LEASING

" Digitalisierung ernst nehmen"

Drei Fragen zur Studie an Stephan Ninow

Stephan Ninow, Geschäftsführer Abcfinance GmbH, Düsseldorf, Foto: Abcfinance GmbH

Neben dem generellen Trend zu mehr Leasing hat sich auch der Anspruch an den Leasing-Geber gewandelt. Neben der Finanzierungsfunktion des Instruments werden weiterführende Serviceleistungen erwartet, genau wie eine persönliche Beratung sowie innovative und gleichzeitig individuelle Lösungen. Laut Stephan Ninow können letztendlich nur Anbieter erfolgreich sein, die die richtige Mischung aus digitalem Service und exzellenter Beratung bereithalten. (Red.)

Herr Ninow, was ziehen Sie aus den Ergebnissen der vorgelegten Studie? Der Wunsch nach persönlicher Beratung scheint ja dem Trend zur Digitalisierung entgegenzustehen. Können sich die Finanzdienstleister also in Sachen Digitalisierung zurücklehnen?

Auf keinen Fall. Digitalisierung bricht radikal mit Traditionen, durchdringt alle Lebensbereiche und verändert auf vielfältige und tiefgreifende Art und Weise, wie die Finanzbranche ihre Geschäfte betreibt. Das betrifft auch Leasing-Unternehmen. Die Antwort markiert meines Erachtens einen Zwischenstand und betrifft tatsächlich eher die Entscheidungsphase sowie die konkrete Ausgestaltung der Verträge. Da vermitteln fachlich versierte Berater Sicherheit. Aber: Wer die Digitalisierung von Produkten und Geschäftsprozessen halbherzig betreibt oder gar ignoriert, der verliert. Wer sie ernst nimmt, gewinnt. Daran arbeiten alle Anbieter mit Hochdruck. Es braucht nur einen Marktteilnehmer, der den entscheidenden Schritt entwickelt. Sehr viele Menschen und Unternehmen leben und agieren schon jetzt digital - und es werden immer mehr, was auch mit dem Alter zu tun hat: je jünger, desto digitaler.

Die Jungen von heute sind die Alten von morgen. Sie sind gewohnt, einfach und schnell, bequem, flexibel, preiswert und umfassend beraten und bedient zu werden - online wie offline, egal, um was für ein Geschäft es geht. Onlinebanking ist mittlerweile die Regel und nicht mehr Ausnahme, der Vergleich von Angeboten, Tarifen und Konditionen sowie der anschließende Kauf oder Abschluss ist immer nur ein paar Klicks entfernt.

Wie muss die Branche reagieren?

Die Studie zeigt, dass die Prozesse für die Kunden einfach und effizient gestaltet werden müssen - das geht nur, wenn alle relevanten Backoffice-Aktivitäten und die gesamte Vertragsgestaltung konsequent digitalisiert wird. Digitalisierung steht für enorme Transparenz, sowohl auf Seiten der Kunden, die im Internet recherchieren, als auch seitens Unternehmen, die viel über Kunden herausfinden können, um sie optimal zu bedienen - selbstverständlich unter Beachtung aller datenschutzrechtlicher Themen. Eine konsequente Digitalisierung sorgt dafür, dass Leasing-Unternehmen auch in Zukunft das bieten können, was zählt: konkurrenzfähige Angebote, auskömmliche Margen, kreative Vorschläge wie zum Beispiel All-in-Verträge sowie exzellenten Service, hohe Kundenfreundlichkeit und -zufriedenheit.

Wie hilft Digitalisierung innovative Angebote zu machen?

