RECHT

Prüferrotation für den Mittelstand

Änderungen für Leasing- und Factoring-Unternehmen

Karl-Heinz Brosent, Foto: privat

Durch die Insolvenz eines privaten Rezeptabrechners und den Skandal um einen börsennotierten Finanzdienstleister im vergangenen Jahr hat sich der Druck auf die Politik verschärft. In der Konsequenz wurden im Juni 2021 zwei neue Gesetze verabschiedet. Während die Vorgaben durch das Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz relativ mild sind, hat es das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz in sich. Ab 2022 muss der Abschlussprüfer spätestens nach zehn Jahren gewechselt werden. Unternehmen sollten auf die bis zum Jahresende 2021 geltenden Übergangsregelungen achten. (Red.)

Seit Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2009 stehen Leasing- und Factoring-Unternehmen unter der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und sind als Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des § 1 Absatz 1a Nummer 9 beziehungsweise 10 des Kreditwesengesetzes (KWG) nach § 340k des Handelsgesetzbuches (HGB) prüfungspflichtig.

Nicht zuletzt durch die maßvolle Anwendung der aus dem Jahressteuergesetz 2009 resultierenden Vorschriften und der BaFin-Verlautbarungen, wie zum Beispiel den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (Ma-Risk) und den Bankaufsichtlichen Anforderungen an die IT (BAIT), dürfte das vergangene Jahrzehnt für die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen aufsichtsrechtlich in der Regel in relativer Ruhe verlaufen sein.

Zunehmender Handlungsdruck auf Politik

Der Zusammenbruch eines Factoring-Unternehmens im Gesundheitsbereich in der zweiten Jahreshälfte 2020, in dessen Folge etliche Apotheken in ernste Schwierigkeiten gekommen sind, hat den Handlungsdruck auf die Politik verstärkt. Der Wirecard-Skandal hat dies zusätzlich verschärft. Die verantwortlichen Politiker haben auf die Zusammenbrüche mit zwei am 3. Juni 2021 verabschiedeten Gesetzen reagiert: dem Gesetz zur begleitenden Ausführung der Verordnung (EU) 2020/1503 und der Umsetzung der Richtlinie EU 2020/1504 zur Regelung von Schwarmfinanzierungsdienstleistern (Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz) und anderer europarechtlicher Finanzmarktvorschriften sowie dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz, kurz FISG).

Als für die Leasing- und Factoring-Unternehmen wohl noch zu verschmerzende Maßnahme dürfte die Änderung des KWG durch das "Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz" sein: Hiernach verlangt § 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 KWG, dass (nun auch) Leasing- und Factoring-Unternehmen mindestens zwei (hauptberufliche) Geschäftsleiter haben müssen. Diese Verpflichtung tritt erst am 1. Januar 2024 in Kraft, dürfte aber bei vielen Häusern bereits zum jetzigen Zeitpunkt erfüllt sein.

In ihrer "Unterrichtung zum Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz" (Bundestagsdrucksache 19/27410) begründet die Bundesregierung diese Verschärfung wie folgt: "Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass das Vier-Augen-Prinzip (und damit zwei Geschäftsführer) einen wesentlichen Beitrag für einen besseren Schutz vor Manipulationen und Betrugsfällen bei Leasing- und Factoringinstituten darstellt. Leasing- und Factoringinstitute mit nur einem Geschäftsleiter zeigten in den vergangenen 15 Jahren im Vergleich zu Leasing- und Factoringinstituten mit zwei Geschäftsleitern eine signifikant höhere Anfälligkeit gegenüber Betrug und Manipulationen."

