FINANZIERUNG

Studie: Mittelstand bleibt der Hausbank weiterhin treu

Fintechs spielen noch untergeordnete Rolle

Michael Euchner, Foto: Ebner Stolz

Wie sind mittelständische Unternehmen bei der Finanzierung aufgestellt? Welche Finanzierungsinstrumente nutzen sie, welche Zinsentwicklung erwartet der Mittelstand und welche Wachstumshürden gilt es zu überwinden? Diese Fragen gingen im Rahmen der mittlerweile fünften Studie zur Finanzierung im Mittelstand 2018 an 5 000 mittelständische Unternehmer, initiiert von der Ebner Stolz Management Consultants und der Wolff & Häcker Finanzconsulting. Der Beitrag gibt detaillierte Einblicke zu den Ergebnissen. (Red.)

Die Studie zur Finanzierung im Mittelstand1) widmet sich neben den Finanzierungsfragen in deutschen Unternehmen auch der Finanzdienstleistungsbranche, die sich im Umbruch befindet. Verantwortlich für diesen Umbruch sind unter anderem die Folgen der Finanzkrise, die Verschärfung des regulatorischen Umfelds und neue digitale Technologien. Technologieorientierte und zumeist junge Unternehmen - sogenannte Fintechs - sind im Finanz- und Bankensektor entstanden. Mit innovativen Prozessen zur Abwicklung von Finanzdienstleistungen und vielfältigen Finanzierungsangeboten stellen sie auch für den Mittelstand eine mögliche Ergänzung oder sogar einen Ersatz zu klassischen Banken und Finanzdienstleistern dar.

Die Frage, ob sich dadurch das Verhältnis zu klassischen Finanzierern wie der Hausbank verändern wird, ist von großer Bedeutung. Noch immer finanziert sich der Mittelstand stark über Bankkredite, und die Hausbank als Fremdkapitalgeber ist nach wie vor einer der wichtigsten Finanzierungspartner. Ob und wie neue Finanzierungsangebote im Mittelstand angekommen sind, wurde ebenfalls im Rahmen der Studie näher beleuchtet.

Mittelstand in Hochkonjunktur

Generell hat der deutsche Mittelstand in den vergangenen beiden Jahren erneut seine ohnehin schon starke Position am Markt ausgebaut. Die befragten Unternehmer blicken angesichts der starken konjunkturellen Lage Deutschlands optimistischer als je zuvor auf die eigenen (über 82 Prozent) wie auf die gesamtwirtschaftlichen Zukunftsperspektiven (63 Prozent) - und das trotz der aktuellen Renaissance des Protektionismus und zahlreicher internationaler Krisenherde. Als Wachstumsbremsen werden Fachkräftemangel (86 Prozent), Wettbewerbsdruck (79 Prozent) und zunehmend auch bürokratische Hürden (68 Prozent) genannt. Fehlendes Kapital (32 Prozent) beziehungsweise Fördermittel/Subventionen (20 Prozent) nehmen unter den Faktoren für Wachstumsbegrenzung aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage und des vorteilhaften Zinsniveaus nur eine untergeordnete Rolle ein. Nichtsdestotrotz rechnen 61 Prozent der Unternehmen mit einem steigenden Zinsniveau in den kommenden zwei Jahren.

Ihren Kapitalbedarf decken mittelständische Unternehmen weiterhin hauptsächlich durch Einbehaltung ihrer Gewinne (71 Prozent). Darüber hinaus nutzen 24 Prozent der Unternehmen zusätzlich Einlagen von Gesellschaftern, um ihre Eigenkapitalbasis zu stärken. Im Vergleich zu vorherigen Studien lässt sich dabei allerdings ein stark rückläufiger Trend feststellen. Zurückzuführen ist diese Entwicklung ebenfalls auf einen geringeren Finanzbedarf bedingt durch die stabile konjunkturelle Situation des Mittelstandes. Am Kapitalmarkt zeigen sie wenig Interesse. Nur wenige Unternehmen im Mittelstand haben überhaupt Probleme bei der Kapitalbeschaffung (18 Prozent).

Darlehen, Leasing und Factoring im Fokus

Nach wie vor verzichten mittelständische Unternehmen weitgehend auf Finanzierungsformen wie zum Beispiel Anleihen oder Private Equity. Wie bereits in den vorherigen Studien zeigt sich erneut, dass die klassischen Finanzierungsformen wie klassische Bankkredite (80 Prozent), Leasing/ Factoring (60 Prozent) und Gesellschafterdarlehen (58 Prozent) im Mittelstand dominieren. Über diese traditionellen Finanzierungsinstrumente fühlt sich der Mittelstand ausreichend informiert (siehe Abbildung 1).

Im Vergleich zu vorherigen Studien zeichnet sich eine leicht wachsende Popularität von Leasing und Factoring ab.

Trotz wachsender Nutzerzahlen stehen sowohl Leasing als auch Factoring bei manchen mittelständischen Unternehmen noch immer in dem Ruf, teure Finanzierungsinstrumente zu sein. Das ergab auch die Befragung von Unternehmern im Rahmen von Experteninterviews. Den Unternehmen fällt es nach eigenen Angaben noch immer schwer, Kosten und Nutzen dieser Finanzierungsinstrumente zu herkömmlichen Bankkrediten vergleichen zu können.

Fintechs im Blick

In den vergangenen Jahren hat sich die Finanzdienstleistungsbranche rapide verändert. Dieser Wandel ist vor allem im Privatkundengeschäft deutlich sichtbar. Allerdings sehen Fintech Unternehmen auch im Firmenkundengeschäft und insbesondere im deutschen Mittelstand deutliche Marktpotenziale. Über traditionelle Finanzierungsaktivitäten hinaus stellen Fintechs eine Vielzahl an Produkten und Dienstleistungen zur Verfügung. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass rund 10 Prozent der Finanzaktivitäten kurz- bis mittelfristig digitalisierbar seien.

