LEASING

Zehn Fragen an ... die neue BDL-Hauptgeschäftsführerin Dr. Claudia Conen

Dr. Claudia Conen, Foto: BDL

Frau Dr. Conen, in Ihrem Beitrag haben Sie beschrieben, welche Themen Sie und den BDL aktuell bewegen.

Mit einer solchen Einstiegssituation konnte wirklich niemand rechnen. Es ist eine große Herausforderung, aber auch eine sehr spannende Zeit. Denn jetzt ist es wichtig, sich einzubringen und die Zukunft mitzugestalten. Zum Glück ist es für mich kein Sprung ins kalte Wasser, denn ich hatte in früheren Positionen bereits die Verantwortung für das Lobbying der Förder- und Landesbanken inne.

Nun befindet sich Deutschland in einer Ausnahmesituation - wie geht es Ihnen nach den ersten Monaten im Amt?

Um der aktuellen Situation zumindest etwas Gutes abzugewinnen: Ich bin sehr schnell in den Austausch mit vielen Vorständen und Geschäftsführern in der Branche gekommen und ich habe schnell erfahren, dass ich mich auf das engagierte und kompetente Team in der BDL-Geschäftsstelle verlassen kann.

Bis Ende Februar war so eine dramatische Entwicklung nicht abzusehen. Was hatten Sie sich für den Verband vorgenommen und was konnten Sie bereits erreichen?

Das Potenzial der Branche wird häufig noch unterschätzt. Wir sind zwar eine sehr spezielle, aber keineswegs unbedeutende Branche, was unsere Neugeschäftszahlen deutlich zeigen (siehe Abbildung 2).

Mein Ziel war und ist es daher, die Leasing-Branche noch stärker präsent zu machen, den BDL mit anderen Wirtschaftsverbänden in Berlin zu vernetzen und die Kontakte in die Politik - fraktionsübergreifend und in die verschiedenen Ministerien hinein - weiter auszubauen. Wie wichtig das ist, hat sich nicht zuletzt in der Corona-Krise gezeigt. Eine im politischen Berlin präsente Leasing-Branche ist die Grundvoraussetzung, um Gehör für unsere Anliegen zu erhalten.

Noch besser ist es, wenn sich mehrere Verbände zusammentun, um gemeinsame Interessen zu erreichen. Daher haben wir zu Beginn der Krise die in meinem Artikel beschriebene Allianz mit sieben Verbänden ins Leben gerufen, um weitere Liquiditätshilfen für den Mittelstand einzufordern. Darüber hinaus ist es wichtig, sich ad-hoc als Partner der großen Spitzenverbände zu zeigen, wie bei unserem "Brandbrief" mit dem Verband der Automobilwirtschaft (VDA) an die Bundesregierung.

Wie beeinflusst die Corona- Krise konkret die Leasing-Branche?

Wichtig in diesen Krisenzeiten ist auf jeden Fall der Zusammenhalt der Branche. Nur so können wir uns Gehör verschaffen und Vorteile für uns erreichen.

Die Auswirkungen des Shutdowns bedrohen alle Wirtschaftsbranchen in einem nie gekannten Ausmaß, unabhängig von ihrer Größe und Eigentümerstruktur.

Wir haben schnell analysiert, wie eine konkrete Hilfestellung für Leasing-Unternehmen aussehen muss und wo die Praxisprobleme liegen. Das garantieabgesicherte Stundungsmodell ist nur eine von zahlreichen Forderungen und Initiativen, die wir gestartet haben.

Die Corona-Pandemie außen vor gelassen - wie zufrieden sind Sie mit den aktuellen Entwicklungen des BDL?

Eine Einschätzung der aktuellen Entwicklungen, ohne die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu berücksichtigen, ist gar nicht möglich. Vielleicht dieses: Der BDL und die Leasing-Branche schauen immer nach vorn. Das Bohren dicker Bretter, wenn es um ihre Anliegen geht, ist die Branche gewohnt. Der BDL hat dafür einen langen Atem. Und die Leasing-Gesellschaften haben in der Vergangenheit, wie in der Finanzkrise, stets die Herausforderungen angenommen und innovative Wege gefunden, sich neuen Situationen anzupassen.

Was gefällt Ihnen an Ihrem neuen Amt besonders gut?

Mich hat der Wechsel aus dem Bankensektor in eine sehr spezielle Branche gereizt. Die Leasing-Wirtschaft verzahnt Finanz- und Wirtschaftssektor miteinander, sie ist näher dran an der Realwirtschaft. Zudem ist die Branche sehr heterogen, mit einer starken mittelständischen Prägung. Es herrscht eine andere Kultur untereinander, das gefällt mir gut.

