Dienstleister im Genossenschaftsverbund: Herausforderungen und Antworten

Welchen Herausforderungen müssen sich die Dienstleister im Genossenschaftsverbund zukünftig stellen? Die Antwort auf diese Frage fällt naturgemäß in den verschiedenen Unternehmen, die den Volksund Raiffeisenbanken als Lösungs- und Produktlieferanten zur Verfügung stehen, auch unterschiedlich aus. Von der Digitalisierung der Prozesse, die VR-Leasing-Vorstandsvorsitzenden Theophil Graband für das Firmenkundengeschäft umtreibt, und mit der sich Reinhard Klein, der Vorstandsvorsitzende der Bausparkasse Schwäbisch Hall in seinem Bereich auseinandersetzt. Über die Zukunft der Lebensversicherung, die Frank-Henning Florian, Vorstandsvorsitzender der R+V Lebensversicherung, beschäftigt. Er betont Sicherheit als höchstes Anlagemotiv der Deutschen. Die Abkehr verschiedener Versicherer von Garantien bezeichnet er als den falschen Weg. Gleichzeitig sieht Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender der Union Investment, das von den Deutschen seit Jahrzehnten eingeübte Sparverhalten in zinsbasierten Produkten als überholt an. Bis hin zu den Hypothekenbanken der Finanzgruppe: Hier hebt Vorstandssprecher Dr. Louis Hagen die langfristige strategische Aufstellung der Münchener Hyp als Dienstleister im Verbund hervor, aber auch als selbstständig gewinnorientiert arbeitendes Unternehmen. Und Dr. Georg Reutter, Vorstandsvorsitzender der DG Hyp, betont die Vorteile der Zusammenarbeit mit den Volks- und Raiffeisenbanken, in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Umfeld. Da Investoren derzeit neben den Top-Lagen auch die Oberzentren in den Fokus nehmen, können die genossenschaftlichen Primärbanken ihre Kenntnisse der Märkte nach seiner Einschätzung besonders stark ausspielen. (Red.)

Frank-Henning Florian

Die Lebensversicherung ist unverzichtbar

Frank-Henning Florian, Vorsitzender des Vorstands, R+V Lebensversicherung

Angesichts anhaltender Niedrigzinsen taucht in den Diskussionen über die Altersvorsorge regelmäßig auch die Frage zur Zukunft der Lebensversicherung auf. Einige Kritiker und Medien verkünden dabei oft deren bevorstehendes Ende. Weitaus sinnvoller sind jedoch eine umgekehrte Betrachtung der Situation und die Frage: "Ist eine Zukunft ohne Lebensversicherung vorstellbar?" Die Antwort darauf ist ein klares Nein. Denn wer im Ruhestand lebenslange und garantierte Zahlungen wünscht, kommt an Lebens- oder Rentenversicherungen definitiv nicht vorbei - und das aus mehreren Gründen.

Ein zentrales Argument ist die demografische Entwicklung. Fakt ist, die Deutschen leben immer länger. Doch wovon? Die gesetzliche Rente allein kann den gewohnten Lebensstandard im Alter nicht sichern. Denn immer weniger Arbeitnehmer finanzieren immer mehr Ruheständler, die zugleich eine immer höhere Lebenserwartung haben. So beziehen Rentner in Deutschland aktuell im Schnitt 19 Jahre lang Leistungen. Und die Lebenserwartung steigt rasant: Ein heute geborener Junge wird im Schnitt 77,7 Jahre alt, ein Mädchen sogar 82,8 Jahre.

Gestiegene Lebenserwartung

Damit ist die Lebenserwartung in der vergleichsweise kurzen Zeitspanne von 25 Jahren erheblich gestiegen, nämlich um vier Jahre und neun Monate für Mädchen und sogar um sechs Jahre für Jungen. Diese Entwicklung ist zwar grundsätzlich erfreulich. Doch wer länger lebt, der braucht auch länger Geld - und am besten lebenslange Zahlungen.

Übrigens stammt schon heute ein immer größerer Teil der Alterseinkommen aus privater Vorsorge. Rein rechnerisch kamen 2014 laut Branchenverband GDV auf 100 Euro aus der gesetzlichen Rente knapp 31 Euro aus Lebensversicherungsverträgen, vor 20 Jahren waren es erst 16,60 Euro. Insgesamt haben die deutschen Lebensversicherer im vergangenen Jahr gut 84,4 Milliarden Euro an ihre Kunden ausgezahlt. Das entspricht 231 Millionen Euro pro Tag.

