REFINANZIERUNG

"Die Digitalisierung macht auch vor der Refinanzierung nicht halt"

Interview mit Ingo Gnaß

Ingo Gnaß, Foto: Elfriede Liebenow

Durch digitale Prozesse werden auch bei der Refinanzierung Abläufe effizienter. Damit bieten sich neue Möglichkeiten, den Workflow zu optimieren und Kundenwünsche zu berücksichtigen. Ingo Gnaß hat sich mit dem Ansatz umfassend beschäftigt und gibt im Interview Einblick in den Stand der Entwicklung. Die Umsetzung ist nicht immer einfach, doch bei seinem Unternehmen ist der Abwicklungsprozess komplett digitalisiert. Die Dokumentation der Refinanzierungsunterlagen werden an die Banken elektronisch eingereicht. (Red.)

Wie entwickelt sich der Digitalisierungsprozess in Ihrem Hause?

Bereits seit über 15 Jahren arbeitet Conlink mit einem digitalen Dokumentenmanagement-System, welches für die Archivierung der Dokumente genutzt wird. Dieses ist mit einer Office-Software sowie unserem bestandsführenden System vernetzt, sodass von dort automatisch die erstellten Dokumente archiviert werden. Als mittelständische Leasing-Gesellschaft waren wir sicher einer der Ersten, die dieses umgesetzt haben, inklusive Archivierung der Bestandsdokumente.

Das Kern-IT-System wurde ständig auf unsere Bedürfnisse in der hauseigenen IT-Abteilung angepasst. Es wurden Workflows programmiert, sodass zum Beispiel bei Antragsgenehmigungen die refinanzierende Bank angefragt und die entsprechende Genehmigung im System verarbeitet wird. Zudem werden dadurch die involvierten Abteilungen beziehungsweise Händler über die Genehmigung automatisiert informiert (eventuell mit Auflagen). In der Vertragsabwicklung werden die Workflows für die Vertragsannahme oder -abrechnung optimiert, sodass Buchungen und Schreiben an Kunden oder Lieferanten automatisch generiert werden. In diesem Zuge wurde der Schriftverkehr weitgehend auf E-Mail umgestellt.

Wie stellt sich die Digitalisierung für den Kunden dar?

Seit gut zwei Jahren ist der gesamte Abwicklungsprozess komplett digitalisiert. Die Angebotsanfrage erfolgt über ein Internetportal, in dem der Kunde seine Angebotsfragen inklusive der dazugehörigen Dokumente hochladen und ausdrucken kann. Weiterhin steht dem Kunden hier ein Dashboard zur Verfügung, in dem er seine aktuellen Anfragen, Anträge und Verträge auf einen Blick einsehen kann. Ebenso lässt sich darüber der aktuelle Status seines Antrags einsehen. Anträge werden durch die integrierte Creditreform-Abfrage sowie Scorecard automatisch genehmigt. Ein manueller Eingriff ist natürlich weiterhin möglich. Eingangsrechnungen werden - soweit nicht schon per Mail eingegangen - gescannt, vom jeweiligen Sachbearbeiter geprüft und mit seiner digitalen Unterschrift über das Dokumentenmanagement-System an die Buchhaltung weitergereicht. Alle generierten Dokumente werden im digitalen Dokumentenmanagement-System archiviert.

Wo lagen die Herausforderungen bei diesem Prozess?

Es gibt immer wieder Prozessbrüche: Vertragspartner, die das Webtool nicht benutzen wollen, Kunden, die Unterlagen nicht in digitaler Form einreichen, Vertragsdokumente (zum Beispiel Sicherheitenverträge), die für eventuelle Rechtsprozesse im Original vorgehalten werden müssen oder Geschäftspartner, die rein digitale Dokumente nicht akzeptieren wollen.

