NACHHALTIGKEIT

Leasing, Sharing Economy und nachhaltiges Wirtschaften

Neue Nutzungskonzepte für grünen Wandel

Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Foto: Universität zu Köln

Die Entwicklung von Konzepten für nachhaltiges Wirtschaften zählt zu den Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte. Für die Leasing-Branche ist das eine Chance. Aus der Kombination von leihen und gemeinschaftlicher beziehungsweise zirkularer Nutzung ergeben sich große Potenziale für mehr Nachhaltigkeit. Das bringt aber auch neue Anforderungen sowohl für Leasing-Anbieter als auch für Nutzer mit sich. Vertrags- und Abrechnungsmodelle müssen angepasst, die Optionen Kauf versus Leasing sorgfältig abgewogen werden. Der Beitrag vertieft diese Aspekte. (Red.)

Nachhaltiges Wirtschaften ist eines der zentralen Themen der nächsten Jahrzehnte. Es ist offensichtlich, dass der bisherige Wachstumspfad von Ressourcenverbrauch, Ausstoß umweltschädlicher Emissionen und Anfall von Abfällen nicht dauerhaft beibehalten werden kann. Wenn nachteilige Auswirkungen auf Wohlstand und Lebensqualität vermieden werden sollen, müssen neue Konzepte eines nachhaltigen Wirtschaftens entwickelt werden. Dies ist zum einen eine Herausforderung für die technologische Entwicklung neuer Produkte und Produktionsverfahren, zum anderen sind aber auch neue Nutzungskonzepte erforderlich. Hierzu kann Leasing einen entscheidenden Beitrag leisten.

Leasing und Sharing Economy

Leasing beruht auf dem Grundgedanken, dass die Nutzung eines Wirtschaftsgutes und nicht das Eigentum daran entscheidend ist. Diese Idee hat in den letzten Jahren unter dem Begriff Sharing Economy neue Popularität erlangt. Vor allem bei der Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte spielt das Konzept eine bedeutende Rolle. Beobachtet werden kann dies seit einigen Jahren bei Fahrzeugen und Fahrrädern und seit deren Zulassung auch bei E-Scootern. Durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen im Rahmen des Carsharing sinkt die Anzahl der Fahrzeuge, die benötigt werden, um den Mobilitätsbedarf zu befriedigen. Schätzungen gehen davon aus, dass jedes Carsharing-Fahrzeug im statistischen Durchschnitt vier bis acht Privatfahrzeuge ersetzt.1)

Dies senkt nicht nur den Bedarf an Ressourcen, die für die Herstellung von Fahrzeugen verbraucht werden, sondern reduziert auch die Parkplatzprobleme in den Großstädten. Jedes Carsharing-Fahrzeug bewirkt eine freiwerdende Fläche von mindestens 40 bis 80 m2 öffentlichen Straßenraumes.2) Während Fahrzeuge, die vom Eigentümer genutzt werden, durchschnittlich für 23 Stunden des Tages ungenutzt geparkt werden, sind Fahrzeuge, die gemeinsam genutzt werden, deutlich häufiger im Einsatz. Durch die intensivere Nutzung verkürzt sich bei gleichbleibender Gesamt-Kilometerleistung die in Jahren gemessene Lebensdauer. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Pkw liegt in Deutschland bei 18 Jahren.3)

Das bedeutet, es sind zahlreiche Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs, die in vielerlei Hinsicht technisch veraltet sind. Dies betrifft neben der Fahrzeugelektronik vor allem auch die zu hohen Emissionswerte der älteren Fahrzeuge, die noch in Gebrauch sind. Durch eine wesentlich intensivere Nutzung wird eine Ersatzbeschaffung in kürzeren Zeitabständen notwendig, sodass stets relativ neue, schadstoffarme Fahrzeuge gefahren werden. Damit trägt Carsharing zu einer Reduzierung des CO2 -Ausstoßes bei.

