NEW GENERATION - Die 111 besten deutschen Jungwinzer präsentiert von STUART PIGOTT WEINGUT ANDREAS BIESELIN

Weingut Andreas Bieselin

In Rheinhessen ginge Andreas Bieselin (Jahrgang 1981) glatt als typischer Jungwinzer durch, im traditionslastigen Baden hingegen wirkt er wie ein Revoluzzer. Sein Weingut hat er 2002 in seinem Elternhaus gegründet, mitten in einem Wohngebiet sehr ungewöhnlich für Baden. Aber er hat es gewagt. Und gewonnen, wie seine duftigen und verspielten trocknen Weißweine beweisen, die man in Südbaden nicht unbedingt vermutet:

Riesling und Muskateller spielen hier sonst keine bedeutende Rolle. Diese glasklaren Weißweine machen Lust auf mehr, ein entscheidender Erfolgsfaktor, der dieses Weingut nach oben gebracht hat. Heute hat Andreas seinen eignen Keller. Aber der coole Verkostungsraum befindet sich nach wie vor im Elternhaus. Die ersten Jahre sind um, aber so richtig durchgestartet sind Andreas und seine Frau Olivia erst vor wenigen Jahren. Das zeigt ein feinfruchtiger, eleganter Spätburgunder Rosé, der in der ersten badischen Liga spielt. Und auch seine Rotweine werden immer besser. Ein Wunderkind wird erwachsen.

Als Andreas Bieselin 2002 sein Weingut gründete, erfüllte er sich nicht nur selbst einen seit dem folgenreichen Praktikum bei Bernhard Huber in Malterdingen gehegten Wunsch, sondern auch seinem Vater, der sein Leben lang von einem eigenen Weingut geträumt hatte. Der steht ihm noch heute mit Rat und Tat zur Seite. Die Anfänge waren natürlich nicht leicht. Alles musste neu angeschafft werden und äußerst bescheiden: Gerade einmal ein halber Hektar Rebfläche stand zur Verfügung. Heute sind es immerhin fünf, die "so gut es geht" naturnah bewirtschaftet werden. Sein Rebsortenspiegel umfasst zwölf Positionen; der Schwerpunkt liegt bei Riesling, Spätburgunder, Auxerrois und Muskateller. "Wein, Secco, Brände und Lebensqualität", so beschreibt der nicht nur sprachlich sehr kreative Winzer sein Angebot.

In dem Spitzenweingut von Bernhard Huber hat Andreas Bieselin auch seine Ausbildung gemacht. Anschließend verbrachte er ein Jahr in der Toskana auf dem Weingut Poggio al Sole. Dort hat er auch das kennengelernt, was man in Italien Agriturismo nennt. Das möchte er auch im heimischen Ettenheim verwirklichen: durch den Neubau eines Weinguts mit Ferienwohnungen mitten in den Weinbergen, von denen man einen fantastischen Blick bis nach Straßburg hat. Doch das ist für den technisch Interessierten noch ebenso Zukunftsmusik wie Beat Barriques, die Anschaffung von Barriquefässern mit integrierter Musikanlage.

Aus dem Tutschfelder Wolfersberg mit Lößboden und tiefgründigem Muschelkalk stammen die Trauben zu Andreas Bieselins Lieblingswein, dem 2012er Wein-Gut Rosé trocken, einem Saignée vom Spätburgunder, den er nach Kaltmazeration und spontaner Gärung in acht bis zehn Jahre alten Barriquefässern ausgebaut hat. Der "Wein mit hohem Spaßfaktor vom Abend bis zum Morgengrauen" zaubert Frühling und Vorsommer in die Nase. Mineralität und Frucht von Erdbeere über Himbeere bis zur roten Stachelbeere sowie pflanzliche Noten von Brennnessel, Efeu und Hagebutte passen gut zusammen. Der Wein ist ebenso originell und unverkrampft wie sein Erzeuger.

Weintipp aus der Zeitschrift:

FINE Das Weinmagazin - Special No.2

Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag

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