Der Kunde im Mittelpunkt - Kundenorientierung 2.0

8. Fachtagung Leasing und Kreditwirtschaft

Quelle: BDL

Rund 100 Vertreter der Leasing- und Kreditwirtschaft trafen sich Ende Juni in Berlin, um zum Leitthema "Der Kunde im Mittelpunkt" sich zu informieren und auszutauschen. Die Tagung bot ein abwechslungsreiches Programm mit lebhafter Podiumsdiskussion und praxisnahen Vorträgen aus Politik und Unternehmen. Regulierung, Digitalisierung und Refinanzierung gehörten zu den vorherrschenden Themen. Zudem solle die Eurozone endlich ihre Rolle als "Powerregion der Welt" einnehmen - ein Tagungsbericht.

Zum Tagungsende hatte sich lediglich das Sommerwetter eingetrübt, die Stimmung der Teilnehmer hingegen war angereichert durch zahlreiche positive und ermutigende Eindrücke. Horst Fittler, Hauptgeschäftsführer des einladenden Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen e. V. (BDL), forderte die Zuhörer auf: "Gehen Sie die Dinge an, bewegen und wagen Sie etwas." So könne die positive Entwicklung des Leasing-Markts - im ersten Quartal mit einem Zuwachs von rund 10 Prozent - fortgesetzt werden. Vorausgegangen war ein munteres Programm, das alle Akteure zu einer gelungenen Tagung führten.

BDL-Präsident Kai Ostermann leitete die Tagung mit den aktuellen Themen und Herausforderungen der Branche ein. Das "Leasing-Rekordjahr 2016 mit seinem Allzeithoch" dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Wirtschaft nach wie vor von einem Investitionsstau gebremst werde. Für Ostermann seien gezielte Investitionsanreize und Impulse aus der Bundesregierung "besser als eine Nullzinspolitik, die ihr Ziel verfehlt hat und uns wie auch anderen Finanzierern die Ertragsbasis entzieht." Den Entwicklungszyklen angepasste verkürzte Abschreibungszeiten oder eine degressive Afa wären aus BDL-Sicht dafür angemessene Instrumente.

Mit Blick auf das Tagungsthema bietet der digitale Wandel neue Ansätze in der Kundenorientierung. Allerdings müsse die Datenhoheit über verleaste Güter bei der Leasing-Gesellschaft verbleiben, insbesondere dann, wenn andere Unternehmen wie Fintechs in den Produktionsprozess einbezogen werden. Zudem sprach sich Ostermann für eine differenzierte Regulierung aus, die angemessen und der mittelständischen Leasing-Branche anpasst sei. Ein guter Kontakt zur Aufsicht sei wichtig, um - mit Aufwand - Korrekturen durchzuführen. Noch wichtiger wäre aber, dass bereits vorher differenziert werde.

Regulierung muss nachvollziehbar sein

Alexander Radwan, Mitglied des Bundestags und ordentliches Mitglied im Finanzausschuss, griff in seinem Vortrag etliche Branchenthemen auf. Als vormaliger Abgeordneter des Europäischen Parlaments sprach er sich gegen ein "Europa à la carte" aus, wie es mit dem Brexit drohen könnte. Der Binnenmarkt der EU-Mitgliedstaaten sei aus seiner Sicht enorm wichtig. Radwan betonte, dass schon für Altbundeskanzler Helmut Kohl die "europäische Einigung unumkehrbar" gewesen sei. Die anti-europäischen, nationalen Bewegungen bereiten Radwan Sorge, allerdings ebenso die weltweite politische Unsicherheit.

Zum Thema Regulierung sprach sich der CSU-Abgeordnete für eine "dringend notwendige Überprüfung" aus. "Regulierung muss ein offener, transparenter und nachvollziehbarer Prozess sein", sagte Radwan. Und Brüssel müsse mehr Proportionalität leben. Er kritisierte die Konkurrenzsituation zwischen Europäischer Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und Europäischer Zentralbank, die als Teil der EBA derzeit eigene Bankenstandards für die großen Institute setzt. Zudem forderte Radwan mehr Kompetenz für marktnähere Institutionen.

Man müsse die Chancen nutzen und mehr Rechtssicherheit in der Aufsichtsstruktur und im Aufsichtsprozess einfordern - ein Anliegen, dass auch die Leasing- und Kreditwirtschaft betrifft. Allerdings müssen sich die Branchenverbände in ihren Vorschlägen und Forderungen einig sein.

Kraftakt für Unternehmen

Näher zum Leitthema fand die Tagung mit der anschließenden Podiumsrunde. Neben Alexander Radwan diskutierten Christina Brand (Nürnberger Leasing GmbH), Daniel Eschbach (Targo Leasing GmbH), Jens Krieghoff (Bremer Landesbank) und Karl-Heinrich Gabsch (Hako Bau Kompressoren und Baugeräte GmbH) als Stimme der Leasing-Kunden. Die unterschiedlichen Positionen zwischen großen und kleinen Gesellschaften, aber auch die teils gegenläufige Interessenlage aus Kundensicht kamen zum Ausdruck.

