Digitalisierung

Fass ohne Boden

Am Ende des Jahres 2019 war die Commerzbank dann doch noch am Ziel angekommen: Der aktivistische Investor Petrus Advisers hat sein Comdirect-Aktienpaket an die Commerzbank verkauft. Über den Kaufpreis wurde zwar Stillschweigen vereinbart. Doch kann man getrost davon ausgehen, dass er spürbar über dem ursprünglichen Angebotspreis liegt. So dürften beide Seiten zufrieden sein. Petrus hat in kurzer Zeit ein nettes Sümmchen verdient und die Commerzbank muss sich nicht auf langwierige und somit teure Rechtsstreitigkeiten einlassen und kann sich schneller auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren: die Digitalisierung vorantreiben. Denn: Während sich die Commerzbank im Corporate Banking bereits sehr aktiv und innovativ zum Beispiel beim Thema Künstliche Intelligenz und Distributed-Ledger-Technologie (DLT) erneuert, hapert es noch im Privatkundengeschäft. Was liegt da näher, als die eigene Tochter, die in diesem Segment naturgemäß schon weiter ist, wieder einzugliedern? Es ist definitiv der einfachere und wohl auch kostengünstigere Weg - ungeachtet der Probleme, die sich stets ergeben, wenn zwei Unternehmen mit doch recht unterschiedlichen Philosophien wieder zusammengeführt werden.

Das alte Jahr ging somit mit einem erfreulichen Schritt in Richtung Digitalisierung für eines der großen deutschen Kreditinstitute zu Ende. Das neue Jahr hat jedoch gleich wieder die Schattenseiten der zunehmenden Technisierung in Erinnerung gerufen: Am 7. Januar 2020 war der Internetauftritt der Bayern-LB-Tochter DKB zeitweise nicht erreichbar. Laut Medienberichten steckte dahinter eine Distributed-Denial-of-Service-Attacke (DDoS) von Hackern gegen eine Tochtergesellschaft der Finanz-Informatik, an diese die DKB ihre Server-Dienstleistungen ausgelagert hat. Die Verwundbarkeit der Banken in ihrem immer größeren Digitalisierungsgrad wurde damit wieder mal schonungslos offengelegt.

Nicht nur Angriffe von außen sind nach wie vor ein Thema. Auch das hat sich bei der DKB - einen Tag vorher - gezeigt. An diesem Tag gab es massive Störungen im Wertpapierhandel. Allerdings zur Entlastung der DKB sei gesagt: nicht nur bei der DKB. Betroffen waren alle Kunden der Deutschen Wertpapierservice Bank (DWP). Laut DWP wird ein Angriff von außen ausgeschlossen, es handelt sich also vermutlich um eine IT-Panne. Ausschließen wird man weder das eine noch das andere können, egal, wie viel investiert wird. Ein Kaspersky-Experte sagte mal sinngemäß: Angriffe lassen sich nie vermeiden. Das einzige, was man dagegen tun kann, ist, die Hürden für eine Attacke so aufwendig zu machen, dass sich ein Angriff schlicht nicht mehr lohnt. Das Problem: Die dunkle Seite der Macht lernt auch dazu, oft sogar schneller. Das macht den Kampf um die Cyber-Sicherheit zum Fass ohne Boden. Er ist aber alternativlos. Es bleibt auch 2020 eine der größten und teuersten Herausforderungen für die Banken: Chancen und Risiken der Digitalisierung gleichzeitig meistern - in einer Zeit mit stetig sinkenden Erträgen.

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