Kunden wünschen Sicherheit

Aber noch viele weitere Aspekte sprechen für die beliebteste Altersvorsorge der Deutschen, die immerhin 92,5 Millionen Verträge besitzen. Ein ganz wichtiger ist die Sicherheit. Fragt man die Bürger, was bei der privaten Altersvorsorge besonders wichtig ist, wird dieser Aspekt am häufigsten genannt. In einer Umfrage von TNS Infratest sagten das 76 Prozent. Den Kunden ist es sehr wichtig, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt über eine garantierte Summe verfügen. Das erklärt zugleich die anhaltende Beliebtheit der klassischen Lebensversicherung mit ihren garantierten Leistungen. Auf Platz 2 (44 Prozent) folgen die lebenslangen Leistungen, mit etwas Abstand die "Versorgung der Hinterbliebenen im Todesfall" (20 Prozent) und die "staatliche Förderung" (20 Prozent).

Staatliche Förderung sorgt für zusätzliche Rendite

Die Zulagen von "Vater Staat" und diverse Steuervorteile sorgen für einen zusätzlichen Renditeschub. Solche Zuwendungen lassen beispielsweise einige Riesterrenten-Kritiker gerne außen vor. Dabei zahlt der Staat bei "Riester" 154 Euro Grundzulage und bis zu 300 Euro für jedes Kind. Ein Beispiel: Wer 20000 Euro pro Jahr verdient und zwei Kinder hat, kann fast allein aus den Zulagen die erforderlichen vier Prozent des Einkommens aufbringen. Und bei der "Rürup-Rente" winken den rund 4,5 Millionen Selbstständigen und Freiberuflern attraktive Steuervorteile.

Die Rendite war in der TNS-Umfrage mit 13 Prozent eher abgeschlagen - wobei sich diese bei Lebensversicherungen durch aus sehen lassen kann. Die R+V Lebensversicherung AG beispielsweise bietet ihren Kunden in diesem Jahr eine Gesamtverzinsung von 3,8 Prozent. Diese liegt wegen der politisch gewollten Niedrigzinsen zwar unter den Werten der Vorjahre. Im Vergleich zu anderen sicheren Anlagen sind 3,8 Prozent jedoch ein ausgezeichneter Wert. So wirft etwa die Lieblingsanlage der Deutschen, das Sparbuch, praktisch keine Zinsen mehr ab, ebenso Tages- oder Festgelder. Und bei Aktien kommt es auf die richtige Auswahl und ein gutes Timing an. Das kann gut gehen, muss es aber nicht.

Garantien sind wichtig

Klassische Produkte mit garantierten Beträgen sind und bleiben aus diesen Gründen eine hervorragende Wahl für alle Altersvorsorgesparer. Eine Abkehr von Garantien - wie es derzeit einige Lebensversicherer propagieren - halten wir bei R+V für den falschen Weg. Garantien sind wichtig für Menschen, die Planbarkeit und Sicherheit suchen - und das gilt eben für die meisten Kunden.

Wir sind bei R+V vielmehr der Auffassung, dass ein guter Versicherer die gesamte Produktpalette anbieten sollte. Wer statt der klassischen Variante lieber die Chancen der Aktienmärkte nutzen möchte, kann bei uns eine fondsgebundene Versicherung abschließen. Und wer Aktien und feste Verzinsung in einem wünscht, für den hat R+V die Index-Invest-Produkte. Dabei kann der Kunde jährlich neu zwischen Partizipation am Euro Stoxx 50 oder einer festen Verzinsung wählen.

Aber ganz gleich, für welches Produkt sich der Kunde nun entscheidet. Eine Lebens- oder Rentenversicherung - egal ob klassisch, fondsgebunden oder als Mischform - gehört zur privaten Altersvorsorge unbedingt dazu. Denn sie garantiert mit ihren lebenslangen Leistungen finanzielle Planungssicherheit für viele Jahrzehnte.

