Die Registrierung und Aufsicht im Bereich der Inkassodienstleistungen

Überblick und Status quo

Kay Uwe Berg

Kay Uwe Berg, Daniela Gaub - Dieser Beitrag befasst sich zunächst mit den Registrierungsvoraussetzungen für Inkassodienstleister und nimmt das Registrierungsverfahren mit (Haupt-)Niederlassung in Deutschland in den Blick. Im zweiten Abschnitt folgen Erläuterungen zu möglichen Aufsichtsmaßnahmen im Bereich der Inkassodienstleistungen, einschließlich zur aktuellen Aufsichtslandschaft und -situation. Mit Blick auf bestehende Probleme mit "Fake-Zahlungsaufforderungen" halten die Autoren eine effektive und transparente Aufsicht für dringend erforderlich.

 

Wer Inkassodienstleistungen anbietet, zieht "fremde (...) oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene (...) Forderungen ein, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird" - so ist es § 2 Abs. 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes1) (RDG) seit Inkrafttreten am 1. Juli 2008 zu entnehmen.

Mit dieser Tätigkeit unterstützen Inkassounternehmen den gesamten Wirtschaftskreislauf: Inkassounternehmen bieten ihren Auftraggebern umfassende Beratung und Services an, damit diese ihre Liquidität nicht verlieren und weiterhin am Wirtschaftsleben teilhaben können. Wegen ihres rechtlichen Knowhows, der kaufmännischen Expertise und dem psychologischen Fingerspitzengefühl sowohl für Mahn- und Verhandlungsaktivitäten im außergerichtlichen Bereich als auch für die Titulierung im gerichtlichen Mahnverfahren gelten Inkassodienstleister damit als prädestinierte Ansprechpartner für Forderungsgläubiger. Als Rechtsdienstleister unterstützen Inkassounternehmen unter anderem Handwerk, Handel, die Dienstleistungswirtschaft und öffentliche Auftraggeber beim Forderungsmanagement. Dabei ist eine behördliche Registrierung unabdingbar.

Unter welchen Voraussetzungen eine Registrierung als Inkassodienstleister erfolgen kann, bestimmt das RDG. Es gibt daher nicht nur die Definition für den Begriff der Inkassodienstleistung vor, sondern es regelt die Befugnis als solche, außergerichtliche Rechts- und somit Inkassodienstleistungen zu erbringen und stellt damit klar, mit welchen Anforderungen und unter welcher Aufsicht eine solche Dienstleistung erbracht werden kann.

Registrierung als Inkassodienstleister

Jeder der Inkassodienstleistungen anbieten möchte, dazu gehören sowohl natürliche als auch juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, muss sich bei der für ihn zuständigen Registrierungs- beziehungsweise Aufsichtsbehörde2) als Inkassodienstleister gemäß § 13 Abs. 1 RDG registrieren lassen. Ohne Registrierung erlaubt § 6 RDG nur unentgeltliche Rechtsdienstleistungen. Dies gilt zudem nur für den familiären oder nachbarschaftlichen Bereich beziehungsweise bei ähnlich engen persönlichen Beziehungen. Über diesen Kreis hinaus bedarf selbst eine unentgeltliche Rechts- und somit auch Inkassodienstleistung der Anleitung einer Person mit der Befähigung zum Richteramt, eines Volljuristen also, oder die Dienstleistung muss eben von einer Person durchgeführt werden, der diese Tätigkeit - wenn sie entgeltlich erbracht wird - gemäß RDG erlaubt ist. In den meisten Fällen, in denen es um die Einziehung einer ausstehenden Forderung geht, muss somit eine Registrierung als Inkassodienstleister erfolgen.

