LEASING

Leasing - ein Instrument der Unternehmenssanierung

Wie objektbasierte Finanzierung hilft

Thomas Vinnen, Foto: Nord Leasing GmbH

Die Aussetzung der Insolvenzmeldepflicht ist zum 30. April 2021 ausgelaufen. Seither müssen sämtliche zahlungsunfähigen oder überschuldeten Unternehmen wieder Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Es gibt verschiedene Optionen, um eine solche finanzielle Notsituation zu vermeiden oder zumindest abzumildern. In der Sonderform des Sale-and-lease-back ist Leasing ein geeignetes Instrument der Unternehmenssanierung. Der Beitrag zeigt anhand eines Praxisbeispiels, wie eine objektbasierte Finanzierung zum Fortbestand eines Betriebs beitragen kann. (Red.)

Im Jahr 2021 wächst die Sorge um eine deutliche Zunahme der Insolvenzen. Durch die Maßnahmen zur Stabilisierung von Unternehmen in der Covid-19-Pandemie wurde in den zurückliegenden Monaten etlichen Betrieben noch Luft in Form von Zeit verschaffen. Schon wegen des "Nachholeffektes" ist mit vermehrten Insolvenzanträgen zu rechnen. Bei Unternehmenskrisen, die in eine Insolvenz münden, droht stets der Verlust von Arbeitsplätzen und die Vernichtung des vorhandenen Kapitalstocks.

Nur wenige Finanzierungsinstrumente stehen in solchen Situationen zur Verfügung, um diese Folgen zumindest abmildern zu können. Leasing wird üblicher- und richtigerweise mit Neuinvestitionen in Verbindung gebracht. Dass diese objektbasierte Finanzierungsform auch wirksam bei kriselnden Unternehmen eingesetzt werden kann, zeigt das Beispiel des schwäbischen Präzisionsteileherstellers Räuchle GmbH & Co. KG aus Dietenheim. Es kann daher durchaus als Vorbild für Unternehmen in vergleichbaren Situationen verstanden werden.

Unverschuldete Insolvenz

Die Firma bietet präzise und hochfeste Werkstücke im Kaltumformungs- und Drehverfahren für die Automotive-Branche an. Auf eine lange Unternehmensgeschichte zurückblickend, seit Jahren auf 50 Millionen Umsatz wachsend, technologisch führend und insgesamt gut aufgestellt, traf das Bekanntwerden der Dieselsoftwaremanipulation Räuchle und seine 290 Angestellten schwer. Die verschlechterte Marktsituation im Bereich Automotive bedeutete konkret einen deutlich rückläufigen Auftragseingang und zwang das Unternehmen, Ende 2018 einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung zu stellen.

Das Unternehmen arbeitete mit Unterstützung der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz & Partner und des Sachwalters Dr. Matthias Hofmann von der auf Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei Pohlmann Hofmann mit Hochdruck an seiner Sanierung. Der sonst gut laufende Betrieb sollte gesichert und den Angestellten eine Perspektive geboten werden. Wie in solchen Verfahren üblich, fanden im Rahmen des sogenannten Dual Tracks Gespräche mit mehreren interessierten Investoren statt. Beim Dual Track wird neben der Sanierung über einen Insolvenzplan parallel ein Mergers-and-Acquisitions-(M&A)-Prozess durchgeführt. Der Gläubigerausschuss sprach sich klar für eine Sanierung der Räuchle GmbH & Co. KG mit dem auf Sondersituationen spezialisierten Münchener Private Equity Investor DUBAG aus, dessen Konzept einen langfristigen Erhalt des Unternehmens am Standort Dietenheim sichern soll.

Seit Januar 2019 unterstützt DUBAG die Neuausrichtung des Unternehmens mit dem Einsatz umfangreicher Ressourcen, der Anwendung von Pragmatismus, Expertise, Strategie und Vision. Räuchle wurde mit den Mitteln eines Insolvenzplanes als wettbewerbsfähiger Anbieter repositioniert. Wesentlicher Baustein für die Sanierung ist die Neustrukturierung der Passivseite der Bilanz. Hierbei kommt der realisierten Sale-and-lease-back-Transaktion über das gebrauchte maschinelle Anlagevermögen eine zentrale Rolle zu. Ausschlaggebend für die Wahl dieses Finanzierungsinstruments ist der Asset-based-Ansatz, bei dem weniger die Bonität der zu finanzierenden Unternehmen im Vordergrund steht. Vielmehr wird auf den Wert der die Finanzierung unterlegenden Assets abgestellt.

