FACTORING

Steigende Akzeptanz und häufigere Nutzung von Factoring

Ergebnisse einer aktuellen Befragung deutscher Unternehmen

Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Foto: Universität zu Köln

Wie unterscheiden sich Unternehmen, die Factoring in ihrem Finanzierungsmix einsetzen, von denen, die es nicht nutzen? Was spricht aus Unternehmenssicht für oder gegen dieses Finanzierungsinstrument? Und welche Erfahrungen verbinden Unternehmen mit dem Forderungsverkauf? Die Umfrage "Meinungsspiegel Factoring 2017/2018" der Universität zu Köln liefert die Antworten. Die Autoren stellen die Ergebnisse vor und vergleichen diese mit der Befragung von 2010/2011. (Red.)

Factoring hat in den vergangenen Jahrzehnten einen immensen Aufschwung erfahren. Lag der Factoring-Umsatz der dem Deutschen Factoring-Verband angehörenden Unternehmen im Jahre 2000 noch bei bescheidenen 23,5 Milliarden Euro, so konnte bereits im Jahre 2008 zum ersten Mal die 100-Milliarden-Euro-Marke überschritten werden. Von da an verlief die Entwicklung noch dynamischer. Im Jahre 2015 überstieg der gesamte Forderungsverkauf zum ersten Mal die 200-Milliarden-Euro-Grenze, und im Jahre 2017 erreichte er mit mehr als 232 Milliarden Euro eine neue Rekordmarke. Mehr als 36 000 Unternehmen (Stand 2017) in einer Vielzahl von Branchen nutzen inzwischen Factoring für ihr Forderungsmanagement. Factoring ist damit zu einem festen Bestandteil im Finanzierungsmix vieler Unternehmen geworden.

Ziele und Aufbau der Befragung

Die dynamische Entwicklung dieses Finanzierungsinstruments in den vergangenen Jahren war Anlass, eine im Jahre 2010/2011 durchgeführte Befragung1) zu wiederholen, um die Einstellungen deutscher Unternehmen zum Thema Factoring zu beleuchten und Entwicklungstendenzen aufzuzeigen. Insgesamt wurden im Jahr 2017 14 400 deutsche Unternehmen angeschrieben und um Teilnahme an der Befragung "Meinungsspiegel Factoring 2017/2018" gebeten. Das Spektrum der befragten Unternehmen umfasste dabei alle Größenklassen und alle Branchen und zwar in der Häufigkeitsrelation, wie sie in der Grundgesamtheit aller deutschen Unternehmen vorkommen.

An der Umfrage haben sich 915 Unternehmen beteiligt, die Rücklaufquote liegt somit bei 6,35 Prozent. Der Gesamtrücklauf teilt sich auf in 402 Factoring-Nutzer, 436 Nichtnutzer und 77 Berater. Von den Factoring-Nutzern sind 81 im Gesundheitswesen tätig. Da dieser Bereich durch deutlich andere Gegebenheiten charakterisiert ist, wird er in diese Auswertung nicht einbezogen. Nicht alle Fragebögen wurden vollständig bearbeitet. Die Ergebnisse der neuen Umfrage zeigen auf,

- durch welche Merkmale sich Factoring-Nutzer von den Unternehmen, die kein Factoring einsetzen (Nichtnutzer), unterscheiden,

- welche Gründe Unternehmen dazu veranlassen, Factoring einzusetzen oder sich gegen dessen Einsatz zu entscheiden,

- welche Erfahrungen Unternehmen mit Factoring gemacht haben,

- welche Einstellungen Berater wie Wirtschaftsprüfer, Finanzberater und Banken zur Nutzung von Factoring haben.

Von Factoring-Nutzern und Nichtnutzern wurden Angaben zu Unternehmensmerkmalen wie Branche, Unternehmensgröße und zur Anzahl der Kunden erbeten. Darüber hinaus sollten sie Kennzahlen zum Finanzierungsverhalten angeben. Von Interesse sind dabei unter anderem die Eigenkapitalquote, Umfang und Ausnutzung von Kreditlinien, der Forderungsbestand, die durchschnittliche Forderungslaufzeit und der Finanzierungsbedarf des Umlaufvermögens. Unternehmen, die kein Factoring nutzen, sollten ihre Gründe für den Verzicht angeben und einschätzen, unter welchen Bedingungen der Forderungsverkauf für sie interessant sein könnte.