Entscheidungsmatrix Prüferbestellung Quelle: Greis & Brosent GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Wechsel der Prüfer wird Pflicht

Weitaus einschneidender sind die Neuregelungen durch das FISG, mit dem in § 28 Absatz 1 Satz 3 KWG nun für Leasing- und Factoring-Unternehmen erstmalig eine faktische Prüferrotation eingeführt worden ist. Damit gelten bald schärfere Regeln für die Wahl des Abschlussprüfers: "Die Bestellung eines anderen Prüfers ist in der Regel zur Erreichung des Prüfungszwecks geboten, wenn ein Institut, das kein Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 Nummer 1 oder 2 des Handelsgesetzbuchs ist, der Bundesanstalt für mindestens elf aufeinanderfolgende Geschäftsjahre denselben Prüfer angezeigt hat." Eine derartige Verpflichtung hat es bisher nicht gegeben.

In der Gesetzesbegründung wird auf diese neue Verpflichtung mit der Abschaffung der Höchstlaufzeit auf bis zu 24 Jahre für die Bestellung desselben Wirtschaftsprüfers unter anderem bei kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften lediglich formal hingewiesen; damit wird gleichzeitig ein Gleichlauf mit den Pflichten zur externen Rotation wie bei Kreditinstituten und Versicherungen erzielt. Factoring- und Leasing-Unternehmen waren vor der Gesetzesänderung explizit von dieser maximalen Höchstlaufzeit ausgenommen.

Der Grund erscheint - wie bei der notwendigen Bestellung eines zweiten Geschäftsführers - eher in der Insolvenz eines Factoring-Institutes aus dem Gesundheitsbereich zu liegen. Es hatte ausweislich eines Artikels der DAZ.online vom 20. November 2020 "...innerhalb [einer] Unternehmensgruppe seit 'geraumer Zeit' finanzielle Unregelmäßigkeiten gegeben." Des Weiteren wird in dem Beitrag ausgeführt, dass durch einen Prüferwechsel Fehler in der Bilanzierungspraxis dieses Instituts festgestellt wurden.

Daraus schließt der Gesetzgeber offenbar, dass - jedenfalls bei systemrelevanten Finanzdienstleistungsinstituten - eine planmäßige Rotation des Abschlussprüfers ein probates Mittel ist, vergangene Fehler und sonstige Unregelmäßigkeiten aufzudecken und der Gefahr einer zu großen Nähe der Abschlussprüfer zu dem geprüften Unternehmen entgegenzuwirken.

Gesetzestechnisch wird an die Ermächtigung der BaFin angeknüpft, gegebenenfalls einen anderen als den ihr - unverzüglich nach dessen Bestellung durch das Institut - angezeigten Abschlussprüfer zu bestellen. Die BaFin kann dann innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Anzeige die Bestellung eines anderen Prüfers verlangen, wenn dies zur Erreichung des Prüfungszwecks geboten ist. Die Zwei-Monats-Regelung resultiert aus der Änderung des § 28 Absatz 1 Satz 2 KWG durch das FISG; bisher betrug die Frist einen Monat.

Die BaFin veröffentlichte am 13. Juli 2021 ihre Auffassung zur Gesetzesänderung aufgrund des FISG unter dem Titel "Abschlussprüferwechsel Laufzeitbeschränkung: Was Unternehmen beachten müssen". Danach "[...] ist in der Regel der Prüfungszweck der Abschlussprüfung künftig als gefährdet anzusehen, wenn zum mindestens elften Geschäftsjahr in Folge derselbe Prüfer die Abschlussprüfung vornimmt".

Die Regelung tritt mit Wirkung zum 1. Januar 2022 in Kraft. Bezugspunkt der Erstanwendung ist nach der Auffassung der BaFin die Anzeige des Instituts gegenüber der BaFin. Die BaFin hat bei ihrer Entscheidung das dann geltende Recht anzuwenden. Gehen die Anzeigen (erst) zum Jahresende 2021 ein und endet die Zweimonatsfrist der Ba-Fin 2022 "[...] sieht es die BaFin als vertretbar an, ihren engen Ermessensspielraum für den Teil der Anzeigen zu nutzen, die sie nicht mehr bis Ende 2021 bearbeiten kann. Sie wird für diese Anzeigen ausnahmsweise keine Neubestellung eines anderen Abschlussprüfers allein auf Basis der Neuregelung verlangen. Das gilt jedoch nicht, wenn der angezeigte Abschlussprüfer für ein Geschäftsjahr bestellt wurde, das nach dem 31. Dezember 2021 beginnt."

