FACTORING

"Die Digitalisierung erfordert smarte Lösungen"

Interview mit Arnulf Romann

Arnulf Romann ist Gründungspartner und CEO der efcom GmbH, Neu-Isenburg. Foto: efcom GmbH

IT-Dienstleistungen für die Factoring-Branche haben sich in den letzten Jahren sehr verändert. Arnulf Romann begleitet diesen Prozess seit zwei Jahrzehnten. Im FLF-Interview blickt er sowohl zurück als auch nach vorne und teilt seine Erfahrung. Dabei spricht er unter anderem über die Meilensteine, über Softwarelösungen sowie über die Chancen und Herausforderungen der Branche im Hinblick auf den digitalen Wandel. (Red.)

Herr Romann, efcom feiert in diesem Jahr 20-jähriges Jubiläum. Welche Meilensteine gab es bisher für das Unternehmen?

In den 20 Jahren seit unserer Gründung ist in der Tat viel passiert. Aber es wäre ja auch fatal, wenn dem nicht so wäre. Als Meilenstein würde ich etwa unseren Sprung ins europäische Ausland sehen. Damit hat sich unser Kundenkreis deutlich erweitert und das hat unserer Entwicklung einen enormen Schub verschafft. Wir mussten lernen, anders zu denken und die Probleme in anderen Ländern zu verstehen. Unsere ersten Auslandskunden haben wir übrigens schon 2004 akquiriert.

Ein weiterer echter Meilenstein war die Einführung unseres Online-Tools efOnline inklusive WebServices - als smartes Kommunikations-Portal zwischen Factor und Factoring-Kunde. Das Tool haben wir seitdem konsequent weiterentwickelt und verbessert. Wir sehen hier noch enormes Potenzial für die Zukunft, auch für den Stande-Alone-Einsatz ohne unser Flaggschiff-Produkt ef3.

Was sind die Herausforderungen, wenn ein Unternehmen in elf Ländern Factoring-Institute betreut?

Wir sind ausschließlich im europäischen Ausland aktiv. Aber auch hier sind die rechtlichen Rahmenbedingungen teils sehr unterschiedlich. Hinzu kommen Unterschiede im Grundverständnis der einzelnen Factoring-Produkte sowie eine immer stärkere Regulierung in fast allen Ländern. Die Frage ist, salopp formuliert: Schwappen diese Einflüsse aus anderen Märkten zukünftig eher zu uns oder umgekehrt? Ein weiterer Aspekt ist, dass sich die Wirtschaft im Allgemeinen rasant verändert und die Art des Zusammenarbeitens. Die Stichwörter sind hier Digitalisierung, Automatisierung, Blockchain. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich dadurch auch das Factoring mit der Zeit verändern wird. Und das ist eine große Herausforderung für alle Institute und Marktteilnehmer - auch für uns. Wir sehen darin auf der anderen Seite jede Menge Chancen und begleiten jeden, der Bedarf hat, gerne bei diesem Veränderungsprozess.

Warum sind Ihnen internationale Partnerschaften so wichtig?

Für uns spielte und spielt der Faktor Kundennähe eine enorm wichtige Rolle. Daher war es aus unserer Sicht ein logischer Schritt, über ausländische Partnerschaften mehr Nähe zu den Kunden zu schaffen. Das werden wir auch in Zukunft noch weiter ausbauen.

Solche Partnerschaften sind für uns aber nicht nur aus Vertriebssicht interessant, sondern wir suchen bewusst auch nach technischen Partnern, mit denen wir neue Produkte entwickeln können. Gora IT Solutions aus Slowenien ist hier ein gutes Beispiel. Mit Gora tauschen wir uns seit nunmehr sechs Jahren über neue technische Lösungen aus und nutzen erfolgreich Synergie-Effekte.

Was hat sich durch den digitalen Fortschritt für die Factoring-Branche verändert?

Wir können heute ganz andere Volumina abbilden als noch vor zehn bis 15 Jahren. Unsere Großkunden bearbeiten teilweise mehrere hunderttausend Rechnungen pro Tag, das lässt sich nur auf digitalem Wege lösen. Parallel dazu musste man das Risiko-Management anpassen: Niemand kann und will bei derartigen Zahlen alle Rechnungen händisch prüfen lassen.

Das klingt nach Herausforderungen.

Immer höhere Factoring-Volumina bei gleichbleibend hohen Anforderungen an das Risiko-Management erfordern eben auch smarte Lösungen. Das ist in der Tat eine der großen Herausforderungen, der man sich in unserer Branche stellen muss. Einfach, weil das die Märkte und Rahmenbedingungen mit sich bringen.