Neue Leasing-Vertragsmodelle notwendig

Leasing und Carsharing basieren zwar auf demselben Grundgedanken, dass nutzen wichtiger ist als besitzen. Darüber hinaus hat das Carsharing aber wenig gemeinsam mit dem klassischen Fahrzeug-Leasing. Die Nutzung eines geleasten Fahrzeugs unterscheidet sich derzeit kaum von der Nutzung eines gekauften Fahrzeugs, sodass die oben beschriebenen Einspareffekte noch nicht wirksam werden. Allerdings zeichnet sich ein Umbruch in der Geschäftspolitik vieler Anbieter ab. Leasing-Gesellschaften bieten zunehmend neben dem klassischen Leasing auch solche Verträge an, die verstärkt Elemente der gemeinsamen Nutzung von Objekten enthalten.

Diese Entwicklung ist nicht nur auf den Bereich des Fahrzeug-Leasings beschränkt, sondern umfasst auch die gemeinsame Nutzung von Maschinenkapazitäten. Daraus ergeben sich neue Anforderungen an die Leasing-Geber: Bei der gemeinschaftlichen Nutzung von Objekten steht weniger die Finanzierungsfunktion von Leasing im Vordergrund als vielmehr Dienstleistungen, die mit der Bereitstellung und Wartung des Objekts zusammenhängen. Das Internet der Dinge (IoT) ermöglicht die Organisation eines professionellen Wartungsmanagements. Entsprechende Angebote werden derzeit zunehmend von Leasing-Anbietern entwickelt. Die Idee einer gemein samen Nutzung von Ressourcen kann sich nur dann durchsetzen, wenn Vertragsbeziehungen komplikationslos zustande kommen. Hierfür sind Informations- und Kommunikationskanäle notwendig, die sich durch hohen Benutzerkomfort und Zuverlässigkeit auszeichnen. Auch in dieser Hinsicht haben Leasing-Gesellschaften in der Vergangenheit erhebliche Fortschritte gemacht.

Dazu erfordert die Bereitstellung von Objekten für eine gemeinsame Nutzung neue Abrechnungsmodelle. Der klassische Leasing-Vertrag mit zeitabhängigen Leasing-Raten spiegelt noch herkömmliche Leasing-Verhältnisse wider, bei denen ein Leasing-Geber das Objekt über einen längeren Zeitraum allein nutzt. Die gemeinsame Nutzung von Ressourcen setzt voraus, dass die Abrechnung nach der Inanspruchnahme des Objekts erfolgt, gemessen in Kilometern oder Maschinenlaufzeiten.

Dafür ist eine problemlose Erfassung und Übermittlung der dazu notwendigen Daten erforderlich. Auch hier kann das IoT wertvolle Hilfe leisten. Mit dem Übergang zu einer verbrauchsabhängigen Berechnung der Leasing-Raten ist auch ein Transfer von Risiken verbunden. Die Amortisation des Leasing-Objekts wird nicht mehr durch die Leasing-Raten sichergestellt. Künftig werden Leasing-Gesellschaften vermehrt Restwertrisiken sowie das Risiko des zufälligen Untergangs tragen müssen. Für Leasing-Gesellschaften sind dies nicht grundsätzlich neue Risiken, sie werden bislang aber typischerweise nicht in dem Umfang getragen, wie es künftig erforderlich sein wird.

Zirkulare Nutzung von IT-Objekten

Der Grundgedanke der Sharing Economy zielt auf die kurzfristige, zeitlich flexible Nutzung einer Ressource ab. Hierdurch kann eine bessere Auslastung erzielt werden, sodass derselbe Output mit einer geringeren Gesamtkapazität erzielt wird. Leasing kann aber auch dort einen wichtigen Beitrag zu einem nachhaltigen Wirtschaften leisten, wo klassische Leasing-Verträge über einen Zeitraum von mehreren Jahren abgeschlossen werden. Ein Beispiel hierfür ist das Leasing von IT-Equipment, ein Segment, auf das circa fünf Prozent des Leasing-Neugeschäfts entfällt. Schätzungen zufolge fallen weltweit mehr als 50 Millionen Tonnen Elektroschrott pro Jahr an. Ein erheblicher Teil davon entfällt auf IT-Equipment.4) Die wenigsten dieser Geräte, die wertvolle Rohstoffe enthalten, sind im physischen Sinne verschlissen. Der Grund für ihre Ausmusterung ist vielmehr, dass sie nicht mehr dem neuesten technischen Stand entsprechen.