Etwa 93 Prozent der befragten Unternehmen setzen noch auf das klassische Bankgeschäft. Die Unkenntnis über das Angebotsspektrum der Fintechs (45 Prozent) stellt neben dem fehlenden Finanzierungsbedarf (55 Prozent) den Hauptgrund für die auffallend geringe Nutzungsquote der von ihnen angebotenen Finanzdienstleistungen dar. Aber auch Seriositätsprobleme (36 Prozent) sowie Rechtsund Sicherheitsrisiken (33 Prozent) werden kritisch hinterfragt. Allerdings rechnet in der Zukunft jeder zweite Geschäftsführer (54 Prozent) mit einer bedeutenden Rolle von Fintechs bei der Mittelstandsfinanzierung (siehe Abbildung 2, Seite 18).

Während in Skandinavien und Großbritannien die Digitalisierungsquote bei Finanzdienstleistungen bei über 10 Prozent liegt, befindet sich diese in Deutschland noch unter 1 Prozent. Insofern besteht hier ein enormer Aufholbedarf.

Fintech-Unternehmen bieten zum Beispiel innovative Services und Plattformen für den Verkauf von Forderungen an. Der potenziell adressierbare Markt besteht in dem Forderungsvolumen, welches derzeit von traditionellen Factoring-Unternehmen erworben wird. Laut einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen wurde im Jahr 2015 ein Forderungsvolumen von mehr als 500 Millionen Euro über Fintech-Gesellschaften erworben. Gemessen am potenziell adressierbaren Markt entspricht dies einer Marktdurchdringung von 0,2 Prozent.2)

Jüngere Entwicklungen im Factoring-Markt zeigen weiterhin ein stetiges Wachstum des Gesamtmarktes. Wie der Deutsche Factoring-Verband mitteilte, stiegen im ersten Halbjahr 2018 die Umsätze um fast 5 Prozent auf 118,8 Milliarden Euro im deutschen Factoring-Markt.

Auch der Bundesverband Factoring für den Mittelstand bestätigte im September 2018 für seine Mitgliedsunternehmen einen Volumenszuwachs der angekauften Forderungen im ersten Halbjahr 2018 - und zwar um 11,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings konnten Fintech-Anbieter sich bis dato noch nicht gegenüber den etablierten Anbietern behaupten. Dies liegt vor allem daran, dass der Mittelstand nach wie vor zurückhaltend bei der Nutzung von internetbasierten Finanzierungsmöglichkeiten agiert.

Dies spiegelt sich im Übrigen auch im Umgang von Banken mit Fintechs wider. Heute arbeiten immer mehr Finanzinstitute mit Fintech-Unternehmen kooperativ zusammen. Es gibt kaum eine Bank, die nicht über ein digitales "Labor" verfügt, um Fintech-Technologien und Dienstleistungen zu entwickeln oder die Konsequenzen daraus für das eigene Geschäftsmodell zu simulieren. Die Folge: Die Fintech-Unternehmen verbessern ihre Geschäftsmodelle und erweitern ihr Produktportfolio kontinuierlich, um den höheren Anforderungen des Marktes gerecht zu werden.

Trotz der zunehmenden bürokratischen Hürden bei Finanzierungsangeboten der Hausbank besteht kaum Bedarf an alternativen Finanzierungspartnern. Die Kreditinstitute kämpfen immer noch mit hohen Regulierungsanforderungen, die sich in steigendem Aufwand für das Reporting für mittelständische Unternehmen widerspiegeln.

Mittelstand finanziert sich klassisch

Dass diese dennoch auf die Hausbank als zuverlässigen Finanzierungspartner setzen, unterstreicht das enge Vertrauensverhältnis. So geben laut der Studie Finanzierung im Mittelstand 2018 zwei Drittel der Unternehmen an, den Kreis ihrer Finanzpartner in den vergangenen beiden Jahren nicht erweitert zu haben. Nur ein Drittel der Befragten hat neue Finanzierungspartner in Anspruch genommen. Hier kamen insbesondere regionale Banken als zusätzliche Finanzierungspartner mit ins Boot. Für eine Erweiterung durch ein Fintech entschied sich lediglich 1 Prozent der befragten Unternehmen (Abbildung 3).

Obwohl viele Fintechs inzwischen Finanzierungsmöglichkeiten anbieten, die bereits im Bewilligungsprozess Zeitersparnisse gegenüber der Hausbank versprechen, dominieren für die meisten Unternehmer aktuell noch die Risiken der Nutzung von Fintechs. Obgleich ein Wechsel zu einem digitalen Finanzdienstleister aktuell noch nicht opportun zu sein scheint, sieht der Mittelstand Potenziale in Fintechs und seinen Dienstleistungen.

Die Einschätzung der gegenwärtigen Bedeutung zeigt allerdings auch, dass der Weg zu größerer Relevanz noch Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft sowie die Sicherstellung eines längerfristigen Fortbestehens der Fintech-Unternehmen erfordern wird.

Fußnoten

1) Die komplette Studie kann über www.ebnerstolz.de angefordert werden.

2) Vgl. Dorfleitner, G.; Hornuf, L. (2016): "Fintech-Markt in Deutschland". Abrufbar unter: www.bundesfinanzministerium.de

MICHAEL EUCHNER ist seit 2009 geschäftsführender Gesellschafter bei der Ebner Stolz Management Consultants GmbH, Stuttgart, und hat sich auf M&A-Beratung, Unternehmensfinanzierung und Restrukturierungen sowie Sanierungen spezialisiert.

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