Wir sehen uns dafür aber gut vorbereitet. Das liegt auch daran, dass wir stetig schauen, wo wir uns noch weiter verbessern können. Hier bietet die Digitalisierung neue Chancen, zum Beispiel durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). KI führt zu einer besseren und automatisierten Risikokontrolle. Wir leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Betrugsprävention.

Künstliche Intelligenz scheint also eine wichtige Rolle zu spielen?

Künstliche Intelligenz ist tatsächlich ein Top-Thema, auch im Factoring-Bereich. Wir verwenden KI derzeit in zwei Bereichen: Zum einen beim Matching von Zahlungseingängen und zum anderen im Rahmen unseres Risikoveritäts-Moduls, bei dem Rechnungen intelligent geprüft werden. Ersteres ist eine Lösung unseres spanischen Partners Tech4Fin, auf die wir zurückgreifen. Das Tool ordnet mithilfe von KI offenen Rechnungen Zahlungseingänge zu - entweder automatisch oder manuell. Es handelt sich dabei um ein selbstlernendes System, das mit Erfahrungswerten aus vergangenen Abgleichprozessen arbeitet.

Das Risikoveritäts-Modul ist unsere Eigenentwicklung. Es hilft Kunden dabei, auch im Big-Data-Umfeld eine verlässliche Risikoeinschätzung ihres Geschäfts zu erzielen. Dabei erfolgt eine Prüfung nach bestimmten Mustern, zum Beispiel durch eine Benford-Analyse. Gibt es signifikante Abweichungen vom erwarteten Muster, bekommt man Hinweise auf mögliche Betrugsfälle. Der zuständige Risikomanager erhält dann eine Liste mit ausgewählten, kritischen Fällen, die er anschließend bearbeiten kann. Letztlich liefert das Modul so aussagekräftige Daten als Entscheidungsgrundlage. Wir haben sowohl mit dem Matching- als auch mit dem Risikoveritäts-Modul gute Erfahrungen gesammelt und erhalten durchweg positive Resonanzen von unseren Kunden.

Darüber hinaus arbeiten wir am Einsatz von KI bei der so genannten Limit-Automatisierung. Hier laufen bereits erste Kundenprojekte. Hintergrund ist, dass Factoring-Limite auf einer Vielzahl von Informationen basieren wie etwa externe Rating-Werte oder Angaben von Kreditversicherungen. Eine Anpassung der Einzel-Limite erfolgte bislang eher teilautomatisiert. Das heißt, es bedurfte immer eines finalen Checks durch die jeweiligen Mitarbeiter. Das wollen wir ändern und den gesamten Prozess der Limit-Anpassung durch KI dynamisieren. Die Vorteile für den Factor liegen auf der Hand: Mehr Effizienz bei der Arbeitserledigung durch Prozess-Automatisierung.

Welche Möglichkeiten ergeben sich durch die Digitalisierung für den Factoring-Kunden?

Wir können die Bearbeitung von Factoring-Prozessen auf ein neues Level heben: Mussten zum Beispiel früher Unterlagen vom Factoring-Kunden per Post an den Factor zugeschickt werden, kann man das heute alles bequem online hochladen.

Kunden werden dadurch in die Lage versetzt, Prozesse selbst zu steuern und zu kontrollieren. Das ist eine User-Experience, die nicht zu unterschätzen ist. Außerdem lassen sich wichtige Informationen jederzeit in Echtzeit abrufen und man bleibt als Nutzer immer auf dem neuesten Stand. Das sind klare Pluspunkte in Sachen Effizienz und Transparenz für unsere Kunden, die so auch wahrgenommen werden.

Was ist Ihr Erfolgsrezept in Sachen Factoring-Software?

Unsere Kern-Software ef3 arbeitet auf Einzelbelegebene und besitzt somit eine besondere Datentiefe und -genauigkeit. Unsere Kunden profitieren zudem von einer hohen Bearbeitungsgeschwindigkeit. Diese Kombination aus Präzision und Schnelligkeit auch bei Massendaten ist im Bereich der Factoring-Software einzigartig.

Außerdem gelingt es uns, den Spagat zwischen Standard-Software und starker Individualisierung zu schaffen. Je nach Bedarf können Kunden bei uns wählen, was für sie in Frage kommt - das Standard-Paket oder die Customizing-Variante. Wir leisten hier natürlich im Vorfeld die entsprechende Beratung. Zu erwähnen ist auch, dass wir über die gesamten Jahre hinweg eine hundertprozentige Erfolgsrate bei Projekten vorweisen können. Das heißt, bislang wurde keine Implementierung abgebrochen. Zuverlässigkeit und Beständigkeit sind tatsächlich unsere großen Stärken.

