Die Welt steht ganz im Bann der Corona-Pandemie. Das kann den Blick auf die anderen großen gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen wir stehen, verstellen. Dabei hat die Bedeutung eines nachhaltigen Umdenkens in Bezug auf Umweltschutz und globale Lebensoder Arbeitsverhältnisse durch die Krise noch zugenommen. Investoren kommt dabei eine besondere Aufgabe zu, denn durch ihre Entscheidung, wo und wie sie ihr Kapital einsetzen, können sie das Verhalten von Firmen beeinflussen und so langfristig positive Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft stärken.
Die Bereitschaft von Menschen, eigenes Verhalten zu ändern, wächst und erstreckt sich auch auf die Geldanlage: Immer häufiger fragen Investoren nach Produkten, die neben Umweltfragen auch soziale Aspekte und solche der Unternehmensführung berücksichtigen - die sogenannten ESG-Faktoren. Um alle sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen der Welt anzugehen, haben die Vereinten Nationen 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung formuliert. Diese sollen bis zum Jahr 2030 erreicht werden. Das bringt einen enormen Investitionsbedarf mit sich, schätzungsweise muss eine Finanzierungslücke von durchschnittlich 2,5 Billionen US-Dollar geschlossen werden.
Wirkungsorientierte Anleger unterstützen mit ihrem Kapital Projekte, die etwa Armut, Hunger oder Ungleichheit bekämpfen oder die für ein besseres Leben an Land und im Wasser sorgen. Auch Initiativen für bezahlbare, saubere Energiegewinnung oder die Reduzierung von Ungleichheiten gehören dazu. Dabei nutzen Investoren und Fondsmanager die UN-Nachhaltigkeitsziele als Rahmenwerk, wenn es darum geht, die Wirksamkeit von Investitionen detailliert zu beurteilen, zu messen und ihren Kunden darzulegen. Fondsanleger können dafür entweder Aktienfonds oder Fonds, die über privates Kapital (Private Debt) direkt in bestimmte Firmen oder Projekte investieren, wählen.
Messbarer Effekt
Für Impact-Aktienfonds werden erfahrene Fondsmanager idealerweise Papiere von Unternehmen auswählen, deren erklärtes Ziel ein messbarer und nachweisbarer positiver Effekt auf Gesellschaft und Umwelt ist - mit voller Transparenz für den Anleger. Dabei sollte es sich um Firmen mit einer hohen Kapitalrendite und einem nachhaltigen Geschäftsmodell handeln. Außerdem wird das Fondsmanagement das Ziel haben, attraktive Erträge zu erwirtschaften.
Drei Beispiele für Beteiligungen eines Impact-Aktienfonds:
1. Gesundheit - Wenn es darum geht, Leben zu erhalten und Lebensqualität zu verbessern, kommt innovativen Unternehmen aus der Pharmabranche eine besondere Rolle zu. So forscht etwa die dänische ALK-Abello an immer neuen Wegen, um schwere Allergien zu behandeln - wie beispielsweise allergisches Asthma - und brachte erstmals eine Immuntherapie in Tablettenform auf den Markt.
2. Nachhaltiger Konsum und Produktion - Bei der Förderung der Kreislaufwirtschaft sind besonders solche Firmen wichtig, die Lieferketten abfallfrei machen. Dazu zählen Unternehmen wie Brambles, Betreiber des weltweit größten Pools wiederverwertbarer Palletten, Container und Steigen. Das Unternehmen ist in Australien börsennotiert und weltweit tätig. Auch Verpackungshersteller spielen hier eine zentrale Rolle, vor allem in Zeiten des enorm wachsenden Online-Handels. Das global tätige britische Unternehmen DS Smith arbeitet daran, dass bis zum Jahr 2030 seine gesamten Verpackungen recycelt oder wiederverwendet werden.
3. Bildung - Der Zugang zu Bildung ist nicht überall auf der Welt selbstverständlich. In vielen Ländern müssen private Organisationen die Lücke schließen, die die staatliche Versorgung offen lässt. So auch in Brasilien, wo Cogna Educação aktiv ist - einer der weltweit größten privaten Anbieter von schulischer und weiterführender Ausbildung.
Seit einigen Jahren können auch Privatanleger in Fonds aktiv werden, die in privat platzierte, illiquide Schuldtitel (Private Debt) investieren. Diese Form des wirkungsvollen Investierens außerhalb der Aktienmärkte war lange Zeit nur institutionellen Anlegern vorbehalten. Ziel eines solchen Fonds ist es, neben einem nachweisbaren positiven sozialen oder wirtschaftlichen Effekt auch eine stabile Rendite zu erwirtschaften. Finanzierungen mit Privatkapital sind oft bilateral oder betreffen nur eine kleine Anzahl von Kreditgebern, was bedeutet, dass in der Regel ein enger Austausch zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber besteht - wesentlich intensiver als bei einer herkömmlichen börsennotierten Unternehmensanleihe.