Wie funktioniert Sale-and-lease-back?

In den Maschinen und maschinellen Anlagen eines Unternehmens sind erhebliche Kapitalmittel gebunden, die in einer Situation, bei der es um eine zusätzliche und meist zügige Generierung von Liquidität geht, zeitnah mobilisiert werden können - sei es in der Unternehmensnachfolge oder in Phasen starken Wachstums, aber auch in Restrukturierungs- und Krisensituationen. Bei einer Sale-and-lease-back-Finanzierung kommt es vor allem auf die Werthaltigkeit der im Unternehmen vorhandenen Maschinen und Anlagen und damit die fachmännische Bewertung an.

Erfolgreiche und seriöse Sale-and-lease-back-Anbieter arbeiten mit erfahrenen Experten zusammen, die den Zeitwert der Maschinen des Unternehmens ermitteln. Auf Basis des Zeitwertgutachtens kauft der Leasing-Geber die gebrauchten Maschinen und maschinellen Anlagen des Unternehmens, die von diesem dann direkt wieder zurückgeleast werden. Die Nutzung wird dabei zu keinem Zeitpunkt eingeschränkt. Besonders für das produzierende Gewerbe ist dies eine interessante Möglichkeit, um mit der frischen Liquidität den Handlungsspielraum zu erweitern. Sale-and-lease-back-Transaktionen werden idealerweise an den Anfang einer Finanzierungskette gestellt, weil sie sich positiv auf die Bonität und damit das Rating auswirken und es so klassischen Finanzierern überhaupt erst ermöglichen, ein Engagement einzugehen.

Sale-and-lease-back-Kreislauf Quelle: Nord Leasing GmbH

Im Ergebnis eine solide Finanzierungsstruktur

Mit der Übernahme von Räuchle wurden verschiedene Szenarien bezüglich einer zukunftsfähigen Finanzierungsstrategie eruiert. Eine entscheidende Rolle in der Neugliederung der Finanzierungsstruktur spielte dabei die Saleand-lease-back-Transaktion mit einem geeigneten Leasing-Unternehmen, in diesem Fall der Nord Leasing GmbH. Unter den rund 150 im Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e. V. zusammengeschlossenen Gesellschaften fokussiert sich die weit überwiegende Anzahl auf die Finanzierung von Neuinvestitionen. Der Abschluss eines Leasing-Vertrages über bereits im Einsatz befindliche Assets impliziert das grundsätzliche Risiko, nicht in jedem Fall gut zweitmarktfähige Maschinen und Anlagen zu finanzieren. Mangelnde Sekundärmarktfähigkeit kann ihre Ursache in technischer Überalterung oder unzureichender Wartung haben. Um Zustand und damit den Wert der Assets, die bei der Nord Leasing im Finanzierungszeitpunkt ein durchschnittliches Alter von rund 7,5 Jahren haben, richtig beurteilen zu können, bedarf es einer entsprechenden technischen Expertise.

Daher steht die Einschätzung und gutachterliche Ermittlung des Zeitwertes des Maschinenparks am Anfang des Finanzierungsprozesses. Mit dem Zeitwert liegt dann auch die maßgebliche Kalkulationsgröße für die Sale-and-lease-back-Transaktion vor. Selbstverständlich müssen auch bei dieser Sonderform des Leasings die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden geprüft und beurteilt werden. Allerdings richtet sich aufgrund des klaren Asset-Bezugs der Blick primär nach vorn, sodass weniger eine retrospektive Bonitätsanalyse als vielmehr eine das Geschäftsmodell und damit die Zukunftsaussichten würdigende Untersuchung erfolgt. Leasing-Anbieter, die über eine ausgeprägte Expertise in der Bewertung der zu finanzierenden Assets verfügen und darüber hinaus im Bedarfsfall auf verlässliche Vermarktungswege zurückgreifen können, vermögen daher den Objektbezug stärker in den Mittelpunkt bei ihrer Finanzierungsentscheidung zu stellen.