Für viele dieser Geräte gibt es aber durchaus noch sinnvolle Einsatzmöglichkeiten. Nicht für jede Anwendung wird das jeweils neueste und leistungsfähigste Gerät benötigt, viele Anwendungen laufen auch problemlos auf älterem Equipment. Eine erhebliche Reduzierung des Ressourcenverbrauchs ließe sich erzielen, wenn funktionsfähige Geräte, die für anspruchsvolle Anwendungen nicht mehr nutzbar sind, an andere Nutzer mit einem einfacheren Anforderungsprofil weitergegeben werden, das heißt zirkular genutzt werden. Volkswirtschaftlich sinnvoll wäre es, wenn es einen funktionsfähigen Sekundärmarkt gäbe, auf dem gebrauchtes IT-Equipment gehandelt werden würde. Dass es einen solchen Markt nicht gibt, hat mehrere Gründe:

- Zunächst ist nicht jedem Nutzer bewusst, welche Art von IT-Ausstattung wirklich erforderlich ist. Und nicht jeder weiß, welchen Bedarf an IT-Ausstattung es bei anderen Nutzern gibt.

- Einer reibungslosen Weitergabe von Geräten steht darüber hinaus das Problem der Datensicherheit im Wege. Auf Festplatten befindliche Daten unwiederbringlich zu löschen, erfordert spezifische Fachkenntnisse.

- Und schließlich gibt es das Problem der Qualitätsunsicherheit: Der Käufer gebrauchter Güter kann sich nicht sicher sein, ob das Gerät wirklich frei ist von versteckten Mängeln.

Für alle drei Problembereiche können Leasing-Gesellschaften Lösungen anbieten:

- Diese kennen die Sekundärmärkte für gebrauchte, zu verleasende Objekte gut. Daher wissen sie, bei wem bereits genutzte Geräte noch sinnvoll einsetzbar sind. Darüber hinaus können sie Anwender beraten, durch welche Ausstattung der Bedarf an IT-Leistungen sinnvoll und ressourcensparend gedeckt werden kann.

- Auch das Problem der Datensicherheit können diese lösen. Im IT-Leasing tätige Leasing-Gesellschaften oder deren Kooperationspartner verfügen über Kompetenzen der professionellen und zertifizierten Datenlöschung.

- Des Weiteren können Leasing-Gesellschaften professionell mit dem Aspekt der Qualitätsunsicherheit umgehen. IT-Geräte werden geprüft, bevor sie weiter verleast werden.

Dabei festgestellte Mängel werden behoben. Dies geschieht schon aus ureigenem Interesse: Für nicht einwandfrei funktionierende Geräte zahlt der Leasing-Nehmer keine Leasing-Raten. Darüber hinaus würde sich eine Leasing-Gesellschaft ihren guten Ruf ruinieren, wenn sie fehlerbehaftete Geräte vermieten würde. Schließlich kann gezeigt werden, dass durch eine geschickte Konstruktion des Leasing-Vertrags das Problem der Qualitätsunsicherheit gelöst werden kann.

Formales Modell zur zirkularen Nutzung

Im Folgenden soll anhand eines formalen Modells skizziert werden, dass Leasing in solchen Situationen Vorteile bietet, in denen Nutzer unterschiedliche Anforderungsprofile an ein Objekt haben und Qualitätsunsicherheit von Bedeutung ist.5) Ein typischer Anwendungsfall hierfür ist der IT-Bereich, der seit vielen Jahren durch eine sehr dynamische Weiterentwicklung von Rechnerleistung und Speicherkapazitäten geprägt ist.

