Sparkassen I

Professionalisieren statt zentralisieren

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Die Problemliste der Gegenwart wird nicht kürzer - im Gegenteil. Dementsprechend umfangreich fiel auch die Bilanzpressekonferenz des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe aus. Unglaubliche 47 Seiten umfasste das Redemanuskript der beiden Präsidenten des Verbands Liane Buchholz und Jürgen Wannhoff. Allerdings, da haben die beiden völlig recht, befinden wir uns auch in einer Zeit, in der sich immer mehr immer schneller grundlegend wandelt, oder wie es Liane Buchholz ausdrückt, wir uns in "wahrhaften Transformationsgewittern" befinden. Die Rolle der Sparkassen in solch disruptiven Zeiten sieht Buchholz als "sicheren Hafen" für die Menschen.

Dass die Kunden das ähnlich sehen, haben die aggregierten Zahlen der Institute des Verbands durchaus belegt. So haben diese den westfälisch-lippischen Sparkassen im Jahr 2021 nochmals 4,5 Milliarden Euro weitere Einlagen anvertraut, die dadurch um 4,0 Prozent auf 117,5 Milliarden Euro anstiegen. Auch die Kreditbestände sind weitergewachsen. Bei den Privatkunden kletterten diese um 5,6 Prozent beziehungsweise knapp 2,5 Milliarden Euro auf 46,68 Milliarden Euro. Am dynamischsten stiegen die Darlehenszusagen im Wohnungsbau mit 11,1 Prozent. Im Firmenkundengeschäft erhöhte sich der Kreditbestand um 6,1 Prozent auf 56,88 Milliarden Euro. Deutlich rückläufig waren hingegen die Corona-Förderkredite, die sich um 75,4 Prozent auf 430 Millionen Euro reduzierten. Erfreulich verlief für die Sparkassen in Westfalen-Lippe auch das Wertpapiergeschäft. Der Nettoabsatz stieg 2021 um 83,6 Prozent auf 2,638 Milliarden Euro, der darin enthaltene Absatz von Investmentfonds stieg sogar um 117,4 Prozent auf 2,381 Milliarden Euro.

All das war bitter nötig. Weiterhin geplagt von Null- und Negativzinsphase reduzierte sich der aggregierte Zinsüberschuss um weitere 62 Millionen Euro auf 2,225 Milliarden Euro. Das konnte der unter anderem durch das Wertpapiergeschäft angetriebene - und erstmals in der Geschichte des Verbands die Milliardengrenze überschreitende - Provisionsüberschuss mit einem Zuwachs um 58 Millionen Euro nahezu vollständig ausgleichen. Gleichzeitig sind allerdings auch die gesamten Verwaltungsaufwendungen - trotz rückläufigen Personalaufwands - um 6 Millionen Euro gestiegen. Somit ist das Betriebsergebnis vor Bewertung um 10 Millionen Euro auf 1,170 Milliarden Euro geschrumpft.

Soweit die reinen Zahlen. Doch der Verband hat auch die grundsätzlichen Fragen angesprochen. Buchholz wies darauf hin, dass insbesondere für die nachhaltige Transformation gigantische Summen nötig sind. Sie warb für ihre Idee, einen Transformationsfaktor abzuleiten, der bei der Eigenmittelunterlegung von Krediten für Zwecke der Digitalisierung und Klimaneutralität zum Einsatz kommen solle, um mehr Mittel zur Verfügung stellen zu können. Angesichts des "Transformationsgewitters" sei es zudem nötig, stets die eigene Aufstellung zu überprüfen. Stichwort: Zentralinstitut der Sparkassen-Finanzgruppe. Doch hier sieht Buchholz den ersten Schritt in einer Professionalisierung - statt Zentralisierung. Damit war gemeint, zunächst die Aufgaben und Zuständigkeiten der Verbundunternehmen neu zu ordnen, um Überschneidungen zu vermeiden und damit die Effizienz zu erhöhen. Das wird auch bitter nötig sein. Angesichts des Drucks auf die deutsche Wirtschaft durch immer stärker anziehende Inflationsraten und Folgen des Krieges und der Sanktionen für deutsche Unternehmen werden die Sparkassen in Westfalen-Lippe Ergebnisrückgänge nur noch schwer über das Bewertungsergebnis ausgleichen können, so wie 2021. Dieses Drohszenario gilt allerdings für die gesamte Kreditwirtschaft.

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