Zahlungsverkehr

Braucht's das wirklich?

Liebe Payment-Enthusiasten. Bei allem Respekt für Euer Engagement für den bargeldlosen Zahlungsverkehr, der sich in Deutschland einfach nicht so schnell durchsetzen will, wie in anderen Ländern: Muss wirklich jede kleine Bude auf einem Weihnachtsmarkt gleich Social-Media-mäßig gebrandmarkt werden, nur weil man den Glühwein oder den Lebkuchen hier nicht kontaktlos bezahlen kann?

Nein, muss sie nicht. Behindertenwerke, die hier Holzspielzeug verkaufen, oder Imkervereine, die Rotary- und Lions-Clubs, sie alle brauchen doch bitte schön keine Bezahlterminals, die sie nur einmal im Jahr wirklich nutzen können. Und ja, es könnte auch sein, dass es drei- oder viermal oder gar zehnmal ist.

Aber selbst das geben die enormen Umsätze einfach nicht her. Denn einerseits ist die Anzahl derjenigen, die bar bezahlen wollen, immer noch größer, als die derjenigen, die das mit ihrer Kontaktlos-Karte oder viel besser noch ihrem Handy oder ihrer Uhr tun wollen - Tendenz sinkend natürlich. Und andererseits lässt sich auch über die Kosten des Bargeld-Handlings im Vergleich zu den Kosten bargeldloser Bezahlverfahren je nach Auftraggeber der entsprechenden Studien trefflich streiten.

Nur eine wohl recht neutrale sei erwähnt: Laut Bundesbank kostet eine Barzahlung im Durchschnitt 24 Cent, mit der girocard beziehungsweise beim Lastschriftverfahren entstehen Kosten von 33 beziehungsweise 34 Cent. Zahlungen mit Kreditkarte und PIN beziehungsweise Kreditkarte und Unterschrift sind mit 97 Cent beziehungsweise 1,04 Euro je Transaktion am teuersten. Enthalten sind darin jeweils ganz unterschiedliche Kosten, darunter die Arbeitszeit von Kassenpersonal, Transportkosten für Bargeld oder Versicherungsprämien gegen Zahlungsausfall von Kartenzahlungen.

Ähnliches gilt übrigens auch für den Komfort und vor allem die Schnelligkeit des Bezahlens: Eine durchschnittliche Bezahlung an der Ladenkasse dauert der Studie von Bundesbank und EHI zufolge rund 22 Sekunden. Bei der Kartenzahlung mit PIN-Eingabe sind es rund 29 Sekunden, mit Kartenzahlung und Unterschrift sogar rund 38 Sekunden. Wie die Studie zeigt, wirkt sich jedoch die Höhe des Zahlungsbetrags auf die Bezahldauer aus. Bis zu einem Zahlungsbetrag von 100 Euro sind Bargeldzahlungen am schnellsten. Bei Beträgen darüber erweisen sich Kartenzahlungen als schneller.

Die Umrüstung der Terminals mit der Kontaktlos-Technologie hat diese Erkenntnisse offensichtlich überholt, denn laut einer brandneuen Studie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn sind Kontaktloszahlungen ohne PIN-Eingabe fast 5 Sekunden schneller als Barzahlungen - und zwar sowohl mit Karte als auch dem Smartphone. Zwar überwiegt der Anteil der Barzahler mit fast 66 Prozent aller Kunden immer noch deutlich, aber immerhin wurden schon 16,63 Prozent aller Transaktionen kontaktlos abgewickelt. Im stationären Handel wohlgemerkt und nicht auf Weihnachtsmärkten oder Ähnlichem. Diese Entwicklung wird sich sicherlich so fortschreiben lassen und irgendwann wird man auch bundesweit seinen Glühwein entsprechend löhnen können, bis dahin ist aber doch zumindest schon eine Riesenerleichterung für die meisten von uns, wenn dieses "Warten Sie, ich hab es passend ..." mehr und mehr der Vergangenheit angehört.

Und für diejenigen, für die der Glühweinstand, der Bäcker oder die Supermarktkasse aus Gründen der Einsamkeit ein wichtiger Kontaktpunkt sind, macht vielleicht hoffentlich das Beispiel eines Supermarktes Schule, der extra langsame Kassen mit besonders geschultem Personal eingeführt hat, das sich Zeit für einen Plausch mit den Kunden nimmt.

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