Das klassische Leasing mit festen Raten und festen Laufzeiten ist nach wie vor sehr beliebt. Aber unserer Einschätzung nach werden nutzungsabhängige Raten bei zyklischer Auslastung oder saisonalen Schwankungen noch beliebter, wenn Unternehmen damit erst mal Erfahrungen gemacht haben. Digitalisierung hilft dann, die Betriebsdaten von Maschinen, Fahrzeugen und betrieblichen Anlagen mit eingebauten Sensoren in Echtzeit zu messen, zu übertragen und somit Wartungsbedarf und Verschleiß exakt zu ermitteln und jederzeit im Blick zu haben. Ist ein Leasing-Objekt gering, mäßig oder - über den Ein-Schicht-Betrieb hinaus - maximal im Einsatz? Die Digitalisierung macht es möglich, die jeweiligen Restwerte präzise zu bestimmen. Vorteil für den Kunden: Er ist in der Lage, seinen Cashflow zu optimieren. Vorteil Leasing-Unternehmen: Die exakten Informationen über die Betriebsdaten machen solche sogenannten Pay-per-Use-Verträge erst umsetzbar. Außerdem lassen sich Produkte individuell auf die Bedürfnisse des Kunden anpassen. Damit entsteht Kundenbindung, die enorm wichtig ist.

In der Praxis werden Mischmodelle dominieren: Online-Produkte sind weitgehend standardisiert, komplexe Full-Service-Verträge - Finanzierung, Wartung, Service - mit flexiblen oder sogar nutzungsabhängigen Leasing-Raten werden in der Regel mit einem Kundenberater abgeschlossen. Kundenberater und Kunde arbeiten langfristig zusammen, es herrscht ein Vertrauensverhältnis. Bezogen auf die Leasing-Branche wird auf absehbare Zeit derjenige Anbieter erfolgreich sein, der für sein spezielles Kundensegment die richtige Mischung aus digitalem Service und exzellenter Beratung bereithält.

Steckbrief zur Studie: Ende 2018 befragte das unabhängige Unternehmen Foerster & Thelen insgesamt 550 mittelständische Unternehmen mit Sitz in Deutschland zu ihren Einstellungen rund um das Produkt Leasing. Die Kontaktdaten wurden durch das Marktforschungsinstitut generiert und durch Abcfinance-Kundendaten ergänzt. Die Interviewpartner sind überwiegend in der Geschäftsführung oder in der Finanzabteilung tätig und in dieser Funktion für den Bereich Leasing verantwortlich beziehungsweise mitverantwortlich. Der Fragebogen umfasste 20 geschlossene und offene Fragen. Für Unternehmen, die kein Leasing nutzen, kam ein verkürzter Fragebogen zum Einsatz. Die Unternehmen stammen aus einer Vielzahl unterschiedlichster Branchen und nahmen an der Studie teil.Die Branchenvielfalt reicht vom produzierenden Gewerbe (Anteil 26 Prozent) über Dienstleistungen, das verarbeitende Gewerbe, Handel, Bau, Transport und Logistik sowie Handwerk (Anteil acht bis 14 Prozent) bis hin zu Gesundheit, Medizin und Gastronomie (Anteil drei bis vier Prozent). 94 Prozent der befragten Unternehmen verzeichnen einen Umsatz bis zu 50 Millionen Euro, 86 Prozent beschäftigen nicht mehr als 150 Mitarbeiter - und erfüllen damit die definitorischen Kriterien des Mittelstandes.In Deutschland gelten 99 Prozent aller Unternehmen als Kleinstunternehmen (unter zehn Mitarbeiter, bis zwei Millionen Euro Umsatz), Kleinunternehmen (unter 50 Mitarbeiter, bis zehn Millionen Euro Umsatz) oder mittlere Unternehmen (unter 250 Mitarbeiter, bis 50 Millionen Euro Umsatz). Diese sogenannten KMU sind von zentraler Bedeutung für Wohlstand und Beschäftigung. Die befragten Unternehmen repräsentieren die KMU in ausgewogener Art und Weise - mit einem Schwerpunkt bis 100 Mitarbeiter und einem Umsatz von einer bis zehn Millionen Euro.
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