BANKING

Vergleichsportale in der Finanzdienstleistung

Partner und zukünftiger Wettbewerber zugleich

Dr. Anja Peters, Foto: Tobias Büttner, Photo Büttner

Vergleichsportale werden mittlerweile auch in der Finanzdienstleistungsbranche relevanter. Da sie weit mehr anbieten als reine Vergleiche, gewinnen sie zunehmend an Bedeutung für Verbraucher. Finanzdienstleister stehen vor der Frage, wie sie mit diesen Entwicklungen am besten umgehen sollen. In einer neuen ibi-research-Studie werden die Geschäftsmodelle von Finanzvergleichsportalen in Deutschland und deren Auswirkungen auf den Wettbewerb untersucht. Die Autoren haben für die Studie den Markt genau analysiert und stellen nachfolgend zentrale Aspekte vor. (Red.)

Im Zuge der Digitalisierung haben sich Vergleichsportale (VP) als neue Dienstleistung zwischen Verbraucher und Produktanbieter etabliert. Sie nehmen heutzutage eine wichtige Rolle im Entscheidungsprozess der Verbraucher ein. Auch die Finanzdienstleistungsbranche ist davon betroffen, da eine Vielzahl der Portale ihren Nutzern auch oder ausschließlich den Vergleich bis hin zum Abschluss verschiedener Finanzprodukte ermöglicht. Mit Partnernetzwerken und der Ausweitung des Geschäftsmodells bis hin zum Full-Service-Provider besetzen Vergleichsportale zunehmend direkt die Kundenschnittstelle. Auch Finanzdienstleister (FDLer) stehen somit vor den grundlegenden Fragen, wie sie auf diese Entwicklungen des Marktes reagieren sollen und welche Strategie die passende ist.

Vergleichsportale haben sich neben den bestehenden unternehmensinternen und externen Vertriebskanälen deutlich als digitaler Vertriebskanal aufgestellt und

- fungieren als Intermediär zwischen Produktanbieter und Nutzer,

- ermöglichen den Vergleich von Produkten und Preisen durch die verbraucherfreundliche Darstellung der Vergleichsergebnisse,

- aggregieren die Informationen zu den Produkten, um den Kunden die passenden Produkte beziehungsweise Tarife aufzuzeigen,

- erstellen zum Teil eigene Fachartikel, Ratgeber, Tariftabellen oder andere Inhalte,

- bereiten die Ergebnisse mehr und mehr kundenspezifisch auf, zum Beispiel durch die Abfrage relevanter Angaben oder die Bereitstellung diverser Filter.

Die Zielsetzungen eines Vergleichsportals beziehungsweise der entsprechenden Nutzung sind dabei vor allem die Verringerung des Suchaufwands und der Transaktionskosten für den Verbraucher sowie die Erhöhung der Transparenz zur Verbesserung der Vergleichbarkeit der Produkte oder Preise.

Vergleichen und mehr

Die Relevanz von Vergleichsportalen ist in der Finanzdienstleistungsbranche stetig gewachsen. Stellten sie anfangs im Rahmen einfacher Preis- oder Konditionenvergleiche entsprechende Ergebnisse zur Verfügung, spielen sie aktuell insbesondere als Kooperationspartner der Finanzdienstleister eine wichtige Rolle bei der Generierung von Kundenkontakten. Zusätzlich werden sie zunehmend selbst als Wettbewerber am Markt aktiv, indem sie ihr Leistungsportfolio stetig weiter aus bauen bis hin zum Angebot eigener Produktausprägungen. Verbunden ist dies mit einem ausgedehnten Beziehungsgeflecht, welches die Ausweitung der Angebotsstruktur zum Teil erst ermöglicht.