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Theophil Graband

Einfache Produkte und digitale Prozesse für Firmenkunden

Theophil Graband, Vorsitzender des Vorstands, VR-LEASING

Die Genossenschaftsbanken stehen in den nächsten Jahren vor einer Vielzahl von Herausforderungen im Firmenkundengeschäft - jedoch aus einer starken Marktposition heraus. Neben der anhaltenden Niedrigzinsphase und steigenden regulatorischen Vorgaben verändert insbesondere die Digitalisierung Kundenbedürfnisse. Firmenkunden erwarten von ihrer Bank Orientierungshilfe und ein umfassendes Leistungsspektrum - vom klassischen Kredit über die komplexe Akquisitionsfinanzierung bis hin zu Leasing- und Factoringlösungen. Zudem drängen Fintechs als weitere Wettbewerber auf den Markt für Kreditvermittlung, wenn auch häufig mit hohen Konditionen. Sie profitieren davon, dass die Preispolitik im Firmenkundengeschäft oft noch intransparent ist und es die größten Potenziale zur Vereinfachung von Prozessen durch Digitalisierung bietet.

Finanzierungsentscheidung innerhalb weniger Minuten

Hier setzt die VR-Leasing-Gruppe an und hat im Bereich der eigenkapitalschonenden Finanzierungslösungen mehrere erfolgskritische Faktoren für sich identifiziert: Neben einem klaren Fokus auf die Bedürfnisse regional verwurzelter Mittelständler sind dies eine innovative Produktpalette samt fairer Preise, die für den Kunden einfach erklärbar ist, sowie schnelle, digitale Prozesse von der Beratungsunterstützung bis hin zur Finanzierungsentscheidung. Das Ziel: die Genossenschaftsbanken bestmöglich dabei zu unterstützen, ihre Position als Partner des deutschen Mittelstands auszubauen und insbesondere im Gewerbekundensegment weitere Potenziale zu heben. Die VR-Leasing-Gruppe will dieses Kundensegment durch besonders einfache und somit schnelle Finanzierungslösungen überzeugen. So kann der Berater der Genossenschaftsbank mithilfe des Online-Tools der VR-Leasing-Gruppe, das über eine integrierte automatisierte Entscheidungsfindung verfügt, bereits heute Finanzierungsanfragen bis 200 000 Euro innerhalb weniger Minuten entscheiden und bei Zusage dem Kunden direkt einen Vertrag aushändigen. Ankerprodukt ist die 2013 gestartete Mietkauflösung VR-Leasing express. Mit ihr können neue und gebrauchte Objekte wie etwa Bau- und Landmaschinen, technische Geräte oder auch IT finanziert werden. Der unbürokratische Finanzierungsprozess entlastet den Bankberater. Er kann die eingesparte Zeit für die Bearbeitung weiterer Investitionsanfragen und für Beratungsgespräche nutzen.

Rund 4 Milliarden Euro Marktpotenzial im Gewerbekundensegment

Die Marktdurchdringung kann also mithilfe digitaler Finanzierungsprozesse deutlich erhöht und nach Schätzungen der VR-Leasing-Gruppe ein Potenzial innerhalb der Finanzgruppe bei Gewerbekunden von rund vier Milliarden Euro gehoben werden. Dabei unterstützen soll ein neues Kreditprodukt der VR-Leasing-Gruppe, das in engem Austausch mit Banken, Kunden und dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken Raiffeisenbanken entwickelt wurde. Es wird derzeit deutschlandweit in rund 30 Banken getestet. Auf Basis weniger Angaben aus der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Einnahmenüberschussrechnung bietet das Produkt Kunden einen Kreditrahmen von bis zu 50 000 Euro. Innerhalb des Kreditrahmens kann der Kunde dann ohne Zusatzkosten sechs Flexibilitätsoptionen wie etwa eine Ratenpause, Sondertilgungen bis zu 100 Prozent oder eine Laufzeitverlängerung beziehungsweise -verkürzung nutzen.

Digitalisierung vorantreiben

Neben der Digitalisierung interner Prozesse und einer onlinefähigen Produktpalette arbeitet die VR-Leasing-Gruppe mit daran, auch im Firmenkundengeschäft Möglichkeiten zu schaffen, mit denen ein Finanzierungsbedarf online an die genossenschaftliche Finanzgruppe adressiert werden kann. So können Unternehmer seit Ende 2014 über die Webseite der Mittelstandsinitiative "Deutschland made by Mittelstand" 24 Stunden am Tag eine detaillierte Anfrage nach Kredit-, Anlage- oder Leasing-Lösungen adressieren. Die Anfragen werden an die regional zuständige Genossenschaftsbank weitergeleitet und können dort unmittelbar bearbeitet werden.