Es wird angenommen, dass sich die potenziellen Nutzer eines Objekts hinsichtlich ihres Bedarfs an der Verwendung jeweils neuester Technologie unterscheiden. Verbraucher mit einem hohen Bedarf an technologisch neuwertiger Ausstattung zeichnen sich dadurch aus, dass deren Ertrag in hohem Maße von der technischen Leistungsfähigkeit des genutzten Objekts abhängt. Ein weiteres Kriterium für den Vorteil, der mit der Nutzung eines Objekts verbunden ist, ist der Preis. Der zu zahlende Preis schmälert den Netto-Ertrag aus der Verwendung des Objekts unabhängig von dem Bedarf an hochwertiger Technologie.

Der Vorteil aus der Nutzung des Objekts wird mit U bezeichnet. Die technologische Ausstattung wird mit dem Symbol Tau parametrisiert. Für den Preis wird das Symbol P verwendet. Es gilt dann: U = U(Tau i , P). Der Index i verdeutlicht, dass sich die Nutzer dadurch unterscheiden, dass der Grad der technologischen Ausstattung unterschiedlich hohe Vorteile erbringt. Im einfachsten Fall besteht eine lineare Beziehung der Form U(Tau i , P)= Alpha i · Tau- P, wobei Alpha i den jeweils unterschiedlichen Nutzenbeitrag der Technologie symbolisiert. In dem einfachen Fall einer linearen Beziehung lässt sich der Zusammenhang zwischen Preis, technologischer Ausstattung und Nutzen einfach darstellen.

In Abbildung 1 wird angenommen, dass der Vorteil, den der Nutzer mit dem Index 2 aus dem Gebrauch des Objekts zieht, in höherem Maße von einer hochwertigen technologischen Ausstattung abhängt als dies beim Nutzer mit dem Index 1 gegeben ist. Entsprechend wird Nutzer 2 bereit sein, für ein gegebenes Niveau an technischer Ausstattung einen höheren Preis zu entrichten.

Abbildung 1: Technologische Ausstattung im Verhältnis zum Preis P Quelle: T. Hartmann-Wendels

Leasing versus Kauf

Es lassen sich nun Leasing-Verträge betrachten, die aus zwei Komponenten bestehen: Zum einen aus der Leasing-Rate, die während der Grundmietzeit zu entrichten ist, und zum anderen aus dem Ausübungspreis für eine Kaufoption. Mit V(LR) wird der Barwert der Leasing-Raten und mit POpt der Ausübungspreis der Kaufoption bezeichnet.

Eine Alternative zum Leasing ist der Kauf. Wird ein Objekt nicht geleast, sondern gekauft, so ist zu Beginn der Nutzung der Kaufpreis P Kauf zu entrichten. Während Leasing die Option beinhaltet, das Objekt nach dem Ende der Grundmietzeit zurückzugeben, hat der Käufer die Möglichkeit, das Objekt zu verkaufen. Um Leasing und Kauf vergleichbar zu machen, wird als möglicher Verkaufszeitpunkt das Ende der Grundmietzeit bei der Alternative Leasing betrachtet. Der zu erwartende Verkaufspreis wird mit P Verkauf bezeichnet.

Die finanziellen Konsequenzen der Alternativen Kauf und Leasing stellen sich damit folgendermaßen dar: Beim Leasing sind während der Grundmietzeit Leasing-Raten in Höhe von V(LR) zu entrichten. Nach dem Ende der Grundmietzeit kann das Objekt zurückgegeben werden oder zum Ausübungspreis der Kaufoption POpt erworben werden. POpt sind somit die Kosten einer Weiternutzung über die Grundmietzeit hinaus. Beim Kauf muss der Kaufpreis PKauf entrichtet werden. Aanalog zur Rückgabe des Objekts beim Leasing kann das Objekt zu einem Zeitpunkt, der dem Ende der Grundmietzeit entspricht, zum Preis PVerkauf veräußert werden. Bei der Alternative Kauf betragen die Kosten für die Nutzung des Objekts während der Zeitspanne, die der Grundmietzeit bei der Alternative Leasing entspricht, somit PKauf-PVerkauf. Die Kosten einer Weiternutzung sind PVerkauf.

