Finanzpolitik

Japanisierung der Eurozone?

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Auf der Risikomanagementkonferenz der Fondsgesellschaft Union Investment wurde zwischen dem Chefvolkswirt des genossenschaftlichen Vermögensverwalters, Dr. Jörg Zeuner, und dem Chief Executive Officer der japanischen Sumitomo Mitsui Asset Management, Yoshio Hishida, die spannende Frage diskutiert, ob der Eurozone angesichts einer schwachen Inflation, Nullzins und Wachstumsschwäche eine "Japanisierung" droht. Das asiatische Land kämpft mit einem ähnlichen Szenario seit Anfang der 1990er-Jahre, als die Aktienmarktblase geplatzt war. Davon hat sich Japan bis heute noch nicht vollständig erholt - so notiert der Nikkei nun, fast 30 Jahre später, immer noch gut 40 Prozent unter dem Allzeithoch aus dem Dezember 1989.

Wie viel davon ist der Geldpolitik geschuldet? Welche langfristigen Auswirkungen hat eine lang anhaltende Null- oder zumindest Niedrigstzinsphase auf die Kapitalmärkte? Der Track Record ist bei der Bank of Japan (BoJ) deutlich größer als bei der EZB, auch wenn manch einem die Dauer der Nullzinsphase hierzulande gefühlt wie ein halbes Leben vorkommt. 1999 hat die Bank of Japan erstmals den Leitzins auf Null gesenkt. Das waren immerhin fast zehn Jahre, nachdem die Blase platzte. Das lange Zögern der BoJ wird auch von einigen Ökonomen als Kardinalfehler bei der Bewältigung der Krise angesehen. Seit 1999 mäandert der Leitzins in der Nähe der Nulllinie und konnte sich nur im Jahr 2007 vorübergehend mit 0,5 Prozent etwas spürbarer davon absetzen. Seit 2016 liegt der Leitzinssatz bei minus 0,1 Prozent.

Als wesentliche Folge für den Kapitalmarkt lässt sich laut Hashida eine veränderte Allokation auf der Suche nach Rendite fest stellen. Demnach waren 2001 90 Prozent des Vermögens in japanischen Staatsanleihen investiert, mittlerweile ist gut ein Viertel in Aktien investiert. Doch nicht nur die sektorale, auch die regionale Allokation hat sich geändert, da nun 42 Prozent außerhalb Japans investiert sind. Es lässt sich also ein Drift hin zu Aktien und ins Ausland feststellen. Sogar bei der Notenbank, die schon einen Schritt weiter als die EZB ist und auch selbst Aktien kauft. Laut Hashida ist die BoJ bei vielen japanischen Unternehmen schon größter Aktionär. Auch ehemals konservative Institutionelle Investoren wie Japan Post haben die Aktienquote von null Prozent auf 40 Prozent hochgefahren. Hashidas Sumitomo Mitsui investiert große Teile der Assets under Management im Volumen von 600 Milliarden US-Dollar in ausländischen Aktien.

Wenn das die Blaupause für die Eurozone wäre, sind das keine guten Nachrichten. Langfristig - und davon muss man Stand jetzt ausgehen - würden gigantische Fehlallokationen geschaffen. Unternehmen müssen sich nicht mehr anstrengen, um sich am Kapitalmarkt mit Kapital zu versorgen, wenn die Notenbanken vieles oder gar das meiste davon mit der Gießkanne verteilen. Der Anreiz, die Produktivität und Effizienz der Unternehmen zu steigern, wäre durch den Kapitalmarkt nicht mehr gegeben. Die Zahl sogenannter Zombieunternehmen würde im Lauf der Zeit immer weiter steigen. Darunter würde die Produktivität der Volkswirtschaft leiden. Dass das Kapital ins Ausland abwandert, ist sicherlich auch nicht wünschenswert. Erst recht nicht in Deutschland, wo Studien darauf hinweisen, dass Kapital im Ausland wenig rentabel angelegt wird. Eine Quintessenz der Diskussion war auch, dass es nun in Deutschland neben der Geldpolitik auch die Fiskalpolitik braucht, um aus dem Dilemma rauszukommen. Einerseits, um den Investitionsstau in Deutschland zu lösen und damit auch die Konjunktur und das Wachstum wieder anzukurbeln. Andererseits könnte eine Wachstumslokomotive Deutschland die anderen Eurostaaten mitziehen. Das wiederum könnte die Basis liefern, dass die Krisenstaaten Italien, Irland, Spanien, Portugal und Griechenland weiter ihre Haushalte konsolidieren. So viel scheint klar: Nur dann könnte die EZB auch aus der extrem expansiven Geldpolitik aussteigen, ohne den Euro zu sprengen. Deutschland sollte einmal darüber nachdenken, seine fiskalische Zurückhaltung aufzugeben. Die Nebenwirkungen der aktuellen Geldpolitik könnten sonst noch zu großen Kopfschmerzen in der deutschen und europäischen Wirtschaft führen.

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