Karten-Blickpunkte

Kontaktloses Zahlen - Diffuse Zahlen

Girogo hat den Sprung aus den Fußballstadien geschafft, lautete die Botschaft der Deutschen Kreditwirtschaft im März dieses Jahres anlässlich des ersten Resümees zum Stand der Dinge in der Pilotregion. Die genannten Zahlen scheinen aber eine andere Sprache zu sprechen:

Außerhalb der Einführungsregion, in die so viele Marketingmittel gepumpt wurden, ist die Transaktionsquote je Terminal ungleich höher. Das mag bedeuten, dass die erste "Metropolregion" unglücklich gewählt war. Möglicherweise ist der Verbraucher im Rhein-Main-Gebiet, in Hamburg oder München aufgeschlossener für das kontaktlose Zahlen. Zumindest für München hat sich das bei der Mastercard-Variante Paypass im letzten Jahr tatsächlich gezeigt.

Vielleicht ist es aber auch so, dass die Zahlen im restlichen Bundesgebiet mit sanftem Zwang zustande kommen. Zwar beinhalten die 60 000 Transaktionen außerhalb der Pilotregion (gegenüber 40 000 innerhalb derselben) nach DSGV-Angaben nicht die Zahlvorgänge in Fußballstadien. Und doch dürfte die "Erziehung" der Sportfans ihr Teil beitragen.

Wenn nämlich die Bratwurst im Stadion ausschließlich mit Girogo bezahlt werden kann, lässt sich daraus zwar kein Rückschluss auf die Akzeptanz des Verfahrens bei den Nutzern ziehen. Es ist aber durchaus möglich, dass der Stadionbesucher - einmal an Girogo gewöhnt - das kontaktlose Bezahlsystem auch außerhalb der Arena nutzt, so es denn vom Handel angeboten wird. In dem Maße, wie Filialisten nach der Testregion auch bundesweit ihre Standorte für Girogo aufrüsten, kann somit der "Kontaktlos-Zwang" aus den Stadien auch außerhalb derselben die Transaktionszahlen steigen lassen. Wenn dem so wäre, müsste dieser Effekt über kurz oder lang auch in Wolfsburg zu beobachten sein, wo seit Beginn der Fußball-Bundesliga-Rückrunde eine entsprechende Stadionkarte eingeführt wurde.

In welchem Maße der Karteninhaber sich tatsächlich durch einmal getätigte Transaktionen überzeugen lässt, darüber gibt es jenseits der sattsam bekannten Kundenbefragungen, in denen ein solcher Trend zum Ausdruck kommt, keine verlässlichen Zahlen: Aufgrund der Anonymität der Zahlungen lässt sich nicht zuordnen, wie hoch der Anteil der tatsächlich genutzten Karten ist beziehungsweise wie hoch die Quote der "Wiederholungstäter" ist, die ihre Karte mehrmals an der Kasse einsetzen.

Der in die Debatte geworfene Wert von zehn Prozent "aktiven" Karten ist eher verwirrend als erhellend: Als "aktiv" werden jene Karten definiert, die mehr als einmal aufgeladen wurden. Bei derzeit 1,3 Millionen Karten wären das 130 000 Karten - denen aber nur insgesamt 100000 Bezahltransaktionen gegenüberstehen. Die Rechnung legt den Schluss nahe, dass ein erklecklicher Anteil der Karten zwar mehrmals geladen, aber tatsächlich niemals zum Einsatz gebracht wurde. Dann wäre auch die Freude über die hohen Quoten an Abo-Ladeverträgen bei den Sparkassen verfrüht.

Der DSGV weist deshalb selbst darauf hin, dass die Zahlen einstweilen noch mit Vorsicht zu genießen seien und nur begrenzte Aus sagekraft haben. Dass die Deutsche Kreditwirtschaft sich überhaupt entschlossen hat, sie zu veröffentlichen, ist vermutlich vor allem der Neugier der Medien zu verdanken. Diese wirklich befriedigt haben sie bislang jedoch nicht. Red.

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