Zügige Bestellung

Durch diese faktische Rotationspflicht ist die BaFin in aller Regel daran gehindert, der Wahl des bislang tätigen Wirtschaftsprüfers nach zehn Jahren ununterbrochener Abschlussprüfungstätigkeit für einen Mandanten zuzustimmen. Für Leasing- oder Factoring-Unternehmen, deren Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, ist mit der gesetzeskonformen Anzeige bei der BaFin nach § 28 Absatz 1 Satz 1 KWG - also spätestens bis zum Jahresende 2021 - sichergestellt, dass eine Ablehnung des langjährigen Abschlussprüfers für die Prüfung des Jahresabschlusses 2021, jedenfalls wegen der Gesetzesänderung durch das FISG, vermieden wird.

Um ganz sicherzugehen, empfiehlt es sich, die Anzeige der Bestellung des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2021 an die BaFin möglichst schnell, also bis Ende November/Anfang Dezember 2021 zu erstatten. Relevant ist die zügige Bestellung daher vor allem für Unternehmen mit abweichendem Stichtag. Sofern eine Bestellung erst im Jahr 2022 erfolgt, hat die BaFin die neue Vorschrift anzuwenden und den Prüfer der "ersten Stunde" abzulehnen (siehe Abbildung).

Eigeninitiative ergreifen

Es bietet sich an, die verbleibende Zeit zu nutzen, um einen passenden Abschlussprüfer für die nächsten Jahre zu suchen. Sicherlich sind die Verbände gerne bereit, einen Kontakt zu einem geeigneten Abschlussprüfer herzustellen oder veröffentlichen gegebenenfalls sogar auf ihren Homepages ein Verzeichnis von Wirtschaftsprüfern, die Prüfungen von Jahresabschlüssen von Factoring- oder Leasing-Unternehmen durchführen. Auch die Wirtschafsprüferkammer bietet auf ihrer Website eine Möglichkeit, Abschlussprüfer nach Branchen zu suchen. Darüber hinaus können Erfahrungen von Mitbewerbern mit "ihrem" Prüfer eine wertvolle Hilfe für die Wahl eines neuen Prüfers sein. Gerade Prüfer, die ein Verständnis für die Besonderheiten von in der Regel eigentümergeprägten kleinen und mittelständischen Unternehmen haben, sind schwer zu finden. Auch die laufenden Änderungen im Aufsichtsrecht und im Haftungsregime der Wirtschaftsprüfer tragen dazu bei, dass sich immer mehr Wirtschaftsprüfer aus der Prüfung von Finanzdienstleistern zurückziehen dürften.

Infobox Falls Sie Ihren bisherigen Abschlussprüfer nach einer zehnjährigen Bestellung auch (letztmalig) im elften Jahr wählen möchten, sollten Sie das möglichst bald (spätestens bis Anfang Dezember 2021) tun und unmittelbar der BaFin die entsprechende Anzeige erstatten.

Fußnoten

1) Gesetz zur begleitenden Ausführung der Verordnung (EU) 2020/1503 und der Umsetzung der Richtlinie EU 2020/1504 zur Regelung von Schwarmfinanzierungsdienstleistern (Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz) und anderer europarechtlicher Finanzmarktvorschriften vom 3.6.2021 Artikel 30 Abs. 5.

2) https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/11/20/wer-fuehrte-avp-in-die-pleite/chapter:1

Karl-Heinz Brosent , geschäftsführender Gesellschafter der Greis & Brosent GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Bernd Walter , geschäftsführender Gesellschafter der Greis & Brosent GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

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