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Louis Hagen

Der genossenschaftliche Auftrag der Münchener Hyp

Dr. Louis Hagen, Sprecher des Vorstands, Münchener Hypothekenbank

Mehr denn je müssen heute die Kreditinstitute beweisen, dass sie über ein tragfähiges Geschäftsmodell verfügen. Die Regulierungswelle, die seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise über die Branche hereingebrochen ist, und die Politik der Notenbank setzen die Geschäftsmodelle der Banken einem gewaltigen Druck aus. Wohl dem, der sich auf ein solides Fundament stützen kann. Während der Finanzmarktkrise hat sich insbesondere das Geschäftsmodell der Banken der genossenschaftlichen Finanzgruppe als widerstandsfähig erwiesen. Vor allem aber haben die Genossenschaftsbanken das Vertrauen ihrer Kunden und der Öffentlichkeit behalten, anders als manche andere in der Branche.

Dieses Geschäftsmodell beruht auf dem genossenschaftlichen Auftrag, der unmittelbar die Geschäftspolitik von knapp 1 050 Volksbanken und Raiffeisenbanken bestimmt. Wie diese ist auch die Münchener Hypothekenbank eG eine Genossenschaft und damit ist ihr Geschäftsmodell ebenfalls durch den genossenschaftlichen Auftrag geprägt. Wir haben rund 75 000 Mitglieder, die sich aus Kunden sowie Genossenschaftsbanken und Unternehmen der genossenschaftlichen Finanzgruppe zusammensetzen. Letztere halten mit rund 75 Prozent die überwiegende Mehrheit der Genossenschaftsanteile. Das zeigt, wie tief die Münchener Hyp in die genossenschaftliche Finanzgruppe integriert ist und wie bedeutend ihre Rolle als Verbundpartner ist.

Langfristig ausgerichtetes Geschäftsmodell

Was macht den genossenschaftlichen Auftrag der Hypothekenbank aus? Das Grundprinzip lautet: Die Förderung des Wohls der Mitglieder. Das Geschäftsmodell, das sich daraus ableitet, besticht vor allem durch seine Langfristigkeit. Denn Genossenschaftsanteile sind nicht handelbar und sie ermöglichen keine Mehrheitsbeteiligung. Es gilt das Prinzip "one man, one vote", gleich wie viele Anteile ein Mitglied besitzt. Somit orientiert sich die Geschäftspolitik stets am Wohlergehen aller Mitglieder und kann nicht von einem Mitglied über Gebühr beeinflusst werden. Wer in eine Genossenschaft investiert, ist deshalb vor allem an deren dauerhaften Erfolg interessiert und nicht an der kurzfristigen Maximierung seiner Rendite.

Der genossenschaftliche Auftrag ermöglicht es dem Unternehmen eine Geschäftspolitik zu betreiben, die insbesondere an den Interessen seiner Partnerbanken innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe ausgerichtet ist. Diese bestehen darin, die Wettbewerbsfähigkeit und den Markterfolg der örtlichen Genossenschaftsbanken in der privaten und gewerblichen Immobilienfinanzierung zu stärken. Damit leitet die Münchener Hyp ihren genossenschaftlichen Auftrag von dem der Primärbanken ab.

Selbstständige Behauptung am Markt

Das bedeutet jedoch nicht, dass sie als reiner Servicedienstleister fungiert. Der genossenschaftliche Auftrag muss stets ökonomisch begründet sein. Denn als eigenständige Genossenschaft sind wir wie die Primärbanken verpflichtet, gewinnorientiert zum wirtschaftlichen Wohl aller Mitglieder zu arbeiten. Nur so können wir unseren Auftrag in Einklang mit dem langfristigen Unternehmenserfolg der Münchener Hyp und den immer strengeren regulatorischen Anforderungen bringen.

