LEASING

Ökonomische Auswirkungen der Pandemie

Perspektiven und Beiträge beim Leasing-Symposium

Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Foto: Universität zu Köln

2020 ist alles etwas anders. Das gilt auch für das Symposium des Forschungsinstituts für Leasing, das in diesem Jahr erstmals als Videokonferenz stattfinden musste. Am 26. November kam die Leasing-Branche digital zusammen, um getreu dem diesjährigen Motto über die ökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise aus Sicht der Wissenschaft, des Leasing-Verbandes und der Leasing-Praxis zu diskutieren. Der Präsident des Vereins zur Förderung des Forschungsinstituts für Leasing und der geschäftsführende Direktor des Instituts geben Einblicke. (Red.)

Die Corona-Pandemie hat in einem nicht für möglich gehaltenen Ausmaß Einfluss auf unser alltägliches Leben und auf die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land genommen. Das diesjährige Symposium des Forschungsinstituts für Leasing stand in zweifacher Weise unter dem Zeichen der Corona-Pandemie: Zum ersten Mal fand das Symposium nicht als Präsenzveranstaltung, sondern online als Webinar statt und das Thema des Symposiums war den Auswirkungen der Pandemie auf die Volkswirtschaft insgesamt und auf die Leasing-Branche im Besonderen gewidmet.

Prof. Dr. Monika Schnitzer, Inhaberin des Lehrstuhls für Komparative Wirtschaftsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, beschrieb zunächst die volkswirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr und die Prognose für das nächste Jahr.

Wirtschaftsleistung

Auf einen massiven Einbruch der Wirtschaftsleistung im Frühjahr folgte eine kräftige Erholung im dritten Quartal, wobei das Tempo der Erholung durch den neuerlichen Teil-Lockdown gebremst wird.

Für 2020 rechnet der Sachverständigenrat mit einem Schrumpfen des realen Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 5,1 Prozent und für 2021 wird ein Wachstum von 3,7 Prozent prognostiziert. Das Vorkrisenniveau dürfte jedoch nicht vor Anfang 2022 erreicht werden. Sämtliche Prognosen stehen unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung der Infektionszahlen und der Verfügbarkeit eines Impfstoffes. Die gesamtwirtschaftlichen Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die einzelnen Branchen sehr unterschiedlich von der Krise betroffen sind. Während alle Bereiche rund um die Digitalisierung von der Krise eher profitiert haben, mussten das Gastgewerbe, Luftfahrt, Tourismus, Kunst, Unterhaltung und Erholung teils existenzbedrohende Einbußen hinnehmen.

Umfangreiche geld- und fiskalpolitische Maßnahmen haben ebenso wie das Steuersystem, das Arbeitslosengeld und die Ausweitung des Kurzarbeitergeldes dazu beigetragen, einen noch stärkeren Absturz der wirtschaftlichen Leistung zu verhindern. Allerdings sind die Maßnahmen des von der Bundesregierung geschnürten Konjunkturpakets nicht immer zielgenau. Statt der Umsatzsteuersenkung wäre eine Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags, eine Differenzierung der Überbrückungshilfen nach Betroffenheit und eine Energiepreisreform sinnvoller gewesen.

Resilienz stärken

Für die Zukunft kommt es darauf an, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen zu erhöhen. Gefordert sind hierbei die Staaten, die ihre Haushalte konsolidieren müssen, ebenso wie die Unternehmen, die ihre Lieferketten stärker diversifizieren müssen. Zur Stärkung der Resilienz gehört auch, die langfristigen Entwicklungen nicht aus dem Blick zu verlieren. So muss der seit vielen Jahren zu verzeichnende Rückgang des Produktivitätswachstums gestoppt werden.

Neue Impulse für Wachstum und Innovation können von der Digitalisierung ausgehen. Insbesondere bei kleineren und mittleren Unternehmen, in der öffentlichen Verwaltung, im Gesundheitssystem und im Bildungsbereich gibt es erhebliche Defizite bei der Nutzung digitaler Technologien. Dabei ist gerade die Digitalisierung ein wichtiger Faktor, um die Auswirkungen einer Pandemie abzufedern. Die Ausgaben für Innovation sind auf große Unternehmen konzentriert, kleine und mittlere Unternehmen tun hier zu wenig. Darüber hinaus lässt die Qualität der Innovationen zu wünschen übrig. Unter den Patenten deutscher Unternehmen befinden sich zu wenige Breakthrough-Patente.

Auch der Klimaschutz ist ein wichtiger Faktor zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit. Gefordert ist hier eine Veränderung in der Energiepolitik, die nicht länger den Strom als Energieträger durch hohe Steuern und Abgaben benachteiligt. Sinnvoller wäre stattdessen, den CO2 -Preis zu erhöhen. Schließlich müssen wir uns auch den Herausforderungen des demografischen Wandels stellen. Ohne eine Kopplung des Renteineintrittsalters an die Entwicklung der Lebenserwartung werden die sozialen Sicherungssysteme künftig überlastet sein.

Covid-19 und Leasing

Dr. Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Leasing-Unternehmen e. V. (BDL), zeigte auf, welche Konsequenzen die Corona-Krise für die Leasing-Branche hat. Nachdem das Neugeschäft in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen ist, setzte im Frühjahr 2020 ein massiver Einbruch bei dem Volumen der neu angeschafften Leasing- und Mietkaufobjekte ein. Für 2020 erwartet der BDL einen Rückgang des Neugeschäfts im Bereich von zehn Prozent bis 20 Prozent, wobei es branchen abhängig deutliche Unterschiede gibt.