Voraussetzungen der Registrierung

Dabei steht nicht jedem der Weg offen, sich als Inkassodienstleister zu registrieren. Es bedarf gemäß § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 RDG besonderer Sachkunde, um Rechtsdienstleistungen im Bereich der Inkassodienstleistungen erbringen zu dürfen. Sachkunde muss der Antragsteller dabei sowohl in theoretischer als auch in praktischer Hinsicht nachweisen. § 11 Abs. 1 RDG macht es jedenfalls erforderlich, dass Kenntnisse des bürgerlichen Rechts, des Handels-, Wertpapier- und Gesellschaftsrechts, des Zivilprozessrechts einschließlich des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts sowie des Kostenrechts beim Antragsteller vorliegen. Es bedarf im Bereich der Inkassodienstleistungen neben allgemeinen Rechtskenntnissen auf dem Gebiet der Forderungseinziehung dieser weiteren besonderen rechtlichen Sachkunde, um im Einzelfall sich ergebende rechtliche Auswirkungen richtig einordnen und die eigenen Auftraggeber vor Schaden bewahren zu können.3)

Die theoretische Sachkunde kann gemäß § 2 Abs. 1 der Rechtsdienstleistungsverordnung4) (RDV) durch die Vorlage eines Zeugnisses über einen erfolgreich abgeschlossenen Sachkundelehrgang nachgewiesen werden, der gemäß § 4 Abs. 1 RDV mit insgesamt mindestens 120 Zeitstunden durchgeführt worden sein muss. Als wichtigster Anbieter dieses Lehrgangs gilt die Deutsche Inkasso Akademie GmbH.5) Daneben ist es aber unter anderem möglich, durch Vorlage des ersten juristischen Staatsexamens die theoretische Sachkunde nachzuweisen.

Die praktische Sachkunde lässt sich vor allem mit entsprechenden Nachweisen belegen: Arbeitszeugnisse über eine mindestens zwei Jahre unter Anleitung erfolgte Berufsausübung oder praktische Berufsausbildung. Außerdem wird gemäß § 3 Abs. 1 RDV die praktische Sachkunde für denjenigen angenommen, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, der also das zweite juristische Staatsexamen erfolgreich absolviert hat.

Da Inkassounternehmen fremde Vermögensinteressen betreuen, knüpft der Gesetzgeber zum Schutz des Auftraggebers darüber hinaus aber noch weitere, in § 12 Abs. 1 RDG bestimmte Voraussetzungen an die Registrierung. Neben dem Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 250 000 Euro für jeden Versicherungsfall (entsprechend der Regelung für Rechtsanwälte in § 51 der Bundesrechtsanwaltsordnung6) , BRAO) muss der Antragsteller, der die Zulassung als Inkassodienstleister anstrebt, als persönlich geeignet und zuverlässig gelten. Das Gesetz gibt zu Letzterem negative Regelbeispiele, indem es aufzählt, wann die Zuverlässigkeit eines Antragstellers regelmäßig fehlt: Dies trifft zu, wenn der Antragsteller wegen eines Verbrechens verurteilt wurde oder wenn seine Vermögensverhältnisse ungeordnet sind. Das heißt vor allem, wenn über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist oder er im Schuldnerverzeichnis (§ 882b ZPO) steht.

Person des Antragstellers und Antragsform

Beantragt eine natürliche Person, ein Einzelunternehmer, die Registrierung als Inkassodienstleister, so muss er alle erwähnten Voraussetzungen erfüllen. Dass eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit keine Nachweise über die theoretische und praktische Sachkunde vorweisen kann, liegt in der Natur der Sache. Für diese Fälle regelt § 12 Abs. 4 RDG allerdings: Diese Personenvereinigungen müssen mindestens eine natürliche Person benennen, die alle nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 und 2 RDG erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Diese "qualifizierte Person" muss also persönlich geeignet und zuverlässig sein sowie die theoretische und praktische Sachkunde nachweisen können. Die qualifizierte Person muss in dem Unternehmen dauerhaft beschäftigt sein, darf nicht weisungsgebunden arbeiten und muss weisungsbefugt sowie zur Vertretung nach außen berechtigt sein.

Damit ist erkennbar: Inkassodienstleistungen können nicht "einfach so" im Nebengeschäft einiger Unternehmen erbracht werden. Da es sich um eine Rechtsdienstleistung und nicht lediglich um eine kaufmännische Tätigkeit handelt, bedürfen sie stets einer Registrierung (die in § 6 Abs. 1 RDG aufgeführten Ausnahmen unberücksichtigt lassend).

Gemäß § 6 Abs. 1 RDV sind die Registrierungsanträge schriftlich oder elektronisch zu stellen. Welche Unterlagen/Anlagen der Antrag7) verlangt, ergibt sich direkt aus § 13 Abs. 1 RDG. Die Bearbeitung eines Registrierungsantrags kann bis zu drei Monate dauern, so ist es § 13 Abs. 2 RDG zu entnehmen.