Daniel Eschbach sieht die Zukunft der Leasing-Gesellschaften in der stärkeren Ausrichtung an den Kundenanforderungen: "All-in-Verträge mit Serviceelementen, Cloud-Lösungen und Pay-per-use-Modelle sind dazu nur einige Beispiele. Leasing muss sich künftig, um nicht rein vom Ertrag aus der Leasing-Rate abhängig zu sein, stärker an ganzheitlichen Lösungen für den Kunden orientieren."

Deutlich wurde auch - und darin sind sich alle Protagonisten einig -, dass die Regulierung ein enormer Kraftakt für die Unternehmen darstellt und die Kundenorientierung teils einschränkt. Bestimmungen zu Geldwäscheprävention und Compliance-Anforderungen seien zwar notwendig, dennoch in Teilen zu weitgehend für einen Leasing-Abschluss.

Als Vertreterin der kleineren Gesellschaften schilderte Christina Brand die vergleichsweise hohen Kosten der Regulatorik. Der Zeithorizont von zwei bis drei Jahren, in denen Veränderungen greifen, könne für ein kleines Unternehmen bereits existenzbedrohend sein. Denn die "Regulierung ist eine enorme Herausforderung", die bei der Nürnberger Leasing nur mithilfe externer Berater und zusätzlicher IT-Kosten bewältigt werden kann.

Digitalisierung verstärkt Kundenorientierung

Dennoch sei der "Einstieg und die fortwährende Umsetzung der Regulierung allen Leasing-Gesellschaften gut gelungen", stellte Jens Krieghoff fest. Er betonte, dass die Auslegung des gesetzlichen Rahmens den Risiken angemessen sein sollte - hier sei eine konstruktiv beratende Zusammenarbeit zwischen Leasing-Gesellschaften und Wirtschaftsprüfern notwendig. Die Digitalisierung sieht er als Chance, Medienbrüche zu vermeiden und dadurch noch effizienter zu werden sowie den hohen wachsenden Standard beim Datenhaushalt stärker für die Kundenorientierung und Portfoliosteuerung zu nutzen. Kundenvertreter Gabsch resümierte schließlich fast erleichtert: "Nach allem, was ich gehört habe, habe nicht ich die Probleme, sondern Ihr habt sie." In der Branche besteht jedoch zu Recht die positive Grundstimmung, dass diese Probleme lösbar sind.

Das Bild über Europa rückte Chefanalyst der Bremer Landesbank Folker Hellmeyer ins rechte Licht: In der öffentlichen Wahrnehmung würden nach seiner Ansicht die strukturellen Erfolge Europas stets ausgeblendet, ebenso wie die strukturellen Defizite der USA. Zahlenbasiert und anschaulich verglich er die Entwicklung der einzelnen europäischen Länder mit der US-Entwicklung. In den USA bereitet ihm das kreditbasierte Wachstum mit vergleichsweise geringen Hürden in der Kreditvergabe enorme Sorge, die politischen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten hingegen weniger. Und ein "America first" sei die Fortführung der bisherigen Haltung, wenn man genau hinsehe.

Der Chefanalyst fordert, dass sich Kontinentaleuropa neu aufstellen muss. Den Zuhörern nahm er hingegen die Sorge vor dem Brexit und lenkte den Blick auf die wesentlichen und aufstrebenden Handelspartner, mit denen Europa sprechen solle - allerdings dann mit einer Stimme. Hellmeyer lobte das heutige Europa als Region mit der höchsten Rechtssicherheit und dem höchsten Kapitalstock der Welt. Was also stünde der "Powerregion Europa" noch im Wege? Er sieht die "Eurozone auf der Überholspur" und belegte dies informativ wie unterhaltsam in seinem außerordentlich lebhaften Vortrag.

Refinanzierung neu strukturiert

Über ihre Erfahrung mit innovativen Wegen der Leasing-Refinanzierung sprachen Thomas Kolvenbach, Geschäftsführer der Comco Leasing GmbH, und Florian Hummel, Leiter Leasing und Verbriefung bei der BayernLB. Beide Unternehmen hatten gemeinsam ein Asset-backed Commercial Paper (ABCP) zur Refinanzierung eines Leasing-Portfolios für Suzuki Deutschland strukturiert. Anschaulich beschrieben die Referenten diesen zwölf Monate währenden Entwicklungspfad mit seinen zahlreichen Herausforderungen, der schließlich in einen erfolgreichen und zufriedenstellenden Abschluss mündete.

Für die Teilnehmer endete nach etwa sechs Stunden eine informative wie unterhaltsame Veranstaltung, die 2019 mit der 9. Fachtagung sicherlich ihre Fortsetzung finden wird.

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