Der Schlüssel dazu ist die Arbeitsteilung im Verbund, die eigenständige Marktauftritte erfordert. Unsere Partnerbanken und wir müssen uns jeweils selbstständig am Markt und im Wettbewerb behaupten. Damit erfolgt die verbundinterne Arbeitsteilung auf der Grundlage von Marktmechanismen, wodurch die jeweiligen Stärken gezielt ausgespielt werden können. Die Stärken der Volksbanken und Raiffeisenbanken sind ihre Kundennähe und ausgeprägte Vertriebskompetenz. Die Stärken der Münchener Hyp sind die Erfahrung als spezialisierter Immobilienfinanzierer, durch die das Finanzierungsangebot der Partnerbanken vor Ort erweitert werden kann. Hinzu kommt die hohe Refinanzierungskraft als Emittent von Pfandbriefen. Dadurch ist die Bank in der Lage, über alle Laufzeiten in der Immobilienfinanzierung attraktive Konditionen anzubieten. Darüber hinaus dienen die Pfandbriefe und ungedeckten Schuldverschreibungen den Primärbanken auch dazu, ihren Anlagebedarf zu decken. Der genossenschaftliche Auftrag trägt somit auf vielfältige Weise zum gemeinsamen Erfolg bei. Er sorgt - wie beschrieben - für eine gleichberechtigte Partnerschaft, da wir als Genossenschaft nicht wie ein Konzern agieren, sondern ebenfalls mittelständisch geprägt sind. Zudem sind viele der Partnerbanken als Mitglieder und Träger der Münchener Hyp über Organe und Gremien in die Entscheidungsprozesse eingebunden. Der gemeinsame Erfolg lässt sich auch in Zahlen ausdrücken. Seit 2010 hat sich das von den genossenschaftlichen Partnern vermittelte Neugeschäft in der privaten Immobilienfinanzierung mehr als verdoppelt und betrug im Jahr 2014 rund 2,2 Milliarden Euro. Für 2015 erwarten wir eine Steigerung des Volumens. Die Münchener Hyp verfügt damit über ein solides Fundament, um die Herausforderungen von Markt und Regulatorik zu meistern.

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Reinhard Klein

Digitalisierung: Gute Ausgangsposition für kommende Herausforderungen

Reinhard Klein, Vorsitzender des Vorstands, Bausparkasse Schwäbisch Hall

Die Finanzdienstleistungsbranche bewegt sich momentan in einem anspruchsvollen Umfeld. Zum einen schafft die Niedrigzinsphase erhebliche Herausforderungen für die Rentabilität. Bausparkassen sind besonders betroffen, weil sie in ihrer Anlagepolitik auf sehr sichere und damit renditeschwächere Anlagen begrenzt sind. Die Folge: Durch die niedrigen Renditen am Kapitalmarkt werden auch die Erträge in den kommenden Jahren zurückgehen. Zum anderen verändert, verteuert und verkompliziert die Regulatorik das Geschäft der Finanzdienstleister erheblich.

Niedrigzins und Regulatorik fordern schon weitgehend die Aufmerksamkeit der Finanzbranche. Trotzdem dürfen die Institute die schleichende Entwicklung auf der gesellschaftlichen Seite nicht übersehen. Denn das sich ändernde Verhalten der Kunden zwingt die Branche zu neuen Wegen. Soziale Medien und vor allem neue Technologien werden das Privatkundengeschäft revolutionieren: Die Kunden wählen ihre Finanzprodukte und -lösungen situativ und mobil, entscheiden zunehmend autonom und wünschen vollständige Transparenz, zum Beispiel über die Kosten des Angebots. Sie erwarten von ihrer Bank unbegrenzten Zugriff auf Informationen und verlangen eine Beratung auf Augenhöhe. Zunehmend wird es also schwieriger, die Kunden an eine Bank oder Finanzmarke zu binden - auch weil immer neue Anbieter mit Produktinnovationen in den Markt drängen.

Vielfältige Kanäle verknüpfen

Das veränderte Kundenverhalten - vor allem wenn es um die Nutzung neuer Medien geht - verlangt nach weiteren Kommunikationskanälen für Banken. Auch den klassischen Offline-Vertragsabschlüssen geht bereits in mehr als der Hälfte der Fälle eine Online-Informationssuche voraus. Dieser Ropo-Effekt ("Research Online, Purchase Offline") ist ein branchenübergreifender Trend, der weiter zunehmen wird. Vor diesem Hintergrund muss es den Finanzdienstleistern gelingen, die vielfältigen Kanäle vom und zum Kunden intelligent zu verknüpfen, oder technisch formuliert ein Omnikanal-Angebot aufzubauen, das systembruchfrei funktioniert.

Ein Stück dieses Weges ist die Bausparkasse bereits gegangen. Dabei ist es gerade nicht der Anspruch von Schwäbisch Hall, die beste Online-Bank zu werden, sondern das beste Omnikanal-Angebot anzubieten. So können Kunden von Schwäbisch Hall Bausparverträge online abschließen.

