Leitartikel

Mehr als ein Déjà vu

sb - Im Vorfeld des Pilotprojekts zum kontaktlosen Zahlen, das im April in der Region Wolfsburg-Braunschweig-Hannover starten soll, hat die Deutsche Kreditwirtschaft ein neues gemeinsames Markenzeichen für das kontaktlose Bezahlen mit Bank- oder Sparkassenkarten eingeführt. Das mag auf den ersten Blick erstaunen, verbirgt sich doch dahinter letztlich die technisch aufpolierte Geldkarte. Und doch scheint die Einführung eines neuen Logos sinnvoll. Denn die Marke Geldkarte ist immer noch durch Fehler der Vergangenheit belastet. Und um zu demonstrieren, dass sich "Girogo" für den Kunden anders anfühlen wird als die Geldkarte, ist eine neue Marke sicher das richtige Signal. Für langjährige Begleiter der Geldkarte fühlte sich die Präsentation von Girogo zunächst freilich an wie ein Déjà vu. Da wurde das riesige Potenzial der Kleinbetragszahlungen gepriesen, die große Verbreitung der Girocard als Träger der neuen Marke und die Bequemlichkeit für Kunden und Händler. All das hatte man ganz ähnlich schon zum Start des Geldkarte-Pilotprojekts in Ravensburg-Weingarten gehört. Auch das durchaus unterschiedliche Engagement der drei kreditwirtschaftlichen Säulen mutet bekannt an: Treiber sind heute wie damals die Sparkassen. Die Genossenschaftsbanken sind tatkräftig mit im Boot, wenn auch spürbar zurückhaltender; in der Pilotregion geben sie gerade einmal 150 000 Karten mit kontaktlos-Funktion aus, gegenüber 1,2 Millionen auf Sparkassenseite. Und die privaten Banken betonen, sie seien von dem Verfahren überzeugt und hätten sich aktiv in die Entwicklungsarbeit eingebracht. Bis zur Emission entsprechender Karten in der Pilotregion reicht die Begeisterung aber nicht. Alles wie gehabt.

Und doch ist diesmal einiges anders. Wolfgang Mücher von Edeka Minden-Hannover lobt die Tatsache, dass diesmal die Anwender von Anfang an mit ins Boot geholt worden seien. Und dem Hauptkritikpunkt auf Verbraucherseite, dem Prepaid-Ansatz, wird durch neue Lademöglichkeiten begegnet. Bei "ausgewählten" Händlern (später ist die Rede von allen, zumindest in der Testregion) kann der Kunde bei nicht ausreichendem Guthaben die Geldbörse im Rahmen des Kassiervorgangs wieder aufladen. Die einfachste Variante ist das Abonnement. Hier kann der Kunde in der Bankfiliale, online, später vermutlich auch am Geldautomaten, festlegen, welcher Betrag immer verfügbar sein soll. Bei jedem Bezahlvorgang wird dann automatisch nachgeladen. Die andere Variante ist die manuelle Aufladung, für die die Karte wie beim Girocard-Verfahren eingesteckt und der Ladevorgang per PIN-Eingabe bestätigt werden muss. Hierbei werden grundsätzlich 35 Euro aufgeladen, um zu vermeiden, dass Kunden an der Kasse lange überlegen, wie viel es denn nun sein soll. "Gefühlt" verschwindet damit der Unterschied zwischen "Girogo" und den ohne Aufladung auskommenden Konkurrenzangeboten der Kartengesellschaften.

Der Erfolg muss damit noch nicht garantiert sein, auch wenn sich die Sparkassenorganisation auf gute Erfahrungen mit Stadion- oder Hochschulkarten beruft. Dort handelt es sich zwar nicht um geschlossene Systeme, weil die Guthaben auch andernorts zum Zahlen genutzt werden können. Und doch ist es eine geschlossene Welt, in der der Kunde keine Alternative hat. In solchen Umgebungen kann man zwar gut die Funktionsfähigkeit testen, weniger aber die Akzeptanz beim Kunden. Das wird jetzt Aufgabe des Feldtests sein. Insofern ist es auch fraglich, ob es eine gute Idee ist, wenn die Volksbanken der Pilotregion lediglich 150 000 Karten an kontaktlos-affine Kartennutzer ausgeben, so verständlich eine solche Beschränkung im Hinblick auf die immerhin 60 Cent pro Karte, die für die Antenne zusätzlich anfallen, auch ist. Wie das Produkt bei der breiten Masse ankommt, erfährt man so vielleicht nicht zweifelsfrei. Und doch soll man nicht unken: Weltweit, so scheint es, ist "kontaktlos" im Kommen. Warum sollte das in Deutschland so anders sein? Das Verfahren der Deutschen Kreditwirtschaft scheint jetzt jedenfalls wettbewerbsfähig.

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