Branche und Unternehmensgröße

Von Factoring-Nutzern wurden die Motive für den Einsatz von Factoring erhoben. Darüber hinaus wurde gefragt, welche Arten sie nutzen, seit wann sie den Forderungsverkauf einsetzen, wie er sich auf wichtige Finanzkennzahlen ausgewirkt hat und welche Erfahrungen sie im Zusammenhang mit der Einführung von Factoring gemacht haben. Ergänzt wurde die Erhebung durch einen Fragebogen, der sich an die Berater richtete. Diese sollten angeben, was für beziehungsweise gegen den Einsatz von Factoring bei ihren Mandanten spricht, welche Erfahrungen vorliegen und welche Auswirkungen der Einsatz von Factoring hatte.

Mehr als die Hälfte der befragten Factoring-Nutzer gehört den Branchen Industrie, Handel, Dienstleistung oder Automobilwirtschaft an. Dies sind diejenigen Branchen, denen - bezogen auf den Gesamtmarkt - die meisten Factoring-Nutzer zuzurechnen sind.2) Insbesondere in der Industrie ist der Anteil der Factoring-Nutzer in der Stichprobe deutlich höher als der Anteil der Nichtnutzer (16,2 Prozent gegenüber 8,7 Prozent), im Dienstleistungssektor dagegen ist es umgekehrt (7,8 Prozent gegenüber 17,3 Prozent). Die Verteilung der Teilnehmer auf die Branchen ist sowohl bei den Factoring-Nutzern als auch bei den Nichtnutzern gegenüber der Untersuchung aus dem Jahre 2011 nahezu unverändert.

Die Unternehmen, die an der aktuellen Befragung "Meinungsspiegel Factoring 2017/2018" teilgenommen haben, decken die gesamte Spannbreite an Unternehmensgrößen ab (siehe Abbildung 1). Dies gilt sowohl bezogen auf die Anzahl der Mitarbeiter als auch bezogen auf den Jahresumsatz. Ein eindeutiger Schwerpunkt der Factoring-Nutzer liegt in der Größenklasse von 101 bis 500 Mitarbeitern. Bei diesen wie bei den Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern überwiegen ganz eindeutig die Factoring-Nutzer gegenüber den Nichtnutzern in der Stichprobe. Bei den kleinen Unternehmen mit bis zu 15 Mitarbeitern sind beide Gruppen etwa gleichhäufig vertreten. In der Untersuchung von 2011 dagegen dominierten in der Größenklasse bis 15 Mitarbeiter ganz eindeutig die Nichtnutzer. Dies kann als Indiz dafür angesehen werden, dass sich der Forderungsverkauf inzwischen bei kleinen Unternehmen weiter etabliert hat.

Unternehmensfinanzierung

Die Factoring-Nutzer in der Stichprobe unterhalten im Durchschnitt eine höhere Anzahl an Bankverbindungen als die Nichtnutzer. So ist der Anteil der Unternehmen mit vier oder mehr Bankverbindungen bei den Factoring-Nutzern deutlich höher als bei den Nichtnutzern. Dieses Ergebnis ist vor dem Hintergrund des hohen Anteils kleiner Unternehmen in der Stichprobe überraschend, da diese typischerweise nur zu wenigen Banken über Geschäftsbeziehungen verfügen. Mangelnde Zugangsmöglichkeiten zu Finanz mitteln ist somit kein wesentliches Motiv für die Nutzung von Factoring, oder anders ausgedrückt: Factoring wird nicht genutzt, weil es die einzige noch verbleibende Möglichkeit der Liquiditätsbeschaffung ist, sondern weil die Nutzer darin Vorteile gegenüber anderen Finanzierungsmöglichkeiten sehen. Factoring ersetzt nicht die Kreditfinanzierung, sondern ergänzt sie.