Mit Beginn des Lockdowns stiegen die Stundungsanfragen und die Rücklastschriften an. Die Leasing-Unternehmen reagieren darauf mit einem Hochfahren der Risikovorsorge, obwohl Ausfälle von Leasing-Nehmern bislang noch gering sind. Bei der Kreditvergabe der Banken gab es bislang Dank staatlicher Stützungsmaßnahmen noch keine Engpässe, aber es ist zu erwarten, dass die Banken künftig die Kreditvergabe restriktiver gestalten werden. Staatliche Stützungsmaßnahmen haben sich als hilfreich erwiesen, das Investitionsklima zu stabilisieren.

Die Corona-Pandemie hat den Blick auf die fundamentalen Themen wie Demographie, Digitalisierung und Dekarbonisierung verändert. So wird der Kontakt zu den Kunden digitaler werden, die Abkehr von der Nutzung fossiler Brennstoffe wird die Art der Leasing-Objekte nachhaltig verändern. Neue Nutzungskonzepte sowie neue Verwertungsstrategien für gebrauchte Objekte werden in dem Maße, in dem Themen wie Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung in den Vordergrund rücken, an Bedeutung gewinnen.

Mobiles Arbeiten

Michael Mohr, Sprecher der Geschäftsführung der Abcfinance GmbH, berichtete darüber, wie sein Haus auf die Konfrontation mit der Corona-Pandemie reagiert hat. Die für Krisenfälle vorhandenen Notfallpläne erwiesen sich für eine Pandemie als ungeeignet. Um schnell reagieren zu können, wurde ein Krisenstab gebildet, dessen dringliche Aufgaben darin bestanden, die Arbeitsorganisation auf Mobile Office umzustellen, die IT-Infrastruktur auszubauen und alle An gestellten mit mobilen Endgeräten zu versorgen sowie Sofortmaßnahmen zur Ergebnisabsicherung zu entwickeln.

Der Kontakt zu Kunden und Geschäftspartnern änderte sich radikal. Persönlich gestaltete Kontakte mussten plötzlich digital stattfinden. Für die durch die Krise in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Kunden wurden individuelle Stundungsvereinbarungen getroffen und sie wurden bei der Beantragung von staatlichen Hilfsmitteln unterstützt. Um diesen Service zu gewährleisten, wurden Mitarbeiterkapazitäten umverteilt und Mitarbeiter in kürzester Zeit geschult. Durch einen wöchentlichen Bericht über die aktuelle Geschäftsentwicklung in der Corona-Krise wurde sichergestellt, dass auch Aufsichtsrat, Gesellschafter und Bankenaufsicht einen umfassenden Einblick in die Ertrags- und Risikosituation des Unternehmens erhielten.

Die Corona-Krise wird sowohl die interne Organisation als auch die Schnittstelle zum Kunden nachhaltig verändern. Durch die Entwicklung eines flexiblen Arbeits- und Raumkonzepts wird sichergestellt, dass die Kerngeschäftsaktivitäten auch während einer Pandemie aufrechterhalten werden. Elemente dieser Strategie sind die Kapselung einzelner Bereiche zur Reduktion von Ansteckungsgefahren, eine Neuorganisation der Arbeitsplatzgestaltung, ein Ausbau der technischen Infrastruktur und die Schaffung einer Open-Work-Fläche zum Erhalt der sozialen Kontakte. Die Herausforderung für die Zukunft lautet: Führen und arbeiten auf Distanz. Ziel muss es sein, Leasing-Verträge vollständig online, rund um die Uhr und papierlos abzuwickeln.

In der anschließenden Diskussion kam die Frage auf, worin sich die gegenwärtige Krise von der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/2009 unterscheidet. Die einhellige Antwort war, dass es sich diesmal nicht um eine ökonomisch verursachte Krise handelt. Das eröffnet die Chance auf eine schnelle wirtschaftliche Erholung, wird aber gleichzeitig die Art und Weise, wie wir leben und wirtschaften, nachhaltiger beeinflussen als die Wirtschaftskrisen vergangener Jahre.

UNIV.-PROF. DR. THOMAS HARTMANN-WENDELS ist seit 1999 Direktor des Seminars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre an der Universität zu Köln und außerdem geschäftsführender Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht sowie des Forschungsinstituts für Leasing.E-Mail: hartmann-wendels[at]wiso.uni-koeln[dot]de
DR. MARTIN STARCK ist Präsident des Vereins zur Förderung des Forschungsinstituts für Leasing an der Universität zu Köln. Der frühere Sprecher der Geschäftsführung der LBBW Leasing GmbH ist Rechtsanwalt und Of Counsel bei Kleiner Rechtsanwälte in Stuttgart.E-Mail: mstarck[at]kleiner-law[dot]com
Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels , Direktor, Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre, Universität zu Köln, Köln, geschäftsführender Direktor, Institut für Bankwirtschaft und Bankrecht, Forschungsinstitut für Leasing
Dr. Martin Starck , Rechtsanwalt und Of Counsel , Kleiner Rechtsanwälte, Stuttgart

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