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Bundeskartellamt und die Girocard: auf europäischem Kurs

sb - Das Bundeskartellamt hat den an der electronic-cash-Vereinbarung beteiligten Spitzenverbänden der Banken Ende Mai ihre vorläufigen wettbewerbsrechtlichen Bedenken bezüglich des Zahlungssystems mitgeteilt.

Mangel Nummer eins ist aus Sicht der Wettbewerbshüter wie nicht anders zu erwarten das einheitliche, von den Bankenverbänden gemeinsam festgesetzte Entgelt, das mit wettbewerblichen Marktverhältnissen nichts zu tun habe. Die Bankenverbände hätten zwar bereits mit individuellen Verhandlungen begonnen, dieser Prozess müsse aber auch strukturell und auf Dauer abgesichert werden.

Warum jetzt?

An dieser Stelle kann man sich über die Verlautbarung der Wettbewerbsbehörde eigentlich nur wundern: Warum kommt die Formulierung der Bedenken ausgerechnet jetzt, wo "ec-cash 2.0" mit der neuen Verhandlungswelt nicht nur in Gang gekommen ist, sondern mit den neuen, erst seit Jahresbeginn gültigen Girocard-Händlerbedingungen auch in ein Regelwerk gegossen wurde, die Voraussetzungen für eine strukturelle Absicherung also durchaus gegeben sind?

Zweifellos wird es seine Zeit dauern, bis der gesamte Bestand an Händlerverträgen in neuen Verhandlungen "abgearbeitet" und auf die neue Grundlage gestellt wurde. Diese Zeit aber müssen die Wettbewerbshüter der Branche wohl zugestehen. Der neuen Methodik der Preisgestaltung nur deshalb zu misstrauen, weil mit der Umstellung erst begonnen wurde, wäre doch wohl zu kurzsichtig. Man kann also nur vermuten, dass die Behörde die Emittentenseite daran erinnern will, dass sie das Thema weiter im Auge behalten wird, damit die Verhandlungen nicht einschlafen, wenn erst einmal die großen Akzeptanten ihre neuen Preise ausgehandelt haben. Dass am Schluss nicht jeder seine Verhandlungsziele wird durchsetzen können ist jedenfalls klar. Auch das ist Wettbewerb.

Gegen Surcharging-Verbot und Honour-all-cards-Regelung

Auch die übrigen Kritikpunkte, die die Wettbewerbsbehörde moniert, sind sattsam bekannt. Wie die EU-Kommission wendet sie sich gegen ein Surcharging-Verbot und vermeldet hier bereits einen Erfolg. In Bezug auf die Girocard hätten die kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände auf Hinweis des Bundeskartellamts bereits von einem Surcharging-Verbot Abstand genommen. Sie konnten das vermutlich leichten Herzens tun.

Noch gefordert wird eine Möglichkeit für den Handel, dass Händler bisher keine Möglichkeit haben, Geschäftsbeziehungen mit einzelnen Händlern abzulehnen. Auch hier liegt man auf einer Linie mit der EU-Kommission, die sich seit langem an der Honour-all-cards-Regelung der internationalen Kartengesellschaften stört.

Dass die nationale Wettbewerbsbehörde sich auf einem Kurs mit den europäischen Regulatoren bewegt, ist keineswegs überraschend. Die Konvergenz der Entwicklung bei nationalen und internationalen Kartenzahlungsverfahren ist im Zuge von Sepa fast zwangsläufig. Und doch ist die Lage in Deutschland vielleicht nicht ganz mit Europa zu vergleichen. Schließlich ist die Girocard in Deutschland das bargeldlose Zahlungsmittel Nummer eins und ihre Akzeptanz im Handel für viele Kunden eine Selbstverständlichkeit. Das Surcharging oder auch die Zurückweisung bestimmter Karten an der Kasse ist also, auch wenn erlaubt, in der Praxis kaum umsetzbar. Mehr noch als auf der europäischen Ebene scheint dies eine eher theoretische Diskussion.

Letzter Punkt der Wettbewerbshüter sind schließlich die beabsichtigten technischen Änderungen, die dem Handel das Ausweichen auf ELV unmöglich machen würden. Auch an dieser Stelle drängt sich ein wenig der Verdacht auf, dass das Kartellamt im Begriff ist, Eulen nach Athen zu tragen.

Nicht zuletzt das Engagement der Politik hat die Kreditwirtschaft längst zum Bekenntnis zu ELV genötigt. Weiterentwicklungen des Girocard-Systems zielen nicht darauf ab, den Handel bei der Lastschrift auszubremsen. Das haben die kreditwirtschaftlichen Verbände bereits wiederholt kommuniziert.

Und gar so hilflos, wie es die Kartellbehörde darstellt, ist der Handel in Sachen ELV auch nicht. Längst hat er im Verbund mit seinen Dienstleistern gezeigt, dass es möglich ist, auch für neue technische Schwierigkeiten (Chip statt Magnetstreifen) eine Lösung zu finden. Dass auch das elektronische Lastschriftverfahren ELV im Zuge der Anpassung an die Sepa-Lastschrift aufwendiger und damit möglicherweise wirtschaftlich weniger attraktiv wird - diese Beschwerde müsste wohl eher an die Adresse Europas gehen.

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