Commerzbank

Evolution der Strategie

Quelle: Commerzbank

Gespannt wurde auf die Strategieanpassung der Commerzbank gewartet, die für Ende September angekündigt war. Die Spannung war wohl so groß, dass es manche Beteiligte nicht mehr aushielten, bis zum Termin der Verkündung zu warten: Eckpunkte tröpfelten schon vorab zu den Medien. Daher sah sich die Commerzbank gezwungen, schon eine Woche vor dem geplanten Termin über wesentliche Punkte zu informieren (siehe auch Bankenchronik, Seite 8). Allerdings mit dem Verweis, dass Vorstand und Aufsichtsrat noch keine Beschlüsse dazu gefasst haben.

Ein Schritt soll die Schließung von Filialen und der Abbau von Personal sein. Es sollen gut 200 Filialen geschlossen werden und 4 300 Stellen abgebaut werden, gleichzeitig jedoch auch 2 000 neue Stellen in strategisch wichtigen Bereichen geschaffen werden. Schon im Rahmen des Strategieplans Commerzbank 4.0, der vor drei Jahren verkündet wurde, waren 9 600 Stellen weggefallen. Es ist ein schmerzhafter Schritt, aber wohl notwendig.

Doch es soll nicht nur der Rotstift gezückt werden. Das Management will kräftig investieren. So sollen 750 Millionen Euro zusätzlich in Digitalisierung, IT-Infrastruktur und Wachstum investiert werden. Das ist grundsätzlich begrüßenswert, natürlich hängt die Beurteilung aber auch davon ab, wie konkret investiert wird. Die eigentliche Pressekonferenz, die dazu weitere Details ans Licht bringen dürfte, fand erst nach Redaktionsschluss statt. Die Comdirect Bank soll wieder vollständig mit der Commerzbank verschmolzen werden, da sich die Geschäftsmodelle durch die Digitalisierung weiter angleichen würden. Derzeit hält das Institut an der Tochter 82 Prozent der Anteile.

Die Commerzbank will 25 Prozent Aufschlag auf den "unbeeinflussten Preis" zahlen, um die restlichen Anteile wieder einzusammeln. Ob es tatsächlich nötig war, die geplante Übernahme zu publizieren, bevor es überhaupt entschieden ist, können nur Juristen entscheiden. Fakt ist, es könnte dadurch teurer werden. Falls mit dem "unbeeinflussten Kurs" der Kurs vor der Ad-hoc-Mitteilung gemeint war, notierte die Aktie bereits zwei Tage später schon 29 Prozent darüber und somit über dem erhofften Übernahmepreis. War die Veröffentlichung überflüssig, war es ein Eigentor. Falls nicht, sollten vielleicht die Regeln zur Ad-hoc-Publizität überdacht werden.

Um die Investitionen, die für das neue Programm notwendig sind, aus eigener Kraft ohne Schwächung der Kapitalstruktur stemmen zu können, soll die polnische Tochter mBank verkauft werden. Dieser Schritt soll zwar Eigenkapital freisetzen, wird aber von Analysten und Rating-Agenturen sehr kritisiert, da die mBank einer der wichtigsten Ertragsbringer der Commerzbank ist. Das Tafelsilber soll also verscherbelt werden.

Bemerkenswert ist auch der Blick auf die neuen Mittelfristziele. In der 4.0-Mitteilung war noch von einer Netto-Eigenkapitalrendite von 6 Prozent beziehungsweise 8 Prozent die Rede, falls sich das Zinsumfeld wieder normalisiere. Nun hat eine Evolution auch hier stattgefunden, allerdings eine inverse. Der Vorstand gibt für das Jahr 2023 noch eine Eigenkapitalrendite von mehr als 4 Prozent als Zielwert vor. Das ist erstaunlich wenig ambitioniert, vor allem vor dem Hintergrund, dass dafür das Tafelsilber verscherbelt werden soll. Alles sind einzelne Maßnahmen, die vielleicht helfen, aber es fehlt insgesamt die zündende Idee für eine überzeugende Wachstumsstrategie.

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