Mit Erteilung der Registrierung als Inkassodienstleister erhält das Inkassounternehmen aber keinen "Freifahrtschein". Auch und gerade nach der Registrierung muss der Dienstleister weiterhin die zum Zeitpunkt der Registrierung erforderlichen Anforderungen erfüllen. Fallen diese im Laufe der Zeit weg, obliegt es der Registrierungsbehörde, die zugleich als Aufsichtsbehörde agiert, entsprechende aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Diese ergeben sich vor allem aus § 13a und § 15b RDG.

Auch wenn bereits vor Inkrafttreten dieser Vorschriften am 9. Oktober 2013 die Aufsicht über Inkassodienstleister im RDG vorgesehen war, die schon zuvor Aufsichtsmaßnahmen durch die Aufsichtsbehörden ermöglichten, so wurden damit klarstellende Regelungen eingeführt, die den Behörden nunmehr deutlich mehr Handlungsoptionen vorgeben.

Aufsichtsmaßnahmen

Die Aufsichtsbehörde kann den Betrieb eines Inkassounternehmens vorübergehend ganz oder teilweise untersagen, wenn begründete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Registrierungsvoraussetzung (§ 12 Abs. 1 RDG) weggefallen ist oder erheblich oder dauerhaft gegen Pflichten verstoßen wird; das regelt § 13a Abs. 3 RDG. Die Begründung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags zur Einführung dieser Vorschrift weist aber darauf hin, dass bei weniger schweren Verstößen eine Untersagung regelmäßig nur dann in Betracht kommt, wenn die rechtswidrige Praxis trotz vorheriger Hinweise und Auflagen nicht abgestellt wird und somit beharrlich erfolgt.8) Da aufgrund des verwaltungsrechtlichen Charakters der Registrierung als Inkassodienstleister die Regelungen und Grundsätze des Verwaltungsrechts zu berücksichtigen sind, kommt aber eine solche Maßnahme nur in Betracht, sofern der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet und eingehalten wird. Vor einer Untersagung muss es also regelmäßig zu einer Kontaktaufnahme und Hinweisen der Aufsichtsbehörde kommen, um dem Inkassodienstleister die Möglichkeit zu eröffnen, die Verstöße einzustellen beziehungsweise diesen abzuhelfen.

Mit § 13a Abs. 2 RDG wird darüber hinaus klargestellt: Die Aufsichtsbehörde kann insbesondere Auflagen nach § 10 Abs. 3 Satz 3 anordnen oder ändern. Die Auflagenerteilung war allerdings bereits vor Inkrafttreten des § 13a RDG gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 RDG und § 36 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes9) (VwVfG) als aufsichtsrechtliches Mittel vorgesehen, da es sich bei dem Registrierungsverfahren um ein verwaltungsrechtliches Verfahren handelt und Auflagen innerhalb dessen als Nebenbestimmung stets möglich sind.

Ein Hauptgrund für eine explizite Regelung im RDG war sicher die scharfe Kritik des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e. V. (BDIU)10) und der Verbraucherschützer am zurückhaltenden und teilweise falschen Vorgehen der Aufsichtsbehörden. Einige Behörden hatten vor Inkrafttreten des § 13a RDG von ihren Maßnahmemöglichkeiten, die milder als der Widerruf der Registrierung sind, wenig bis gar keinen Gebrauch gemacht. Dies wurde insbesondere deutlich an dem Fall, in dem es um den Widerruf der Registrierung der Deutschen Zentral Inkasso GmbH (DOZ) ging. Hier hatte die zuständige Registrierungsbehörde, das Kammergericht Berlin, den Widerruf der Registrierung angeordnet.

Das Verwaltungsgericht Berlin, das aufgrund der von der DOZ eingelegten Anfechtungsklage zu entscheiden hatte, urteilte am 25. August 2011, dass der Widerruf rechtswidrig war (Az.: VG 1 K 5.10). Die Präsidentin des Kammergerichts habe es nach Begründung des Verwaltungsgerichts unterlassen, vor dem Widerruf zunächst ein milderes, weniger stark in das Grundrecht auf Berufsfreiheit der DOZ eingreifendes Mittel, etwa eine Auflage, zu prüfen. Mit dem neu eingeführten § 13a Abs. 2 RDG wird dies somit nochmals klarstellend hervorgehoben.