Die Banken scheinen dieses Finanzierungsinstrument ebenfalls nicht als Konkurrenzprodukt zu empfinden. Immerhin knapp ein Drittel der befragten Unternehmen nutzen Factoring aufgrund einer Empfehlung ihrer Hausbank. Daher überrascht nicht, dass mehrheitlich von einer positiven oder sogar sehr positiven Reaktion der Hausbank auf die Einführung von Factoring berichtet wird. Nur 4 Prozent der Unternehmen empfanden die Haltung der Hausbank als eher ablehnend. Die Umfrage von 2011 erbrachte zu dieser Frage sehr ähnliche Ergebnisse.

Das Finanzierungsverhalten von Factoring-Nutzern und Nichtnutzern unterscheidet sich deutlich. Während sich hinsichtlich der Höhe bestehender Kreditlinien keine wesentlichen Unterschiede zwischen beiden Gruppen zeigen, schöpfen Factoring-Nutzer ihre Kreditlinien höher aus als Nichtnutzer (siehe Abbildung 2). Mehr als 40 Prozent der Factoring-Nutzer haben ihre Kreditlinien mindestens zur Hälfte gezogen, bei den Nichtnutzern dagegen beträgt dieser Anteil weniger als 10 Prozent. Wie schon in der Befragung von 2011 festgestellt wurde, geht eine verstärkte Inanspruchnahme von Kreditlinien mit dem Einsatz des Forderungsverkaufs einher. Unternehmen, die beispielsweise bedingt durch ihr Geschäftsmodell einen hohen Liquiditätsbedarf haben, setzen offensichtlich Factoring und Kreditlinien komplementär ein.

Die Zugehörigkeit zu einer Branche scheint ebenfalls einen gewissen Einfluss auf die Inanspruchnahme von Kreditlinien zu haben. Im Dienstleistungssektor nehmen mehr als zwei Drittel der Unternehmen die Kreditlinien nur in geringem Umfang in Anspruch. Eine Auslastung der Linien von mehr als 50 Prozent ist besonders häufig im Handel und in der Industrie zu beobachten. Diese branchenspezifischen Unterschiede sind vor allem bei den Factoring-Nutzern zu sehen, bei den Nichtnutzern scheint die Branchenzugehörigkeit dagegen keinen nennenswerten Einfluss auf die Inanspruchnahme von Kreditlinien zu haben.

Insgesamt ist die Inanspruchnahme von Kreditlinien bei beiden Gruppen deutlich zurückgegangen. Während die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen im Jahre 2011 durch die Nachwirkungen der Finanzkrise geprägt waren, hat sich die Liquiditätslage der Unternehmen mittlerweile merklich entspannt.

Factoring-Nutzer weisen eine deutlich geringere Eigenkapitalquote als Nichtnutzer auf. Knapp die Hälfte der Nichtnutzer können eine Eigenkapitalquote von 50 Prozent und mehr vorweisen, bei den Nutzern liegt dieser Anteil dagegen nur bei gut 10 Prozent. Dabei ist zu beachten, dass zwei Drittel der Factoring-Nutzer angaben, dass der Forderungsverkauf zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote beigetragen hat. In der Umfrage von 2011 konnten dagegen keine signifikanten Unterschiede in der Kapitalstruktur beider Gruppen festgestellt werden.

Forderungsmanagement

Der Finanzierungsbedarf für das laufende Umlaufvermögen ist bei den Factoring-Nutzern deutlich höher als bei den Nichtnutzern (siehe Abbildung 3). Dies resultiert zum einen aus einem höheren Bestand an Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und zum anderen aus längeren Zahlungszielen, die die Factoring-Nutzer ihren Kunden einräumen. Bei mehr als einem Drittel der Factoring-Nutzer übersteigt der Anteil der Forderungen an der Bilanzsumme 20 Prozent, bei den Nichtnutzern liegt dieser Anteil dagegen deutlich unter 20 Prozent. Etwa 30 Prozent der befragten Unternehmen, die den Forderungsverkauf nicht einsetzen, gewähren Zahlungsziele von mehr als zwei Monaten, nur bei 13,4 Prozent sind Zahlungsziele von mehr als drei Monaten möglich. Bei den Factoring-Nutzern dagegen sind die entsprechenden Anteile höher, sie betragen 57,3 Prozent für mehr als zwei Monate beziehungsweise 23,5 Prozent für mehr als drei Monate Zahlungsziel.

