Personalpolitik

Homeoffice - ein Modell mit Hindernissen

Laut einer Untersuchung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erspart die mobile Arbeitsform den Beschäftigten im Schnitt 4,4 Stunden in der Woche, die 80 Prozent für mehr Zeit mit der Familie nutzen. Trotz des Potenzials, Privates und Berufliches der Mitarbeiter besser unter einen Hut bringen zu können, beharrte der Großteil der Unternehmen in den vergangenen Jahren auf die Präsenz ihrer Angestellten vor Ort. Dieses Bild hat sich durch die Corona-Krise deutlich geändert. Um die Pandemie eindämmen zu können, sahen sich viele Banken dazu gezwungen, ihre Filialen zu schließen, die Abteilungen in Teams aufzuteilen und ihre Mitarbeiter nach Hause zu schicken. Viele Prozesse mussten ad hoc angepasst werden. Drei Monate danach zeigt sich: Die Institute haben bewiesen, dass sie in der Lage sind, auch während der Krise ihren Aufgaben nachzukommen.

Netter Nebeneffekt: Banken können über flexiblere Arbeitszeitmodelle auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung hinsichtlich Nachhaltigkeit nachkommen. Durch den vermehrten Einsatz von Videokonferenzen können enorme Reisekosten und Zeit eingespart werden. Das ist ein echtes Umweltplus, denn eine Stunde Videokonferenz verursacht zirka 130 bis 140 Gramm CO2 , was einer zurückgelegten Distanz mit dem Auto von etwa einem bis zwei Kilometern entspricht.

Aber: Die Arbeit zu Hause kann auch schnell isolieren und spontane Impulse oder Ideen können wesentlich langsamer entwickelt oder geteilt werden. Jeder zweite Befragte der von der mhplus Krankenkasse und der SDK Süddeutsche Krankenversicherung durchgeführten Studie "Gesundes Homeoffice" sieht zudem bei sich selbst eine geringere Produktivität durch mehr Ablenkung. Zudem liegt die Vermutung nahe, dass wer weniger vor Ort präsent ist, potenzielle Karrieresprünge verpasst.

Bleiben arbeitsrechtliche Herausforderungen. Nicht endgültig geklärt ist beispielsweise die Frage der Unfallversicherung. So greift die Versicherung beispielsweise nicht, wenn man sich auf dem Weg zwischen seinem Arbeitsplatz daheim und der Toilette verletzt. Geleitet von falschem Ehrgeiz können Mitarbeiter auch dazu neigen, gesetzliche Arbeitszeitgrenzen zu überschreiten. In diesem Fall drohen den Unternehmen empfindliche Bußgelder. Und wie ist es mit dem Thema Daten- und Geheimnisschutz, wenn mittels Telefon- und Videokonferenzen über vertrauliche Firmeninformationen gesprochen und Präsentationen auf dem Computer angesehen werden? Hat der Arbeitgeber ein Zugangsrecht, um vertragliche Vorgaben insbesondere zum Arbeitsschutz in der Wohnung zu kontrollieren?

Und schließlich wächst auch die Sorge um den Arbeitsplatz: Immerhin wollen viele Banken und Sparkassen aufgrund der gemachten Erfahrungen einen Teil der in der Krise geschlossenen Filialen gar nicht mehr öffnen und so Kosten sparen.

Die Vorteile der Heimarbeit können auf den ersten Blick recht rosig wirken, jedoch steht das Modell vor diversen Problemen. Es kommt also wie so oft im Leben auf die richtige Balance an. Auch wenn plötzlich viele Mitarbeiter gar nicht mehr dauerhaft ins Homeoffice wollen.

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