LEASING

Nachhaltigkeit bei Mobilien-Leasing

Leasing-Gesellschaften kommt wichtige Rolle zu

Dr. Christoph Halstrick, Foto: Christof Mattes

Nachhaltigkeitsziele zu realisieren und mit Nachhaltigkeitsrisiken gekonnt umzugehen, gewinnt im Finanzbereich zunehmend an Bedeutung. Spätestens seitdem das Thema vor einem Jahr fester Bestandteil des Aufsichtsprozesses geworden ist. Gerade Leasing ist auf Kreislaufwirtschaft ausgelegt und punktet daher in Sachen Nachhaltigkeit. Nichtsdestoweniger müssen sich auch Leasing-Unternehmen aktiv mit Fragen der umweltfreundlichen und sozialen Ausrichtung beschäftigen. Ein Beitrag über die Besonderheiten dieser Branche, Herausforderungen und adäquate Steuerungsinstrumente. (Red.)

Das Thema Nachhaltigkeit entwickelt sich für die gesamte Finanz- und Kreditwirtschaft immer mehr vom exotischen Nebenaspekt zum obligatorischen Tun. Nachhaltigkeitskriterien in Bezug auf Umwelt und Klima, Gesellschaft sowie Unternehmensführung (Environment, Social, Governance - ESG) werden zur dritten und zentralen Säule der Finanzwirtschaft, sozusagen zwischen der Markt- oder Vertriebsseite und der Marktfolge- oder Risikoseite.

Es gibt verschiedene Treiber dieser Entwicklung. Zunächst natürlich der eigene Antrieb jedes verantwortungsbewussten Unternehmens, nachhaltig zu handeln und zu wirtschaften. Hinzu kommen exogene Faktoren, also Anforderungen und Standards der diversen Stakeholder. Dies sind neben den Anteilseignern und Investoren zuvorderst die Kunden, speziell bei Leasing-Gesellschaften zudem die Lieferanten und Hersteller der Leasing-Güter.

Und schließlich haben die Aufsichtsbehörden auf nationaler und europäischer Ebene in jüngster Zeit deutlich gemacht, dass sie den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken als festen und verbindlichen Bestandteil in ihrem Aufsichtsprozess verankern werden. Dazu hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein Merkblatt veröffentlicht. Begleitend nehmen auch die Ratingagenturen das Management von Nachhaltigkeitsrisiken in ihren Bewertungskatalog für die Bonitätsbewertung der Unternehmen auf.

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft

Selbstverständlich kann und möchte sich auch die Leasing-Branche dem Nachhaltigkeitstrend nicht entziehen. Die Leasing-Gesellschaften sind ein bedeutender Teil der Finanzwirtschaft: Seit Jahren liegt die Leasing-Quote in Deutschland - gemessen am Investitionsaufkommen - bei rund einem Viertel, mit steigender Tendenz. Und sie unterliegen ebenso wie die Banken dem Kreditwesengesetz und damit der Aufsicht durch die BaFin, die Bundesbank oder gegebenenfalls der Europäischen Zentralbank.

Leasing-Unternehmen befassen sich im Gegensatz zu den Banken jedoch deutlich intensiver und vor allem technikspezifischer mit den verleasten Objekten. Sie müssen dies auch tun, da sich deren Risiko weniger an der Bonität des Mieters festmacht als vielmehr an der Be- und Verwertbarkeit ihres Leasing-Gutes. Die Nachhaltigkeit insbesondere im technologischen Kontext ist somit für das Leasing-Geschäft geradezu systemimmanent, es ist sozusagen Teil der Leasing-DNA. Leasing verkörpert die Idee der Kreislaufwirtschaft: Anders als beim Direktkauf - mit starrer Finanzierungsstruktur und Laufzeit - erlaubt Leasing den Unternehmen wegen der Möglichkeit zur Rückgabe oder zum Austausch, ihre mobilen Assets in Intervallen durch moderne, emissionsärmere und effizientere Anlagen zu ersetzen. Damit sind sie unter Umwelt- und Klimaaspekten stets führend, zumindest state-of-the-art. Gleichzeitig werden die ausgetauschten Anlagen von den Leasing-Gebern wieder in den Wirtschaftskreislauf eingebracht, um sie entweder zu recyclen oder ihre Lebensdauer ressourcenschonend durch eine sinnvolle Weiterverwendung zu verlängern.

