Insolvenzen

Kommt die Kehrtwende?

Die Insolvenzstatistik von Creditreform zeigt nach vorläufigen Schätzungen für das Jahr 2019 in Deutschland 19 400 Unternehmensinsolvenzen an. Das wären zehn weniger als im Jahr 2018. Bleibt es dabei, wäre es der niedrigste Wert seit 25 Jahren. Klingt zunächst gut. Allerdings wäre es auch das erste Mal seit zehn Jahren, dass die Zahl nicht deutlich zurückging.

Dazu kommt, dass das Volumen der Insolvenzschäden dennoch um 3,4 Milliarden Euro auf insgesamt 23,5 Milliarden Euro gestiegen ist, was der Anbieter von Wirtschaftsinformationen darauf zurückführt, dass es zahlreiche größere Insolvenzen gab. Prominentestes Beispiel dürfte der Damenmodekonzern Gerry Weber gewesen sein, der gleich zu Beginn des Jahres die Segel strich. Relativierender Einwand: Die Schäden bleiben auf niedrigem Niveau, seit 2010 gab es nur drei Jahre mit noch niedrigeren Insolvenzschäden.

Das Sorgenkind der deutschen Wirtschaft ist und bleibt derzeit die verarbeitende Industrie. Hier stieg die Zahl der Insolvenzen auch 2019 deutlich um 6,6 Prozent. Bei den Verbraucherinsolvenzen ging die Zahl zwar um drei Prozent auf 67 740 zurück, aber der Rückgang fiel damit deutlich schwächer aus als in den Vorjahren: 2018 betrug er noch 5,9 und davor sogar 6,9 Prozent. Creditreform weist darauf hin, dass in Deutschland rund sieben Millionen Menschen als überschuldet gelten. Wenn die Zahl der Unternehmensinsolvenzen wieder steigen sollte, dann wird das auch zu steigender Arbeitslosigkeit führen und im Anschluss zu einem deutlichen Anstieg der privaten Insolvenzen.

Ob das jetzt wirklich der Wendepunkt in der sich seit 2010 stetig verbessernden Situation ist, kann natürlich nur spekulativ beantwortet werden. Eine wichtige Rolle bei der künftigen Entwicklung spielt die Konjunktur. Das Kieler Institut für Wirtschaft erwartet 2020 in Deutschland zwar ein BIP-Wachstum von 1,1 Prozent nach 0,5 Prozent im Jahr 2019. Allerdings führt das Institut das in erster Linie auf kalendarische Effekte zurück, da das Jahr mehr Arbeitstage hat. Ähnlich sieht es das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung DIW, das mit einem Wachstum von 1,2 Prozent rechnet - ebenfalls in erster Linie aufgrund der kalendarischen Wirkung. Wirkliche Besserung ist hier also noch nicht in Sicht.

Der Kreditversicherer Euler Hermes erwartet schon für 2020 eine Steigerung auf knapp 20 000 Unternehmensinsolvenzen. Es sollte bedacht werden, dass die Situation derzeit auch nur aufgrund des langen Booms der vergangenen Jahre und der anhaltenden Niedrigzinsphase so gut ist und sich zumindest die positive Entwicklung deutlich abschwächt. Weitet sich nun die Wachstumsschwäche aus, kann die Trendumkehr tatsächlich schnell stattfinden. Es könnte ratsam sein, 2020 nicht allzu offensiv die Kreditvergabe auszuweiten.

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