Sobald eine Mailadresse im System hinterlegt wurde, werden die Dokumente auf dem Mailweg versendet. Sollte keine Mailadresse hinterlegt sein, erkennt dies das System. In diesem Fall wird ein Dokumentenausdruck vorgenommen und die Dokumente werden auf dem Postweg versendet. Unterschriften durch die Kunden müssen bisher noch manuell auf den ausgedruckten Dokumenten erfolgen, welche im Anschluss aber wieder ins Portal gescannt beziehungsweise hochgeladen werden. Nur Dokumente wie zum Beispiel Fahrzeugpapiere müssen auf dem Postweg an uns geschickt werden.

Wie verhält es sich mit der Refinanzierung?

Die Digitalisierung macht auch vor der Refinanzierung nicht halt. Wir Finanzdienstleister sind aufgrund der Rahmenbedingungen gezwungen, effizient und kostengünstig zu "produzieren". Damit sitzen wir alle im gleichen Boot, unabhängig vom primären Geschäftsfokus. Von daher ist der Trend vorgegeben und beide Seiten - Finanzdienstleistungsinstitute wie Banken - profitieren von schlankeren Abwicklungen, nur der Umstellungsprozess macht Arbeit.

Der Vorteil ist: Mittels digitaler Abwicklung kann unserer IT - durch Einräumung von Leserechten der refinanzierenden Banken - Einblick in sämtliche Bonitäts- und Vertragsunterlagen bezüglich der zu refinanzierenden Verträge gewährt werden. So kann man eine "ferngesteuerte" Sicherheitenprüfung bei uns vornehmen.

Viele Bankpartner verwalten mittlerweile auch ihre Akten in digitaler Form. Von daher erspart sich der Bankpartner die Transformation von Papier in eine digitale Version. Bei dem eigentlichen Prozess der Refinanzierung/Eindeckung werden oft nur noch Listen mit den spezifizierten Vertrags- und Objektdaten mit Zahlungsströmen ausgetauscht. Uns erschwert es, dass jeder Bankpartner die Daten nach einem vorgegebenen Schema aufbereitet haben will. Jedes Haus hat seine eigene Methodik und IT-Systematik. Es ist Wunschdenken zu glauben, dass man sich in der Branche/Refinanzierung auf ein einheitliches Datenformat verständigen könnte.

Wie verlief die Umstellung?

Das alles mag sich leicht und unkompliziert anhören, war es damals aber nicht. Einige unserer Bankpartner hatten sich bis dato mit der Thematik noch nicht beschäftigt und mussten dieses erstmal im Hause klären. Wenn man sich für einen voll digitalen Prozess entscheidet, müssen alle mitmachen und digitale Vertragswerke und -abwicklung akzeptieren. Den Prozess klassisch und digital parallel laufen zu lassen, funktioniert nicht. Der Abstimmungsbedarf mit allen Bankpartnern war insgesamt hoch, aber wir haben keinen verloren. Allen beteiligten Banken und Sparkassen an dieser Stelle ein großes Dankeschön!

Die Aufbereitung der Daten in Einreichungslisten, die die Refinanzierungspartner individuell nach unterschiedlichen Formaten brauchen, ist anfänglich aufwendig, genauso wie die individuelle Zusammenstellung von Vertrags- und Bonitätsunterlagen, die zur Abrechnung benötigt werden. Das Ganze war kein Selbstzweck. Die Vorbereitungen zu einem voll digitalen Prozess haben viele Ressourcen verbraucht. Insbesondere musste das Vertragswerk - die Allgemeinen Geschäftsbedingungen - an die Digitalisierung rechtlich angepasst werden und die Vertragsmuster im System neu hinterlegt werden.

Aufgrund unserer akquirierten Vendorpartner, die ab 1000 Euro Vertragsabschnitte einreichen, sind wir voll in der Abwicklung im Massen-/Mengengeschäft angekommen. Wir waren als Finanzinstitut gezwungen, unsere Prozesse bestmöglich zu automatisieren. Allein schon um wettbewerbsfähig zu sein. Die Erwartungshaltung an eine schnelle, reibungslose Abwicklung in allen Prozessbereichen gibt letztendlich der Absatzfinanzierungspartner vor.