Weil Leasing primär auf das Asset abstellt, erfordert diese Finanzierungsform ein professionelles Restwert- und Verwertungsmanagement, welches wiederum ohne Kenntnis der Nachhaltigkeitsaspekte unvollkommen wäre. Denn die Objekte sollen ja verwertbar sein und bleiben. Das sind sie aber nicht mehr, wenn sie in fünf, zehn oder sogar zwanzig Jahren technologisch nicht mehr zulässig oder nur mit hohem Umrüstaufwand nutzbar sind. Insofern werden die zeitlichen Zielsetzungen, zum Beispiel des Pariser Klimaabkommens, speziell für die Leasing-Branche schon heute sehr greifbar.

Doch allein die Beachtung dieser systemimmanenten Nachhaltigkeit wird nicht ausreichen, um Kunden, Investoren und Aufsichtsbehörden zu überzeugen sowie den eigenen Nachhaltigkeitsansprüchen gerecht zu werden. Vielmehr müssen sich Leasing-Gesellschaften - wie andere Finanzdienstleister auch - den Nachhaltigkeitsfragen aktiv gestalterisch stellen. Das betrifft zum einen die internen Prozesse, die Unternehmenskultur und die Berichterstattung. Und zum anderen - und an der Stelle wird es gegebenenfalls kritisch - die Auswahl der Geschäftspartner und Leasing-Objekte sowie schließlich auch des Produktangebotes.

Hersteller(un)abhängige Anbieter

Die Frage nach dem konkreten operativen Vorgehen ist vielschichtig und - je nach Geschäftsmodell des Leasing-Anbieters - differenziert zu beantworten. Zu unterscheiden ist zwischen herstellernahen und unabhängigen - dann zumeist bankgebundenen - Häusern.

Bei den Hersteller-Leasing-Firmen, beispielsweise den Financial-Service-Töchtern der Autohersteller, basiert das Leasing-Angebot unmittelbar und umfassend auf dem betreffenden Produkt-Asset des sogenannten Vendors, also des Anbieters. Aus Herstellersicht dient das Leasing-Angebot in erster Linie der Absatzsteigerung, auf Kundenseite besteht überwiegend die Erwartung eines einfachen, verlockenden Angebotes. Die Leasing-Gesellschaft ist somit der verlängerte Arm des Anbieters und hat sich dessen Vertriebsinteressen anzupassen. Das muss aber keineswegs bedeuten, dass diese Gesellschaften weniger nachhaltig sind: Nachhaltigkeit und ESG-Konformität ergeben sich dann aus der Konzernstrategie des Produzenten. Das kann durchaus sogar eine Verstärkung von Nachhaltigkeitsimpulsen mit sich bringen, je nachdem wie der Wettbewerbs- und Innovationsgrad in der betreffenden Branche ist. Dies färbt unmittelbar (positiv) auf die Finanzierungstöchter und deren Produktangebot ab.

Für herstellerunabhängige Leasing-Gesellschaften stellt sich die Situation komplexer dar, jedoch auch mit erheblichen Chancen. Dort steht nicht der Absatz des Leasing-Gutes im Vordergrund, sondern der Wunsch des Kunden und Leasing-Nehmers nach einer passenden Finanzierungslösung. Vereinfacht gesagt: Im Absatz-Leasing sucht sich der Anbieter für feststehende Objekte seine Kunden, im herstellerunabhängigen Markt sucht der Kunde für sein offenes Investitionsvorhaben einen Finanzpartner. Dieser steht bei der Frage nach der Nachhaltigkeit vor der Entscheidung, das Neugeschäft unverändert zu bisher anzunehmen oder es künftig nach bestimmten Kriterien zu steuern, zu konfigurieren oder im Extremfall sogar ganz abzusagen. Aber welche Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeit hat eine objektneutrale Leasing-Gesellschaft auf die für die Nachhaltigkeitsbewertung maßgebliche Asset-Seite ihrer Kunden tatsächlich? Bleibt ihr perspektivisch nur das Schwarz-Weiß-Prinzip, also gewolltes Geschäft machen oder sonst absagen?

Zugegebenermaßen sind die direkten Einflussmöglichkeiten eines Leasing-Anbieters begrenzt und dies darf auch nicht überstrapaziert werden: Keine Leasing-Gesellschaft sollte dezidiert in den Geschäftsbetrieb und die Einzelinvestition ihrer Kunden hineinreden. Dennoch stehen den Leasing-Unternehmen einige Stellhebel zur Verfügung, auf messbar nachhaltige Investitionen ihrer Leasing-Kunden hinzuwirken. Am Ende sitzen nämlich Leasing-Nehmer und -Geber in einem Boot und sollten die gleichen Interessen verfolgen.