Allerdings ist die Zahl der Online-Abschlüsse im Vergleich zu den rund 800000 vermittelten Bausparverträgen insgesamt noch ausbaufähig. Daher stellt Schwäbisch Hall die Online-Präsenz und Kaufvorbereitung im Netz in den Vordergrund der Anstrengungen. So können Kunden zur Vorbereitung ihrer Baufinanzierung die Zinsrechner-App nutzen, um ihre monatliche Belastung zu ermitteln oder im Online-Service-Portal ihre persönlichen Angaben selbst aktualisieren. Die internen Prozesse werden so getaktet, dass Kunden, egal auf welchem Weg sie sich an ihre Bausparkasse wenden, zeitnah einheitliche Informationen oder Angebote erhalten.

Parallel zu diesen Herausforderungen müssen gerade die Bausparkassen ihre Hausaufgaben machen: Effizienz und Profitabilität steigern, gleichzeitig in IT und Markt investieren und intern eine hohe Veränderungsbereitschaft erlangen. Schwäbisch Hall hat diese Aufgaben bereits in Angriff genommen und befindet sich in einer guten Startposition für die kommenden Herausforderungen. Ziel der Bausparkasse ist und bleibt eine profitable Marktführerschaft rund um das Thema "Bauen und Wohnen".

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Hans Joachim Reinke

Die Evolution des Sparens - Wohlstand sichern im Niedrigzinsumfeld

Hans Joachim Reinke, Vorsitzender des Vorstands, Union Investment

Die Aussichten der Fondsbranche in Deutschland scheinen rosig zu sein. Der Absatz boomt in der Branche wie selten. Die Gründe scheinen auf der Hand zu liegen. Man könnte sie in drei Worten zusammenfassen: Zinsen, Zinsen, Zinsen. Denn genau die gibt es nicht mehr. Das Niedrigzinsumfeld wird in Deutschland wahrscheinlich mindestens bis zum Ende der Dekade andauern. Anlegern ist damit der wichtigste Verbündete beim Vermögensaufbau abhandengekommen: der Zinseszins. Während man in den 1960er bis 1990er Jahren das eigene Ersparte bei Anlage in eine zehnjährige Bundesanleihe in neun bis elf Jahren verdoppeln konnte, benötigt man heute je nach Tagesschwankung zwischen einem und mehreren Menschenleben. So führt derzeit kein Weg an Sach- und Substanzwerten vorbei. Und da sind Investmentfonds in ihrer vielfältigen Flexibilität einfach besser aufgestellt als andere Anlageprodukte.

Wird das Fondsgeschäft also zum Selbstläufer? Nein, bei Weitem nicht. Denn so komfortabel die Situation im Moment erscheinen mag, so viele ungelöste Herausforderungen liegen für die gesamte Branche auf dem Weg. Es lassen sich dabei drei Themenkomplexe unterscheiden: der Kapitalmarkt, die Regulierung und das Verhalten der Anleger. An den Kapitalmärkten hat es zuletzt einen deutlichen Rücksetzer nach einem rund sechsjährigen Bullenmarkt gegeben. China lässt grüßen. Und die geopolitischen Instabilitäten in Osteuropa und im Nahen und Mittleren Osten tun ihr Übriges, die Märkte in Atem zu halten. Aber auch auf den Immobilienmärkten läuft es nicht mehr nur rund. Der Konkurrenzdruck um begehrte Immobilien ist groß und hat das Preisniveau in einigen Sektoren und Regionen in Höhen getrieben, die es Investoren schwer machen, gute Objekte zu angemessenen Preisen zu erwerben.

Ungemach von Regulierungsseite

Auch von der Regulierungsseite droht nach wie vor Ungemach. Die Finanztransaktionssteuer ist noch immer nicht vom Tisch, da muss die Branche bereits darum kämpfen, dass mit der Investmentsteuerreform keine weitere Steuererhöhung für Anleger eingeführt wird. Auf der Vertriebsseite lauert ebenfalls Gefahr: Obwohl der deutsche Gesetzgeber die Honorar- mit der Provisionsberatung gleichberechtigt nebeneinander gelten lässt, gibt es nach wie vor Bestrebungen, die Provisionsberatung zu verbieten, wie in Großbritannien und den Niederlanden bereits geschehen.