Wird sich an der Ausrichtung des BDL etwas ändern und welche Prioritäten gibt es?

Aktuell dominieren die Auswirkungen des Shutdowns die tägliche Arbeit. Business as usual wird es in den nächsten Monaten nicht geben. Die Relevanz der Digitalisierung hat jeder in den vergangenen Wochen am eigenen Leib erfahren. Daher werden wir auch beim BDL darauf einen noch stärkeren Fokus legen, zum Beispiel bei den Weiterbildungsangeboten über die BDL-Akademie und in der Kommunikation mit unseren Mitgliedern. In der Krise hat sich auch die projektbasierte Zusammenarbeit bewährt. Diese werden wir stärker ausbauen. In der Praxis heißt das, dass mit einem Fachthema sofort die implizierte Frage gestellt wird, welche Wirtschaftsakteure noch betroffen sind und wie und wann wir das Thema in der Politik und in der Öffentlichkeit platzieren.

Wie macht sich der digitale Wandel bei der Arbeit des BDL bemerkbar?

In der Geschäftsstelle des BDL mussten wir kurzfristig noch digitaler werden. Wir mussten auf Telefon- und Videokonferenzen ausweichen - nicht nur in der Kommunikation mit den Mitgliedern und den Gremien, sondern auch untereinander, denn natürlich arbeiten in der aktuellen Situation auch bei uns einige aus dem Team im Homeoffice. Das bedeutet auch Veränderungen in der Zusammenarbeit unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Welche Rolle kommt dem BDL in Sachen Nachhaltigkeit zu?

Vor der Corona-Pandemie war Nachhaltigkeit das beherrschende Thema - in allen Wirtschaftsbereichen, in der Politik, der Aufsicht und den Medien. Ich bin davon überzeugt, dass die Herausforderungen um Sharing Economy, Kreislaufwirtschaft und "grüne Finanzierungen" nach der Krise maßgeblich fortgeführt werden. Als Leasing-Branche können wir einen aktiven Part übernehmen, den Wandel der Wirtschaft zu begleiten, auch nach der Covid-19-Pandemie.

Es sind enorme Investitionen in umweltfreundlichere Technologien notwendig, in Energieeffizienz, in Elektromobilität oder in neue Mobilitätskonzepte, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Leasing-Wirtschaft wird sicher einen großen Anteil dieser Investitionen für ihre Kunden realisieren.

Unsere Marktbefragungen zeigen, dass Leasing hierfür bevorzugtes Finanzierungsinstrument ist. Aber auch das Geschäftsmodell selbst kann eine Schlüsselrolle für die Kreislaufwirtschaft spielen. Der Leasing-Leitgedanke "Nutzen statt Eigentum", aber auch die Vermarktung der Rückläufer aus Leasing-Verträgen an weitere Nutzer befeuern den Kreislaufgedanken.

Entsprechend können wir uns beim Aktionsprogramm Kreislaufwirtschaft und bei der Industriestrategie der EU positionieren.

Ich glaube, dass nach der Krise die grundsätzliche Frage nach dem Sinn und der Verantwortung des Wirtschaftens stärker gestellt wird. Dies wird sicher auch vom gesellschaftlichen Wandel durch Corona begleitet.

Was liegt Ihnen für die Zukunft des BDL und der Leasing-Branche ganz besonders am Herzen?

Für mich ist das Wichtigste, dass die Branche gut aus der Krise herauskommt und dass ihre Vielfalt, ihre mittelständische Struktur gesichert bleibt. Die Leasing-Wirtschaft wird eine starke Rolle beim "Wiederaufbau" der Wirtschaft spielen.

Grundsätzlich werden wir nicht müde, die Vorteile des Leasing-Geschäftsmodells und seine Bedeutung für die Volkswirtschaft noch stärker in das Bewusstsein von Öffentlichkeit und Politik zu rücken. Gerade auch vor dem Hintergrund der bereits seit langem diskutierten - und zu Recht geforderten - Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie.

Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg.

Dr. Claudia Conen ist seit dem 1. Januar 2020 Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher-Leasing-Unternehmen e.V. (BDL). Die promovierte Wirtschaftsjuristin bringt eine breite Expertise bei den Themen Mittelstandsfinanzierung und Finanzmarktregulierung mit. In den ersten Monaten gab es durch die Corona-Krise besondere Herausforderungen, aber auch erste Erfolge und Perspektiven für die Zeit nach dem Ausnahmezustand.

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