Restwertgestaltung als effektivstes Mittel

Das zentrale Steuerungsinstrument für mehr Nachhaltigkeit sind letztlich die Konditionen; im Leasing heißt das konkret: Restwertgestaltung, Objektbewertungen, Laufzeiten, Bepreisung. Ein wirksamer Ansatzpunkt ist die Restwerthöhe und die damit zwingend verbundene Bewertung der Zukunftsfähigkeit eines Assets sowie seiner Technologie auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaft. Niedrigere Restwerte und auch kürzere Laufzeiten führen bei den Leasing-Nehmern zu höheren Liquiditätsbelastungen. Die Leasing-Gesellschaft steuert jedoch - wie oben dargestellt - diese Parameter vor allem im eigenen Risikointeresse und verhandelt hierüber auf Augenhöhe mit ihren Kunden. Gerade die herstellerunabhängigen Leasing-Geber rücken damit näher an die eigentliche Investitionsentscheidung ihrer Kunden heran und werden nicht zwangsläufig mit bereits festgezurrten Bestellungen von Maschinen oder anderen betrieblichen Ausrüstungen konfrontiert. Darin liegt für diese Akteure eine echte Beratungschance mit der besonderen Glaubwürdigkeit, bewusst marken- und produktneutral zu sein.

Die Marktstandards im Hinblick auf die ESG-Anforderungen für alle mobilen Güter, in der aktuellen Debatte sind dies vorrangig der CO2 -Ausstoß und die Energieeffizienz, setzen am Ende die Kunden, Produzenten und Zulieferer, weniger die Finanzpartner. Jedes Leasing-Unternehmen tut gut daran, dem zu folgen, wenn es nicht eine Schieflage in seinem Portfolio bekommen will. Über das Asset reichen sich somit Leasing-Anbieter und ihre Kunden die Hände und beeinflussen unmittelbar das Nachhaltigkeitsgeschehen im Markt. Insoweit ist Leasing dem klassischen Fremdkapital, wie dem Bankdarlehen, bei der Durchsetzung von Nachhaltigkeitskriterien bei Weitem überlegen, nicht zuletzt da Restwerte im Kreditkontext praktisch keinerlei Gestaltungseinfluss geben. Den auf Nachhaltigkeit setzenden Leasing-Gebern stehen darüber hinaus weitere Instrumente zur Verfügung, das Neugeschäfts- wie Bestandsportfolio entsprechend daran auszurichten. Beim Neugeschäft kann eine aktive Vertriebsorientierung - beispielsweise auf Unternehmen aus dem Erneuerbare-Energien-Bereich oder auf solche Betriebe, die selbst Photovoltaik einsetzen - das Gesamtportfolio langfristig umsteuern. Weiterhin können klimaneutrale Produkte angeboten werden, mittels derer etwa der CO2 -Verbrauch des einzelnen Leasing-Objektes auf Betreiben des Leasing-Gebers anderweitig kompensiert wird. Im Bestandsgeschäft kann es zielführend sein, den Leasing-Nehmern Angebote zur vorzeitigen Ablösung von ESG-ungünstigen Verträgen zu machen und durch solche mit günstigeren Raten zu ersetzen. Letztlich profitieren davon beide Seiten.

Hoher Aufwand für Risikomessung

Eine Herausforderung stellt die Messbarkeit von Nachhaltigkeitsmerkmalen in einem Leasing-Portfolio dar. Eine detaillierte Betrachtung der Einzelobjekte oder gar der ESG-Aufstellung jedes einzelnen Kundenbetriebes bedeutet ohne Standards oder Beurteilungen einen erheblichen Datenbeschaffungsaufwand. Das gilt umso mehr für herstellerungebundene Anbieter mit ihren regelmäßig breitgefächerten Asset-Portfolios mit hohen Stückzahlen. Gleiches gilt für das Small-Ticket-Mengengeschäft. Gemäß Aufsicht genügt derzeit der Überblick auf das Gesamtexposure und die Identifizierbarkeit etwa nach Assetklassen und Branchen. Innerhalb der Methodenfreiheit bieten sich natürlich weitere Cluster-Bildungen an. Zumal erwartbar ist, dass die aufsichtsrechtlichen und jeweiligen konzernbezogenen Anforderungen an höhere Trennschärfe, stärkere Differenzierung und mehr Granularität auf Sicht steigen werden. Daher ist die Leasing-Branche gut beraten, mit den Herstellern, Lieferanten und Regulatoren kompatible, messbare und technisch fundierte ESG-Standards für mobile Assets zu entwickeln.

