Asset Management II

Fondsbranche wächst

Tobias Pross
Quelle: Allianz Global Investors

"Eine Hausse stirbt selten den Alterstod, sondern wird meist von der Zinspolitik umgebracht", zitiert Tobias Pross, CEO bei Allianz Global Investors und Präsident des Vorstands des Branchenverbands BVI, eine alte Börsenweisheit gleich zu Beginn der Jahrespressekonferenz des Verbandes. Insofern ist es natürlich kein Wunder, dass er auch über eines der besten Jahre für die globalen Aktienmärkte in der Börsengeschichte berichten konnte. Die Geldpolitik ist in Europa, aber derzeit auch in den USA, noch Lichtjahre davon entfernt, den Märkten den Geldhahn zuzudrehen.

Das hat sich auch in den Zahlen der Fondsbranche niedergeschlagen. Die Assets under Management sind von 2,955 Billionen Euro auf 3,398 Billionen Euro gestiegen. Das entspricht einem Anstieg um 443 Milliarden Euro beziehungsweise 14,99 Prozent. Allerdings gehen nur 120 Milliarden davon auf Mittelzuflüsse zurück und der Rest auf Preissteigerungen. Beim Nettomittelaufkommen war das Bild zweigeteilt. Die Spezialfonds verzeichneten einen Zufluss von 102,7 Milliarden Euro, eine Verbesserung um 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Es ist zudem der zweitgrößte Zufluss in diesem Jahrtausend. Bei den offenen Publikumsfonds sammelten die Fondsgesellschaften 17,5 Milliarden Euro neuer Gelder ein. Das war allerdings ein Rückgang um fünf Milliarden Euro oder 22,22 Prozent.

Stolz hat der Verband auch darauf hingewiesen, dass sich in den vergangenen zehn Jahren das Nettovermögen fast verdoppelt hat. Wenn man die Mandate und geschlossenen Fonds außen vor lässt, haben die offenen Fonds seit Ende 2009 von 1,381 Billion Euro auf 2,991 Billion Euro zugelegt. Das entspricht sogar einer Steigerung von gut 116 Prozent. Von der Zunahme um 1,61 Billionen Euro gehen 1,135 Billionen Euro auf die kumulierten Nettomittelzuflüsse zurück. Das ist erfreulich für die Branche.

"Endlich setzt der Sparer auf die richtigen Pferde", wollte Pross dann auch schon fast sagen. Doch man ahnt es schon, kurz darauf folgte ein "Aber!". Pross relativierte schnell, dass ein Großteil der Gelder weiterhin in renditeschwache Anlagen fließt. Als Beleg dienen ihm Zahlen der Bundesbank, wonach pro Quartal zehn Milliarden Euro in Aktien und Investmentanteile fließen, aber allein im dritten Quartal flossen 26 Milliarden Euro in Bargeld und Einlagen. Daher ist einer der wichtigsten Punkte auf der Agenda der Verbandsarbeit für 2020 die private Altersvorsorge, die in Zeiten des nicht mehr vorhandenen Zinses am besten über den Aktienmarkt - oder Immobilien - funktioniert.

Dass noch viel Potenzial in diesem Thema liegt, zeigen auch die Bestandszahlen. Von den 1,116 Billionen Euro, die Ende 2019 in offenen Publikumsfonds angelegt waren, sind nur 246 Milliarden beziehungsweise 22 Prozent für die Altersvorsorge investiert, insbesondere in fondsgebundenen Lebensversicherungen und Riester-Sparplänen. Bei den offenen Spezialfonds ist die Quote mit 59 Prozent schon deutlich höher. Das größte Aufholpotenzial besteht also in der privaten Altersvorsorge.

Beim Thema Riester-Rente hat der BVI daher konkrete Vorschläge in Form eines 5-Punkte-Plans unterbreitet, um das Produkt zu reformieren. Dabei ist die Akzeptanz nicht so schlecht wie der Ruf: So haben 44 Prozent der Förderberechtigten einen Riester-Vertrag. Um eine höhere Verbreitung zu erreichen, schlägt der BVI vor, einfache Standardprodukte ohne komplizierte Wahlmöglichkeiten zu schaffen, ein einfaches Fördermodell - jeder gesparte Euro soll mit 50 Cent gefördert werden -, eine Öffnung der geförderten privaten Altersvorsorge für alle, eine Lockerung der Bestandsgarantie und ein vereinfachtes Zulageverfahren einzuführen. Zudem sollte die Finanztransaktionssteuer nicht eingeführt werden und die Abschaffung der vollständigen Verrechnung von Verlusten wieder rückgängig gemacht werden. Die angedachten Maßnahmen klingen alle durchdacht und zielführend. Doch was sich davon durchsetzen lässt, erscheint fraglich. Bekanntermaßen gehört die Finanzbranche nicht zu den Lieblingen im derzeitigen Finanzministerium.

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