Die Entscheidung über Kauf oder Leasing hängt zum einen davon ab, wie wichtig der Einsatz der jeweils neuesten Technologie für den individuellen Nutzer ist. Und wie die beiden Kostenkomponenten - Kosten während der Grundmietzeit und Kosten bei einer Weiternutzung - sich zueinander verhalten.

Abbildung 2: Kosten während Grundmietzeit und bei Weiternutzung Quelle: T. Hartmann-Wendels

Es wird angenommen, dass V(LR) < PKauf - PVerkauf und POpt > PVerkauf gilt. Leasing hat somit gegenüber dem Kauf den Vorteil, dass die Kosten während der Grundmietzeit niedriger sind als der Wertverlust des Objekts in dieser Zeitspanne. Dem steht der Nachteil gegenüber, dass der Ausübungspreis der Kaufoption über dem Wertverlust für die weitere Nutzungsdauer liegt.

Die relative Bedeutung der beiden Kostenkomponenten hängt davon ab, wie wichtig die Nutzung der jeweils neuesten Technologie ist. Verbraucher, die einen hohen Anspruch an die Technologie haben, messen dem Ausübungspreis der Kaufoption eine geringe Bedeutung bei. Denn die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass die bislang genutzte Technologie bei Ende der Grundmietzeit noch dem Bedarf entspricht. Konsumenten mit einem geringeren Anspruch an die Neuwertigkeit der Technologie dagegen nutzen mit größerer Wahrscheinlichkeit das Objekt über einen längeren Zeitraum. Das bedeutet, die Kosten in der zweiten Phase haben für diese Nutzer eine höhere Bedeutung. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 3 dar gestellt.

Abbildung 3: Kombinationen von Kosten während Grundmietzeit bei Weiternutzung Quelle: T. Hartmann-Wendels

Die abgebildeten Kurven beschreiben solche Kombinationen von Kosten während der Grundmietzeit und Kosten bei einer Weiternutzung, die dieselben erwarteten Gesamtkosten ergeben. Die Kurven weisen einen fallenden Verlauf auf, weil eine Erhöhung der Kosten für die Weiternutzung nur dann die erwarteten Gesamtkosten gleichbleiben lässt, wenn zugleich die Kosten für die Nutzung während der Grundmietzeit sinken. Ein höherer Ausübungspreis geht daher mit niedrigeren Leasing-Raten während der Grundmietzeit einher. Ähnlich verhält es sich bei der Alternative Kauf: Steigt der Wertverlust während der ersten Phase stärker, so bleiben die erwarteten Gesamtkosten nur dann stabil, wenn gleichzeitig der zu erwartende Verkaufspreis sinkt.

Die Steigung dieser Iso-Kostenkurven hängt davon ab, wie wichtig der Faktor Technologie für den Nutzer ist. Das heißt, wie wahrscheinlich eine Nutzung über den Zeitraum der Mindestleasing-Laufzeit hinaus ist. Da diese Wahrscheinlichkeit für Verbraucher mit einem hohen Anspruch an die Technologie gering ist, messen sie den Kosten einer möglichen Weiternutzung nur eine geringe Bedeutung zu. Eine Absenkung des Ausübungspreises der Option bringt diesen Verbrauchern nur geringe Vorteile. Entsprechend gering fällt die Erhöhung des Barwertes der Leasing-Raten aus, die dazu führt, dass diese Absenkung kompensiert wird. Die Iso-Kostenkurve dieser Nutzer verläuft entsprechend steil. Konsumenten mit einem geringeren Anspruch an die Neuwertigkeit der Technologie dagegen werden das Objekt mit einer höheren Wahrscheinlichkeit nicht veräußern beziehungsweise zurückgeben, sondern weiter nutzen.