Abgesehen davon, dass ein solcher Schritt die gesamten Geschäftsmodelle von Banken, Sparkassen und fast aller Finanzvertriebe infrage stellen würde, sind die Folgen einer solchen Regelung insbesondere in England bereits sichtbar geworden: Menschen, die nicht mindestens über eine sechsstellige Liquidität verfügen, erhalten keine Beratung mehr. De facto ist rund die Hälfte der Briten vom Kapitalmarkt abgeschnitten. Gerade diejenigen Bevölkerungsschichten, die aufgrund ihres relativ geringeren Vermögens besonders darauf angewiesen sind, zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen, können sich keine kostenpflichtige Beratung leisten. Die Folge ist eine weitere Spreizung zwischen Arm und Reich und damit genau das sozialpolitische Gegenteil dessen, was Politik und Verbraucherschützer vorgeben erreichen zu wollen.

Tradiertes Sparverhalten hat sich überlebt

Wie verhält sich der deutsche Anleger in dieser Gemengelage? Bisher fällt es ihm schwer, sich von seinem tradierten Sparverhalten nach dem Motto "Hauptsache sicher" zu lösen. Aktuell liegen 81 Prozent des Geldvermögens von 5,2 Billionen Euro der deutschen Privathaushalte in zinslastigen Anlagen und erwirtschaften praktisch kein zusätzliches Einkommen mehr. Die alten Muster in der Geldanlage haben sich überlebt. Eine Evolution des Sparens ist gefragt. Es reicht schon aus, an wenigen Stellschrauben leicht zu drehen und dabei sein Sicherheitsverständnis etwas weiterzuentwickeln. So sind etwa Fondssparpläne ein sehr einfaches und flexibles Mittel um Vermögen zu bilden. Wer etwa in der Vergangenheit 20 Jahre lang einen Sparplan auf den Aktienfonds UniGlobal bediente, konnte mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit eine Jahresrendite von mehr als fünf Prozent erzielen, während das Verlustrisiko gleichzeitig gegen Null tendierte. Auch in Hinblick auf die hohe Risikoaversion gibt es anlegerorientierte Lösungen. So sind Multi-Asset-Produkte eine passende Antwort, wie Anleger mit dem Zielkonflikt zwischen Risiko und Rendite vernünftig umgehen können. Sie übernehmen fortlaufend und zeitnah die Vermögensstrukturierung entsprechend der Risikoneigung des Anlegers. Die breite Diversifikation, kombiniert mit einem intelligenten Risikomanagement, minimiert das Verlustrisiko.

Sind Fonds also die Allzweckwaffe, insbesondere im Niedrigzinsumfeld? Zumindest haben sie sich als verlässliches Instrument der langfristigen Kapitalanlage erwiesen. Sie bieten einen professionellen Zugang zu den weltweiten Kapital- und Immobilienmärkten und öffnen damit allen Sparern auf einfache Weise die Chancen einer diversifizierten Anlage. Es wird auch künftig darauf ankommen, wie gut es gelingt, Anleger an ihrem Bedarf abzuholen und ihnen Angebote zu machen, die in die Zeit passen. Asset Manager, denen das gelingt, werden gute Jahre vor sich haben.

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Georg Reutter

Gewerbliche Immobilienfinanzierung in der Finanzgruppe

Dr. Georg Reutter, Vorsitzender des Vorstands, DG Hyp

Deutsche Immobilien sind derzeit eine gefragte Assetklasse. Angesichts der wirtschaftlichen und politischen Stabilität in Deutschland, guter Fundamentaldaten und historisch niedriger Zinsen ist die Marktentwicklung von einer anhaltend hohen Nachfrage von Anlegern aus dem In- und Ausland geprägt. Seit 2010 ist das Investmentgeschehen in Deutschland wieder spürbar gewachsen und hat sich innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppelt. Auch in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres hat das große Anlegerinteresse weiter zugenommen. Mit einem Transaktionsvolumen von 24 Milliarden Euro (ohne Wohnimmobilien) wurde eine signifikante Steigerung von mehr als 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum erzielt. Die Attraktivität des Marktes spiegelt sich auch in der wachsenden Nachfrage internationaler Investoren wider. So entfielen im ersten Halbjahr 2015 fast 60 Prozent des Transaktionsvolumens auf ausländische Anleger, die damit aktuell die stärkste Investorengruppe auf dem deutschen Gewerbeimmobilienmarkt darstellen.