Aufsichtslandschaft

Warum aber kommt es auch heute noch zu solchen Unstimmigkeiten und fehlerhaften Vorgehensweisen im Rahmen der Aufsicht über Inkassodienstleister? Die Aufsicht über die registrierten Inkassounternehmen obliegt, ebenso wie die Registrierung, nicht typischen Verwaltungsbehörden, die sich originär und ausschließlich mit verwaltungsrechtlichen Aufgaben befassen. Als Registrierungs- und Aufsichtsbehörde agieren, je nach Bundesland, sämtliche Amts-, Land- oder Oberlandesgerichte.11) Das heißt, die Zivilgerichtsbarkeit entscheidet über verwaltungsrechtliche Fragestellungen. Dass dies zu Schwierigkeiten führen kann, dürfte auf der Hand liegen; die Praxis zeigt dies jedenfalls eindeutig.

Insgesamt gibt es in Deutschland derzeit 58 Registrierungs-/Aufsichtsbehörden. Während beispielsweise in Schleswig-Holstein die Zuständigkeit beim Oberlandesgericht (OLG) als einzelner Behörde liegt und in Baden-Württemberg lediglich drei Behörden für die Aufsicht zuständig sind, trifft dies in Bayern auf 24 Amts- und Landgerichte zu. Für letztgenanntes Bundesland bedeutet dies eine erhebliche Zersplitterung der Aufsichtslandschaft.

Nicht nur fehlen vielen aufsichtführenden Zivilgerichten im gesamten Bundesgebiet wegen ihrer naturgemäß zivilrechtlichen Ausrichtung oftmals vertiefte Kenntnisse im Bereich der verwaltungsrechtlichen Aufsichtsmaßnahmen. Regelmäßig reichen aber auch die entsprechenden personellen Kapazitäten nicht aus beziehungsweise sind absurd niedrig bemessen.12) Es wird daher nur verhalten oder gar nicht geprüft und agiert. Teilweise kommt es innerhalb derselben Region bei Zuständigkeit mehrerer Gerichte zu sehr unterschiedlichen Vorgehensweisen. Dies steht einer effektiven und transparenten Aufsicht diametral entgegen und macht eine wirkungsvolle Vorgehensweise gegen immer wiederkehrende schwarze Schafe im Inkassobereich so gut wie unmöglich.

Und daran ändern auch die seit Herbst 2013 geltenden § 13a und § 15b RDG leider nichts. Zwar regelt § 13a Abs. 4 RDG ergänzend zu den bereits dargestellten aufsichtsrechtlichen Maßnahmen außerdem noch Betretungs-, Besichtigungs- und Auskunftsrechte der Aufsichtsbehörde und § 15b RDG bestimmt, dass der Betrieb eines Unternehmens von den Aufsichtsbehörden verhindert werden kann, wenn unter anderem keine Registrierung trotz Erbringung von Rechtsdienstleistungen vorliegt. Jedwede Aufsicht kann aber nur dann funktionieren, wenn der dahinterstehende Apparat über entsprechende Kenntnisse und Kapazitäten verfügt.

Dies wäre möglich, indem die Aufsicht über Inkassounternehmen in jedem Bundesland auf ein Gericht konzentriert würde. Eine Gesetzesänderung wäre dafür nicht nötig, die Länder könnten dies im Zuge ihrer Justizverwaltungshoheit tun.13) Noch besser, allerdings nur per Gesetzesänderung zu erreichen, wäre eine eigene Landes- oder Bundesbehörde zur Aufsicht über den Markt der Rechtsdienstleistungen.14)

So könnten eine einheitliche aufsichtsrechtliche Vorgehensweise und eine fachkundige Anlaufstelle für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie registrierte Unternehmen geschaffen werden, was dem gesetzgeberischen Ziel des RDG - dem Schutz der Rechtssuchenden vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen15) - entgegenkommen würde.

Betrugsvariante "Fake-Inkasso"

Eine einheitliche und vor allem funktionierende Aufsicht wäre nicht nur für die Fälle zweckmäßig, in denen es um die Überwachung der rechtmäßig registrierten Inkassodienstleister geht, sondern vor allem für die Fälle erforderlich, in denen eindeutig betrügerisch gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern agiert wird.

