Kreditgenossenschaften

Aus der Position der Stärke

Wohl dem, der die vergangenen Jahre gut genutzt hat. Denn der kann nun in die sicherlich kommenden turbulenteren und herausfordernderen Zeiten nach den vergangenen außergewöhnlichen Monaten recht gelassen blicken. "Die genossenschaftliche Finanzgruppe hat seit der letzten Finanzkrise ihr bilanzielles Eigenkapital verdoppelt, während das Bilanzvolumen nur um etwas mehr als ein Drittel zugelegt hat", hebt BVR-Vorstand Gerhard Hofmann die Erfolge der genossenschaftlichen Banken hervor. Allein im abgelaufenen Geschäftsjahr wuchs das bilanzielle Eigenkapital der gesamten Gruppe kräftig um 7,7 Prozent oder 8,3 Milliarden Euro auf insgesamt 116 Milliarden Euro. Natürlich profitierte die Gruppe dabei von den positiven Kapitalmarkt- und Bewertungseffekten vor allem im Asset Management und im Versicherungsgeschäft. Aber es ist Beleg für die richtigen Weichenstellungen der vergangenen Jahre, vor allem die Konsolidierung innerhalb der Gruppe, und die richtige Aufstellung und erfolgreiche Arbeitsteilung.

Dabei stehen die Verantwortlichen nicht still. Als erste Erkenntnis des gerade laufenden Überprüfungsprozesses der Strategie der Finanzgruppe hebt BVR-Präsidentin Marija Kolak die schnellere Wahrnehmung von sich verändernden Bedarfslagen der Kunden und damit eine höhere Zukunftsfähigkeit der Bankdienstleistungen, eine verstärkte Entlastung der Primärbanken auf der Kostenseite durch die Verbundunternehmen sowie die große Bedeutung der Dezentralität hervor. "Wir kratzen nicht an der Eigenverantwortung der Institute vor Ort", so die Präsidentin.

Offensichtlich zu Recht, wie die Ergebnisse 2019 zeigen: Die Forderungen an Kunden stiegen um fast 50 Milliarden Euro auf 845 Milliarden Euro, die Handelsaktiva legten um 18,2 Prozent auf gut 44 Milliarden zu, die Finanzanlagen um 3,9 Prozent auf knapp 249 Milliarden Euro und die Kapitalanlagen der Versicherungsunternehmen um 12,7 Prozent auf etwa 113 Milliarden Euro. Doch nicht nur die Volumina stimmen, sondern auch die Erträge daraus. Zwar ging der Zinsüberschuss als wesentliche Ertragsquelle weiter um 1 Prozent oder 183 Millionen Euro auf 18,19 Milliarden zurück und beträgt aktuell noch 1,36 der Durchschnittsbilanzsumme. Doch konnte das von einem Anstieg des Provisionsüberschusses um 4 Prozent oder 276 Millionen Euro auf 7,09 Milliarden Euro überkompensiert werden. Maßgeblich getragen wird das außerordentlich gute Jahresergebnis von 7,05 Milliarden Euro nach 5,4 Milliarden Euro im Vorjahr (plus 31 Prozent) aber von den erwähnten Kapitalmarkt- und Bewertungseffekten. Das Ergebnis aus Finanzanlagen stieg um 1,87 Milliarden Euro auf 961 Millionen Euro, das sonstige Bewertungsergebnis aus Finanzinstrumenten um 348 Millionen Euro auf 226 Millionen Euro und das Ergebnis aus dem Versicherungsgeschäft um 789 Millionen Euro auf 1,65 Milliarden Euro. Die Kosten blieben weitgehend stabil. Die Risikovorsorge wurde vorsichtshalber schon mal um 681 Millionen Euro auf 832 Millionen Euro erhöht.

Das ist Teil der soliden Basis, von der in den kommenden Jahren gezehrt werden muss. Dabei weiß man noch gar nicht, wie schlimm es wirklich kommen wird. Der Wirtschaftseinbruch ist zwar gravierend, aber schon in den kommenden Monaten soll sich den Ökonomen zufolge Besserung abzeichnen. Zum laufenden Jahr taten sich die Verantwortlichen des BVR daher mit Vorhersagen schwer. Bis zur Jahresmitte gebe es noch keine Auffälligkeiten, weder bei den ausgereichten Kreditvolumina noch der Risikovorsorge, so Hofmann. Die anhaltend hohe Immobilienkreditnachfrage halte an, laut Zahlen zum 31. Mai 2020 gebe es noch keinen Rückgang bei Baufinanzierungen. Das sei ein stabilisierender Faktor. Hinzu kommen aber auch Verzerrungseffekte: Die Pleitewelle läuft dem Konjunktureinbruch bekanntermaßen hinterher, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht trübt das wahrhaftige Bild ebenfalls und die Stundungen von Krediten können sich für die Zukunft ebenfalls als Belastung erweisen. So viel zu den Unsicherheiten. Was man aber mit Sicherheit feststellen kann: Die genossenschaftliche Finanzgruppe ist für die Krise sehr gut präpariert.

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