Mit den längeren Zahlungszielen korrespondieren zudem die effektiven Laufzeiten der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Während die durchschnittliche effektive Forderungslaufzeit für inländische Kunden bei den Factoring-Nutzern 33,9 Tage beträgt, beläuft sie sich bei den Nichtnutzern nur auf 27,8 Tage. Bei den Forderungen gegenüber ausländischen Kunden kehren sich allerdings die Verhältnisse um: Hier liegt die durchschnittliche effektive Forderungslaufzeit mit 48,2 Tagen bei den Nichtnutzern deutlich über den 41,5 Tagen der Factoring-Nutzer.

Factoring umfasst ein ganzes Bündel an Dienstleistungen. Neben der Finanzierungsfunktion übernimmt das Factoring-Unternehmen außerdem das Ausfallrisiko der abgetretenen Forderungen. Weitere Dienstleistungen wie zum Beispiel das Forderungsmanagement können Unternehmen ebenfalls an den Factor auslagern (Full-Service-Factoring). Unterschiede zwischen Factoring-Nutzern und Nichtnutzern gibt es beim Einsatz weiterer Instrumente des Forderungsmanagements: Factoring-Nutzer greifen in geringerem Maße als Nichtnutzer auf Auskunfteien, Inkassobüros oder Forfaitierung zurück. Die Kreditversicherung wird dagegen von Factoring-Nutzern deutlich häufiger als von Nichtnutzern in Anspruch genommen. Beide Instrumente, Factoring und Kreditversicherung, sind offensichtlich keine Substitute, sondern werden komplementär eingesetzt.

Erfahrungen der Nutzer

Als herausragendes Motiv für die Nutzung von Factoring wird sowohl von kleineren Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 10 Millionen Euro als auch von Unternehmen, deren Umsatz darüber liegt, die Liquiditätssicherung durch Schaffung einer stabileren Finanzierungsbasis genannt (siehe Abbildung 4). Am zweithäufigsten war der Schutz vor Zahlungsausfällen ein Grund, Forderungen an einen Factor zu verkaufen. Der Delkredereschutz ist vor allem für die kleineren Unternehmen ein wichtiger Grund für die Nutzung von Factoring, für die großen Unternehmen dagegen signifikant weniger bedeutsam.

Eine stärkere Unabhängigkeit von Banken - als dritthäufigstes Kriterium genannt - betont die Bedeutung der Schaffung einer breiteren und damit stabileren Finanzierungsbasis als Ursache für die Nutzung des Forderungsverkaufs. Erstaunlicherweise ist für große Unternehmen, die tendenziell über mehr Bankverbindungen verfügen, die größere Unabhängigkeit von Banken noch wichtiger als für kleine Unternehmen. Ein weiterer wichtiger Beweggrund sowohl für kleine als auch große Unternehmen ist die Eigenschaft von Factoring, dass es mit der Umsatztätigkeit mitwächst. Daher wird es als geeignetes Instrument für die Finanzierung des Unternehmenswachstums angesehen.

Bei einigen weiteren Ursachen für die Nutzung von Factoring zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen großen und kleinen Nutzern: Vor allem für große Unternehmen sind die Bilanzverkürzung und die damit verbundene Erhöhung der Eigenkapitalquote sowie die Optimierung des Working Capitals ein wichtiges Motiv. Kleinere Unternehmen sehen die Vorteile des Forderungsverkaufs verstärkt in der Möglichkeit, längere Zahlungsziele zu gewähren, sowie in der Entlastung der eigenen Buchhaltung durch Nutzung des Full-Service-Factorings.