Aus finanzregulatorischer Perspektive stellt das Thema Nachhaltigkeit für Finanzinstitute ein Risiko dar. Nachhaltigkeitsrisiken sind daher im Rahmen der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) systematisch zu berücksichtigen. Oftmals gehen ESG-Risiken Hand in Hand mit anderen Risikokategorien wie Reputation und Compliance. Ein nachweislich wirksames Risikomanagement wiederum - zunehmend auch in Bezug auf Nachhaltigkeitsrisiken - hat positive Auswirkungen auf Bewertungen und Bonität von Leasing-Gesellschaften, was sich somit indirekt auf die Refinanzierungskosten auswirkt. Gerade in Zeiten enger Zinsmargen kann dies einen nennenswerten betriebswirtschaftlichen Vorteil bedeuten, der sich unmittelbar in den Leasing-Konditionen widerspiegelt.

Grundsätzlich ist zwischen den Nachhaltigkeitsrisiken bezogen auf Kunden- und auf Objektseite zu unterscheiden. Die Objektrisiken sind im Leasing-Geschäft - wie eingangs geschildert - systemimmanent und werden über Restwertprognosen konkret eingepreist. Dabei ist darauf zu achten, dass Nachhaltigkeitsaspekte adäquat und nicht etwa mehrfach negativ oder positiv eingerechnet werden. Wenn also in der Kundenbetrachtung festgestellt wird, dass das betreffende Unternehmen in seinem Geschäftsmodell und Gesamtportfolio nachhaltig gut aufgestellt ist, dann ist ein eventuell klimaschädliches, aber unvermeidbares Einzelinvestment ebenso differenziert zu beurteilen wie der umgekehrte Fall eines insgesamt noch nicht nachhaltig positionierten Betriebes mit einer nunmehr aber ESG-konformen Objektanfrage. Die Herausforderung für jede Leasing-Gesellschaft wird sein, hier die richtige Balance zu finden zwischen den eigenen Nachhaltigkeitsambitionen sowie der Wahrung der von Markt und Wettbewerb mitbestimmten Geschäftschancen.

Leasing-Branche als wesentlicher Treiber

Die Leasing-Branche wird aufgrund des systemimmanent verankerten Objektmanagements ein wesentlicher Treiber für die Transformation zu einer nachhaltigeren Wirtschaft sein. Dies zum einen über ihren Beitrag zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft und zum anderen über die auf der Asset-Seite gegebene Interessenidentität von Leasing-Geber und -Nehmer, die dazu führt, dass beide Marktteilnehmer bereits heute starke und unumkehrbare Impulse in Richtung Nachhaltigkeit setzen.

Das Aufsetzen eines systematischen Managements von Nachhaltigkeitsrisiken wird für die zumeist mittelständisch geprägte Leasing-Wirtschaft zwar eine Herausforderung, aber unumgänglich sein. Dabei sollte die Branche ihren möglichen Einfluss nicht überschätzen: Die Mittel zur direkten Beeinflussung der Investitionsentscheidungen der Kunden sind begrenzt. Eine gewisse Steuerung kann und muss jedoch indirekt über die Gestaltung der Restwerte und sonstigen Leasing-Bestandteile erzielt werden.

Leasing steht im Wettbewerb zu anderen Finanzdienstleistungen. Eine effektive Nachhaltigkeitsregulierung muss deshalb mit Augenmaß und im Gleichschritt zu Vorgaben an die anderen Akteure erfolgen. Für bankgebundene Leasing-Unternehmen gilt zumeist ein anspruchsvolles Compliance- und Nachhaltigkeitsregime ihrer Mutterkonzerne. Sofern aber die gesamte Branche die Beachtung der ESG-Konformität zuvorderst als Notwendigkeit für das Risikomanagement und als Beitrag zur eigenen positiven Marktpositionierung ansieht, sollte es keinen Wettbewerb um eine möglichst niedrige Steuerung auf diesem Gebiet geben. Die Respektierung von Nachhaltigkeit ist mit Blick auf die Gesamtwirtschaft inzwischen nicht mehr nur Pflicht, sondern zählt bereits zur Kür.

Dr. Christoph Halstrick , Leiter Mobilien-Leasing , Commerz Real Mobilienleasing GmbH, Wiesbaden
Noch keine Bewertungen vorhanden


X