Die Kosten im Falle der Weiternutzung haben für diese Nutzer daher eine größere Bedeutung, sodass geringere Kosten in der Phase der Weiternutzung durch eine höhere Kostenabsenkung in der ersten Phase kompensiert werden können. Die Iso-Kostenkurven dieser Nutzer verlaufen entsprechend flacher. Je näher die Iso-Kostenkurven zum Ursprung liegen, desto niedriger ist das von dieser Kurve repräsentierte Niveau der erwarteten Gesamtkosten, das heißt umso vorteilhafter ist die Objektnutzung.

Wenn ein Leasing-Vertrag mit den in Abbildung 3 dargestellten Eigenschaften angeboten wird, das heißt V(LR) < V(LR) < PKauf - PVerkauf und POpt > PVerkauf und POpt > PVerkauf , so werden Nutzer, die einen hohen Bedarf an neu -wertiger Technologie haben, Leasing gegenüber dem Kauf vorziehen. In Ab bildung 3 ist dies daran zu erkennen, dass die durch den Punkt ( VLR; POpt) verlaufende Iso-Kostenkurve von Nutzern mit einem hohen Bedarf an neuwertiger Technologie näher zum Ursprung liegt als die Iso-Kostenkurve, die durch den Punkt ( PKauf - PVerkauf ; PVerkauf ) verläuft. Für Nutzer mit einem geringeren Bedarf an neuwertiger Technologie verhält es sich dagegen genau umgekehrt: Da die durch den Punkt ( PKauf-PVerkauf ; PVerkauf ) verlaufende Iso-Kostenkurve näher am Ursprung liegt als die durch den Punkt ( VLR; POpt ) verlaufende Kurve, werden Konsumenten mit einem geringeren Bedarf an neuwertiger Technologie den Kauf bevorzugen. Durch eine geschickte Gestaltung der Kostenkomponenten eines Leasing-Vertrags kann erreicht werden, dass sich die Nutzer entsprechend ihres Bedarfes selbst einordnen.

Amortisation

Der oben skizzierte anreizkompatible Leasing-Vertrag hat die Eigenschaft, dass die während der Laufzeit zu entrichtenden Leasing-Raten niedriger sind als der Wertverlust, der im Zeitraum der Mindestvertragslaufzeit im Fall des Kaufes eintritt ( V(LR) < PKauf - PVerkauf ). Da zugleich die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs relativ gering ist, stellt sich die Frage, ob die Leasing-Raten und der sich daran anschließende Verkauf des Objekts aus dem Sekundärmarkt ausreichen, um die vollständige Amortisation der Anschaffung des Leasing-Objekts sicherzustellen. Wegen V(LR) < PKauf-PVerkauf erfordert eine vollständige Amortisation einen Verkaufspreis, der höher ist als PVerkauf, dem Verkaufspreis für Objekte, die zuvor nicht geleast, sondern von den Käufern selbst genutzt wurden.

Ein Verkaufspreis oberhalb von PVerkauf ist möglich, wenn Unsicherheit über die Qualität des angebotenen Objekts besteht. Werden gebrauchte Objekte angeboten, so ist für den Käufer zunächst nicht ersichtlich, ob der Veräußerungswunsch des Verkäufers auf versteckte Qualitätsmängel des Objekts zurückzuführen ist. Oder ob die Motivation für den Verkauf darin besteht, dass das Objekt nicht mehr den technologischen Anforderungen des Nutzers entspricht.