Als Grundlage einer Studie zum Thema "Vergleichsportale in der Finanzdienstleistung" haben die Autoren den Markt analysiert und dabei besonderes Augenmerk auf die Geschäftsmodelle der Portale gelegt. Ziel war es, letztere insbesondere in Bezug auf deren Implikationen für den Wettbewerb zu untersuchen. Validiert wurden die Research-Tätigkeiten durch eine Online-Umfrage bei Bankexperten, um ein breiteres Meinungsbild zu gewinnen und Handlungsoptionen abzuleiten.

Geschäftsmodelle der Portale

Die Geschäftsmodelle der Vergleichsportale lassen sich bei näherer Betrachtung nach diversen Kategorien unterscheiden, so unter anderem nach

- Leistungsspektrum (Preis- oder Produktvergleich, angebotene Zusatz-Services),

- Branchenabdeckung (eine oder mehrere),

- Ertragsmodell (Nutzungsgebühr, Payper-Sale, Pay-per-Click, Werbung),

- Produkterwerb (Kauf innerhalb des Portals oder Weiterleitung auf die Webseite des Produktgebers).

Ausgehend von diesen Unterscheidungsmerkmalen in Bezug auf das jeweilige Geschäftsmodell wurden beispielhaft zwölf Vergleichsrechner für Konsumentenkredite nach den Dimensionen Produktabdeckung (spezifisch oder übergreifend) und Serviceangebot (gering oder umfassend) verortet, siehe Abbildung 1.

Auffällig ist dabei derzeit noch eine starke Verortung von Portalen im Bereich "produktspezifisch/geringes Serviceangebot". Diese Produkt- und gleichzeitig Branchenspezialisten fokussieren sich auf ein bestimmtes Marktsegment und bleiben dabei gleichzeitig der originären Aufgabe des Vergleichsportals treu. Je weiter eine Verortung nach oben und nach rechts in der Matrix erfolgt, desto übergreifender werden diverse Branchen bedient und desto umfassender ist das Angebot der Dienstleistung. Vereinzelt fungieren hier Portale als Vorreiter in Richtung eines Full-Service-Dienstleisters bis hin zum Angebot eigener Finanzprodukte.

Implikationen für den Wettbewerb

Die oben genannten Experten wurden zunächst um eine Einschätzung der heutigen Relevanz der Portale gebeten. Demnach nimmt die Bedeutung von Vergleichsportalen (VP) als Informations- und Abschlusskanal insgesamt weiter zu. Diese nehmen starken Einfluss auf die Vertriebsstrategie, die Preissensitivität des Kunden, die Wettbewerbssituation innerhalb der Branche, den Kundenkontakt sowie auf die Neukundengewinnung (siehe Abbildung 2).

Auch zukünftig wird den Vergleichsportalen eine steigende Relevanz als Informations- und Abschlusskanal beigemessen. Bei der Frage nach den Auswirkungen von Vergleichsportalen auf die Finanzdienstleistungsbranche in fünf Jahren stimmten 90 Prozent der Experten der These "Vergleichsportale werden eine wichtige Rolle in der gesamten Omnikanal-Strategie einer Bank einnehmen" zu oder eher zu.

Als interessant erweist sich an dieser Stelle eine Frage nach dem möglichen Markteintritt heutiger großer Technologieunternehmen. Bei der Fragestellung "Wie lautet Ihre Einschätzung zu folgenden Aussagen hinsichtlich des Markteintritts der folgenden Technologieunternehmen in den Vergleichsportalmarkt?" wird in Summe am ehesten den möglichen Wettbewerbern Amazon und Google eine erfolgreiche Aktivität als Anbieter eines Vergleichsportals für Finanzdienstleistungen zugetraut (siehe Abbildung 3).

Auch Paypal wird als möglicher Akteur im Markt von Vergleichsportalen gesehen, wenn auch für weniger erfolgreich gehalten. Als Anbieter eigener Finanzprodukte über Vergleichsportale sind aus Sicht der Experten eben Paypal und auch Amazon ernsthafte Konkurrenten. Facebook und Apple werden eher nicht als tatsächliche Akteure vermutet beziehungsweise als weniger relevant erachtet, auch wenn Apple bei der Aussage "Im Fall eines Markteintritts als VP würden die Kunden diesem Unternehmen großes Vertrauen entgegenbringen" durchaus Zustimmung erfährt.