Drei Beispiele für die Verwendung von Private Debt:
1. Sozialer Wohnungsbau - Die Möglichkeit, menschenwürdig und bezahlbar zu wohnen, wirkt sich auf alle Aspekte des Lebens aus. Investitionen in soziale Wohnsiedlungen helfen dabei, die Grundlage für bessere Lebensqualität, Gesundheit, Bildung und gesellschaftliche Integration zu schaffen. Wie die britische Thirteen Housing Group Limited (Thirteen), die in der Region Tees Valley im Nordosten Englands rund 34 000 Wohnungen besitzt und verwaltet. Thirteen wurde 2017 gegründet und bietet heute mehr als 70 000 Menschen Wohnungen und Dienstleistungen an. Das Unternehmen beschäftigt direkt rund 1 500 Mitarbeiter und schafft durch seine Entwicklungsaktivitäten zahlreiche weitere Arbeitsplätze. Der Bedarf an Sozialwohnungen ist in der Region Tees besonders hoch, denn ein Viertel der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (16 bis 64) hier ist arbeitslos und mehr als 9 700 Haushalte stehen auf den Wartelisten der lokalen Behörden für Wohnungen. Mit einer Private-Debt-Finanzierung tragen Investoren zur Erreichung von zwei UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung bei: der Beendigung von Armut (Ziel 1) und der nachhaltigen und sicheren Gestaltung von Städten (Ziel 11).
2. Gesundheits- und Sozialdienste - Körperliches und geistiges Wohlbefinden verbessert Produktivität, Berufsaussichten und so die Verdienst- und Konsummöglichkeiten eines jeden Einzelnen. Investitionsobjekte können hier Krankenhäuser, Gesundheitszentren oder Pflegeheime sein, aber auch die Forschung und Entwicklung von medizinischen Geräten und Dienstleistungen wie Diagnostik oder Impfungen. Ein gutes Beispiel dafür, wie das funktionieren kann, bieten die Zentren für Gesundheitsversorgung (Primary Care Centers - PCCs) der Primary Healthcare Properties ICAV, die in Irland tätig sind. Hier erhalten Patienten hausärztliche Dienste, medizinische Versorgung und eine breite Palette von Dienstleistungen wie Apotheken, Physiotherapie oder Optiker sowie psychische Behandlung, Beratung oder soziale Betreuung. Die Health Service Executive (HSE), die das Gesundheitssystem in Irland verwaltet, hat sich zum Ziel gesetzt, 90 bis 95 Prozent der medizinischen Erkrankungen außerhalb von Krankenhäusern zu behandeln. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Erhöhung der Kapazitäten durch PCCs von hoher Bedeutung. Ihre Finanzierung dient dem UN-Ziel 3, der Gewährleistung eines gesunden Lebens und Förderung des Wohlergehens von Menschen in jedem Alter.
3. Bildung - Der Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung verbessert die Fähigkeiten und Karriereaussichten von Menschen und hilft ihnen dabei, ihre Verdienstmöglichkeiten sowie ihre Lebensqualität zu steigern. Finanzierungen etwa von Bildungseinrichtungen, Bibliotheken oder Studentenwohnungen helfen dabei, diese Chancen allen zu öffnen - unabhängig von ihrem sozialen oder wirtschaftlichen Hintergrund. Das kann folgendermaßen aussehen: Taurus 2019 3 UK (Taurus) finanziert als Verbriefung ein Portfolio von 21 zweckgebundenen Studentenunterkünften (Purpose-built Student Accommodation - PBSA) im Besitz von Student Roost, dem viertgrößten privaten Anbieter von Studentenunterkünften in Großbritannien. Das Portfolio besteht aus 8 053 Betten für Studentenwohnungen, verteilt auf 10 regionale Städte in Großbritannien. Ein solches Investment spiegelt sich in den UN-Zielen 4 und 8 - der Förderung gleichberechtigter und hochwertiger Bildung sowie der Förderung eines breitenwirksamen und nachhaltigen Wirtschaftswachstums.
Bessere Messbarkeit durch aktives Management
ESG-konformes Investieren reduziert nachweislich Risiken und macht Geschäftsmodelle von Unternehmen stabiler. Das kommt auch den Anlegern zugute. Viele Fondsgesellschaften haben bereits Instrumente für eine tiefe Integration von ESG-Faktoren entwickelt, wie zum Beispiel eigene ESG-Scorecards für einzelne Emittenten oder ESG-Datenbanken, um die CO2-Risiken ihrer Investments und ihren Weg zu "Netto Null" Emissionen nachzuvollziehen. Mit ihren strengen und detaillierten Antragsverfahren und laufenden Anforderungen an die Berichterstattung helfen Labels und Siegel Anlegern dabei festzustellen, ob ein bestimmtes Produkt mit ihren eigenen Zielen übereinstimmt. Für die deutschsprachigen Länder gibt es zum Beispiel mit dem FNG-Siegel einen Qualitätsstandard, der den ausgezeichneten Fonds eine professionelle und transparente Nachhaltigkeitsstrategie attestiert.
Für Impact-Fonds erstellen etablierte Häuser spezielle, detaillierte Reports, in denen sie die Wirkung eines jeden einzelnen Unternehmens, in dem sie investiert haben, transparent darlegen. Ob sich nun ein Anleger an ESG-Gesichtspunkten orientieren möchte oder sich für ein umfassend wirkungsorientiertes Investment entscheidet: Um das bestmögliche Maß an Klarheit, Messbarkeit und Vergleichbarkeit zu erreichen, ist ein erfahrenes, aktives Management unerlässlich. Es gibt Investoren einen Kompass, der sie durch die Zeit des langfristigen sozialen Wandels navigiert, die vor uns liegt.