Es gibt immer mehr Fälle, in denen Personen Mahnungen von angeblichen Inkassounternehmen erhalten, die sie unmissverständlich zur Zahlung eines bestimmten Betrages auffordern. Diese Unternehmen machen dabei aber keine berechtigte Forderung, sondern eine Fantasieforderung inklusive Fantasiegebühren geltend - das bedeutet, die behaupteten Ansprüche haben zu keinem Zeitpunkt bestanden.

Das allein ist schon schlimm genug und aus Verbrauchersicht sicherlich der maßgebende Punkt. Allerdings sind diese "Fake-Inkasso"-Schreiben auch aus einem anderen Grund ein Problem: Nur derjenige, der als Inkassodienstleister registriert ist, darf in seiner Berufsbezeichnung den Begriff "Inkasso" oder einen zum Verwechseln ähnlichen Begriff verwenden - so gibt es § 11 Abs. 4 RDG vor. Unternehmen, die Fantasieforderungen und -gebühren geltend machen, nutzen allerdings oftmals trotzdem einen frei erfundenen Namen, der den Begriff "Inkasso" enthält, oder sie kapern sogar die Identität eines am Markt agierenden seriösen Inkassodienstleisters und verwenden auf den von ihnen versendeten Zahlungsaufforderungen das Logo, die Adresse und andere Angaben der seriösen Unternehmen, wobei sie die Bankverbindung und die Telefonnummern austauschen.

Dabei wird in den meisten aktuellen Fällen aus dem Ausland agiert: Es handelt sich hauptsächlich um Kriminelle aus dem südosteuropäischen Raum, manchmal auch aus Übersee, die sich im Bundesgebiet - ohne die für vorübergehende Rechtsdienstleistungen erforderliche Registrierung gemäß § 15 RDG - betrügerisch betätigen. Bevorzugte Adressaten der "Fake-Zahlungsaufforderungen" stellen vor allem solche Verbraucherinnen und Verbraucher dar, die Ziel telefonischer Werbeanrufe wurden oder die im Internet in eine sogenannte Kosten- beziehungsweise Abonnementfalle geraten sind.

Gegen diese Unternehmen müssten die Aufsichtsbehörden eigentlich gemäß § 11 Abs. 4 RDG beziehungsweise vorwiegend gemäß § 15 b RDG vor gehen. Da sich die Hintermänner der "Fake-Inkassounternehmen" aber oftmals schwierig ermitteln lassen und die Behörden, selbst wenn sie um ihre Kompetenzen wissen und Verfolgungsinteresse zeigen, auch hier an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, konnte man bislang nicht wirksam gegen solche Machenschaften vorgehen.

In den Fällen, in denen Berührungspunkte zum Ausland bestehen, wäre es daher - unabhängig von einer funktionierenden nationalen Aufsicht - wünschenswert, wenn die jeweiligen nationalen Aufsichts- oder Strafverfolgungsbehörden zur Kriminalitätsbekämpfung zusammenarbeiten würden.

Es überrascht daher nicht, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin Beschwerde bei den Verbraucherzentralen und beim BDIU e. V. erheben, mit dem Inhalt, dass nicht existierende Forderungen durch unseriöse Inkassounternehmen geltend gemacht werden.

Der Gesetzgeber hat als Zweck des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken das Unterbinden von Missbrauch durch schwarze Schafe der Inkassobranche angegeben.16) Gleichzeitig hat er glaubhaft versichert, die für die gesamte Wirtschaft überaus wichtige effektive und seriöse Beitreibung berechtigter Forderungen durch die in Deutschland registrierten Inkassounternehmen nicht erschweren zu wollen. Dies ist auch im genuinen Interesse der Inkassowirtschaft, deren weit überwiegender Teil vom BDIU e. V. vertreten wird. Leider hat der Gesetzgeber im Hinblick auf die Aufsicht aber dem erklärten Willen zu wenige Taten folgen lassen. Eine nachhaltige Eindämmung der hier skizzierten unseriösen Geschäftspraktiken wurde daher bislang nicht erreicht.