Ein Vergleich mit den Motiven, die 2011 für die Factoring-Nutzung genannt wurden, zeigt einige Unterschiede auf: So waren 2011 die Liquiditätssicherung und die stärkere Unabhängigkeit von den Banken noch bedeutsamer, dagegen rücken 2018 der Schutz vor Zahlungsausfällen, die Möglichkeit, längere Zahlungsziele zu gewähren, sowie die Finanzierung des Unternehmenswachstums in den Vordergrund. Darin spiegelt sich auch das unterschiedliche gesamtwirtschaftliche Umfeld zu beiden Untersuchungszeitpunkten wider. Im Jahre 2011 standen viele Unternehmen noch unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise, während die gute Konjunkturentwicklung der vergangenen Jahre Kriterien wie die Wachstumsfinanzierung und die Gewährung längerer Zahlungsziele in den Vordergrund gerückt haben.

Auch die Berater sehen in der Liquiditätssicherung durch Schaffung einer breiteren Finanzierungsbasis den wichtigsten Vorteil des Factorings. Daneben werden die Wachstumsfinanzierung und eine stärkere Unabhängigkeit von Banken als entscheidender Vorteil hervorgehoben. Der Schutz vor Zahlungsausfällen wird von den Beratern dagegen als weniger bedeutsam eingeschätzt.

Die Erwartungen, die die Nutzer an den Einsatz von Factoring geknüpft haben, sind weitgehend erfüllt worden: Die drei am häufigsten genannten Motive für Factoring (Absicherung der Liquidität, Schutz vor Zahlungsausfällen und stärkere Unabhängigkeit von den Banken) sind auch die Auswirkungen, die von der Mehrzahl der Nutzer als Folge der Nutzung des Forderungsverkaufs genannt werden (siehe Abbildung 5).

Interessant ist, dass der Schutz vor Zahlungsausfällen zwar vor allem von den kleineren Unternehmen als Beweggrund für die Nutzung genannt wird, dies dann aber vorwiegend von großen Unternehmen als positive Wirkung hervorgehoben wird. Knapp 29 Prozent der Factoring-Nutzer profitieren von einem besseren Rating, entsprechend geben etwa 27 Prozent an, dass die Fremdkapitalkosten durch den Einsatz von Factoring gesenkt werden konnten. Weitere Vorteile, die durch die Nutzung des Forderungsverkaufs realisiert werden konnten, sind die Gewährung längerer Zahlungsziele, die Nutzung von Skonti, weil Kreditoren schneller bezahlt werden konnten, und die Ablösung von Bankkrediten.

Für kleinere Unternehmen ist die Entlastung der Buchhaltung ein wichtiger Effekt. Fast die Hälfte dieser Unternehmen setzt das Full-Service-Factoring ein, bei dem das gesamte Debitorenmanagement vom Factor übernommen wird. Über negative Auswirkungen wie beispielsweise eine Irritation von Kunden berichten nur noch etwa 10 Prozent der Nutzer - in der vorangegangenen Befragung war dieser Anteil deutlich höher. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass Factoring zunehmend als ein "normales" Finanzierungsinstrument angesehen wird und sich weiter etabliert hat.

Nur rund ein Viertel der befragten Unternehmen setzt den Forderungsverkauf erst seit zwei Jahren ein, die Mehrheit nutzt Factoring seit mehr als zwei Jahren, knapp ein Fünftel sogar seit mehr als zehn Jahren (siehe Abbildung 6, Seite 34). Auffallend ist der große Unterschied zwischen großen und kleinen Unternehmen: Gut 60 Prozent der Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 10 Millionen Euro greifen auf Factoring schon seit sechs und mehr Jahren zurück, nur für knapp 15 Prozent der großen Unternehmen ist es neu. Bei den Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 10 Millionen Euro ist es umgekehrt: Für mehr als ein Drittel dieser Unternehmen beträgt die Factoring-Historie weniger als zwei Jahre, nur ganze 6 Prozent der Befragten sind seit mehr als zehn Jahren mit diesem Finanzierungsinstrument vertraut. Diese Diskrepanz zwischen großen und kleinen Unternehmen zeigte sich gleichermaßen in der früheren Studie.