Ist das Objekt zuvor geleast worden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Verkauf nicht mit Qualitätsmängeln, sondern mit den hohen technologischen Anforderungen des vormaligen Nutzers zu tun hat, größer als wenn das Objekt von einem Käufer genutzt wurde. Leasing ist somit ein glaubwürdiges Signal für die Qualität des Objekts. Daher werden potenzielle Käufer bereit sein, für ein zuvor geleastes Objekt einen höheren Preis zu bezahlen als für ein Objekt, das zuvor vom Käufer selbst genutzt wurde. Damit kann erreicht werden, dass durch Verleasen und anschließendem Verkauf die Anschaffungskosten amortisiert werden.

Das skizzierte Modell zur zirkularen Nutzung kann erklären, dass Leasing zu einer Erhöhung der Liquidität von Sekundärmärkten beitragen kann, indem das Problem der Qualitätsunsicherheit reduziert wird. Eine höhere Liquidität der Sekundärmärkte erweist sich vor allem für solche Objekte als ressourcenschonend, die wegen technischer Überalterung von ihren Erstnutzern nicht mehr eingesetzt werden können, für die es aber noch sinnvolle Einsatzmöglichkeiten gibt. Der IT-Bereich ist hierfür ein typisches Beispiel. Neben der Reduzierung der Qualitätsunsicherheit erbringen Leasing-Gesellschaften noch weitere Leistungen, die die Liquidität des Sekundärmarktes erhöhen. Hierzu gehören Objektkompetenz ebenso wie der Aufbau einer Infrastruktur, die für den Vertrieb gebrauchter Objekte ausgelegt ist.

Nachhaltiges Wirtschaften mit Leasing

Der Beitrag sollte deutlich machen, dass Leasing auf verschiedene Weise zu einem nachhaltigen, ressourcenschonenden Wirtschaften beitragen kann. Vor allem, aber nicht nur im Bereich der Mobilität spielt die gemeinsame Nutzung von Objekten im Sinne der Sharing Economy hierbei eine wichtige Rolle. Durch die gemeinsame Nutzung werden weniger Objekte benötigt. Hinzukommt, dass durch die intensivere Nutzung die Lebenszyklen kürzer werden. Somit können neuere und damit auch schadstoffärmere Technologien eingesetzt werden. Im IT-Bereich kann Leasing dazu beitragen, dass die Mengen an Elektroschrott reduziert werden. Objekte, die zwar technisch veraltet, aber noch funktionsfähig sind, können neuen Nutzungen zugeführt werden. Damit Leasing zu einem nachhaltigen und ressourcenschonenden Wirtschaften beitragen kann, bedarf es neuer Vertragsformen. Wenn es um Sharing Economy geht, müssen Leasing-Raten nutzungsabhängig sein. Das bedeutet aber auch, dass Leasing-Gesellschaften zunehmend Restwertrisiken tragen müssen. Ähnlich verhält es sich bei dem zweiten Anwendungsbeispiel. Auch hier kann Leasing nur dann zur Erhöhung der Liquidität von Sekundärmärkten beitragen, wenn verstärkt Restwertrisiken übernommen werden.

Fußnoten

1) Vgl. Handbuch Carsharing Nordrhein-Westfalen, herausgegeben vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, 2014, S. 1.

2) Vgl. siehe FN 1.

3) Vgl. statista.com/statistik/daten/studie/316498/umfrage/lebensdauer-von-autos-deutschland/

4) Vgl. Baldé, C. P.; Forti, V.; et al.: The Global E-waste Monitor, 2017, S. 5.

5) Die folgenden Ausführungen basieren auf Hendel, I.; Lizzeri, A.: The role of leasing under adverse selection, in: Journal of Political Economy, vol. 110, 2002, S. 113-143.

UNIV.-PROF. DR. THOMAS HARTMANN-WENDELS ist seit 1999 Direktor des Seminars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre an der Universität zu Köln und außerdem geschäftsführender Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht sowie des Forschungsinstituts für Leasing.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels , Direktor, Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre, Universität zu Köln, Köln, geschäftsführender Direktor, Institut für Bankwirtschaft und Bankrecht, Forschungsinstitut für Leasing

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