Transparente Aufsicht nötig

Wer Inkassodienstleistungen erbringt, muss sich gemäß RDG bei der für ihn zuständigen Behörde als Inkassodienstleister registrieren lassen und dafür alle vom Gesetz vorgegeben Anforderungen erfüllen. Ab dem Zeitpunkt der Registrierung unterliegt diese Person der Aufsicht dieser Behörde und sollte im Falle, dass sie die vom RDG aufgestellten Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt, mit aufsichtsrechtlichen - dem Verwaltungsrecht entstammenden - Maßnahmen rechnen.

Aufgrund der heterogenen Aufsichtslandschaft gibt es jedoch nach Änderung des RDG im Jahr 2013 weiterhin erhebliche Vollzugsdefizite bei der Aufsicht. Wegen der immer wiederkehrenden Betrugsfälle im Inkassobereich, in denen Fantasieforderungen gegenüber vermeintlichen Schuldnern geltend gemacht werden, ist eine effektive und transparente Aufsicht aber dringend erforderlich.

Wenn die Aufsichtsbehörden - auch unter der seit nun gut zweieinhalb Jahren geltenden Rechtslage - angeben, dass sie mangels gesetzlicher Grundlage nicht tätig werden können, sollte dies zumindest Anlass dazu geben, die aktuelle Aufsicht im Bereich der Inkassodienstleistungen zu überdenken und umzustrukturieren. Dies würde nicht nur dem Verbraucherschutz, sondern ebenso allen seriös agierenden Inkassodienstleistern dienen, die unter dem Ruf zu leiden haben, der ihnen durch die schwarzen Schafe der Branche immer wieder anhaftet.

1) Rechtsdienstleistungsgesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840), das zuletzt durch Artikel 142 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.

2) Eine Liste aller aktuell zuständigen Registrierungs-/Aufsichtsbehörden ist unter dem folgen den Link zu finden: http://www.rechtsdienstleistungsregister.de/Zustaendigkeitsliste.pdf

3) Berg/Gaub/Ohle, Inkassohandbuch, 4. Auflage, 2015, Kapitel 2, Rn. 35.

4) Rechtsdienstleistungsverordnung vom 19. Juni 2008 (BGBl. I S. 1069), die durch Artikel 15 des Gesetzes vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749) geändert worden ist.

5) www.inkassoakademie.de/de/sachkundelehrgang.html

6) Bundesrechtsanwaltsordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-8, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. Februar 2016 (BGBl. I S. 254) geändert worden ist.

7) Die für die Registrierung erforderlichen Antragsformulare sind unter dem folgenden Link zu finden: http://www.rechtsdienstleistungsregister.de/?button=Antragsformulare&sess_ clean=1

8) Deutscher Bundestag, Bericht des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drs. 17/13057, 17/13429 - Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken, BT-Drs. 17/14216 vom 26.6.2013, S. 5.

9) Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20.11.2015 (BGBl. I S. 2010) geändert worden ist.

10) www.inkasso.de

11) Siehe Fußnote 2.

12) Den Verfassern gegenüber wurde vonseiten eines ehemals Aufsicht führenden Richters an einem südwestdeutschen Gericht das dafür anteilig zur Verfügung stehende Zeitbudget mit 0,03 Prozent angegeben.

13) Baden-Württemberg hat diese Möglichkeit genutzt und die Zahl der Aufsicht führenden (Land-)Gerichte zum 1. Januar 2015 von zuvor 17 auf nunmehr drei reduziert: Karlsruhe, Freiburg und Stuttgart.

14) Der BDIU e. V. fordert seit langem solche Landesämter beziehungsweise ein Bundesamt für Rechtsdienstleistungsaufsicht (LAReD beziehungsweise BAReD).

15) Deutscher Bundestag, Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 30.11.2006, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes, BT-Drs. 16/3655, S. 1.

16) Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken, Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15.4.2013, BT-Drs. 17/13057, S. 9.

DIE AUTOREN: Kay Uwe Berg, Berlin, ist Rechtsanwalt und Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e. V. (BDIU). Seine Arbeitsschwerpunkte liegen neben der politischen Lobbyarbeit vor allem in der weiteren Entwicklung des Forderungsmanagements in Deutschland und, unter anderem über den internationalen Dachverband FENCA, in Europa.E-Mail: kay.berg[at]inkasso[dot]deDaniela Gaub, Berlin, ist Referentin für Rechtspolitik beim Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU). Die Volljuristin ist dabei vor allem für berufs- und datenschutzrechtliche Fragen zuständig.E-Mail: daniela.gaub[at]inkasso[dot]de

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