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Girocard-Entgelte: Lieber reguliert als verhandelt?

sb - Wirklich glücklich gemacht hat die Entscheidung des Bundeskartellamtes in Sachen Girocard-Entgelte keine der beteiligten Parteien. Die Kreditwirtschaft bleibt relativ gelassen, arbeitet sie doch seit langem an der Umstellung von einem einheitlich festgesetzten Entgelt auf bilateral ausgehandelte Preise. Die acht Konzentratoren der deutschen Kreditwirtschaft sind denn auch gesetzt: Bankenverband, DSGV, DZ Bank und WGZ, VöB sowie Commerzbank, Deutsche Bank, Postbank und Unicredit.

Entgeltverhandlungen: aus dem Dürfen wird ein Muss

Beim Handel und seinen Dienstleistern hält sich die Begeisterung indessen in Grenzen. Denn im Großen und Ganzen läuft das, was die Wettbewerbsbehörde im April gebilligt hat, zwar auf das hinaus, was die Akzeptanzseite immer wieder gefordert hatte, nämlich die Entgelte frei aushandeln zu dürfen. Allerdings ist aus diesem "Dürfen" nun ein "Müssen" geworden, noch dazu mit einer relativ knapp bemessenen Frist. Ab dem 1. November dieses Jahres dürfen Girocard-Transaktionen nur noch unter den neuen Rahmenbedingungen, also mit ausgehandelten Entgelten, abgewickelt werden.

Dieser neue Verhandlungszwang zum Stichtag 1. November 2014 setzt alle Beteiligten unter Druck. Denn bis dahin müssen Händler oder ihre Konzentratoren Vereinbarungen mit den acht Konzentratoren der deutschen Kreditwirtschaft getroffen haben. Niemand scheint bis heute wirklich zu wissen, was passiert, wenn im November kein verhandelter Vertrag vorliegt.

Ein mühsames Geschäft

Der Weg dahin ist freilich nicht ganz so einfach. Dass es für die Konzentratoren des Handels offenbar nicht so einfach ist, das notwendige Präfix von der Deutschen Kreditwirtschaft zu erhalten, mag zwar ärgerlich sein. Die echten Probleme liegen aber an anderer Stelle.

Wo beispielsweise Verbände die Verhandlungen führen, fehlt es oftmals an den als Verhandlungsgrundlage erforderlichen Daten über die Transaktionsvolumina der letzten Jahre. Den Netzbetreibern stehen diese zwar zur Verfügung, sie müssen aber vermutlich auch erst einmal nach unterschiedlichen Emittenten(gruppen) und Lastschrift beziehungsweise Girocard-Transaktionen auseinanderdividiert werden.

Nicht zuletzt können bei den Gesprächen mit den verschiedenen Banken beziehungsweise Bankengruppen durchaus unterschiedliche Preise herauskommen, die dann auch noch fristgerecht in der IT abgebildet werden müssen. Ein mühsames Geschäft ist die neue Verhandlungswelt also allemal.

Kleine Händler als Verlierer?

Bei all diesem Aufwand ist es überdies noch gar nicht ausgemacht, dass sich die ganze Mühe unter dem Strich wirklich lohnt. Die Kritik des Einzelhandels, dass das neue Modell auf "Scheinverhandlungen" hinauslaufe, bei denen die Akzeptanzseite die ihnen angebotenen Bedingungen mehr oder weniger fraglos akzeptieren müsse, ist sicher überzogen. Schließlich ist auch den Emittenten an einer möglichst flächendeckenden Akzeptanz ihrer Karten gelegen.

Unbestreitbar wird aber vieles von Marktmacht und Verhandlungsgeschick des jeweiligen Verhandlungsführers abhängen. Und da hat beispielsweise ein kleinerer Netzbetreiber mit einer überwiegend aus kleineren Handelsunternehmen bestehenden Kundschaft schlicht und einfach weniger in die Waagschale zu werfen als etwa eine Metro AG. Vielen gelten deshalb die kleinen Händler schon jetzt als Verlierer gesetzt. Das freilich hätte man schon voraussehen können, als immer nach einer Verhandlungsmöglichkeit gerufen wurde.

Girocard in die Regulierung hineindefinieren

Wieder einmal richtet der Handel nun den Blick hoffnungsvoll auf Brüssel und die Frage, ob es gelingt, auch das Girocard-System in die kommende Regulierung einzubeziehen. Maximal sieben Cent pro Transaktion für alle - das wäre es doch!

Die alte EU-Kommission schien auch durchaus geneigt, diesem Ruf zu folgen. Hier wird es noch spannend werden, ob und wie man ein System bilateral ausgehandelter Entgelte in eine "Interchange"-Regulierung hineindefinieren will. Ausgemacht ist die Ausdehnung der Regulierung auch auf das Girocard-System jedenfalls noch nicht.

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