Umgang mit Vergleichsportalen

Die Strategien für Finanzdienstleister für den Umgang mit Vergleichsportalen orientieren sich insgesamt zumeist an den positiven Auswirkungen der Portale, so zum Beispiel in Bezug auf die Stärkung des eigenen Omnikanal-Auftritts oder der Marktbekanntheit. Auch das Angebot zusätzlicher Serviceleistungen zur Bindung der Kunden an das Portal, das Angebot zur Beratung zu den Produkten durch das Portal und die komplette Abwicklung des Vertragsabschlusses durch das Portal werden für die Auswahl eines Vergleichsportals als durchaus relevant erachtet.

Negative Auswirkungen des Bedeutungsgewinns von Vergleichsportalen werden zwar durchaus erkannt, können jedoch nicht umfassend vermieden werden. Von Seiten der befragten Experten wird den Finanzdienstleistern insbesondere das weitere Eingehen von Kooperationsbeziehungen mit Vergleichsportalen zur Produktlistung empfohlen. Auch wird eine strategische Beteiligung als sinnvoll erachtet (siehe Abbildung 4).

Finanzdienstleister befinden sich letztlich durchaus in einem Spannungsfeld aus den bekannten positiven Effekten der Positionierung auf Vergleichsportalen und den Risiken. Zu letzteren zählen Gefahr des Kundenkontaktverlusts, Verringerung der Möglichkeiten zur Neukundengewinnung, Konkurrenz von eigenen Produkten zu Produkten der Vergleichsportale sowie den Anforderungen an Ausgestaltung und Bepreisung der eigenen Produkte auf den Vergleichsportalen.

Vergleichsportale auf dem Vormarsch

Die Ergebnisse der Marktanalyse zeigen, dass der Markt für Vergleichsportale in der Finanzdienstleistungsbranche in den letzten Jahren ein starkes Wachstum aufweist und starke Verflechtungen zwischen den Portalen bestehen. Ein zentraler Aspekt im Geschäftsmodell der Portale sind zudem ausgeprägte Partnernetzwerke. Dennoch herrscht ein starker Wettbewerb, der unter anderem auch durch zum Teil aggressive Marketingstrategien deutlich wird.

Die Ergebnisse der Analyse geben zudem wieder, dass die Geschäftsmodelle der Portale sich stark hinsichtlich der Verwendung eines eigenen oder fremden Vergleichsrechners, der Branchenabdeckung sowie der Serviceangebote unterscheiden. Insgesamt gewinnt die Gestaltung des Serviceangebots und der Abschlussprozesse zunehmend an Bedeutung. Künftig scheint eine Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle einiger Portale zu Full-Service-Dienstleistern wahrscheinlich. Der Weg dorthin ist von den Branchenführern deutlich beschritten. All diese Facetten erfordern eine bewusste Umgangsstrategie seitens der Finanzdienstleister.

Weitere Informationen zur Veröffentlichung finden sich unter:

https://ibi.de/veroeffentlichungen/vergleichsportale-in-der-finanzdienstleistung

DR. ANJA PETERS ist Geschäftsführerin der ibi research an der Universität Regensburg GmbH. Ihr inhaltlicher Fokus liegt auf der Digitalisierung in der Finanzdienstleistungsbranche.
E-Mail: anja.peters[at]ibi[dot]de
STEPHAN WEBER ist Research Director im Competence Center Digital Banking bei der ibi research an der Universität Regensburg GmbH.
E-Mail: stephan.weber[at]ibi[dot]de
Dr. Anja Peters , Geschäftsführerin , ibi research an der Universität Regensburg GmbH
Stephan Weber , Research Director im Competence Center Digital Banking, ibi research an der Universität Regensburg GmbH

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