Geänderte Einstellung der Nutzer

Nach wie vor sind die großen Unternehmen Impulsgeber für die Nutzung von Factoring. Kleinere Unternehmen konnten zwar in den vergangenen Jahren verstärkt für dessen Nutzung gewonnen werden, in diesem Segment scheint es aber nach wie vor erhebliches Wachstumspotenzial zu geben. Insgesamt hat die Vertrautheit mit Factoring seit der vorherigen Studie zugenommen. Dies geht auch aus der Frage nach dem Image dieses Finanzierungsinstruments hervor. Die Befragung aus dem Jahre 2011 zeigte, dass es noch eine Reihe von Vorbehalten gegenüber Factoring gab, die zumindest zum Teil auf Unwissenheit beruhten. Die erneute Befragung von 2017/2018 zeigte, dass sich in der Zwischenzeit die Einstellung zum Thema Factoring geändert hat: Der Anteil der Nutzer, die das Image von Factoring als gut oder sogar sehr gut einschätzen, ist gegenüber 2011 von 54,8 Prozent auf 58,1 Prozent angestiegen. Gleichzeitig ist der Anteil derjenigen, die Factoring nicht einschätzen können, zurückgegangen. Der Forderungsverkauf hat somit an Bekanntheit gewonnen und wird immer stärker als eine sinnvolle Ergänzung traditioneller Finanzierungsinstrumente wahrgenommen.

Jeweils knapp ein Drittel der Unternehmen sind einem Hinweis ihrer Hausbank, Factoring zu nutzen, gefolgt oder nutzen es aufgrund einer Empfehlung durch andere Geschäftspartner. Für größere Unternehmen spielen die Direktansprache sowie der Hinweis durch Makler eine prominente Rolle. Durch das Internet sind nur knapp 11 Prozent der Unternehmen auf den Forderungsverkauf aufmerksam geworden, soziale Netzwerke sind unbedeutend - ein interessantes Ergebnis in Zeiten von Social Media und deren (angeblicher) Bedeutung. Die meisten Unternehmen haben drei Anbieter in diesen Auswahlprozess einbezogen. Die wichtigsten Auswahlkriterien waren neben der Konditionengestaltung, die Flexibilität, die Schnelligkeit und die fachliche Kompetenz der Factoring-Gesellschaft.

Die Einführung von Factoring und die Anbindung an ein Factoring-Unternehmen bewerteten 27,9 Prozent der Befragten als gänzlich unproblematisch und 50,9 Prozent als einfach. Nur 19,1 Prozent stuften die Einführung als "aufwendig mit Einschränkungen in Teilbereichen" ein und 2,5 Prozent der Befragten empfanden die Einführung als problematisch und langwierig. Gegenüber 2011 ist der Anteil derjenigen, die die Einführung positiv bewerten, deutlich angestiegen. Auch die Berater bewerten den Prozess der Anbindung ihrer Mandanten an das Factoring-Unternehmen deutlich positiver als 2011. Mehr als die Hälfte sah den Prozess als einfach und unproblematisch an, keiner der befragten Berater berichtete von Problemen.

Hindernisse für den Einsatz von Factoring

Die Einführung von Factoring verlief in der Mehrzahl der Fälle recht zügig: In knapp der Hälfte der Fälle vergingen nicht mehr als zwei Wochen von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Vorliegen eines Angebots. Bis zum Vertragsabschluss dauerte es in mehr als der Hälfte der Fälle nicht mehr als vier Wochen, die Zeit bis zur ersten Auszahlung nahm in knapp der Hälfte der Fälle noch einmal zwei Wochen ein. In der Hälfte der Fälle betrug die Gesamtdauer von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Erhalt der ersten Zahlung nicht mehr als zwölf Wochen.

Unternehmen, die kein Factoring nutzen, wurden danach gefragt, weshalb sie auf den Forderungsverkauf verzichten (siehe Abbildung 7, Seite 34). Der Hauptgrund hierfür korrespondiert mit dem Hauptmotiv für dessen Einsatz, nämlich dem Bedarf an Liquidität. Während Factoring-Nutzer einen hohen Finanzierungsbedarf im Umlaufvermögen haben und es ganz überwiegend zur Liquiditätssicherung einsetzen, geben mehr als 70 Prozent der befragten Nichtnutzer an, schlicht keinen Liquiditätsbedarf zu haben. Dies gilt gleichermaßen für kleine wie für große Unternehmen.

