Fahrzeuge in der Nähe und wechselt zur Konkurrenz. Stellen sie die Straßen voll, erhöhen sie den Parkdruck und senken die Nutzungsquote des einzelnen Fahrzeugs unter die Rentabilitätsgrenze. Integrieren sie sich in die Mobilitäts-Apps Dritter, steigt zwar die Nutzungswahrscheinlichkeit, doch verwässert die Marke und sinkt die Marge. Keine optimalen Voraussetzungen für integrierte Verkehrskonzepte. Und erst recht keine Lösung für überregionale Mobilitätsbedarfe - denn fast alle Sharingangebote konzentrieren sich auf die Metropolen. Selbst Mittelstädte können schon froh sein, wenn sie ein paar Leihfahrräder oder Elektroroller abbekommen, in Vororten oder auf dem Land bleiben die Karten der Anbieter weiß. Dabei wird gerade dieses von den Nutzerinnen und Nutzern als besonders negativ wahrgenommen. 22 Prozent der Befragten empfinden es als Nachteil, dass sich die aktuellen Mobilitätsplattformen nur auf einzelne Städte beschränken (Abbildung 5).

Abbildung 5: Wichtigste Nachteile von Sharingsystemen Quelle: Dr. Ralf Deckers, Anne Lisa Weinand, Matthias Golly, Simone Schäfer, Cassandra Bolz (2021): Neue Mobilität auf der Überholspur! Wie MaaS-Konzepte unser Leben verändern. ECC Club Studie. IFH Köln.

Die ersten E-Roller wurden 2018 noch gefeiert als mobile Revolution, die den Autoverkehr in der Stadt reduzieren würde. Schnell stellte sich allerdings heraus, dass vor allem Fußwege und Radverkehr dadurch ersetzt wurden, der Beitrag zum Klimaschutz also gering ausfällt. Die deutsche Energieagentur DENA hat Anfang 2021 für E-Roller ein CO2 -Äquivalent von 197 Gramm je Kilometer ermittelt, mehr als ein durchschnittliches Auto. Trotzdem sind Kleinfahrzeuge mehr als ein Freizeitspaß. Auch sie können sinnvoll in Mobilitätskonzepte integriert werden, jedenfalls solange kein größeres Gepäck zu transportieren ist. Dementsprechend offen zeigen sich auch einige Anbieter für Kooperationen. Stehen die Apps und die meist in poppigen Farben lackierten E-Roller auch in Konkurrenz, so finden sie sich in Apps wie hvv Switch, Jelbi oder Free Now zusammen. Doch die Präsenz beschränkt sich meist auf die Lokalisierung und die Buchung; die Integration in die Routenplanung scheitert in der Praxis am schnellen Wechsel der Standorte.

Super-App der Mobilität fehlt noch

An Verkehrsträgern hat es keinen Mangel, von Fernverkehr bis zur Mikromobilität ist alles vorhanden. Auch die Technologie zur Nutzung ist mit der Verbreitung von Smartphones bestens geregelt. Die Kunst liegt in der sinnvollen Verbindung und Aufbereitung der im Überfluss vorhandenen Daten.

Zwei Modelle kristallisieren sich heraus: Einerseits gehen regionale Angebote zunehmend in die Tiefe, integrieren also weitere Verkehrsmittel, um ein möglichst umfassendes Angebot für die abgedeckte Region zu präsentieren. Treiber sind fast immer die regionalen Nahverkehrsanbieter, die lange bestehende Kundenbeziehungen und eine hohe Bekanntheit vorweisen können und den direkten Zugriff auf Fahrpläne und Buchungsmöglichkeiten der Massenverkehrsmittel haben. Diese Punkte machen ÖPNV-Betriebe für viele der Befragten der ECC-Studie zum selbstverständlichen Plattformbetreiber. Für dieses Modell gilt: Wer drin ist, profitiert von der großen Nutzerbasis und kann einen Kickstart hinlegen. Anbieter, die sich dem Verbund verweigern, müssen sich ihre Marktanteile mühsam erarbeiten - und laufen Gefahr, bei der Zusammenstellung von Routen außen vor zu bleiben.

Andererseits ermöglichen überregionale Anbieter Fahrbeziehungen, die die Regionen überbrücken und Reisen quer durchs Land mit verschiedenen Verkehrsmitteln zumindest aufzeigen, selten auch buchen können. Hier steht mit der Deutschen Bahn ebenfalls ein öffentliches Unternehmen an der Spitze, doch Unternehmen wie Daimler oder Sixt sind auf gutem Weg, wenngleich die Neigung, öffentliche Verkehrsmittel zu integrieren, gering ist. Doch Mobilität ohne diese Verkehrsträger ist umso weniger zielführend, je mehr der Klimaschutz in den Fokus rückt.

Nicht übersehen werden sollten jedoch die Aktivitäten der großen Technologiekonzerne. Unternehmen wie Google oder Apple besitzen in der Regel selbst noch keine Verkehrsträger, herrschen jedoch über die Kanalisierung der Nachfrage und verfügen über exzellente Geodaten, die Basis für jede Streckenermittlung. Google Maps bietet neben der Route für Autofahrten auch Empfehlungen für den Fernverkehr und Echtzeit-Fahrpläne für den Nahverkehr an. In den USA zeigt Google Assistant den Nutzenden auf entsprechende Anfragen bereits eine Übersicht, die neben der Preiseinschätzung auch die Wartezeiten für sogenannte Ride-Hailing-Dienste auflistet. Angesichts des zunehmenden Engagements des Konzerns im E-Commerce wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch die Ticketbuchung mit wenigen Klicks integriert ist. Am Bezahlen wird es dabei nicht scheitern: Apple Pay, Pay pal und Google Pay sind auf dem Smartphone etabliert, und mit Click-to-Pay, dem neuen Wallet der großen Kreditkartenanbieter, kommt eine weitere mobiloptimierte One-Click-Variante gerade auf den Markt. Auch wenn noch nicht klar ist, wer die Mobilität der Zukunft letztlich organisiert, steht fest: Die Bezahlung wird auf jeden Fall mobil erfolgen.

Henning Brandt , Head of Communication , Computop Paygate GmbH, Bamberg

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