Welche technischen Voraussetzungen mussten geschaffen werden?

Bei unserem bestandsführenden System handelt es sich um ein gekauftes Produkt, welches kundengerecht angepasst werden kann. Für alle Abteilungen gibt es inzwischen selbsterstellte Workflows, die teilweise eine grafische Benutzeroberfläche zur Parametereingabe besitzen, um die Abteilungsaufgaben zu vereinfachen und aber auch Fehler durch manuelles Handling zu vermeiden. Außerdem werden viele Aufgaben als nächtliche Jobs auf speziellen Jobservern verarbeitet. Die eingerichtete Benutzerverwaltung gewährleistet, dass nur bestimmte Be nutzergruppen gewisse Workflows aus führen dürfen. Stichwort: IT-(Daten)-Sicherheit.

Die Wartung unserer Serverlandschaft wurde an ein externes Unternehmen vergeben, welches sich auch um die Backups und Sicherheitseinstellungen (zum Beispiel Firewall) kümmert. Die Arbeitsplätze der einzelnen Mitarbeiter sind als virtuelle Umgebung mittels einer umfassenden Arbeitsplatz-Software eingerichtet, sodass jeder Angestellte von jedem Arbeitsplatz und von überall aus seine vertraute Oberfläche sieht. Das hat sich natürlich in Pandemiezeiten mit mobilen Homeoffice-Lösungen bestens bewährt.

Auf welche Hürden stoßen Sie?

Woran es manchmal hakt, ist das (sichere) Übersenden von Bonitätsunterlagen per Mail. Das ist derzeit noch etwas schwierig aufgrund der Datenmengen und der erforderlichen Sicherheitsverschlüsselung. Aber bisher ist immer eine Lösung gefunden worden. Oftmals versendet man dann Unterlagen in mehreren Mails. Viele Bankpartner ermöglichen das Einliefern von Unterlagen mittlerweile durch Hochladen im deren Webportal. Das ist sehr hilfreich und auch für uns komfortabel. Außerdem werden oft die möglichen Datenmengen (zum Beispiel bis 20 MB) in der E-Mail erhöht, um diese durch die jeweiligen Firewalls zu lassen.

Wohin geht die Reise?

Die IT ist natürlich nie fertig. Es gibt seitens der Anwender/Mitarbeiter sehr viele Wünsche, die Workflows weiterzuentwickeln, zu optimieren und die IT bietet immer neue Möglichkeiten. Das nächste Projekt ist die autorisierte digitale Unterschrift. Auch das wird von unseren Vendorpartnern erwartet. Zudem arbeiten wir daran, dass unsere Hauptlieferanten ihre Rechnungen digital einreichen, damit diese dann maschinell eingelesen werden können. Auch werden wir den Absatzfinanzierungsprozess am Point-of-Sale durch verbesserte Frontendtools weiter optimieren, sodass unter anderem die Finanzierungsobjekte automatisiert in die Anlagenbuchhaltung eingespielt werden können und die Vertragserstellung vor Ort noch einfacher in der Anwendung läuft.

Fazit: Um kostengünstig produzieren zu können, kommt man insbesondere im Mengengeschäft um eine weitgehende Digitalisierung nicht herum, Ihnen laufen ansonsten die Kosten davon. Schnelligkeit in der Genehmigung und professionelle Abwicklung ist ein Wettbewerbskriterium. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass der Verbrauch an Papier, Toner, aber auch Lagerkapazitäten für Archivierung in Zeiten der geforderten Nachhaltigkeit sehr zurückgegangen ist.

Ingo Gnaß ist Geschäftsführer Marktfolge, Conlink Fulfillment GmbH, Seevetal
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