Sparkassen I

SVWL: Kredite boomen

Liane Buchholz, Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe

Quelle: Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe

 

 

Der Ton wird rauer. Sehr vehement und mit intensiver Formulierung wehrte sich der Sparkassenverband Westfalen-Lippe gegen die Niedrigzinspolitik der EZB. Aber nicht nur aus Sicht der Institute, vielmehr gibt sich der Verband zunächst als Advokat der Sparer. Liegt aber ja auch schon im Namen der Sparkassen begründet. Dabei wurden schwere verbale Geschütze aufgefahren. Die Präsidentin des Verbands, Dr. Liane Buchholz, geißelte die Enteignung der Sparer, indem man ihnen die Möglichkeit nimmt, Zinsen zu erzielen. Gleichzeitig räume man ihnen bei den einzig verbliebenen Alternativen Hindernisse in den Weg. Stichwort: Finanztransaktionssteuer - an dieser Stelle auch schon oft gescholten. Nach dieser Entladung der Wut auf Politik und Geldpolitik ging die Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe zum Tagesgeschäft über und präsentierte beeindruckende Zahlen - zumindest im Absatz - der Institute in ihrem Verband.

Wie bei nahezu alle Banken wuchsen die Einlagen der Kunden auch im Verband Westfalen-Lippe deutlich. Sie stiegen um 4,6 Prozent und knackten erstmals die Marke von 100 Milliarden Euro. Doch die Kundenkredite stiegen beinahe ebenso stark mit 4,2 Prozent auf 97,5 Milliarden Euro, sodass der Einlagenüberhang in der Summe nicht allzu groß ausfiel. Noch beeindruckender waren die Zahlen für die neu vergebenen Kredite, die um 14,4 Prozent auf 19,3 Milliarden Euro stiegen. Die neu ausgereichten Immobilienkredite stiegen sogar um mehr als 20 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Allerdings dürfte der Anstieg auch zu ordentlichen Teilen insbesondere auf Volumenanstieg infolge des Preisauftriebs am Immobilienmarkt zurückgehen. Dennoch hat das stürmische Kreditwachstum nicht gereicht, einen Rückgang beim Zinsüberschuss zu verhindern: Er sank um 74 Millionen Euro auf 2,346 Milliarden Euro. Der verbesserte Provisionsüberschuss konnte das nicht vollständig ausgleichen. Es war eigentlich die Quintessenz der Veranstaltung: Kredite werden immer mehr nachgefragt, obwohl allerorten die Liquidität steigt und steigt.

Bemerkenswert sind daher auch die Zahlen zur Überschussliquidität der Institute bei der Zentralbank. Um den Faktor 21 hat sich diese - auch wenn der Überhang 2019 sich im Rahmen hielt - bei den Instituten des Verbands kumuliert seit Januar 2015 auf 5,4 Milliarden Euro erhöht. Das kostet die Sparkassen natürlich viel, da sie bei der Europäischen Zentralbank geparkt werden muss. Es sind ja schon erste Spekulationen zu hören, dass Christine Lagarde darüber nachdenke, die Zinsen weiter zu senken, um die Auswirkungen des Coronavirus abzufedern. Diese Auswirkungen könnten durchaus dramatische Züge annehmen. Wie das Handelsblatt berichtet, ist der chinesische Automarkt in der ersten Februarhälfte um 92 Prozent eingebrochen. Gerade für die deutsche Wirtschaft sind das keine guten Nachrichten.

Auf die Nachfrage, ob die Sparkassen auf eine weitere Zinssenkung vorbereitet wären, hatte Liane Buchholz auch keine Antwort parat. "Wie soll man sich auf weiter sinkende Zinsen schon vorbereiten?" Zehn Basispunkte, rechnet sie vor, würden die Institute des Verbandes nochmal über 100 Millionen Euro pro Jahr kosten. Da wird einfach die Last größer. Was sie aber klar ausgeschlossen hat, ist, dass die Abwärtsspirale irgendwann zu negativen Kreditzinsen führen werden. Das verzwickte an der Situation: Sollten die Auswirkungen der Epidemie auf die Weltwirtschaft tatsächlich extrem Züge annehmen, dann kommt des Ergebnis der Institute auch noch von einer anderen Seite unter Druck: Die Risikovorsorge wird dann auch steigen müssen.

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