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Feldtest für Girogo (K)ein neues Weingarten?

sb - Als seinerzeit im Jahr 1996 die Geldkarte in der Region Ravensburg/Weingarten auf ihre Marktfähigkeit getestet wurde, waren die Ergebnisse anscheinend durchaus ermutigend - immerhin genug, um den bundesweiten Rollout des Produkts zu rechtfertigen. Von der Realität in der Fläche wurden diese Erfahrungen dann bekanntlich nicht bestätigt.

Mit dem Girogo-Feldtest in der Region Hannover-Braunschweig-Wolfsburg geht die weiterentwickelte Geldkarte nun in die nächste und vermutlich letzte Runde. Sollte sich auch Girogo, die kontaktlose Version der Geldkarte, nicht durchsetzen können, wäre die elektronische Geldbörse der deutschen Kreditwirtschaft vermutlich kaum noch zu retten, zumal sie sich im Wettbewerb mit den Kontaktlos-Verfahren der internationalen Kartengesellschaften befindet.

Die Voraussetzungen für einen Erfolg sind heute vermutlich besser als in den letzten 17 Jahren. Die Verbraucher haben den Prepaidansatz durch das Mobiltelefon gelernt, auch wird die Ladeinfrastruktur verbessert, die immer das Grundproblem der Geldkarte war und auch heute im Wettbewerb der Kontaktlos-Systeme der Knackpunkt sein dürfte.

Und doch bleiben Zweifel: Wird der Kunde das Verfahren akzeptieren und emsig nutzen? Und wird das alles nicht nur unter den "Laborbedingungen" einer Testregion funktionieren, wo das Engagement der Beteiligten - vom Verband auch in finanzieller Hinsicht massiv unterstützt - naturgemäß besonders hoch ist? Sondern kann sich das Konzept auch bundesweit durchsetzen?

Offenbar ist es nicht nur die Sparkassenorganisation, die diesmal endlich an den Durchbruch glaubt. Auch handelsseitig wurden namhafte Partner überzeugt. Dabei mag die finanzielle Förderung beim Aufbau der Infrastruktur sicher eine Rolle gespielt haben, aber vermutlich nicht die entscheidende. Nur wegen eines günstigen oder vielleicht auch kostenlosen Kontaktlos-Lesers wird sich eine Edeka oder eine Douglas Holding sicher nicht für ein neues Verfahren öffnen.

Metro Group bleibt skeptisch

Längst nicht alle, bei denen per Girogo bezahlt werden kann, liegen von der durchschnittlichen Bongröße her in der typischen Bandbreite für die weiterentwickelte Geldkarte. Die Hoffnung auf das in Aussicht gestellte kontaktlose Girocard-V erfahren mag somit durchaus mit ins Gewicht gefallen sein.

Auch dass sich ein Einzelhandelsriese wie die Metro Group bislang vornehm zurückhält, kommt schließlich nicht von ungefähr. Girocard kontaktlos ohne Betragsbegrenzung und Aufladeprozess, das kann man sich vorstellen. Ein Verfahren, das nur für Kleinbeträge konzipiert wurde, überzeugt bislang nicht. Und man darf sicher fragen, ob es Girogo überhaupt noch braucht, wenn erst das "normale" Girocard-Verfahren kontaktlose wird. Abwarten kann hier also durchaus eine lohnende Strategie sein. Die Frage nach der Akzeptanz von Girogo beim Kunden hat die Marktforschung bislang überdies nicht überzeugend beantwortet. Wohl scheint ein beträchtlicher Teil der Kunden die Kontaktlos-Technologie als durchaus praktisch zu empfinden. Es gibt aber auch erhebliche Sicherheitsbedenken, und das Prepaid-Konzept überzeugt noch immer nicht in dem Maß wie erhofft.

Sparkassenkunden am wenigsten überzeugt

Namentlich bei den Kunden der beiden Verbünde, so hat es unlängst eine Studie von Heute und Morgen zutage gefördert (siehe Grafiken auf Seite IV), scheint die Offenheit für Girogo besonders gering. Das muss zweifellos kein K.O.-Argument sein. Denn die Einstellung mag sich durch die Erfahrung mit der neuen Technik ändern. Andere Menschen kontaktlos zahlen zu sehen, so ist es hier und dort schon in der Praxis zu beobachten, macht auch diejenigen neugierig, die das Verfahren noch nicht kennen.

Und doch kann die vergleichsweise hohe Zurückhaltung ausgerechnet der Sparkassenkunden bedeuten, dass die Institute in weitaus höherem Maß Überzeugungsarbeit leisten müssen, als es mancher vielleicht annimmt. Und das gilt eben nicht nur in der Pilotregion, sondern auch (und vielleicht sogar ganz besonders) in der Fläche. Den Aufwand hierfür sollte man bei aller Begeisterung für die neue Technik und die Vorreiterrolle der Sparkassen nicht unterschätzen.

Ein Selbstläufer ist Girogo ganz offensichtlich ebenso wenig wie die klassische Geldkarte bisher. Das sollte man bei aller Euphorie nicht aus dem Blick verlieren. Sonst droht Hannover ein zweites Weingarten zu werden.

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