Mit dem wachsenden Anlegerinteresse hat sich auch der Wettbewerb unter den Kreditgebern verschärft. Zahlreiche Banken haben ihre Aktivitäten in diesem Geschäftsfeld angesichts guter Refinanzierungsbedingungen in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut. Auch alternative Kapitalgeber wie Versicherungen, Pensionskassen und Kreditfonds sind in der Immobilienfinanzierung zunehmend aktiv. Insbesondere bei Finanzierungen mit Laufzeiten von mehr als zehn Jahren treten Versicherungen verstärkt im Markt auf. Langfristig dürfte der Anteil alternativer Kapitalgeber aber überschaubar bleiben. Über die Zyklen hinweg hat sich das klassische Bankgeschäft als besonders zuverlässige und volkswirtschaftlich günstige Form der Kreditgewährung erwiesen. Der Wettbewerb unter den Immobilienbanken wird auf mittlere Sicht aber intensiv bleiben, weil aufgrund der hohen Liquidität im Markt die Refinanzierung leichter geworden ist.

Regionale Standorte gefragt

Vor dem Hintergrund eines zunehmend geringeren Angebots von Core-Objekten bei gleichzeitig steigenden Preisen in den Metropolen rücken regionale Standorte immer stärker in den Fokus des Anlegerinteresses. Oberzentren bieten angesichts eines niedrigeren Preisniveaus und geringerer Volatilität attraktive Anlagealternativen zu Investitionen an Top-Standorten. Meist sind in den Regionen auch höhere Renditen realisierbar. In diesen Märkten ist die genossenschaftliche Finanzgruppe durch die erfolgreiche Zusammenarbeit von DG Hyp und Volksbanken und Raiffeisenbanken ein gefragter Finanzierungspartner deutscher und internationaler Investoren. Aufgrund der hohen Bedeutung des Wirtschaftszweigs - die Immobilienwirtschaft hat einen Anteil von rund 20 Prozent an der volkswirtschaftlichen Gesamtleistung Deutschlands - ist die gewerbliche Immobilienfinanzierung für die genossenschaftliche Finanzgruppe ein attraktives Geschäftsfeld. Dies belegt auch die kontinuierlich wachsende Anzahl der Partnerbanken der DG Hyp, die mittlerweile mit mehr als 400 Volksbanken und Raiffeisenbanken zusammenarbeitet.

Die gemeinsame Marktbearbeitung schafft Mehrwert für alle Beteiligten. Gemeinsam lassen sich neue Kundengruppen und ertragreiche Finanzierungsobjekte erschließen, die für die jeweilige Genossenschaftsbank in der Höhe allein nicht darstellbar wären. Dabei profitieren die Banken vor Ort von einer Verbreiterung des Zugangskanals zu attraktivem Kreditgeschäft und dem speziellen Immobilienfinanzierungs-Know-how der DG Hyp. Im Gegenzug bringt die örtliche Volksbank oder Raiffeisenbank ihr regionales Netzwerk und ihre große Nähe zum Kunden ein. Die Zusammenarbeit mit der DG Hyp verläuft anhaltend erfolgreich. 2014 wurde ein Gemeinschaftskreditgeschäft in Höhe von 2,6 Milliarden Euro finanziert. Diese erfreuliche Entwicklung wird sich auch im laufenden Jahr weiter fortsetzen.

Vor dem Hintergrund der anhaltend niedrigen Zinsen und stabilen wirtschaftlichen Situation in Deutschland wird die positive Immobilienkonjunktur in diesem und voraussichtlich auch im kommenden Jahr weiter anhalten. Gleichzeitig dürfte der Wettbewerb unter den Fremdkapitalgebern intensiv bleiben. Um schnell und flexibel auf die Wünsche und Bedürfnisse der Investoren reagieren zu können, sind Kundennähe und dezentrale Marktbearbeitung genauso wie eine partnerschaftliche und verlässliche Zusammenarbeit wesentliche Erfolgsfaktoren. Hier ist die DG Hyp dank der engen Verbindung mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken gut aufgestellt, um dem Wettbewerb erfolgreich zu begegnen.

Reinhard Klein , Vorstandsvorsitzender , Bausparkasse Schwäbisch Hall AG
Hans Joachim Reinke , Vorsitzender des Vorstands , Union Investment, Frankfurt am Main
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