Bankenaufsicht

Bissiger Aufseher

Foto: © Kai Hartmann Photography / BaFin

Nach dem Fall Wirecard war klar, dass sich bei der Finanzmarktaufsicht einiges ändern muss, um weiteren Schaden vom Finanzplatz Deutschland abzuwenden. Der Wechsel an der Spitze der Aufsichtsbehörde BaFin von Felix Hufeld hin zu Mark Branson, zuvor Chef des Schweizer Pendants FINMA, war nur der erste Schritt. Mitte Oktober haben nun Branson und der (Noch-?)Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums, Jörg Kukies, gemeinsam die erzielten Fortschritte im Reformprojekt - oder wie sie es selbst nannten Modernisierungsprojekt - BaFin vorgestellt. Natürlich klopften sich die Protagonisten auf die Schulter für bereits Erreichtes. In der Tat ist auch schon einiges vorangekommen.

Das Grundsätzliche zuerst: Die Aufsichtsphilosophie soll geändert werden. Branson möchte eine moderne, digitale Arbeitsweise implementieren, denn es brauche eine interne Vernetzung innerhalb der Aufsichtsbehörde sowie ein ganzheitliches, vernetztes Denken. Auch einen Kulturwandel in der Behörde mahnte der neue Chef an. Branson forderte hier ein, dass die Mitarbeiter der BaFin schnell, flexibel und aufgeschlossen sein sollen sowie "extrem klar" in der Kommunikation. Zumindest kleinen Optimierungsbedarf offenbarte gleich die Pressekonferenz in diesem Punkt. Journalisten reagierten verwundert und irritiert auf die Ankündigung, dass sie sich verwendete Zitate erst noch freigeben lassen sollen - bei Presseveranstaltungen dieser Art völlig ungewöhnlich. Weiterhin forderte Branson in der neuen Aufsichtskultur ein, dass die Mitarbeiter auch mutig sein sollen und ab und an auch Risiken eingehen sollten. Das ist schon eine bemerkenswerte Forderung für eine konservative deutsche Behörde, deren Aufgabe darin besteht, Risiken im Finanzwesen zu verhindern. Es ist also definitiv bereits ein frischer Wind zu bemerken. Es wird spannend sein zu beobachten, wie die Belegschaft mit dem verordneten Kulturwandel zurechtkommt.

Weitere eingeleitete Punkte auf der BaFin-Reform-Agenda: Unter anderem sind die Fokusaufsicht und Taskforce Mitte August an den Start gegangen. So soll eine intensivere Kontrolle insbesondere von komplexen und innovativen Geschäftsmodellen sichergestellt werden. Und auch Unternehmensbilanzen sollen künftig "noch intensiver" kontrolliert werden. Dafür wurden unter anderem Mitarbeiter der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) übernommen. Doch es sollen auch noch weitere externe Fachkräfte gewonnen werden.

Erfolgversprechender Punkt auf der Reform-Agenda dürfte zudem auch die Data Intelligence Unit sein, die im August 2021 ihre Arbeit aufgenommen hat. Mit modernsten Methoden große Mengen Daten zu analysieren, ist unabdingbar und gerade im Zeitalter der Digitalisierung der Königsweg, um mit begrenzten Humankapazitäten - auch wenn diese insgesamt um 150 Mitarbeiter ausgebaut werden sollen - die Fülle von komplexen Marktteilnehmern und komplexen Märkten einigermaßen im Griff zu behalten.

Das vorgestellte Konzept klingt in weiten Teilen stringent und zielführend. Allerdings ist alles erst initialisiert und im Aufbau. Ob die Maßnahmen auch die gewünschte Wirkung zeigen, muss sich erst im Aufsichtsalltag beweisen. Es wird eine große Herausforderung für Mark Branson, das alles so zu orchestrieren und zusammenzuführen, dass aus einem zahnlosen Aufsichtstiger ein bissiger Aufseher wird. Aber es hallt ihm der Ruf nach, dass er solche Herkulesaufgaben bewältigen kann.

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