Auch bei Räuchle war diese Finanzierungsart passend, da das Unternehmen neben einem als zukunftsfähig eingeschätzten Geschäftsmodell über einen großen Maschinenpark verfügt, der größtenteils bereits im Eigentum stand. Für die sich noch in Finanzierungsverträgen befindlichen Maschinen konnte eine Einigung mit den bestehenden Finanzierern gefunden werden, sodass diese ebenfalls in die Transaktion mit der Nord Leasing eingebunden werden konnten. Durch diese Flexibilität konnte ein beachtlicher Teil der Neufinanzierung mehr oder weniger durch Innenfinanzierung dargestellt werden. Die quasi bonitätsunabhängige Finanzierungform hat die erforderlichen Spielräume eröffnet, das Unternehmen zu restrukturieren und wieder erfolgreich am Markt zu platzieren.

Von der Anfrage bis zur Genehmigung und schließlich der Auszahlung des Kaufpreises sollten im Idealfall nur wenige Wochen vergehen. Im Beispielfall umfasste die Zeitspanne von der ersten Kontaktaufnahme über die Bewertung des aus gut 1 000 Einzelobjekten bestehenden Maschinenparks, die Bonitätsanalyse und die Entscheidung bis zur Auszahlung lediglich sechs Wochen. Schon vor Jahren berichtete die Unternehmensberatung Roland Berger, dass bei etwa 60 Prozent der Unternehmenskredite zusätzliche Finanzierungsbedingungen (Financial Covenants) vereinbart werden, siehe Studie "Financial Convenants in der Unternehmensfinanzierung 2014". Solche sind bei Sale-and-lease-back-Transaktionen genauso wenig üblich wie die Vereinbarung von Zusatzsicherheiten. Die eigentliche vertragliche Struktur eines Sale-and-lease-backs erweist sich damit als einfach. Die monatlichen Leasing-Raten werden aus den erwirtschafteten Umsätzen finanziert und fließen ergebniswirksam in die Gewinn- und Verlustrechnung des Betriebs ein. Die so geschaffene Finanzierungsstruktur ist die Basis für die Fortsetzung der Unternehmensgeschichte. Die Möglichkeit, weitere Maschinen nachträglich in die Finanzierungsstruktur einzubinden, unterstreicht die Flexibilität des Finanzierungsinstruments.

Zukünftige Finanzierungsstruktur

Die gefundene Lösung war nicht nur für die initiale Neustrukturierung der Finanzierung hilfreich und konditionell angemessen. Neben der im Vordergrund stehenden Liquiditätszufuhr ließen sich weitere positive Effekte erzielen. Leasing als bilanzexterne Finanzierung trägt zur Verkürzung der Bilanzsumme und damit ceteris paribus zu einer Verbesserung der Bilanzkennzahlen und des Ratings bei. Unterstützt werden diese Effekte durch das ergebniswirksame Heben stiller Reserven. Maschinen, die bereits weitgehend oder auch komplett abgeschrieben sind, werden zu ihrem Zeitwert an die Leasing-Gesellschaft verkauft. Die dabei entstehenden Erträge aus Anlagenabgang stützen das Unternehmensergebnis und damit die Eigenkapitalausstattung. Von diesen über die reine Liquiditätsgenerierung hinausreichenden Effekte profitierte auch Räuchle durch das Wiedererlangen eines Zugangs zu weiteren Finanzierungspartnern.

Bankenunabhängige Finanzierungen werden in Zukunft eine immer größere Rolle einnehmen. Absehbar wird sich die Portfolioqualität bei vielen Banken verschlechtern, weil sich die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in schwächeren Ratings niederschlagen werden. In Kombination mit den regulatorischen Anforderungen ist zumindest nicht von einer zunehmenden Kreditvergabebereitschaft auszugehen. Mit Sale-and-lease-back lässt sich nicht nur im maschinellen Anlagevermögen gebundene Liquidität generieren, über die Hebung stiller Reserven können zudem eine Stärkung des Eigenkapitals und eine Verbesserung der Eigenkapitalquote erreicht werden. Damit stellt diese Form der Finanzierung ein wirksames Instrument dar, um auch in nicht krisengeprägten Situationen die Finanzierungsstruktur gestalten zu können.

Thomas Vinnen , Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Nord Leasing GmbH

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