Nur 16,5 Prozent der Befragten haben eine Nutzung von Factoring geprüft, sich dann aber bewusst dagegen entschieden. Fast ebenso viele haben sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt. Vor allem bei kleineren Unternehmen herrscht vielfach immer noch Unkenntnis über dieses Finanzierungsinstrument vor, allerdings mit stark abnehmender Tendenz: Bei der Befragung im Jahre 2011 gaben 42 Prozent der kleineren Unternehmen an, sich noch nicht mit Factoring befasst zu haben, jetzt verblieben indes gut 19 Prozent. Die Unwissenheit über den Forderungsverkauf hat sich damit weit mehr als halbiert, ein Ergebnis auch der proaktiven Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Factoring-Verbands.

Als weitere Gründe für den Verzicht auf den Forderungsverkauf werden die mangelnde Factorabilität der Branche, die Bonität des Unternehmens sowie eine als ausreichend empfundene Warenkreditversicherung genannt. Eine eindeutig negative Einstellung zum Factoring, sei es aufgrund eigener Erfahrungen oder eines Ratschlags Dritter, ist nur selten vorhanden.

Die Nichtnutzer wurden ergänzend danach gefragt, unter welchen Voraussetzungen Factoring für sie interessant werden könnte. Mit Abstand am häufigsten wurde eine verschlechterte Liquidität als Motiv genannt. In eine ähnliche Richtung gehen Antworten wie verlängerte Zahlungsziele, längere Forderungslaufzeiten, höhere Außenstände oder größeres Umsatzwachstum, die allesamt einen erhöhten Finanzierungsbedarf und damit eine Liquiditätsanspannung beinhalten. Ein zweiter Grund, der vielfach genannt wurde, betrifft den Schutz vor Zahlungsausfällen. Eine sinkende Zahlungsmoral der Kunden sowie ein Forderungsbestand mit großvolumigen Einzelforderungen wären ein weiterer Grund, Factoring zu nutzen.

Digitalisierung stärkt Nutzung

Einige Nichtnutzer sehen die in ihrer Wahrnehmung vermeintlich zu hohen Kosten des Factorings als Hinderungsgrund, dies insbesondere vor dem Hintergrund des derzeitigen Niedrigzinsniveaus. Der unmittelbare Vergleich zwischen den Factoring-Gebühren und den Kreditzinsen der Banken deutet allerdings darauf hin, dass vielen nicht bewusst ist, dass der Forderungsverkauf mehr als nur eine Finanzierungsfunktion umfasst. Nur sehr wenige Befragte äußerten eine grundlegend negative Einstellung und schließen den Einsatz von Factoring generell aus.

Gut zwei Drittel der Factoring-Nutzer und der Berater gehen davon aus, dass die Digitalisierung einen positiven Einfluss auf die Nutzung dieses Finanzierungsinstruments haben wird, da durch die Nutzung der neuen Technologien die Abwicklung des Forderungsverkaufs zunehmend automatisiert werden kann. Dies eröffnet erhebliche Kosteneinsparungspotenziale. Knapp die Hälfte der Nichtnutzer schließt sich dieser Meinung an. Insgesamt legen die Ergebnisse der Befragung "Meinungsspiegel Factoring 2017/2018" nahe, dass in Zukunft mit einem weiteren Wachstum des Factorings zu rechnen ist.

Fußnoten

1) Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas: Factoring - Ein Finanzierungsinstrument mit Wachstumspotenzial, Ergebnisse einer Befragung deutscher Unternehmen, in: FLF, 59. Jahrgang, 2012, Seite 14-19.

2) Vgl. Deutscher Factoring-Verband e. V.: Jahresbericht 2017, Seite 9.

UNIV.-PROF. DR. THOMAS HARTMANN-WENDELS ist seit 1999 Direktor des Seminars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre an der Universität zu Köln und außerdem geschäftsführender Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht sowie des Forschungsinstituts für Leasing.
 
DR. WOLFGANG SPÖRK ist Akademischer Oberrat am Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre an der Universität zu Köln.
Dr. Wolfgang Spörk , Akademischer Oberrat am Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre an der Universität zu Köln

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X