Welche Factoring-Software-Produkte liegen stark im Trend?

Es sind vor allem die WebService-Angebote, die zunehmend nachgefragt werden und auch weiterhin im Trend sind. Der ideale Austausch zwischen Anbieter und Nutzer erfolgt on demand, individuell und flexibel. Wie bereits erwähnt, können wir zum Beispiel über die Kombination von WebServices mit efOnline genau das gewährleisten. Das eröffnet zahlreiche Vorteile für beide Seiten - sowohl für den Factor als auch für dessen Kunden.

Was sollte eine passende Software unbedingt können?

Die Stichworte lauten: Transparenz, Verfügbarkeit, Sicherheit und Geschwindigkeit. Diese Faktoren sollten in jeder Software-Lösung ausreichend berücksichtigt werden, sonst brauchen Sie bei keinem potenziellen Kunden an die Tür zu klopfen. Und ja: Unsere Produkte decken diese Kriterien sehr gut ab. Aber das ist kein Selbstläufer und wir müssen immer wieder hinterfragen, ob und wie die jeweilige Lösung für unsere Kunden einen echten Mehrwert bietet.

Welche Features gibt es heute noch nicht, die Sie sich wünschen würden?

Ich würde es eher von der anderen Seite aus betrachten: Was müsste auf Kundenseite passieren, damit wir zukünftig Prozesse noch effizienter gestalten können? Wir sind heute dazu in der Lage, bei Kunden eine Umsetzung gemäß des Straight Through Processing (STP) für Teilbereiche einzurichten - zum Beispiel für die Auszahlung, Buchung oder Auszahlung.

Das Ziel sollte meiner Meinung nach aber lauten, eine STP-Umsetzung in allen Bereichen zu erreichen. Dadurch ergeben sich klare Vorteile für die betreffenden Factoring-Unternehmen, zum Beispiel eine effiziente Automatisierung. Vor diesem Hintergrund würde ich mir einen entsprechenden Wandel im Denken wünschen.

Was bedeutet die DSGVO für Factoring-Software?

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist auch für uns ein wichtiges Thema. Vieles hatten wir schon vor Inkrafttreten der Verordnung in unserer Software berücksichtigt. Einiges mussten wir dann noch nachjustieren. Wir stellen unseren Kunden zum Beispiel ein Extra-Tool für die Umsetzung der DSGVO zur Verfügung. Man kann damit über einen Dialog nach Personen suchen und nach Daten, die an diese Personen gebunden sind.

Die Ergebnisse werden dann in einer Übersicht dargestellt und man kann sie entsprechend weiterverarbeiten. Das bedeutet: Löschbare Informationen können tatsächlich gelöscht und nicht löschbare Informationen anonymisiert werden. Auf diese Weise erleichtern wir unseren Kunden den DSGVO-konformen Umgang mit personenbezogenen Daten und verbinden es gleichzeitig mit einer Automatisierung.

Wie gestaltet sich die Betreuung eines Kunden?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten, da die Unterschiede mitunter sehr groß sein können. Einige Kunden entscheiden sich für Standard-Lösungen, wiederum andere benötigen sehr individuelle Lösungen - wir sprechen hier also von Paket-Angebot versus tiefe Integration. Während bei Ersterem sowohl Kosten als auch Zeitaufwände überschaubar bleiben, sind bei Letzterem im Prinzip die Grenzen nach oben offen.

Was genau kann man sich unter den von Ihnen angebotenen Schulungen vorstellen?

Grundsätzlich bieten wir Schulungen für verschiedene Zielgruppen an. Bei Neukunden konzentrieren wir uns zuerst auf die Key-User, also alle Verantwortlichen im Projekt-Team. Sie erhalten jeweils themenübergreifende Trainings. Später folgen dann die finalen User, die wir je nach Rolle und Tagesaufgabe zielgerichtet schulen. Das findet meist beim Kunden vor Ort statt, wir bieten aber auch Schulungen in unseren Räumlichkeiten an - im Rahmen unserer Schulungs-Academy.

Unsere Bestandskunden fragen oft nach Trainings für neue Mitarbeiter an, außerdem gibt es Schulungen für neue Module sowie verschiedene Auffrischungs-Kurse. Zusätzlich führen wir IT-seitige Trainings bei Kunden durch, um das bestmögliche Betreiben unserer Software in deren Systemlandschaft zu ermöglichen. Schulungen zu allgemeinen Factoring-Themen sind ebenfalls möglich. Wir sind schließlich seit nunmehr zwei Jahrzehnten im Geschäft und da gibt man sein Wissen auch gerne an andere weiter.

Vielen Dank für das Gespräch.

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